Urteil vom Verwaltungsgericht Stuttgart - 4 K 836/21

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Berichtigung einer Einbürgerungsurkunde.
Der Kläger wurde am 28.07.2005 vom Beklagten eingebürgert. Die Einbürgerungsurkunde lautet auf den Namen S. K., geb. am xx.xx.1967 in Khost/Afghanistan.
Mit Schreiben vom 04.11.2020 wendete sich der Kläger an den Beklagten und trug vor, er habe bei der Einbürgerung falsche Angaben zu seiner Identität gemacht. Er habe seit 1995 in Deutschland mit falschen Personalien aus Afghanistan gelebt. Mit diesen Personalien sei er eingebürgert worden. Er sei jedoch pakistanischer Staatsbürger mit dem Namen S. R., geboren am xx.xx.1966. Der Kläger legte eine pakistanische Identitätskarte, eine pakistanische Geburtsurkunde und ein Familienregistrierungszertifikat mit Angaben zu seiner Ehefrau und seinen Kindern vor. Er beantrage, die Einbürgerungsurkunde vom 28.07.2005 auf die Personalien S.R., geboren am xx.xx.1966 in N./Pakistan zu ändern.
Mit Schreiben vom 24.11.2020 teilte der Beklagte mit, dass dem Antrag auf Änderung der Personalien des Klägers nicht entsprochen werden könne. Der Kläger sei unter den angegebenen und nachgewiesenen Personalien S. K. eingebürgert worden. Die Einbürgerungsurkunde sei trotz des Identitätsirrtums und der darauf beruhenden fehlerhaften Personenbezeichnungen in der Urkunde wirksam geworden. Die Einbürgerungsurkunde werde nicht auf den neuen Namen des Klägers geändert. Mit Schreiben vom 02.02.2021 ergänzte der Beklagte die Begründung für die Ablehnung des Antrags und trug vor, der Kläger habe die Ursache für die Unrichtigkeit der Urkunde gesetzt, weil er falsche Personalien angegeben habe. Die Einbürgerung sei damit nicht nichtig, sondern nur mit Mängeln behaftet, die aber nach Ablauf der Frist des § 35 StAG aus Gründen der Rechtssicherheit hingenommen würden. Es gebe viele Fälle, dass die Einbürgerungsurkunde einen anderen Namen beinhalte als der Eingebürgerte ihn aktuell führe, etwa bei einer Namensangleichung im Zuge der Einbürgerung oder nach einer Eheschließung. Hier werde weder die Einbürgerungsurkunde berichtigt, noch eine neue Urkunde ausgestellt. Vielmehr werde dem Inhaber der Urkunde zugemutet, bei den entsprechenden Stellen nachzuweisen, dass er derjenige sei, dessen Name auf der Urkunde stehe.
Am 23.02.2021 hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben.
Der Kläger führt in der Klageschrift aus, die Rechtsauffassung des Beklagten, wonach die Einbürgerung des Klägers nur mit Mängeln behaftet sei, die aber nach Ablauf der Frist des § 35 StAG aus Gründen der Rechtssicherheit hingenommen werden müsse, finde im Gesetzestext keine Grundlage. § 35 StAG äußere sich nur zu den Voraussetzungen für die Rücknahme einer rechtswidrigen Einbürgerung. Er sage nichts darüber aus, dass unter falschen Personalien vorgenommene Einbürgerungen nicht korrigiert werden könnten und müssten. Da der Beklagte ungeachtet der angedrohten Untätigkeitsklage keinen rechtsmittelfähigen Bescheid erlassen habe, dürfte die vorliegende Klage ebenso zulässig wie begründet sein.
Der Kläger beantragt:
den Beklagten zu verpflichten, die Personalien des Klägers in der Einbürgerungsurkunde vom 28.07.2005, ausgehändigt am 02.09.2005, auf die Personalien S. R., geboren xx.xx.1966 in N./Pakistan zu ändern.
Der Beklagte beantragt,
10 
die Klage abzuweisen.
11 
Der Beklagte trägt vor, zum Nachweis der afghanischen Staatsangehörigkeit des Klägers im Einbürgerungsverfahren sei ein afghanischer Reisepass, sowie eine am 11.08.2003 ausgestellte Geburtsurkunde durch das Generalkonsulat von Afghanistan in Bonn vorgelegt worden. Nach Überprüfung der geforderten Einbürgerungsvoraussetzungen sei die Einbürgerung durch Aushändigung der Einbürgerungsurkunde wirksam geworden. Die Einbürgerung sei unter Hinnahme der afghanischen Staatsangehörigkeit erfolgt. Der Kläger sei unter den im Einbürgerungsverfahren angegebenen und nachgewiesenen Personalien eingebürgert worden. Die Einbürgerung sei trotz des Identitätsirrtums und der darauf beruhenden fehlerhaften Personenbezeichnung in der Urkunde wirksam geworden und weiterhin wirksam. Der Verwaltungsakt sei auch nicht nichtig. Eine Rücknahme der Einbürgerung sei nicht mehr möglich, da dies nur bis zum Ablauf von zehn Jahren nach der Bekanntgabe der Einbürgerung erfolgen könne, § 35 Abs. 3 StAG. Nach § 42 VwVfG könne die Behörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten in einem Verwaltungsakt jederzeit berichtigen. Im konkreten Fall handele es sich nicht um eine offensichtliche Unrichtigkeit auf dem Niveau eines Schreib-oder Rechenfehlers. Vielmehr habe der Kläger die Ursache für die Unrichtigkeit gesetzt, weil er falsche Personalien angegeben habe. Die Einbürgerung sei damit zwar nicht nichtig, sondern nur mit Mängeln behaftet, die aber nach Ablauf der Frist des §§ 35 StAG aus Gründen der Rechtssicherheit hingenommen würden. Die Einbürgerungsurkunde sei keine Personenstandsurkunde. Sie sei lediglich ein Nachweis, dass die in der Urkunde genannte Person zum Zeitpunkt der Aushändigung der Urkunde die deutsche Staatsangehörigkeit erworben habe. Es gebe viele Fälle, in denen die Einbürgerungsurkunde einen anderen Namen beinhalte als der Eingebürgerte ihn aktuell führe. In solch einem Fall werde weder die Einbürgerungsurkunde berichtigt, noch eine neue Urkunde ausgestellt. Vielmehr werde dem Inhaber der Urkunde zugemutet, bei den entsprechenden Stellen nachzuweisen, dass er derjenige sei, dessen Name auf der Urkunde stehe.
12 
Mit Beschluss vom 14.04.2022 wurde der Rechtsstreit auf den Berichterstatter zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen.
13 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die zur Sache gehörenden Behördenakten des Beklagten, die dem Gericht vorliegen, verwiesen.

Entscheidungsgründe

14 
Die Klage, über die der Berichterstatter nach Übertragung durch die Kammer als Einzelrichter nach § 76 Abs. 1 AsylG entscheidet (§ 87 Abs. 2, 3 VwGO), ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.
15 
Das Gericht konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters des Klägers verhandeln und entscheiden, da in der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen wurde (§ 102 Abs. 2 VwGO).
1.
16 
Die Klage ist als Verpflichtungsklage in Form der Untätigkeitsklage zulässig. Die in § 75 VwGO normierten Anforderungen für die Erhebung einer Untätigkeitsklage sind zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung erfüllt. Der Kläger hat am 04.11.2020 beim Landratsamt O. die Berichtigung seiner Einbürgerungsurkunde beantragt. Ein Bescheid ist nicht ergangen. Einen zureichenden Grund für eine Untätigkeit hat der Beklagte nicht geltend gemacht, sondern sich lediglich darauf berufen, dass dem Kläger kein entsprechender Anspruch zustehe. Auch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ist ein zureichender Grund im Sinne von § 75 Satz 1 und Satz 3 VwGO für die fehlende Entscheidung über den Antrag des Klägers nicht ersichtlich.
2.
17 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Berichtigung seiner Einbürgerungsurkunde. Für den geltend gemachten Anspruch ist keine Rechtsgrundlage ersichtlich.
18 
a. § 42 VwVfG, wonach die Behörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten in einem Verwaltungsakt jederzeit berichtigen kann, scheidet als Anspruchsgrundlage aus. Das Begehren des Klägers ist nicht auf eine Berichtigung i.S. des § 42 VwVfG gerichtet, sondern auf eine Änderung des ursprünglichen Beurkundungsinhalts. Eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne der Vorschrift liegt nicht vor.
19 
b. Ein Anspruch auf Abänderung einer Einbürgerungsurkunde nach Wechsel der Identität des Eingebürgerten ergibt sich nicht aus dem Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG). Das Gesetz sieht einen solchen Anspruch auch in seiner aktuellen Fassung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 12. August 2021 (BGBl. I S. 3538) nicht vor.
20 
c. Der Kläger hat auf die gerichtliche Aufforderung zur Darlegung, auf welcher Rechtsgrundlage ein Anspruch auf Änderung der Urkunde bestehen soll, auf § 49 Abs. 2 AufenthG abgestellt. Diese Vorschrift regelt im Zusammenhang mit dem Erfordernis der Überprüfung, Feststellung und Sicherung der Identität von Ausländern, dass jeder Ausländer verpflichtet ist, gegenüber den mit dem Vollzug des Ausländerrechts betrauten Behörden auf Verlangen die erforderlichen Angaben zu seinem Alter, seiner Identität und Staatsangehörigkeit zu machen und die von der Vertretung des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder vermutlich besitzt, geforderten und mit dem deutschen Recht in Einklang stehenden Erklärungen im Rahmen der Beschaffung von Heimreisedokumenten abzugeben. Schon aus dem Wortlaut der Vorschrift ist ersichtlich, dass hier nur eine Verpflichtung des Ausländers geregelt wird, nicht aber eine Verpflichtung der Behörde zu einem bestimmten Verhalten, auch nicht zu einer Berichtigung von Dokumenten, die im Zusammenhang mit der Klärung der Identität von Ausländern stehen.
21 
d. Auch ein Anspruch aus Art. 16 Satz 1 DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung – VO (EU) 2016/679) scheidet aus.
22 
Nach dieser Vorschrift hat die betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlichen unverzüglich die Berichtigung sie betreffender unrichtiger personenbezogener Daten zu verlangen. Die Vorschrift ist als Rechtsgrundlage etwa für einen Anspruch auf Berichtigung des Melderegisters anerkannt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.03.2020 – 1 S 397/19 – juris.).
23 
Um aus Art. 16 DSGVO einen entsprechenden Anspruch ableiten zu können, müsste die DSGVO indes auf den vorliegenden Sachverhalt überhaupt anwendbar sein. Dies ist nach Auffassung des Gerichts zu verneinen. Art. 2 DSGVO regelt den sachlichen Anwendungsbereich der Verordnung und bestimmt deren Geltung “für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nichtautomatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen“.
24 
Im vorliegenden Fall geht es allein um ein einziges Dokument, es werden auch keine Daten automatisiert verarbeitet. Es erfolgt keine Speicherung von Daten in einem Dateisystem. Ein Anspruch nach Art. 16 DSGVO besteht nicht, wenn Daten zwar gespeichert sind, die Speicherung aber nicht automatisiert erfolgt oder in strukturierten Karteien (vgl. Schaffland/Wiltfang, DSGVO/BDSG, Stand September 2021, Art. 16 DSGVO, Rn 2). Vorliegend geht es um Daten des Klägers, die auf einer Einbürgerungsurkunde aufgeführt sind. Es liegt kein Dateisystem vor und keine automatisierte Speicherung.
3.
25 
Dahinstehen kann, ob einer Abänderung der Einbürgerungsurkunde darüber hinaus bereits entgegensteht, dass der Kläger weiterhin melderechtlich und im Rechtsverkehr unter seiner früheren Identität auftritt. Es besteht ein erhebliches staatliches Interesse daran zu verhindern, dass ein und dieselbe Person im Rechtsverkehr mit mehreren unterschiedlichen Identitäten und amtlichen Ausweispapieren auftreten kann (BVerwG Urt. v. 01.09.11 – 5 C 27/10 - juris). Hätte die vorliegende Klage Erfolg, würde der Kläger Inhaber einer Einbürgerungsurkunde, die auf Personalien lautet, die nicht mit seiner melderechtlichen Identität übereinstimmen. Daher müsste das primäre Anliegen des Klägers zunächst darin liegen, bei der Meldebehörde seine Identität berichtigen zu lassen.
26 
Dahinstehen kann des Weiteren, ob im vorliegenden Fall eine Unrichtigkeit der Einbürgerungsurkunde gegeben ist. Denn zum Zeitpunkt der Ausstellung der Urkunde entsprach die Beurkundung der Identität, unter welcher der Kläger im Rechtsverkehr allgemein aufgetreten ist. Es erscheint nicht von Vornherein ausgeschlossen, den Wechsel einer Identität zur Beseitigung einer vorangegangenen - unter Führung eines unrichtigen Namens und einer unrichtigen Staatsangehörigkeit begangenen - Täuschung so zu behandeln wie eine Namensänderung etwa nach Heirat, bei welcher – nach der vom Beklagten geschilderten Verwaltungspraxis – keine Berichtigung der auf den früheren Namen ausgestellten Urkunden erfolgt.
27 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
28 
Beschluss vom 26.07.2022
Der Streitwert wird auf
10.000,00 EUR
festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG, vgl. Ziffer 42.1 des Streitwertkatalogs 2013).

Gründe

14 
Die Klage, über die der Berichterstatter nach Übertragung durch die Kammer als Einzelrichter nach § 76 Abs. 1 AsylG entscheidet (§ 87 Abs. 2, 3 VwGO), ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.
15 
Das Gericht konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters des Klägers verhandeln und entscheiden, da in der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen wurde (§ 102 Abs. 2 VwGO).
1.
16 
Die Klage ist als Verpflichtungsklage in Form der Untätigkeitsklage zulässig. Die in § 75 VwGO normierten Anforderungen für die Erhebung einer Untätigkeitsklage sind zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung erfüllt. Der Kläger hat am 04.11.2020 beim Landratsamt O. die Berichtigung seiner Einbürgerungsurkunde beantragt. Ein Bescheid ist nicht ergangen. Einen zureichenden Grund für eine Untätigkeit hat der Beklagte nicht geltend gemacht, sondern sich lediglich darauf berufen, dass dem Kläger kein entsprechender Anspruch zustehe. Auch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ist ein zureichender Grund im Sinne von § 75 Satz 1 und Satz 3 VwGO für die fehlende Entscheidung über den Antrag des Klägers nicht ersichtlich.
2.
17 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Berichtigung seiner Einbürgerungsurkunde. Für den geltend gemachten Anspruch ist keine Rechtsgrundlage ersichtlich.
18 
a. § 42 VwVfG, wonach die Behörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten in einem Verwaltungsakt jederzeit berichtigen kann, scheidet als Anspruchsgrundlage aus. Das Begehren des Klägers ist nicht auf eine Berichtigung i.S. des § 42 VwVfG gerichtet, sondern auf eine Änderung des ursprünglichen Beurkundungsinhalts. Eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne der Vorschrift liegt nicht vor.
19 
b. Ein Anspruch auf Abänderung einer Einbürgerungsurkunde nach Wechsel der Identität des Eingebürgerten ergibt sich nicht aus dem Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG). Das Gesetz sieht einen solchen Anspruch auch in seiner aktuellen Fassung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 12. August 2021 (BGBl. I S. 3538) nicht vor.
20 
c. Der Kläger hat auf die gerichtliche Aufforderung zur Darlegung, auf welcher Rechtsgrundlage ein Anspruch auf Änderung der Urkunde bestehen soll, auf § 49 Abs. 2 AufenthG abgestellt. Diese Vorschrift regelt im Zusammenhang mit dem Erfordernis der Überprüfung, Feststellung und Sicherung der Identität von Ausländern, dass jeder Ausländer verpflichtet ist, gegenüber den mit dem Vollzug des Ausländerrechts betrauten Behörden auf Verlangen die erforderlichen Angaben zu seinem Alter, seiner Identität und Staatsangehörigkeit zu machen und die von der Vertretung des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder vermutlich besitzt, geforderten und mit dem deutschen Recht in Einklang stehenden Erklärungen im Rahmen der Beschaffung von Heimreisedokumenten abzugeben. Schon aus dem Wortlaut der Vorschrift ist ersichtlich, dass hier nur eine Verpflichtung des Ausländers geregelt wird, nicht aber eine Verpflichtung der Behörde zu einem bestimmten Verhalten, auch nicht zu einer Berichtigung von Dokumenten, die im Zusammenhang mit der Klärung der Identität von Ausländern stehen.
21 
d. Auch ein Anspruch aus Art. 16 Satz 1 DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung – VO (EU) 2016/679) scheidet aus.
22 
Nach dieser Vorschrift hat die betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlichen unverzüglich die Berichtigung sie betreffender unrichtiger personenbezogener Daten zu verlangen. Die Vorschrift ist als Rechtsgrundlage etwa für einen Anspruch auf Berichtigung des Melderegisters anerkannt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.03.2020 – 1 S 397/19 – juris.).
23 
Um aus Art. 16 DSGVO einen entsprechenden Anspruch ableiten zu können, müsste die DSGVO indes auf den vorliegenden Sachverhalt überhaupt anwendbar sein. Dies ist nach Auffassung des Gerichts zu verneinen. Art. 2 DSGVO regelt den sachlichen Anwendungsbereich der Verordnung und bestimmt deren Geltung “für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nichtautomatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen“.
24 
Im vorliegenden Fall geht es allein um ein einziges Dokument, es werden auch keine Daten automatisiert verarbeitet. Es erfolgt keine Speicherung von Daten in einem Dateisystem. Ein Anspruch nach Art. 16 DSGVO besteht nicht, wenn Daten zwar gespeichert sind, die Speicherung aber nicht automatisiert erfolgt oder in strukturierten Karteien (vgl. Schaffland/Wiltfang, DSGVO/BDSG, Stand September 2021, Art. 16 DSGVO, Rn 2). Vorliegend geht es um Daten des Klägers, die auf einer Einbürgerungsurkunde aufgeführt sind. Es liegt kein Dateisystem vor und keine automatisierte Speicherung.
3.
25 
Dahinstehen kann, ob einer Abänderung der Einbürgerungsurkunde darüber hinaus bereits entgegensteht, dass der Kläger weiterhin melderechtlich und im Rechtsverkehr unter seiner früheren Identität auftritt. Es besteht ein erhebliches staatliches Interesse daran zu verhindern, dass ein und dieselbe Person im Rechtsverkehr mit mehreren unterschiedlichen Identitäten und amtlichen Ausweispapieren auftreten kann (BVerwG Urt. v. 01.09.11 – 5 C 27/10 - juris). Hätte die vorliegende Klage Erfolg, würde der Kläger Inhaber einer Einbürgerungsurkunde, die auf Personalien lautet, die nicht mit seiner melderechtlichen Identität übereinstimmen. Daher müsste das primäre Anliegen des Klägers zunächst darin liegen, bei der Meldebehörde seine Identität berichtigen zu lassen.
26 
Dahinstehen kann des Weiteren, ob im vorliegenden Fall eine Unrichtigkeit der Einbürgerungsurkunde gegeben ist. Denn zum Zeitpunkt der Ausstellung der Urkunde entsprach die Beurkundung der Identität, unter welcher der Kläger im Rechtsverkehr allgemein aufgetreten ist. Es erscheint nicht von Vornherein ausgeschlossen, den Wechsel einer Identität zur Beseitigung einer vorangegangenen - unter Führung eines unrichtigen Namens und einer unrichtigen Staatsangehörigkeit begangenen - Täuschung so zu behandeln wie eine Namensänderung etwa nach Heirat, bei welcher – nach der vom Beklagten geschilderten Verwaltungspraxis – keine Berichtigung der auf den früheren Namen ausgestellten Urkunden erfolgt.
27 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
28 
Beschluss vom 26.07.2022
Der Streitwert wird auf
10.000,00 EUR
festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG, vgl. Ziffer 42.1 des Streitwertkatalogs 2013).

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