Beschluss vom Verwaltungsgericht Stuttgart - 4 K 5144/20

Tenor

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen Ziffer 5 des Bescheids der Landeshauptstadt Stuttgart vom 12.10.2020 wird angeordnet, soweit sich die Zwangsmittelandrohung auf die Zurückgabe der in Ziffer 2 aufgeführten Dokumente bezieht. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der in Sch wohnhafte Antragsteller beantragte am 02.11.2011 bei der Landeshauptstadt Stuttgart die Erlaubnis zum Betrieb der Gaststätte ... in Stuttgart. Gleichzeitig stellte der Antragsteller einen Antrag auf Erteilung einer Stellvertretererlaubnis für seine gleichfalls in Sch wohnhafte Ehefrau.
Mit Bescheid vom 15.12.2011 erteilte die Landeshauptstadt Stuttgart dem Antragsteller die Gaststättenerlaubnis für eine Schank- und Speisewirtschaft in Form eines Cafés in Stuttgart, .... Weiter erteilte die Landeshauptstadt Stuttgart dem Antragsteller mit Bescheid vom 15.12.2011 die Erlaubnis, den Betrieb der Gaststätte ... in Stuttgart, ... durch seine Ehefrau als Stellvertreterin führen zu lassen.
Mit Schreiben vom 05.01.2017 teilte der Antragsteller der Landeshauptstadt Stuttgart mit, seine Ehefrau habe mit Wirkung vom 01.01.2017 ihre Position als stellvertretende Geschäftsführung im ... niedergelegt. Er werde sich zukünftig selbst zusammen mit seinem Bruder N P und Herrn H um die Geschäfte im ... kümmern.
Mit Anzeige vom 14.01.2019 meldete der Antragsteller das Gastronomiegewerbe im ... in Stuttgart zum 31.12.2018 ab.
Am 21.11.2018 beantragte der vorherige Betreiber der Gaststätte, Herr H, bei der Landeshauptstadt Stuttgart die Erlaubnis zum Betrieb der Gaststätte ....
Mit Bescheid vom 28.12.2018 erteilte die Landeshauptstadt Stuttgart Herrn H für den Zeitraum vom 01.01.2019 bis 31.03.2019 eine vorläufige Gaststättenerlaubnis. Am 28.12.2018 zeigte Herr H den Beginn der Gewerbetätigkeit in der Gaststätte ... zum 01.01.2019 an. Dieses Gewerbe wurde von Herrn H am 27.06.2019 zum 30.04.2019 wieder abgemeldet.
Mit an Herrn H gerichteten Bescheid vom 19.02.2020 nahm die Landeshauptstadt Stuttgart die am 22.02.2019 durch Eintritt der Fiktionswirkung in Kraft getretene fiktive Erlaubnis zum Betrieb der Gaststätte ... in Stuttgart zurück und untersagte den weiteren Betrieb dieser Gaststätte mit Ablauf von 4 Wochen nach Bestandskraft des Bescheids. Zur Begründung wurde ausgeführt, Herrn H sei mit bestandskräftiger Verfügung vom 04.08.2011 die Ausübung der Tätigkeit des Betriebs einer Gaststätte (erlaubnisfrei und erlaubnispflichtig) sowie jeglichen selbständigen Gewerbes und die Tätigkeit als Vertretungsberechtigtem eines Gewerbetreibenden untersagt und die erteilte Gaststättenerlaubnis für den Betrieb ... in Stuttgart widerrufen worden. Herr H habe bei der Antragstellung am 21.11.2018 wider besseres Wissen vorsätzlich falsche Angaben zu anhängigen oder abgeschlossenen Straf-, Bußgeld- bzw. Gewerbeuntersagungsverfahren gemacht.
Mit weiterem Bescheid vom 20.02.2020 lehnte die Landeshauptstadt Stuttgart den Antrag von Herrn H vom 12.07.2019 auf Wiedergestattung der Ausübung des Gewerbes mit der Tätigkeit Gaststätte ... sowie auf Ausübung jeglichen selbständigen Gewerbes und der Tätigkeit als Vertretungsberechtigtem eines Gewerbetreibenden ab.
Am 15.05.2019 meldete der Antragsteller das Gewerbe Betrieb Gaststätte ... ab 01.05.2019 erneut an.
10 
Das Finanzamt S beantragte am 27.07.2020 beim Amtsgericht S einen Durchsuchungsbeschluss gegen den Antragsteller, dessen Bruder N P und gegen Herrn H wegen des Verdachts der gemeinschaftlichen Hinterziehung von Einkommenssteuer, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer für die Jahre 2013 bis 2018 sowie Umsatzsteuer für die Voranmeldungszeiträume Januar 2019 bis April 2020; dieser Beschluss wurde am 14.08.2020 vom Amtsgericht erlassen. Nach diesem Beschluss werden der Antragsteller, dessen Bruder sowie Herr H beschuldigt, gemeinschaftlich Steuern für den Zeitraum von 2015 bis April 2020 in Höhe von 2.062 013,78 Euro hinterzogen zu haben. Bei einer Kassennachschau sei festgestellt worden, dass es im geprüften Zeitraum von April 2017 bis März 2019 eine Differenz zwischen den Umsätzen laut der Datei, die die Bon-Drucke protokolliere, und den Journaldaten gebe. Erfahrungsgemäß bilde die Protbonb.txt die tatsächlichen Umsätze ab. Es sei eine Differenz im genannten Zeitraum in Höhe von 1.564 635,66 Euro festgestellt worden. Durch die unterstellte Kassenmanipulation durch den Bruder des Antragstellers sei ein zu niedriger Betrag in Steuererklärungen zu den genannten Zeiträumen erfasst und die Steuer damit zu gering festgesetzt worden.
11 
Aufgrund des Verdachts der Strohmanntätigkeit des Antragstellers und des Verdachts des Betriebs der Gaststätte ... durch Herrn H ohne die erforderliche gaststättenrechtliche Erlaubnis beantragte die Landeshauptstadt Stuttgart beim Amtsgericht S den Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses, der am 28.09.2020 erlassen wurde.
12 
Bei den am 13.10.2020 erfolgten Durchsuchungsmaßnahmen wurde im Privatraum des Antragstellers ein Barvermögen in Höhe von ca. 240 000,00 Euro aufgefunden und eine ähnlich hohe Summe war auf dessen Girokonto aufgebucht. Bei der Durchsuchung der Gaststätte ... wurden in den dortigen Akten Schriftstücke gefunden, die an das ..., Herrn H“ adressiert gewesen sind. Die gesamte Buchhaltung der Gaststätte hat sich im Büro der Gaststätte befunden.
13 
Mit Bescheid vom 12.10.2020 widerrief die Landeshauptstadt Stuttgart die dem Antragsteller am 15.12.2011 erteilte Gaststättenerlaubnis für den Betrieb der Gaststätte ... in Form einer Schank- und Speisewirtschaft (Ziffer 1), forderte den Antragsteller auf, die unter Ziffer 1 genannte Urkunde der Landeshauptstadt Stuttgart sowie alle Zweitschriften unverzüglich zurückzugeben (Ziffer 2), untersagte die Fortsetzung des erlaubnispflichtigen Betriebs (Ziffer 3), ordnete den sofortigen Vollzug der Regelungen unter Ziffern 1, 2 und 3 an (Ziffer 4) und drohte den unmittelbaren Zwang (z. B. Versiegelung der Betriebsräume, Wegnahme der Arbeitsmittel und Urkunde) an, sofern der Gaststättenbetrieb nicht eingestellt oder die Urkunde sowie deren Zweitschriften nicht zurückgegeben werden (Ziffer 5). Zur Begründung wurde ausgeführt, Herr H, gegen den eine bestandskräftige Gewerbeuntersagung vorliege, habe den Antragsteller als Strohmann vorgeschoben, um die tatsächlichen Verhältnisse zu verschleiern. Herr H betreibe zusammen mit dem Bruder des Antragstellers die Gaststätte .... Der Antragsteller dulde, dass Herr H gegen die bestandskräftige Gewerbeuntersagung verstoße. Durch die Anmeldung des Gewerbes und die Beantragung der Gaststättenerlaubnis habe der Antragsteller seinen Namen hergegeben für die unzulässige gewerbliche Betätigung des gewerberechtlich unzuverlässigen Herrn H. Weiter habe der Antragsteller zugelassen, dass unter seiner Leitung das Kassensystem in der Gaststätte manipuliert worden sei, um Steuern zu hinterziehen. Bei Ermittlungen der Polizei wegen lebensmittelrechtlicher Verstöße habe Herr H gegenüber den Polizeibeamten angegeben, der Antragsteller sei nur auf dem Papier der Geschäftsführer und halte sich sehr selten in den Geschäftsräumen auf. Weiter sei dokumentiert, dass Arbeitsanweisungen gegenüber dem Personal des ... stets von Herrn H gekommen seien. Auch in Zeitungsveröffentlichungen in den Jahren 2017, 2018 und 2020 sei Herr H als Inhaber oder Kontaktperson des ... aufgetreten. Der Erlaubniswiderruf diene dem Schutz des Wirtschaftsverkehrs. Die bisher ermittelten Beweise reichten für die Begründung der Unzuverlässigkeit. Es sei davon auszugehen, dass der Antragsteller auch in Zukunft nicht in der Lage sein werde und auch nie beabsichtigt habe, den Gaststättenbetrieb ... ordnungsgemäß zu betreiben. Von einer vorherigen Anhörung sei abgesehen worden, um Ermittlungen der anderen Behörden nicht zu gefährden. Der Antragsteller sei gemäß § 52 LVwVfG verpflichtet, die unwirksam gewordene Urkunde sowie Zweitfertigungen zurückzugeben. Die Fortsetzung der Tätigkeit ohne die erforderliche Erlaubnis stelle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar. Zur Abwehr dieser Gefahr sei die Untersagung der Ausübung des Gewerbes geboten. Die Untersagung sei bei der gebotenen Ermessensentscheidung das geeignete und erforderliche Mittel. Eine Abwicklungsfrist könne aufgrund der schwerwiegenden Vorwürfe nicht eingeräumt werden. Eine Duldung des Strohmannverhältnisses zur Abwicklung des Gaststättenbetriebs sei nicht angezeigt. Während der Abwicklungsfrist bestehe die Gefahr, dass weitere Straftaten bzw. Ordnungswidrigkeiten zum Nachteil der Allgemeinheit und Dritter begangen würden. Um kurzfristig zu verhindern, dass öffentliche Gläubiger und mit ihnen in Geschäftskontakt tretende Dritte weiter finanziell geschädigt und Straftaten sowie Ordnungswidrigkeiten begangen würden, werde die sofortige Vollziehung angeordnet. Um die Betriebsuntersagung durchzusetzen, sei unmittelbarer Zwang notwendig. Hierbei handele es sich um das mildeste geeignete Zwangsmittel. Die Androhung von Zwangsgeld sei untunlich.
14 
Gegen den Bescheid vom 12.10.2020 legte der Antragsteller mit Schriftsatz vom 20.10.2020 Widerspruch ein.
15 
Am 21.10.2020 beantragte der Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und brachte zur Begründung vor, der angeordnete Sofortvollzug genüge nicht den formellen Begründungsanforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die Antragsgegnerin habe das rechtlich geschützte Eigentumsinteresse des Antragstellers nicht in die Abwägung eingestellt und mit einem besonderen öffentlichen Interesse abgewogen. Es sei nicht ersichtlich, welche wichtigen Gemeinschaftsgüter eine sofortige Vollziehung rechtfertigen würden. Die angefochtene Verfügung verstoße zudem gegen § 28 Abs. 1 LVwVfG. Er sei der Betreiber des ... und ausschließlich wirtschaftlich Verantwortlicher. Die Antragsgegnerin gehe zu Unrecht davon aus, dass er als Strohmann für Herrn H fungiert habe. Herr H habe auch nicht versucht, im Jahr 2018 eine gaststättenrechtliche Erlaubnis zu erschleichen. Das vom Finanzamt S gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der gemeinschaftlichen Hinterziehung von Einkommenssteuer, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer wegen angeblicher Kassenmanipulation sei nicht abgeschlossen.
II.
16 
Der Antrag des Antragstellers richtet sich - gemäß § 122 Abs. 1, § 88 VwGO sachdienlich ausgelegt - auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs vom 20.10.2020 hinsichtlich des Widerrufs der ihm erteilten Gaststättenerlaubnis, der Anordnung der Rückgabe der Gaststättenerlaubnis sowie aller Zweitschriften sowie der Untersagung der Fortsetzung des erlaubnispflichtigen Betriebs und auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich der Androhung unmittelbaren Zwangs in Ziffer 5 der angefochtenen Verfügung.
17 
1. Die Statthaftigkeit des Antrags ergibt sich hinsichtlich des Widerrufs der Gaststättenerlaubnis, der Anordnung der Rückgabe der Gaststättenerlaubnis sowie aller Zweitschriften sowie der Untersagung der Fortsetzung des erlaubnispflichtigen Betriebs in Ziffern 1 - 3 der Verfügung der Antragsgegnerin vom 12.10.2020 aus § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 5 VwGO und hinsichtlich der Androhung unmittelbaren Zwangs in Ziffer 5 der Verfügung aus § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 und Abs. 5 VwGO, § 12 LVwVG.
18 
2. Der auch im Übrigen zulässige Antrag ist nur teilweise begründet. Der angefochtene Bescheid ist formell ordnungsgemäß zustande gekommen (a). Bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ziffern 1 - 3 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 12.10.2020 (b). Die Antragsgegnerin hat auch ohne Rechtsfehler die sofortige Vollziehung von Ziffern 1 - 3 des angefochtenen Bescheids angeordnet (c). Die Androhung unmittelbaren Zwangs in Ziffer 5 des Bescheids vom 12.10.2020 erweist sich indes als teilweise rechtswidrig (d).
19 
a) Der angefochtene Bescheid ist entgegen dem Vorbringen des Antragstellers nicht wegen unterlassener Anhörung rechtswidrig.
20 
Ob die Antragsgegnerin sich auf ein zwingendes öffentliches Interesse im Sinne des § 28 Abs. 3 LVwVfG berufen kann, ist fraglich, kann indes dahingestellt bleiben. Denn ein eventueller Anhörungsmangel dürfte nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG geheilt sein. Zwar stellen Äußerungen und Stellungnahmen von Beteiligten im gerichtlichen Verfahren noch keine nachträgliche Anhörung dar (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.06.2010 - 3 C 14/09 - BVerwGE 137, 199 - in juris Rn. 37 und Urt. v. 22.03.2012 - 3 C 16/11 - BVerwGE 142, 205 - in juris Rn. 18). Die Antragsgegnerin hat sich jedoch mit den schriftsätzlich vorgetragenen Einwänden des Antragstellers auseinandergesetzt und hat nach erneuter Prüfung an ihrem Bescheid vom 12.10.2020 festgehalten. Damit ist der Schutzzweck der Anhörungspflicht erfüllt worden. Selbst wenn eine Heilung des Anhörungsmangels nicht eingetreten sein sollte, könnte dieser nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheids führen. Denn nach § 46 LVwVfG kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 LVwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Diese Voraussetzungen des § 46 LVwVfG sind vorliegend erfüllt. Der Antragsteller hat im gerichtlichen Verfahren dargelegt, warum aus seiner Sicht der Widerruf der ihm erteilten Gaststättenerlaubnis und die Untersagung der Fortsetzung des Betriebs rechtswidrig sind. Er trägt indes nicht vor, was er bei einer ordnungsgemäßen Anhörung zusätzlich vorgetragen hätte. Es bestehen daher keine Zweifel daran, dass die Antragsgegnerin ohne den Verfahrensfehler genauso entschieden hätte (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.04.2017 - 9 B 54/16 - in juris Rn. 5).
21 
b) Die Ziffern 1 - 3 des angefochtenen Bescheids der Antragsgegnerin sind rechtlich nicht zu beanstanden. Der Widerruf der Gaststättenerlaubnis ist rechtmäßig (aa). Der Antragsteller ist auch verpflichtet, die Gaststättenerlaubnis und alle Zweitschriften an die Landeshauptstadt Stuttgart zurückzugeben (bb). Auch die Untersagung der Fortsetzung des erlaubnispflichtigen Betriebs ist rechtlich nicht zu beanstanden (cc).
22 
aa) Der Widerruf der Gaststättenerlaubnis ist rechtmäßig.
23 
Rechtsgrundlage für den Widerruf der Gaststättenerlaubnis ist § 1 Landesgaststättengesetz (LGastG), § 15 Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GastG. Nach § 15 Abs. 2 GastG ist die Erlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die die Versagung der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GastG rechtfertigen würden. Die Gaststättenerlaubnis ist nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GastG zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Ist - wie vorliegend - eine Entscheidung über den Widerspruch gegen den Widerruf der Gaststättenerlaubnis noch nicht erfolgt, so ist maßgebend die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 04.11.1993 - 14 S 2322/93 - GewArch 1994, 30 - in juris Rn. 3).
24 
Der gaststättenrechtliche Begriff der Zuverlässigkeit stimmt mit dem des § 35 Abs. 1 GewO überein (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.09.1991 - 1 B 96/91 - NVwZ-RR 1992, 414 - in juris Rn. 4; VGH München, Urt. v. 09.05.2003 - 22 B 03.360 - in juris Rn. 8). Unzuverlässig ist danach, wer nach dem Gesamtbild seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.07.2020 - 7 C 30/18 - in juris Rn. 21; Urt. v. 15.04.2015 - 8 C 6/14 - BVerwGE 152, 39 - in juris Rn. 14 und Beschl. v. 23.09.1991 - 1 B 96/91 - NVwZ-RR 1992, 414 - in juris Rn. 4). Ordnungsgemäß ist eine Gewerbeausübung nur, wenn sie im Einklang mit dem geltenden Recht erfolgt. Unerheblich ist, ob die Verstöße von der Rechtsordnung als besonders schwerwiegend bewertet werden und deswegen strafbewehrt sind; auch wiederholte, jeweils für sich genommen nicht wesentlich ins Auge fallende Verstöße können bedeutsam sein, wenn sie bei einer Gesamtbetrachtung den Schluss rechtfertigen, der Betreffende sei nicht willens oder nicht in der Lage, die in Rede stehende Tätigkeit ordnungsgemäß durchzuführen (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.07.2020 - 7 C 30/18 - in juris Rn. 23). War jemand in der Vergangenheit unzuverlässig, kommt es darauf an, ob die Ursachen hierfür fortbestehen oder sich die Einstellung des Betreffenden zur Rechtsordnung und sein Verhalten dahingehend geändert haben, dass zukünftig ein rechtstreues Verhalten zu erwarten ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.07.2020 - 7 C 30/18 - in juris Rn. 23). Maßstab für die Prognose ist nicht die überwiegende Wahrscheinlichkeit der ordnungswidrigen Gewerbeausübung; vielmehr genügen ernsthafte Zweifel an der ordnungsgemäßen Ausübung des Gaststättengewerbes (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 04.11.1993 - 14 S 2322/93 - GewArch 1994, 30 - in juris Rn. 3).
25 
Im Bereich des Gaststättenrechts rechtfertigt bereits die Existenz eines Strohmannverhältnisses die Annahme der gaststättenrechtlichen Unzuverlässigkeit der beteiligten Personen, da sie sich im Zusammenwirken vorsätzlich über die Notwendigkeit der Einholung einer Erlaubnis für den Hintermann hinwegsetzen (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.2003 - 6 C 10/03 - NVwZ 2004, 103 - in juris Rn. 24). Ein Strohmannverhältnis liegt vor, wenn eine natürliche oder juristische Person zur Verschleierung der wirklichen Machtverhältnisse ohne eigene unternehmerische Tätigkeit nur als eine von einem anderen gesteuerte Marionette am Wirtschaftsleben teilnimmt; es ist durch die Absicht gekennzeichnet, den wirklichen Gewerbetreibenden (Hintermann) zu verbergen (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.2003 - 6 C 10/03 - NVwZ 2004, 103 - in juris Rn. 25 und Urt. v. 02.02.1982 - 1 C 3/81 - BVerwGE 65, 12 - in juris Rn. 21). Ist der Hintermann gaststättenrechtlich unzuverlässig, ergibt sich daraus zwingend die gaststättenrechtliche Unzuverlässigkeit des Strohmanns, da er einem unzuverlässigen Hintermann die gewerbliche Betätigung ermöglicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 02.02.1982 - 1 C 3/81 - BVerwGE 65, 12 - in juris Rn. 21). Ein Strohmannverhältnis liegt jedoch nicht vor, wenn der Gewerbetreibende noch als Verantwortlicher für den Gewerbebetrieb angesehen werden kann, selbst wenn sein Handlungsspielraum - aus welchen Gründen auch immer - stark eingeschränkt ist (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 08.11.2004 - 6 S 593/04 - GewArch 2005, 84 - in juris Rn. 5). Im Interesse der Wirksamkeit des gewerberechtlichen Instrumentariums muss grundsätzlich an das äußere Bild der gewerblichen Betätigung angeknüpft werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.2003 - 6 C 10/03 - NVwZ 2004, 103 - in juris Rn. 25).
26 
Daneben erweist sich ein Gewerbetreibender aber auch dann als gewerberechtlich unzuverlässig, wenn dieser einem unzuverlässigen Dritten maßgeblichen bzw. bestimmenden Einfluss auf die Führung des Gewerbebetriebs einräumt oder auch nur nicht willens oder in der Lage ist, einen solchen Einfluss auszuschalten (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.01.1996 - 1 B 202/95 - NVwZ-RR 1996, 650 - in juris Rn. 6; VGH München, Beschl. v. 24.05.2016 - 22 ZB 16.252 - in juris Rn. 15).
27 
Ob vorliegend von einem klassischen Strohmannverhältnis auszugehen ist, kann offenbleiben. Jedenfalls ist von einem maßgeblichen Einfluss eines unzuverlässigen Dritten auf die Geschäftsführung des Antragstellers auszugehen; dies begründet die Unzuverlässigkeit des Antragstellers. Im angefochtenen Bescheid ist ausführlich dargelegt, dass die Gaststätte ... tatsächlich von Herrn H, dem mit bestandskräftiger Verfügung vom 04.08.2011 wegen Unzuverlässigkeit die Ausübung der Tätigkeit „Betrieb einer Gaststätte (erlaubnisfrei und erlaubnispflichtig)“ untersagt wurde, geführt wird. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die nach Aktenlage zutreffenden Ausführungen im Bescheid der Landeshauptstadt Stuttgart vom 12.10.2020 verwiesen (§ 117 Abs. 5 VwGO entsprechend). In der Behördenakte ist in vielfacher Hinsicht dokumentiert, dass der Antragsteller in der auf seinen Namen laufenden Gaststätte so gut wie nie angetroffen wurde. Vielmehr war stets Herr H zugegen und mit der Betriebsführung befasst. Es spricht daher alles dafür, dass Herr H der tatsächliche Betreiber der Gaststätte ist. Dies rechtfertigt die Annahme der gaststättenrechtlichen Unzuverlässigkeit des Antragstellers als Erlaubnisinhaber.
28 
Der Widerruf der Gaststättenerlaubnis ist bei gaststättenrechtlicher Unzuverlässigkeit nach § 15 Abs. 2 GastG zwingend geboten; ein Ermessen ist der Behörde nicht eingeräumt. Der Ausschluss des unzuverlässigen Gewerbetreibenden aus dem Wirtschaftsleben steht mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in der Ausprägung durch Art. 12 GG in Einklang (vgl. BVerwG, Beschl. v. 07.06.1996 - 1 B 92/96 - GewArch 1996, 411 - in juris Rn. 4).
29 
bb) Die Rückforderung der Gaststättenerlaubnis sowie von Zweitfertigungen ist gleichfalls rechtmäßig.
30 
Die Voraussetzungen des § 52 Satz 1 LVwVfG sind erfüllt. Nach dieser Bestimmung kann die Behörde die aufgrund eines Verwaltungsakts erteilten Urkunden oder Sachen, die zum Nachweis der Rechte aus dem Verwaltungsakt oder zu deren Ausübung bestimmt sind, zurückfordern, wenn der Verwaltungsakt unanfechtbar widerrufen oder zurückgenommen oder seine Wirksamkeit aus einem anderen Grund nicht oder nicht mehr gegeben ist. Eine auf § 52 Satz 1 LVwVfG gestützte Rückforderung von Urkunden ist auch dann möglich, wenn der Widerrufsbescheid noch nicht unanfechtbar, wohl aber - wie vorliegend - sofort vollziehbar ist (vgl. OVG Münster, Urt. v. 15.05.1990 - 5 A 1692/89 - NVwZ 1990, 1183 - in juris Rn. 19). Die Antragsgegnerin hat das ihr eingeräumte Ermessen erkannt und hiervon in zweckentsprechender Weise Gebrauch gemacht. Zutreffend begründete sie die Rückforderung damit, dass bei nicht erfolgender Rückgabe der Gaststättenerlaubnis sowie von Zweitfertigungen etwaige Missbrauchsmöglichkeiten hinsichtlich der weiteren Ausübung des Gewerbes bestehen bleiben.
31 
cc) Auch die Betriebsuntersagung ist rechtlich nicht zu beanstanden.
32 
Gemäß § 1 LGastG, § 31 GastG i.V.m. § 15 Abs. 2 Satz 1 GewO kann die Fortsetzung eines Betriebs verhindert werden, wenn dieser Betrieb ohne die erforderliche Zulassung betrieben wird. Infolge des sofort vollziehbaren Widerrufs der Gaststättenerlaubnis liegen diese Voraussetzungen hier vor.
33 
Die Antragsgegnerin dürfte das ihr eingeräumte Ermessen fehlerfrei und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ausgeübt haben. Die Schließung der Gaststätte dient der Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes. Angesichts der durch die weitere Gewerbeausübung durch einen unzuverlässigen Gewerbetreibenden drohenden Gefahren entspricht die Betriebsstilllegung pflichtgemäßem Ermessen (weitergehend, ein intendiertes Ermessen bzw. eine Ermessensreduzierung auf Null bejahend VGH Kassel, Beschl. v. 20.02.1996 - 14 TG 430/95 - GewArch 1996, 291 - in juris Rn. 15; OVG Lüneburg, Beschl. v. 10.02.2014 - 7 ME 105/13 - in juris Rn. 36).
34 
c) Die Landeshauptstadt Stuttgart hat die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 - 3 des Bescheids vom 12.10.2020 formell ordnungsgemäß angeordnet und das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Durchsetzung der Verfügung ausreichend schriftlich begründet (§ 80 Abs. 3 VwGO).
35 
Zweck der Begründung ist es, die Behörde zu einer sorgfältigen Prüfung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts anzuhalten. Außerdem sollen dem Betroffenen die für die Sofortvollzugsanordnung maßgeblichen Gründe zur Kenntnis gebracht werden, die zugleich die Grundlage für eine gerichtliche Kontrolle der Anordnung bilden. Dementsprechend muss aus der Begründung nachvollziehbar hervorgehen, dass und aus welchen besonderen Gründen die Behörde im konkreten Fall dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einräumt und aus welchen in dringendem öffentlichen Interesse liegenden Gründen sie es für gerechtfertigt oder geboten hält, die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs zurückzustellen. Auf die inhaltliche Richtigkeit der Begründung kommt es dagegen nicht an (vgl. zum Ganzen VGH Mannheim, Beschl. v. 28.06.2010 - 8 S 708/10 - VBlBW 2011, 28 - in juris Rn. 2).
36 
Diesen Anforderungen entspricht die Begründung der Sofortvollzugsanordnung. Die Antragsgegnerin hat ausgeführt, um kurzfristig zu verhindern, dass öffentliche Gläubiger und mit ihnen in Geschäftskontakt tretende Dritte weiter finanziell geschädigt würden und unter dem Deckmantel des Antragstellers Straftaten und Ordnungswidrigkeiten begangen würden, werde die sofortige Vollziehung angeordnet. Das öffentliche Interesse gehe dem Interesse des Antragstellers vor. In diesen Erwägungen liegt noch eine einzelfallbezogene, den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügende Darlegung der besonderen Gründe, die die Antragsgegnerin zur Anordnung des Sofortvollzugs veranlasst haben. Die von der Antragsgegnerin angeführten Gründe rechtfertigen auch nach Auffassung der Kammer die Annahme eines überwiegenden öffentlichen Interesses. Nur durch den angeordneten Sofortvollzug kann die drohende Gefahr weiterer Gesetzesverstöße abgewehrt werden.
37 
d) Die Androhung unmittelbaren Zwangs in Ziffer 5 des Bescheids vom 12.10.2020 ist jedoch teilweise rechtlich zu beanstanden.
38 
Die Androhung unmittelbaren Zwangs in Ziffer 5 des Bescheids vom 12.10.2020 erweist sich wegen Verstoßes gegen § 20 Abs. 1 Satz 2 LVwVG als rechtswidrig, soweit sich die Zwangsmittelandrohung auf die in Ziffer 2 des angefochtenen Bescheids angeordnete Handlungspflicht bezieht.
39 
Nach § 20 Abs. 1 Satz 2 LVwVG ist dem Pflichtigen in der Androhung eines Zwangsmittels zur Erfüllung der Verpflichtung eine angemessene Frist zu bestimmen; diese Bestimmung gilt für Handlungsverpflichtungen, naturgemäß nicht für Unterlassungsverpflichtungen, die in jedem Zeitpunkt zu erfüllen sind. Da Ziffer 2 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 12.10.2020 den Antragsteller zu einer Handlung verpflichtet und die Voraussetzungen einer Ausnahme nach § 21 LVwVG ersichtlich nicht vorliegen, bedarf es der Bestimmung einer Frist. Darunter ist ein Zeitraum zu verstehen, der dem Adressaten des vollziehbaren belastenden Verwaltungsakts aufgrund behördlicher Festsetzung zur Erfüllung der ihm auferlegten Handlungspflicht zur Verfügung steht, bevor das angedrohte Zwangsmittel angewandt wird (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 13.01.1995 - 10 S 3057/94 - NVwZ-RR 1995, 506 - in juris Rn. 9). Für die Rechtmäßigkeit der nach § 20 Abs. 1 Satz 2 LVwVG gebotenen Fristbestimmung ist es erforderlich, dass das Ende der Frist entweder mit einem kalendermäßigen Datum oder mit einer genauen Zeitdauer oder in sonstiger Weise hinreichend bestimmbar festgesetzt wird (§ 31 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. §§ 187 - 193 BGB). Das Erfordernis einer zeitlich bestimmten oder zumindest bestimmbaren Frist ergibt sich aus § 37 Abs. 1 LVwVfG, wonach ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein muss. Da die durch § 20 Abs. 1 Satz 2 LVwVG gebotene Fristbestimmung integrierender Bestandteil der Zwangsmittelandrohung ist, ist § 37 Abs. 1 LVwVfG hierauf unmittelbar anzuwenden (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 13.01.1995 - 10 S 3057/94 - NVwZ-RR 1995, 506 - in juris Rn. 9).
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Nach diesen Grundsätzen ist die von der Antragsgegnerin gesetzte Abwendungsfrist wegen Verstoßes gegen das Erfordernis hinreichender Bestimmtheit rechtswidrig. Dem Antragsteller ist in Ziffer 4 des Bescheids vom 12.10.2020 (Androhung des unmittelbaren Zwangs) keine Frist gesetzt worden. Bei der auferlegten Handlungspflicht in Ziffer 2 ist dem Antragsteller indes aufgegeben worden, die Urkunde der Gaststättenerlaubnis sowie alle Zweitschriften unverzüglich zurückzugeben. Die Antragsgegnerin hat mit dem Begriff „unverzüglich“ keinen genauen Zeitpunkt für die Erfüllung der Handlungspflicht gesetzt. Der Ablauf einer mit „unverzüglich“ bestimmten Frist lässt sich nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt fixieren. Folglich kann der Antragsteller nicht erkennen, bis zu welchem Zeitpunkt er die Rückgabepflicht bewirkt haben muss und ab wann er mit einem Zwangsmittel zu rechnen hat. Zwar bedeutet „unverzüglich“ nach § 121 BGB ohne schuldhaftes Zögern. Diese Fristbestimmung kann im rechtsgeschäftlichen Verkehr hinreichend sein (vgl. BGH, Urt. v. 12.08.2009 - VIII ZR 254/08 - NJW 2009, 3153 - in juris Rn. 10); sie hat auch im materiellen öffentlichen Recht Eingang gefunden (z.B. § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG). Im Falle der Vollstreckung muss indes der unbestimmte Rechtsbegriff durch eine kalendermäßige Zeitangabe konkretisiert werden (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 13.01.1995 - 10 S 3057/94 - NVwZ-RR 1995, 506 - in juris Rn. 9; OVG Greifswald, Beschl. v. 18.06.1996 - 3 M 3/96 - NVwZ-RR 1997, 762 - in juris Rn. 15; OVG Weimar, Beschl. v. 12.03.2008 - 3 EO 283/07 - in juris Rn. 18; VGH München, Urt. v. 24.09.1985 - 20 B 85 A.17 - BayVBl. 1986, 176; OVG Münster, Beschl. v. 12.07.1991 - 4 B 3581/90 - NVwZ-RR 1993, 59 - in juris Rn. 14).
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Soweit in Ziffer 5 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 12.10.2020 unmittelbarer Zwang für den Fall angedroht wurde, dass der Antragsteller den Gaststättenbetrieb nicht einstellen sollte, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden.
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Diese Zwangsmittelandrohung genügt den rechtlichen Anforderungen der §§ 2, 20 Abs. 1 sowie 26 LVwVG.
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Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen des § 2 LVwVG liegen vor. Die Antragsgegnerin hat in Ziffer 4 des angefochtenen Bescheids die sofortige Vollziehung auch von Ziffer 3 angeordnet; aufgrund dieses angeordneten Sofortvollzugs entfaltet der vom Antragsteller eingelegte Widerspruch keine aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO). Da dem Antragsteller mit der Untersagung der Fortsetzung des erlaubnispflichtigen Betriebs in Ziffer 3 des angefochtenen Bescheids eine Unterlassungspflicht auferlegt wurde, bedurfte es nicht der Festsetzung einer Abwendungsfrist (§ 20 Abs. 1 Satz 2 LVwVG).
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Zwar darf unmittelbarer Zwang im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gemäß § 26 Abs. 2 LVwVG nur angewandt werden, wenn Zwangsgeld und Ersatzvornahme nicht zum Erfolg geführt haben oder deren Abwendung untunlich ist. Ein Verstoß gegen § 26 Abs. 2 LVwVG ist vorliegend jedoch nicht feststellbar. Eine Ersatzvornahme (§ 25 LVwVG) kam mangels vertretbarer Handlung (Unterlassung der Gewerbetätigkeit) nicht in Betracht. Die Androhung und Festsetzung von Zwangsgeld (§ 23 LVwVG) ist im vorliegenden Fall untunlich. Untunlichkeit des Zwangsgelds oder der - hier mangels vertretbarer Handlung nicht in Betracht kommenden - Ersatzvornahme im Verhältnis zum unmittelbaren Zwang ist zu bejahen, wenn die Androhung, Festsetzung und Beitreibung des Zwangsgelds schlechterdings oder im hohen Maße unangemessen oder unzweckmäßig ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 05.06.2014 - 3 S 71.13 - in juris Rn. 10). Dies kann der Fall sein, wenn nach den gesamten Umständen entweder die Aussichtslosigkeit eines milderen Zwangsmittels von vornherein feststeht oder wenn mit Rücksicht auf die anderenfalls für ein bedeutendes Rechtsgut drohende Gefahr, die mit einem Versuch, den Willen des Verpflichteten zunächst durch ein milderes Zwangsmittel zu beugen, und der damit einhergehenden Verzögerungen verbunden ist, nicht in Kauf genommen werden kann (vgl. OVG Bautzen, Beschl. v. 29.10.2014 - 5 B 274/14 - in juris Rn. 8). Eine Vollstreckung der Untersagung der Fortsetzung des erlaubnispflichtigen Betriebs durch die Androhung, Festsetzung und Beitreibung von Zwangsgeld scheidet vorliegend aus, da dieses Zwangsmittel zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung (u.a. Schutz öffentlicher Gläubiger und der in Geschäftskontakt tretenden Dritten) unzweckmäßig ist.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG. In Orientierung an Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31.05./01.06.2012 und am 18.07.2013 beschlossenen Änderungen legt die Kammer im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Hälfte des in Nr. 54.2.1 des Streitwertkatalogs vorgesehenen Mindeststreitwerts von 15.000,- Euro zugrunde.

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