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| | Die Antragstellerin betreibt die Spielhalle „B.“ in der M.-Straße in W. und ist dazu kraft einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis bis in das Jahr 2036 berechtigt. |
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| | Daneben betrieb die Antragstellerin bis in das Jahr 2021 die streitgegenständliche Spielhalle „P.“ in der W. Straße in W.. Sie war dazu durch eine ihr von dem Antragsgegner erteilte gewerberechtliche bzw. glücksspielrechtliche Erlaubnis berechtigt, welche ihr erstmals im September 2008 und zuletzt mit Bescheid vom 21.08.2017 befristet bis zum 30.06.2021 erteilt wurde. |
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| | In einem Radius von 500 Metern Luftlinie um die Spielhalle der Antragstellerin „P.“ befinden sich weitere Spielhallen sowie mehrere Einrichtungen zum Aufenthalt von Kindern und Jugendlichen. |
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| | Mit Schreiben vom 11.06.2021 stellte die Antragstellerin einen Antrag auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für den Betrieb der Spielhalle „P.“ für den Zeitraum ab dem 01.07.2021. Nachdem der Antragsgegner die Erlaubnisanträge in seinem Bezirk nicht rechtzeitig bescheiden konnte, erklärte er, den Betrieb der streitgegenständlichen Spielhalle bis zum 30.09.2021 zu dulden. |
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| | Mit Bescheid vom 29.09.2021 lehnte der Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin die Erteilung einer Erlaubnis nach § 41 LGlüG für den Betrieb der Spielhalle „P.“ ab. Ein dagegen erhobener Widerspruch blieb ebenso erfolglos wie ein am 28.10.2021 gestellter Antrag der Antragstellerin auf gerichtlichen einstweiligen Rechtschutz nach § 123 VwGO. Letzteren lehnte das Verwaltungsgericht Stuttgart mit inzwischen unanfechtbarem Beschluss vom 30.11.2021 ab (18 K 5192/21). Zur Begründung führte die Kammer gestützt auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Beschluss vom 07.10.2021 - 6 S 2763/210 -, juris) aus, dass die Antragstellerin keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht habe, weil ihr kein sicherungsfähiger Anspruch zustehe. Die Spielhalle sei voraussichtlich nicht erlaubnisfähig. Sie halte – zwischen den Beteiligten unstreitig – den nach § 42 Abs. 3 LGlüG erforderlichen Mindestabstand zu einer bestehenden Einrichtung zum Aufenthalt von Kindern und Jugendlichen nicht ein. Auch die Privilegierung für Bestandsspielhallen nach § 51 Abs. 5 Satz 5 LGlüG stehe einer Anwendung des § 42 Abs. 3 LGlüG auf die Spielhalle der Antragstellerin nicht entgegen. Zwar seien die zeitlichen Anforderungen der Norm erfüllt, tatbestandlich erfasst seien aber nur durchgehend erlaubt betriebene oder von den Behörden aktiv geduldete Spielhallen. Der von § 51 Abs. 5 Satz 5 LGlüG vermittelte Bestands- und Vertrauensschutz entfalle jedoch mit dem „Eintritt“ erlaubnisfreier Zeiten. Solche hätten vorliegend seit dem Ablauf der bis zum 30.06.2021 gültigen Erlaubnis und dem Ablauf des Zeitraums, für welchen der Antragsgegner den Betrieb der Spielhalle geduldet habe, bestanden. Jedenfalls im Zeitraum zwischen dem 01.10.2021 und der Stellung des gerichtlichen Eilantrages am 28.10.2021 habe keine Erlaubnis oder aktive Duldung mehr bestanden. |
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| | In einem zwischen anderen Beteiligten geführten Verfahren verpflichtete der Verfassungsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg mit Beschluss vom 15.03.2022 (1 VB 156/21) eine Gemeinde, im Wege der einstweiligen Anordnung den Betrieb einer Spielhalle durch die dortige Beschwerdeführerin bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über deren Verfassungsbeschwerdeverfahren zu dulden. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der rechtlichen Fragestellung nahm der Verfassungsgerichtshof nicht vor. Stattdessen führte er zur Begründung aus, die Erfolgsaussichten der jenem Verfahren zugrundeliegenden Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Beschluss vom 07.10.2021 - 6 S 2763/210 -, juris) seien offen. Die Verfassungsbeschwerde sei weder von vornherein unzulässig, noch offensichtlich unbegründet. Dementsprechend komme es „entscheidend“ auf eine Folgenabwägung an. Diese falle zugunsten der (dortigen) Antragstellerin aus, weil sie anderenfalls in ihrer wirtschaftlichen Existenz gefährdet wäre. |
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| | Die Antragstellerin beantragt, den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30.11.2021 (18 K 5192/21) dahingehend abzuändern, dass dem Antragsgegner aufgegeben werde, bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis den Weiterbetrieb der Spielhalle der Antragstellerin zu dulden. Zur Begründung führt die Antragstellerin aus, dass sich die Rechtslage durch den Beschluss des Verfassungsgerichtshofs zu ihren Gunsten geändert habe. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zur Zäsurwirkung erlaubnisfreier und nicht aktiv geduldeter Zeiten könne keine Anwendung mehr finden. |
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| | Im Hinblick auf eine mögliche Existenzgefährdung teilte der Bevollmächtigte der Antragstellerin auf entsprechende Anfrage des Gerichts mit, dass diese mit der streitgegenständlichen Spielhalle in den Jahren 2019 bis 2021 Gewinne zwischen 49.000 EUR und 62.000 EUR p.a. erzielt habe. Für das Jahr 2022 werde von einem Verlust durch den Nichtbetrieb der Spielhalle „P.“ in Höhe von 3.000 EUR ausgegangen. Die Spielhalle „B.“ habe in den Jahren 2019 und 2020 einen Verlust von ca. 104.000 EUR (2019) und ca. 64.000 EUR (2020) erwirtschaftet, im Jahr 2021 einen Gewinn von ca. 253.000 EUR. Für das Jahr 2022 werde ein Gewinn von etwa 6.400 EUR erwartet. |
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| | Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegengetreten. Sie trägt zur Begründung vor, der Verfassungsgerichtshof habe die Erfolgsaussichten lediglich als offen bewertet. Überdies käme auch eine Folgenabwägung im hiesigen Verfahren zu anderen Ergebnissen als im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof, weil die Antragstellerin noch eine weitere Spielhalle mit entsprechender Erlaubnis betreibe und daher über weitere Einnahmen verfüge. Die auf den dortigen Einzelfall bezogene Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes begründe keine wesentliche Änderung der Sach- und Rechtslage i.S.v. § 80 Abs. 7 VwGO. |
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| | Dem Gericht liegen die Behördenakten vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf diese Akten, die Gerichtsakten und die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. |
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| | Der Antrag hat keinen Erfolg. |
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| | 1. Der Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO analog ist zulässig, insbesondere statthaft. |
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| | Gemäß § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Gemäß § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO kann außerdem jeder Beteiligte die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen. |
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| | Der hier zur Abänderung beantragte Beschluss ist zwar nicht in einem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO, sondern in einem solchen § 123 VwGO ergangen, gleichwohl ist für die Abänderung das Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO statthaft. Positivrechtlich ist das Verfahren nach § 123 VwGO jenem auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach §§ 920 ff. ZPO nachgebildet, vgl. § 123 Abs. 3 VwGO. Für die nachträgliche Abänderung einer Entscheidung nach § 123 VwGO „wegen veränderter Umstände“ ist indes gesetzlich kein Verfahren vorgesehen, sodass insoweit eine planwidrige Regelungslücke besteht, die durch eine Analogie zu § 80 Abs. 7 VwGO zu füllen ist. |
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| | Die planwidrige Regelungslücke ergibt sich zum einen daraus, dass für das gegenüber dem Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO speziellere Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO eine entsprechende Abänderungsmöglichkeit gegeben ist, vgl. § 80 Abs. 7 VwGO. Auch im zivilgerichtlichen Verfahren besteht nach dem Erlass einer einstweiligen Anordnung eine solche Möglichkeit, § 927 ZPO. Der Erstreckung des § 927 ZPO auf Beschlüsse über Anträge nach § 123 VwGO steht entgegen, dass § 927 ZPO in der Verweisung des § 123 Abs. 3 VwGO ausdrücklich nicht erwähnt ist (OVG Niedersachsen, Beschluss vom 24.04.2013 - 4 MC 56/13 -, BeckRS 2013, 50120) und der Gesetzgeber das Verwaltungsprozessrecht bereits mehrfach reformiert hat, ohne insoweit tätig zu werden (Kuhla, in: Posser/Wolff, VwGO, 2. Aufl., § 123 Rn. 181). |
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| | Daraus lässt sich schlussfolgern, dass eine Erstreckung des Verfahrens nach § 927 ZPO auf Beschlüsse über Anträge nach § 123 VwGO vom Gesetzgeber nicht gewollt ist. Dementsprechend ist die planwidrige Regelungslücke für die nachträgliche Abänderung von Beschlüssen nach § 123 Abs. 1 VwGO über eine analoge Anwendung des § 80 Abs. 7 VwGO zu schließen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.03.1995 - 2 BvR 492/95 -, juris Orientierungssatz 1 und Rn. 67; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.12.2001 - 13 S 1824/01 -, juris Leitsatz 1). Sie ist nicht auf Fälle beschränkt, in denen zuvor eine einstweilige Anordnung erlassen wurde, sondern umfasst auch ablehnende Entscheidungen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.12.2001 - 13 S 1824/01 -, juris Leitsatz 1). |
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| | Ein Antrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO analog ist begründet, wenn veränderte Umstände tatsächlich vorliegen oder im ursprünglichen Eilverfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachte Umstände gegeben sind, die im Ergebnis zu einer vom früheren Aussetzungsverfahren abweichenden Beurteilung der Sach- oder Rechtslage führen. Damit ein Abänderungsantrag Erfolg hat, müssen beide Voraussetzungen – kumulativ – gegeben sein: Das Gericht muss also bejahen, dass ein Abänderungsgrund vorliegt und es muss zusätzlich zu einer von dem ursprünglichen Beschluss nach § 80 Abs. 5 VwGO oder § 123 VwGO abweichenden Eilentscheidung kommen (Schoch, in: Schoch/Schneider, VwGO, 41. EL, § 80 Rn. 584, Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl., § 80 Rn. 134). |
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| | Ein „veränderter Umstand“ i.S.v. § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO ist die Änderung der Sach- oder Rechtslage. Eine hier allein in Rede stehende Änderung der Rechtslage kommt etwa dann in Betracht, wenn entscheidungserhebliche neue Rechtsnormen erlassen oder bestehende Rechtsnormen zwischenzeitlich geändert wurden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.07.1994 - 4 VR 1/94 -, NVwZ 1995, 383; OVG Sachsen, Beschluss vom 31.05.2017 - 5 B 19/17.A -, BeckRS 2017, 114068 Rn. 4; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 02.10.1997 - 6 B 11585/97 -, NVwZ 1998, 208). |
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| | Ein Abänderungsgrund wegen einer Änderung der Rechtslage kann auch durch eine Änderung der Rechtsprechung gegeben sein. Anerkannt sind insoweit Fälle, in denen ein Obergericht für das erkennende Gericht bindend nach Erlass der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO in einem anderen Verfahren über eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage entschieden hat (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.01.1992 - 11 S 1995/91 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 09.12.2013 - 16 B 994/13 -, juris und vom 31.03.2016 - 8 B 1341/15 -, juris jeweils im Nachgang zu Entscheidungen des EuGH, die für die nationalen Gerichte rechtlich bindend sind, vgl. EuGH Rs. 283/81, C.I.L.F.I.T., Slg. 1982, 3415 Rn. 14). |
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| | Weiter wird eine Änderung der Rechtslage durch eine Weiterentwicklung der Rechtsprechung auch dann angenommen, wenn nach der Eilentscheidung eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage höchstrichterlich in einem anderen Verfahren anders beantwortet oder erstmalig geklärt wurde (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.02.2007 - 13 S 2969/06 -, juris; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 07.10.2004 - 11 ME 289/04 -, juris Leitsatz 1 jeweils im Nachgang zu einer Entscheidung des BVerwG; vgl. auch Schoch/Schneider, VwGO, 41. EL, § 80 Rn. 585, Reimer, VBlBW 1986, 291, 294). |
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| | Andererseits kommt einer unanfechtbaren Entscheidung auch im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes für die Beteiligten Bindungswirkung zu (vgl. statt aller: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.02.2021 - 13 S 3272/20 -, juris Rn. 5). Dementsprechend genügt nicht jeder Wandel der Rechtsanschauung für einen Abänderungsgrund nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO. Nicht ausreichend ist beispielsweise die bloße Änderung der Rechtsauffassung des erkennenden Gerichts (Schmid DVBl 1976, 932 (933); Reimer VBlBW 1986, 291 (293); OVG Hamburg, Beschluss vom 03.02.1995 - Bs VII 2/95 -, NVwZ 1995, 1004 Leitsatz 1). Auch von der Rechtsauffassung des Gerichts abweichende rechtliche Schlussfolgerungen der Antragsteller stellen keinen Abänderungsgrund gemäß § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO dar (Bayerischer VGH, Beschluss vom 29.07.2008 - 9 CS 08.1347 -, juris; Hessischer VGH, Beschluss vom 12.06.1996 - 10 Q 1293/95 -, juris). Sie wären stattdessen im Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss nach § 80 Abs. 5 VwGO geltend zu machen. Schließlich liegt selbst in einer (reinen) Zulassung der Revision gegen eine Entscheidung in der Hauptsache noch keine Änderung der Sachlage (BVerwG, Beschluss vom 24.03.1994 - 1 B 134.93 -, juris Rn. 3). |
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| | Aus alledem folgt, dass ein „veränderter Umstand“ i.S.v. § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO durch ein obergerichtliches Judikat jedenfalls dann nicht vorliegt, wenn sich diesem keine Aussage zum Fortbestand der rechtlichen Prämissen entnehmen lässt, welche das erkennende Gericht seiner Ausgangsentscheidung zugrunde gelegt hat, aus dem obergerichtlichen Judikat also nicht hinreichend sicher darauf geschlossen werden kann, dass die rechtlichen Prämissen der Ausgangsentscheidung einer Überprüfung im Instanzenzug heute nicht mehr standhalten würden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.03.1994 - 1 B 134.93 -, juris Rn. 3). |
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| | So liegt der Fall hier. Aus der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes kann nicht geschlossen werden, dass die dort angegriffene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, auf welche sich auch die Kammer in der hier zur Abänderung gestellten Entscheidung nach § 123 VwGO gestützt hat, durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet. Vielmehr hat der Verfassungsgerichtshof die Erfolgsaussichten in der Hauptsache ausdrücklich als offen angesehen und lediglich ausgeführt, dass die Verfassungsbeschwerde weder von vornherein unzulässig, noch offensichtlich unbegründet sei. Er hat sich für seine Entscheidung stattdessen „entscheidend“ auf eine Abwägung der sonstigen Interessen der dortigen Verfahrensbeteiligten gestützt (VerfGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.03.2022 - 1 VB 156/21 -, juris Rn. 21). |
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| | 3. Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes und der hiesige Antrag geben auch keinen Anlass, die angegriffene Entscheidung gemäß § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO analog von Amts wegen abzuändern. |
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| | Gemäß § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Der Gesetzgeber hat die Abänderung einer Eilentscheidung von Amts wegen bewusst in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt (Schoch, in: Schoch/Schneider, VwGO § 80 Rn. 569), sodass jeder willkürfreie Grund für die Entscheidung nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO zum Anlass genommen werden kann (BVerfG, Beschluss vom 24.07.2019 - 2 BvR 686/19 -, juris Rn. 38, 40; Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/ Stuhlfauth/v. Albedyll, VwGO, 7. Aufl., § 80 Rn. 152). Für eine solche Abänderung von Amts wegen müssen sich die äußeren Umstände nicht geändert haben. Es genügt, dass das Gericht nachlaufend zu einer anderen Beurteilung der Rechtslage gekommen ist oder - bei einem vorherigen Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO - die frühere Interessenabwägung nachträglich als korrekturbedürftig einstuft (Gersdorf, in: Posser/Wolff, VwGO, 2. Aufl., § 80 VwGO Rn. 199). |
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| | Gemessen daran ist keine andere Beurteilung der Rechtslage gegenüber jener in der ursprünglichen Entscheidung der Kammer (18 K 5192/21) veranlasst, weil die Antragstellerin noch immer weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht hat, § 123 Abs. 1, 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO. |
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| | a. Die Antragstellerin hat schon keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die Kammer hat mit Beschluss vom 30.11.2021 (18 K 5192/21) das Vorliegen eines Anordnungsanspruches verneint. Der insoweit hier allein in Rede stehende Beschluss des Verfassungsgerichtshofes führt nicht zu einer anderen Beurteilung der Rechtslage dergestalt, dass nunmehr ein Anordnungsanspruch anzunehmen wäre (s.o.). |
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| | b. Die Antragstellerin hat auch keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. |
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| | aa. Ein solcher ergibt sich auch mit Blick auf ihre grundrechtlich geschützte Berufsausübungsfreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG, nicht bereits aus den rechtlichen Interessen der Antragstellerin. Zwar hat sie nach aktueller Sachlage den Betrieb der streitgegenständlichen Spielhalle zu unterlassen. Allerdings betreibt sie neben dieser Spielhalle noch die Spielhalle „B.“ und wird dazu auch gemäß einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis auf absehbare Zeit berechtigt bleiben. Dementsprechend führt der unterbrochene Betrieb der streitgegenständlichen Spielhalle nicht dazu, dass die Antragstellerin ihren Beruf gar nicht mehr ausüben kann, sondern lediglich dazu, dass sie dabei vorerst auf eine Spielhalle beschränkt ist. |
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| | bb. Auch ein Anordnungsgrund wegen der wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin ist nicht hinreichend glaubhaft gemacht. |
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| | Zwar entfällt für die Antragstellerin durch den Nichtbetrieb der streitgegenständlichen Spielhalle eine Einnahmequelle in erheblichem Umfang. Allerdings bleibt ihr durch den Betrieb der Spielhalle „B.“ eine andere Einnahmequelle. Dieser Annahme steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin auf entsprechende Anfrage des Gerichts unter Berufung auf eine überschlägige Berechnung ihres Steuerberaters vorgetragen hat, dass mit der Spielhalle „B.“ ab 2022 kaum mehr Gewinne erwirtschaftet würden. |
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| | Dieser Vortrag und die „Gewinnermittlung“ des Steuerberaters der Antragstellerin vermögen nicht, den Anordnungsgrund glaubhaft zu machen und insoweit eine hinreichende Überzeugung des Gerichts zu begründen. Sie zeigen einen erwarteten Umsatz der Spielhalle von 600.000 EUR und einen erwarteten Getränkeumsatz von 14.000 EUR. Letzterer liegt auf dem Niveau vor der Coronapandemie (2019). Die in den Jahren 2020 und 2021 noch sechsstelligen „sonstigen betrieblichen Erträge“ (109.889,89 EUR und 141.524,38 EUR) werden dagegen für 2022 mit 14.000 EUR geschätzt, ohne dass vorgetragen oder sonst ersichtlich wäre, worauf dieser Einbruch beruhen soll. Selbiges gilt für mehrere Angaben auf der Kostenseite. Während „Fremdleistungen 33%“ in den Vorjahren mit maximal 3.366 EUR (2019) und im Jahr 2021 nur mit 1.712,70 EUR zu Buche schlugen, werden dafür für 2022 10.000 EUR angesetzt. Während die „Abschreibungen für Sachanlagen und Gebäude“ in den Vorjahren maximal 5.622,87 EUR (2019) und im Jahr 2021 nur 3.911,16 EUR betrugen, sollen dafür im Jahr 2022 13.595 EUR anfallen. Während die „sonstigen betrieblichen Aufwendungen 33%“ in den Vorjahren bei maximal 179.888,43 EUR (2019) und im Jahr 2021 bei 147.106,74 EUR lagen, sollen sie für 2022 einen Umfang von 260.000 EUR annehmen. Während schließlich die „sonstigen Steuern 33%“ in den Vorjahren mit maximal 148.239,63 EUR (2019) und im Jahr 2021 nur mit 21.923,55 EUR zu Buche schlugen, sollen dafür im Jahr 2022 179.000 EUR aufgewendet werden. Diese allesamt zulasten des Gewinnes der Spielhalle getroffenen Angaben lassen sich auch insbesondere nicht mit Umsatzverschiebungen in entsprechendem Ausmaß erklären (Summe Erträge 2019: 461.592,02 EUR; 2020: 418.143,44 EUR, 2021: 568.349,99 EUR; 2022 (geschätzt): 628.000 EUR). |
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| | Mithin ist davon auszugehen, dass aus dem Betrieb der Spielhalle B. zumindest die Liquidität und das tägliche Auskommen der Antragstellerin gesichert sind. Auch die sonstigen Kosten durch den Nichtbetrieb der streitgegenständlichen Spielhalle in Höhe von 3.000 EUR sind für die Antragstellerin nicht derart einschneidend, dass allein deshalb von einem Anordnungsgrund auszugehen wäre. |
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| | 5. Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 63 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und 54.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Diese Maßstäbe für das Verfahren auf einstweiligen Rechtschutz finden auch in Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO Anwendung (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.04.2022 - 3 S 470/22 -, juris Rn. 65). |
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| | Danach entspricht der Streitwert dem Jahresbetrag des erzielten oder erwarteten Gewinns, mindestens 15.000 EUR. Die hier zusätzlich in Rede stehenden Verluste der Antragstellerin i.H.v. etwa 3.000 EUR (geschätzt) für das Jahr 2022 sind demnach nicht zu berücksichtigen. Der Streitwertkatalog stellt allein auf den entgangenen Gewinn ab. Die streitgegenständliche Spielhalle wird im Jahr 2022 nicht betrieben, sodass sich kein Gewinn für dieses Geschäftsjahr ermitteln lässt. Gleichwohl ist hier nicht der Mindestwert von 15.000 EUR anzusetzen, weil für den Streitwert auf die „Bedeutung der Sache“ für die Antragstellerin abzustellen ist, § 52 Abs. 1 GKG. Diese lässt sich in Ermangelung entgegenstehender Umstände hinreichend genau aus dem Durchschnittswert der Vorjahresgewinne durch den Betrieb der streitgegenständlichen Spielhalle berechnen. Er belief sich für die Geschäftsjahre seit 2019 nach „überschlägiger Ermittlung“ der Antragstellerin auf 49.433 EUR (2019), 62.063 EUR (2020) und 56.900 EUR (2021). Als zu erwartender Jahresgewinn für das Geschäftsjahr 2022 ergibt sich aus dem Durchschnitt dieser Angaben ein Wert von 56.132 EUR. |
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| | Weil es sich vorliegend um ein Verfahren im einstweiligen Rechtschutz ohne Vorwegnahme der Hauptsache handelt, war der danach maßgebliche Ausgangswert i.H.v. 56.132 EUR zu halbieren, vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. |
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