| Der Berichterstatter konnte anstelle der Kammer und ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Verfahrensbeteiligten hierzu jeweils ihre Zustimmung erklärt haben (§§ 87a Abs. 2, 101 Abs. 2 VwGO). |
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| 1. Die Klage ist zulässig. Abweichend von § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist das Fehlen eines Vorverfahrens im Hinblick auf den angegriffenen Bescheid der Beklagten vom 21.04.2021 hier unschädlich. |
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| a) Entgegen der Annahme der Klägerin folgt dies aber nicht schon daraus, dass der angegriffene Bescheid in seiner Rechtsbehelfsbelehrung angibt, gegen diesen Bescheid könne (unmittelbar) Klage zum Verwaltungsgericht erhoben werden. Allein durch eine unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung ließe sich § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht umgehen. Die verfahrensrechtlichen Folgen einer unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung sind in § 58 VwGO abschließend geregelt. Dass ein Rechtsbehelf überflüssig wird, wenn über ihn nicht oder unrichtig belehrt wird, ist dort nicht bestimmt (VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 23.07.1998 - 8 S 3189/96 -, juris unter Verweis auf BVerwG, Urt. v. 20.04.1994 - 11 C 2.93 -, juris; Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl., § 68 Rz. 27 u. 36 a. E.). |
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| b) Auch der Umstand, dass sich die Beklagte auf die vorliegende Klage eingelassen hat, ohne das fehlende Vorverfahren zu rügen, genügt für sich genommen ebenfalls nicht, um vom Erfordernis des § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO abzusehen. Einmal davon abgesehen, dass sich das rügelose Einlassen einer beklagten Ausgangsbehörde im Fall einer unrichtig erteilten Rechtsbehelfsbelehrung ja mit ihrer Rechtsauffassung deckt und daher in derartigen Fällen der Regelfall sein dürfte, kann solches regelmäßig nur angenommen werden, wenn Ausgangsbehörde und Widerspruchsbehörde identisch sind. Das Bundesverwaltungsgericht (a. a. O., Rz. 18) betont, entscheidend sei dabei, ob dem Zweck des Vorverfahrens bereits Rechnung getragen sei oder sich sein Zweck ohnehin nicht mehr erreichen lasse. Dies sei dann der Fall, wenn sich eine Beklagte durch diejenige Behörde, die auch den Widerspruchsbescheid hätte erlassen müssen, auf die Klage sachlich eingelassen und deren Abweisung beantragt habe. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Würde man gleichwohl durch jedwedes rügeloses Einlassen einer Beklagten nach vorheriger fehlerbehafteten Rechtsbehelfsbelehrung ein Abweichen von § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO zulassen, könnte eine Ausgangsbehörde die Befassung mit einer Sache durch die Widerspruchsbehörde, im Regelfall des § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO also der nächsthöheren Behörde, umgehen. Solches ist angesichts der vergleichsweise klaren Regelung des § 68 Abs. 1 VwGO und der Bedeutung des Vorverfahrens für den Rechtsschutz und für eine sinnvolle Abgrenzung der Aufgaben von Behörden und Gerichten abzulehnen (Schenke, a. a. O., Rz. 27). |
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| c) Die Zulässigkeit einer unmittelbaren Klageerhebung entgegen § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO resultiert vorliegend aus der besonderen Fallkonstellation. Anerkannt ist durch das Gesetz, dass es einer Nachprüfung im Rahmen eines Vorverfahrens nicht bedarf, wenn der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält (§ 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwGO). Ergeht in einem laufenden Widerspruchs-verfahren eine Abhilfeentscheidung durch die Ausgangsbehörde oder ein Widerspruchsbescheid durch die zuständige Widerspruchsbehörde und enthält dieser eine Beschwer, etwa dahingehend, dass keine Kosten des Widerspruchsführers erstattet werden oder aber, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren nicht für notwendig anerkannt wird, so ist nunmehr gegen eine solche (negative) Kostenerstattungsentscheidung gemäß § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG unmittelbar die Klage richtiger Rechtsbehelf. Dies folgt aus dem Grundsatz, „nach einem Widerspruchsverfahren kein Widerspruchsverfahren“ (BVerwG, Urt. v. 12.08.2014 – 1 C 2/14 –, juris Rz. 12). |
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| Zwar ist auch eine solche Konstellation vorliegend nicht wirklich gegeben. Die Beklagte hat mit ihrem Bescheid vom 21.04.2021 weder eine Abhilfeentscheidung erlassen noch liegt eine Widerspruchsentscheidung der Widerspruchsbehörde vor. Die angegriffene Verfügung der Beklagten besteht vielmehr zum einen aus der formlosen Mitteilung, dass das Widerspruchsverfahren erledigt sei und daneben aus einer isolierten Kostenerstattungsentscheidung i. S. v. § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG. Gegen isolierte Kostenentscheidungen wie auch gegen Kostenfestsetzungsentscheidungen der Höhe nach, falls eine Kostenlastentscheidung nach § 73 Abs. 3 Satz 1 VwGO durch die Widerspruchsbehörde vorliegt, wird seit jeher vertreten, dass grundsätzlich vor Klageerhebung ein Vorverfahren notwendig ist (BVerwG, Urt. v. 18.04.1988 - 6 C 41/85 -, juris Rz. 24; Wysk, in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 22. Aufl., § 80 Rz. 64). |
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| Allerdings handelt es sich bei der angegriffenen Entscheidung der Beklagten vom 21.04.2021 nicht wirklich um eine isolierte Kostenfestsetzungsentscheidung über die Höhe der Kosten oder über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren. Der Kostenerstattungsausspruch gemäß § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG (der so in § 80 des VwVfG nicht enthalten ist) ähnelt vielmehr in der gegebenen Konstellation eher einer im Widerspruchsverfahren ergangenen Abhilfeentscheidung, verbunden mit einer erstmaligen Beschwer, nämlich der Negation eines Erstattungsanspruchs. Erledigendes Ereignis zu dem von der Klägerin geführten Widerspruchsverfahren war die Entscheidung der Beklagten, ihr die zunächst einbehaltene Niederlassungserlaubnis wieder auszuhändigen (dazu sogleich mehr). Dies rechtfertigt es hier, in analoger Anwendung von § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 1. Alternative VwGO von der Notwendigkeit eines Vorverfahrens hinsichtlich der erstmaligen Beschwer der Klägerin abzusehen und gegen die Versagung eines Kostenerstattungsanspruchs nach § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG ausnahmsweise eine unmittelbare Klagemöglichkeit zu eröffnen. Mit Blick auf den Gesichtspunkt der Prozessökonomie kann eine solche Vorgehensweise verhindern, dass es zu einem weiteren Widerspruchsverfahren mit dann weiteren Kostenstreitigkeiten und letztlich zu einer „Endlosschleife“ kommt (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.08.2014 - 1 C 2/14 -, juris Rz. 14). |
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| Die vorverfahrenslose unmittelbare Klageerhebung ist in der gegebenen Konstellation daher (ausnahmsweise) nicht zu beanstanden. |
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| 2. Die Klage ist auch begründet. Die angegriffene Entscheidung der Beklagten vom 21.04.2021 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Sie war daher unter Ausspruch der sich aus dem Tenor ergebenden Verpflichtung aufzuheben (§ 113 Abs. 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO). Das der Beklagten eingeräumte Ermessen nach § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG ließ sich hier rechtmäßig nur in der sich aus dem Tenor ergebenden Weise ausüben. |
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| a) Wiederum entgegen der Rechtsansicht der Klägerin folgt die Rechtswidrigkeit der angegriffenen Kostenerstattungsentscheidung nicht daraus, dass die Beklagte hierfür gar nicht zuständig gewesen wäre. Zuständig für eine solche Entscheidung ist die Behörde, bei der das Widerspruchsverfahren nach Einlegung des Widerspruchs in dem Zeitpunkt anhängig ist, in dem sich die Notwendigkeit einer Kostenerstattungsentscheidung nach § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG ergibt. Im vorliegenden Fall ergab sich die Notwendigkeit einer solchen Entscheidung aufgrund des Umstands, dass sich das Widerspruchsverfahren erledigt hatte und die Klägerin auch eine entsprechende Erledigungserklärung abgegeben hatte. Zu diesem Zeitpunkt war aber noch die Ausgangsbehörde, die Beklagte, mit der Angelegenheit befasst. Der sogenannte Devolutiveffekt durch Abgabe der Verfahrensakten an die übergeordnete Widerspruchsbehörde war noch nicht eingetreten als es bereits zum erledigenden Ereignis, der Wiederherausgabe der einbehaltenen Niederlassungserlaubnis der Klägerin kam. In einem solchen Fall ist die Einholung einer Erledigungserklärung der Widerspruchsführerin und die anschließende Kostenerstattungsentscheidung von der noch befassten Ausgangsbehörde zu bewirken. Einer Aktenvorlage an die Widerspruchsbehörde nach der Erledigung des Widerspruchsverfahrens bedarf es nicht mehr. |
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| b) Das Gericht lässt dahingestellt, ob die Kostenentscheidung, wie sie sich aus dem Verpflichtungsausspruch des Tenors des Urteils ergibt, schon deshalb die nach billigem Ermessen einzig richtige Entscheidung nach § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG sein kann, weil sich die Beklagte im vorangegangenen Widerspruchsverfahren einseitig in die Rolle der Unterlegenen begeben hat, indem sie unmittelbar nach Erhebung des Widerspruchs durch den Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin dieser das Recht eingeräumt hat, das zuvor einbehaltene Dokument über ihre Niederlassungserlaubnis auf der Behörde wieder abzuholen. Die zeitlichen Abläufe des Verfahrens lassen eigentlich keine andere Deutung zu. Auf den ersten Herausgabeanspruch der Klägerin durch ihren Verfahrensbevollmächtigten mit Telefax vom 10.02.2020 hatte die Beklagte noch keinerlei Reaktion gezeigt. Auf sein wiederholtes Begehren unter dem 16.03.2020 äußerte sich die Beklagte zunächst mit Schreiben vom 20.03.2020 und verteidigte ihre Vorgehensweise. Nachdem der Verfahrensbevollmächtigte der Klägerin für diese dann mit Telefax vom 25.03.2020 förmlich Widerspruch eingelegt hatte, teilte die Beklagte mit Antwort-Schreiben vom 27.03.2020, also zwei Tage später, mit, die Klägerin könne das Dokument wieder in Empfang nehmen. Etwas anderes als ein Nachgeben der Behörde unmittelbar nach der Einlegung des förmlichen Widerspruchs, mag man in diesem Geschehensablauf fast nicht zu erkennen. |
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| Allerdings hat die Beklagte mit weiterem Schreiben vom 31.03.2020 gegenüber dem Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin ihre Vorgehensweise ausdrücklich verteidigt. Sie hat - warum auch immer (vgl. unten) - nicht eingeräumt, dass ein Fehler geschehen sei, vielmehr hat sie an ihrer Vorgehensweise festgehalten. Auch wenn dies wenig überzeugend wirkt, so kann letztlich nicht völlig ausgeschlossen werden, dass aus Sicht der Sachbearbeiterin der Beklagten just zu diesem Zeitpunkt, als der Widerspruch der Klägerin eingegangen war, ihre „Prüfarbeit“ (dazu sogleich) soweit gediehen war, dass sie nunmehr die Herausgabe des zuvor einbehaltenen Dokumentes für verantwortbar hielt, ohne dass sie sich in die Rolle der Unterlegenen begeben wollte. |
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| c) Dass nach Erledigung des Widerspruchsverfahrens der aus dem Tenor ersichtliche Kostenausspruch einzig richtige Ermessensentscheidung nach § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG sein konnte, ergibt sich im vorliegenden Verfahren jedenfalls daraus, dass die Vorgehensweise der Beklagten rechtswidrig war und das von der Klägerin eingeleitete Widerspruchsverfahren vollumfänglich begründet gewesen ist. |
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| aa) Soweit die Beklagte sich in ihrer Klageerwiderung darauf beruft, die von ihr gezeigte Vorgehensweise entspreche vollständig dem von der Beklagten für solcherlei Fälle vorgesehene Ablauf, versteht sich von selbst, dass eine solche Argumentation („das haben wir immer so gemacht“) nicht trägt. Der Berichterstatter hat im Übrigen auch Zweifel, ob dieser Vortrag zutrifft. Es fällt schon auf, dass im Aufforderungsschreiben der Beklagten vom 18.12.2019, mit dem die Klägerin zur persönlichen Vorsprache aufgefordert wurde, die Liste der von ihr mitzubringenden Dokumente und Unterlagen die Niederlassungserlaubnis der Klägerin nicht erwähnt. Wäre es „gängige Praxis“ im Falle des Widerrufs der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft neben der Einziehung des Reiseausweises für Flüchtlinge im Rahmen einer dann möglichen Prüfung des Widerrufs des auf die Zuerkennungsentscheidung hin erteilten Aufenthaltstitels von allen davon Betroffenen diesen Titel sogleich einzubehalten, so müsste in diesem Aufforderungsschreiben die Pflicht, den Aufenthaltstitel bei der angeordneten Vorsprache mitzubringen, wohl routinemäßig erfolgen. Auch fällt auf, dass in der der Klägerin anlässlich dieser Vorsprache ausgehändigten Bescheinigung über die Abnahme von Dokumenten lediglich der einbehaltene Reiseausweis für Flüchtlinge aufgeführt ist. Der Einbehalt des Aufenthaltstitels, der angeblich in solcherlei Fällen stets vorgesehen sei, ist in der der Klägerin ausgehändigten Bescheinigung nicht erwähnt. |
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| bb) Selbst wenn die Vorgehensweise, wie hier geschehen, vollständig dem von der Beklagten für solcherlei Fälle vorgesehenen Ablauf entsprochen hätte, wäre sie hier - und wohl auch in jedem anderen Einzelfall - rechtswidrig. |
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| Zu Recht weist der VGH Baden-Württemberg (Beschl. v. 20.01.2022 - 11 S 2757/20 -, juris) darauf hin, dass ohne ein bescheinigtes Aufenthaltsrecht beispielsweise bei einer polizeilichen Kontrolle ein Ausländer Gefahr läuft, dass er oder sie weiteren polizeilichen Maßnahmen wie beispielsweise Festhalten und Ingewahrsamnahme zur Klärung des Aufenthaltsstatus bei der Ausländerbehörde unterworfen wird. Diese abstrakt drohenden Nachteile sind immer unzumutbar (vgl. bereits VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.08.2018 - 11 S 1351/18 - juris Rn. 3 m.w.N.). Dies wird um ein Vielfaches potenziert, wenn zeitglich das einzige Identitätsdokument der Person - hier der Reiseausweis für Flüchtlinge - von der Behörde einbehalten wird. Insoweit hielt die Klägerin dann zwar eine Bescheinigung der Beklagten in Händen. Diese äußert sich jedoch nicht zum Aufenthaltsstatus der Person. |
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| Das Herbeiführen einer solchen abstrakten Gefahr durch eine Ausländerbehörde käme - wenn überhaupt - nur in besonders schwerwiegenden Fällen, etwa bei einer drohenden akuten Missbrauchsgefahr des Ausweisdokumentes o. ä. in Betracht (und auch dann nur in Verbindung mit einer amtlichen Abnahmebescheinigung, ggf. unter Beifügung einer lesbaren Kopie des abgenommenen Dokuments). Was die Beklagte demgegenüber im Verfahren als Motiv für ihre (mündlich ausgesprochene) Einbehaltungsverfügung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 AufenthG vorbringt, ist in jeder Hinsicht ungenügend. |
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| Der Beklagten ist zuzugestehen, dass nach der bestandskräftigen Widerrufsentscheidung der ursprünglich zuerkannten Flüchtlingsanerkennung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Anlass bestanden haben mag, behördlicherseits über einen korrespondierenden Widerruf des auf diese Zuerkennungsentscheidung hin erteilten Aufenthaltstitels nachzudenken. Die Einziehungsverfügung, betreffend den Reiseausweis für Flüchtlinge, durfte die Beklagte selbstredend verfügen (letzterer war im Zeitpunkt der Vorsprache ohnehin abgelaufen; vgl. dazu sogleich). |
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| Weder für die Prüfung, ob ein Widerrufsverfahren überhaupt einzuleiten wäre, noch für eine Entscheidung über einen Widerruf der Niederlassungserlaubnis, war ein Einbehalt des elektronischen Dokuments des Aufenthaltstitels der Klägerin in irgendeiner Weise von Nutzen. Selbst stundenlanges Betrachten der Niederlassungserlaubnis hätte den Sachbearbeiter insoweit nicht voranbringen können. Im Übrigen hätte die Betrachtung einer Farbkopie, wie sie auf Seite 182 der Verwaltungsakten enthalten ist, wohl auch völlig ausgereicht. |
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| Umgekehrt ergibt sich aus § 78 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ein Anspruch eines Ausländers, dem ein Aufenthaltstitel zuerkannt worden ist, auf Ausstellung eines eigenständigen Dokumentes hierüber. Damit korrespondiert ein Recht zum Besitz dieses Dokumentes, solange der Aufenthaltstitel besteht. Erst mit der Wirksamkeit eines Verwaltungsaktes, der die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendet (vgl. § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG; nicht: Vollziehbarkeit; dazu sogleich) würde das Recht zum Besitz dieses Aufenthaltstitel-Dokuments enden. Davon konnte vorliegend keine Rede sein. |
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| cc) Das Gericht hat erwogen, der Beklagten einen Aushändigungs- und Überlassungsanspruch nach § 48 Abs. 1 Satz 1 AufenthG bezüglich des elektronischen Dokumentes der Niederlassungserlaubnis der Klägerin unter dem Gesichtspunkt zuzubilligen, dass darin enthaltene Eintragungen korrekturbedürftig waren. So entsprach der Hinweis nach § 78 Abs. 1 Satz 3 Nr. 11 AufenthG über die Gültigkeitsdauer des zugehörigen Passes nicht mehr der Wirklichkeit. Auch war die Angabe nach § 78 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 2. Alternative AufenthG über die technische Kartennutzungsdauer nicht mehr aktuell, da bereits abgelaufen (wobei insoweit anzumerken wäre, dass die genannte Norm nur die Angabe der technischen Kartennutzungsdauer gestattet und nicht eine Angabe über eine „generelle“ Kartennutzungsdauer, wie von der Beklagten eingetragen, was ebenfalls die Gefahr birgt, die betreffende Person im Falle einer polizeilichen Kontrolle oder sonst im Geschäftsleben in Schwierigkeiten zu bringen). |
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| Allerdings fehlt im Aufenthaltsgesetz schon eine dem § 11 Abs. 1 Nr. 2, 2. Alternative i. V. m. § 12 und § 13 PassG entsprechende Vorschrift, wonach unzutreffende Eintragungen eine Ungültigkeit des Dokuments mit der Folge von Herausgabepflichten (vgl. auch § 15 Nr. 1 PassG) zur Folge haben. Des Weiteren hat sich die Beklagte an keiner Stelle des Verfahrens auf diesen Rechtsgedanken berufen. Jedenfalls hätte auch dann sichergestellt werden müssen, dass die Klägerin uneingeschränkt über eine Nachweismöglichkeit ihres Aufenthaltstitels verfügt (Abnahmebescheinigung i.V.m. einer lesbaren Farb-Kopie), um unzumutbare Beeinträchtigungen (vgl. oben) zu umgehen. Angesichts der Marginalität der hier vorliegenden unzutreffenden Eintragungen hätte aber ohne Weiteres auch bis zur Neuausstellung eines elektronischen Dokumentes, etwa nach Ausstellung eines Nationalpasses anstelle des eingezogenen Reiseausweises für Flüchtlinge, in einer „Umtauschaktion“ dann erst der Einbehalt des bisherigen Dokumentes verfügt werden können. |
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| dd) Zuletzt folgt auch aus der „verunglückten“ Rechtskonstruktion des § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG nichts Anderes. Die Norm erklärt „unbeschadet“ der „aufschiebenden Wirkung“ von Widerspruch und Klage die Wirksamkeit eines Verwaltungsaktes, der die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendet, für unberührt und führt so eine dem Verwaltungsverfahrensrecht an sich fremde Kategorie, die wirksame Belastung eines belastenden Verwaltungsaktes, trotz aufschiebender Wirkung eines Rechtsbehelfs, ein. |
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| Der „vorsorgliche“ Einbehalt eines elektronischen Aufenthaltstitels käme nach dieser Rechtskonstruktion vielleicht dann in Betracht, wenn ganz unmittelbar bevorstehend eine Verwaltungsentscheidung zu treffen wäre, die in diesem Sinne zur Beendigung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts führen würde. Aber auch dann wäre unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr die Feststellung erforderlich, dass andernfalls etwa die Erlangung des elektronischen Aufenthaltstitels, also nach Erlass der kurz bevorstehenden titelvernichtenden Entscheidung, erheblich erschwert und ein Titelmissbrauch zu gewärtigen wäre. Nichts davon kam im Falle der Klägerin seinerzeit in Betracht. |
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| d) Auf Grund der Rechtswidrigkeit des Vorgehens der Beklagten am 13.01.2021 und des von der Klägerin eingelegten Widerspruchs war, nachdem sich das Widerspruchsverfahren erledigt hatte, die einzig ermessensgerechte Entscheidung gemäß § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG, dass die Kosten des Widerspruchsverfahrens der Rechtsträger der handelnden Behörde, mithin das Land Baden-Württemberg, trägt. Dass die Klägerin das Vorgehen der Behörde in irgendeiner Weise „provoziert“ oder vorwerfbar veranlasst haben könnte, ist in keiner Weise ersichtlich. |
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| e) Ebenso war einzig ermessensgerecht auszusprechen, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren für die Klägerin notwendig gewesen ist. Es war der Klägerin angesichts der Komplexität der Rechtsfragen und angesichts der Vorgehensweise der Beklagten anlässlich der Vorsprache der Klägerin am 13.01.2020 nicht zuzumuten, eigenständig ohne anwaltliche Hilfe das Widerspruchsverfahren zu führen. Dies bedarf hier keiner weiteren Darlegung. |
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| f) Zuletzt hatte die Klägerin damit auch einen Anspruch auf Festsetzung der geltend gemachten Kosten ihres Verfahrensbevollmächtigten in diesem Widerspruchsverfahren. Die Berechnung des bevollmächtigten Rechtsanwalts, ausgehend vom Regelstreitwert i. H. v. EUR 5.000,- ist nicht zu beanstanden. |
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| 3. Da eine Kostenerstattungsentscheidung nach § 81 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG - anders als ein Kostenfestsetzungsbeschluss des Gerichts - keinen vollstreckbaren Titel darstellt, durfte die Klägerin zugleich im Wege der Klagehäufung (§ 44 VwGO) beanspruchen, dass das Gericht in dieser Höhe einen Zahlungsanspruch ausspricht, der dann ggf. vollstreckbar wäre. |
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