Urteil vom Verwaltungsgericht Trier (5. Kammer) - 5 K 109/12.TR

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Ausstellung einer Bescheinigung nach § 7 i Einkommenssteuergesetz – EStG -.

2

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks ..., Gemarkung ..., Flur ..., Flurstück ..., welches innerhalb der Denkmalzone A... 2 – 4 liegt. In den Jahren 2009 bis 2010 errichtete er dort in einer Baulücke einen Neubau.

3

Unter dem 23. August 2011 beantragte der Kläger die Ausstellung einer Bescheinigung gemäß §§ 7 i, 10 f, 10 g, 11 b und 52 Abs. 21 Satz 7 EStG. Im Antragsformular führte der Kläger Rechnungsbeträge für Gewerke und Bauteile in Höhe von 208.310,69 Euro auf.

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Mit Bescheid vom 18. Oktober 2011 lehnte der Beklagte die Erteilung der begehrten Bescheinigung ab. Gemäß §§ 7 i ff. EStG könnten nur Sanierungsmaßnahmen an bestehenden Gebäuden in einer Denkmalzone bescheinigt werden. Der Kläger habe mit Bescheid der Stadt ... vom 26. März 2009 die Genehmigung zur Errichtung eines Wohngebäudes auf seinem Grundstück erhalten. Hierbei handele es sich um eine Baulücke in der Denkmalzone. Nach § 7 i Abs. 1 Satz 4 EStG müsse die Maßnahme jedoch ein bereits bestehendes Gebäude betreffen. Da es sich bei einem Neubau nicht um eine Baumaßnahme an einem bestehenden Gebäude handele, könnten die von dem Kläger durchgeführten Baumaßnahmen keine erhöhte steuerliche Abschreibungsmöglichkeit nach §§ 7 i ff. EStG erfahren. Die steuerliche Bescheinigung könne daher nicht erteilt werden.

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Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 14. November 2011 Widerspruch ein. Bereits aus dem Gesetzestext ergebe sich, dass die Investition förderungsfähig im Sinne der §§ 7 i ff. EStG sei. Die Norm selbst enthalte den Hinweis dahin, dass § 7 i Abs. 1 Satz 4 bei einem im Inland belegenen Gebäude oder Gebäudeteil, das für sich allein nicht die Voraussetzungen für ein Baudenkmal erfülle aber Teil einer Gebäudegruppe oder Gesamtanlage sei, die nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften als Einheit geschützt sei, gleichfalls erhöhte Absetzungen von den Herstellungskosten für solche Baumaßnahmen vorzunehmen seien, die nach Art und Umfang zur Erhaltung des schützenswerten äußeren Erscheinungsbildes der Gebäudegruppe oder Gesamtanlage erforderlich seien. Genau hierum handele es sich. Gerade die Tatsache, dass ausdrücklich eine Denkmalzone bezüglich der Grundstücke A... 2 – 4 ausgewiesen sei, belege die Förderfähigkeit. Der Satz, dass nur Arbeiten an bestehenden Gebäuden förderungsfähig seien, existiere nicht.

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Diesen Widerspruch wies die Direktion Landesdenkmalpflege mit Widerspruchsbescheid vom 02. Januar 2012 zurück. Die grundlegende Vorschrift des § 7 i Abs. 1 EStG setze für alle darin genannten Tatbestände ein bei Beginn der Maßnahme schon vorhandenes Gebäude voraus. Für Satz 4 der genannten Vorschrift gelte nichts anderes, wie sich aus dem Wortlaut ergebe. Außerdem scheitere eine Steuerbegünstigung auch daran, dass es an der nach § 7 i Abs. 1 Satz 6 EStG erforderlichen vorherigen Abstimmung mit der Bescheinigungsbehörde fehle. Hierbei handele es sich nicht um eine bloße Ordnungsvorschrift.

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Hiergegen hat der Kläger am 03. Februar 2012 Klage erhoben, mit welcher er sein Begehren aufrechterhält. Wenn davon die Rede sei, dass das schützenswerte äußere Erscheinungsbild der Gebäudegruppe oder Gesamtanlage zu erhalten sei, bedeute dies nicht, dass das Gebäude oder die Gesamtanlage erhalten werden müsse. Das schützenswerte äußere Erscheinungsbild stehe auch dann in Rede, wenn mehrere Gebäude durch eine zu schließende Baulücke getrennt seien, weil es schließlich nicht darum gehe, das Erscheinungsbild mit Baulücke, sondern ohne Baulücke zu schützen. Des Weiteren sei die Maßnahme mit der städtischen Denkmalschutzbehörde abgestimmt gewesen.

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Der Kläger beantragt,

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den Bescheid des Beklagten vom 18. Oktober 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Januar 2012 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm die zur erhöhten steuerlichen Absetzung der Herstellungskosten für die Errichtung des Wohngebäudes Gemarkung ..., Flur 6, Flurstück .../…, A... 3 b erforderliche Bescheinigung im Sinne des § 7 i Abs. 2 EStG zu erteilen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Zur Begründung bezieht er sich auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid. Ergänzend trägt er vor, § 7 i EStG privilegiere nicht jeglichen Sachverhalt, der nach Landesrecht eine Mitwirkung der Denkmalbehörden gestatte. § 7 i EStG kenne ausschließlich das Einzeldenkmal und mit Satz 4 des ersten Absatzes das Gebäude oder den Gebäudeteil, der Teil einer Gebäudegruppe oder Gesamtanlage sei. Die Gestaltung eines kompletten Neubaus sei auch innerhalb einer Denkmalzone in weitem Umfang der privaten Entscheidung überlassen. Eine eindeutige Zuweisung bestimmter Ausführungsdetails zu ausschließlich denkmalbedingter Rücksichtnahme sei, anders als bei der Anpassung eines bestehenden Gebäudes, schlechterdings nicht möglich, so dass der Steuerpflichtige zu Lasten des Fiskus Aufwendungen subventioniert erhalten könne, die er ohnehin nicht anders beabsichtigt habe.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die Verwaltungsakten verwiesen, die vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren. Darüber hinaus wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

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Der Bescheid der Beklagten vom 18. Oktober 2011 und der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid vom 2. Januar 2012 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, denn ihm steht ein Anspruch auf Erteilung einer Bescheinigung nach § 7 i Abs. 2 Einkommensteuergesetz – EstG – zum Zwecke des Geltendmachens von erhöhten Absetzungen bei Baudenkmalen nicht zu.

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Gemäß § 7 i Abs. 2 EStG kann der Steuerpflichtige die erhöhten Absetzungen in Anspruch nehmen, wenn er durch eine Bescheinigung der nach Landesrecht zuständigen oder von der Landesregierung bestimmten Stelle die Voraussetzungen des Abs. 1 für das Gebäude oder Gebäudeteil und für die Erforderlichkeit der Aufwendungen nachweist.

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Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger innerhalb der Gesamtanlage A... 2 – 4 in ... einen Neubau errichtet hat, der nicht selbst die Voraussetzungen eines Kulturdenkmals erfüllt. Damit kommt für ihn eine Steuererleichterung ausschließlich unter den in § 7 i Abs. 1 S. 4 genannten Voraussetzungen in Betracht. Diese sind in dem hier zu entscheidenden Fall allerdings nicht gegeben.

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Nach § 7 i Abs. 1 S. 4 EStG kann der Steuerpflichtige bei einem im Inland gelegenen Gebäude oder Gebäudeteil, das für sich allein nicht die Voraussetzungen für ein Baudenkmal erfüllt, aber Teil einer geschützten Gebäudegruppe oder Gesamtanlage ist, die erhöhten Absetzungen von den Herstellungskosten für Baumaßnahmen vornehmen, die nach Art und Umfang zur Erhaltung des schützenswerten äußeren Erscheinungsbildes der Gebäudegruppe oder Gesamtanlage erforderlich sind. Mehraufwendungen bei der Errichtung eines Neubaus hingegen gehören nicht zu den begünstigungsfähigen Investitionen.

19

Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Regelung. Der Gesetzgeber ermöglicht die Steuererleichterung bei einem „Gebäude“ oder „Gebäudeteil“, das für sich allein nicht die Voraussetzungen für ein Baudenkmal erfüllt, wenn Baumaßnahmen durchgeführt werden, die „zur Erhaltung“ des schützenswerten äußeren Erscheinungsbildes der Gesamtanlage nach Art und Umfang erforderlich sind. Die Vorschrift setzt damit nach ihrem Wortlaut ein bereits vorhandenes Gebäude oder vorhandenes Gebäudeteil voraus. Hätten auch Neubauten erfasst werden sollen, hätte es der Einfügung des Relativsatzes nicht bedurft, da Neubauten regelmäßig nicht die Voraussetzungen für ein Baudenkmal erfüllen.

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Die Förderung einer Neubaumaßnahme oder eines Wiederaufbaus ist auch deshalb grundsätzlich ausgeschlossen, weil sie nach Art und Umfang nicht der Erhaltung der Gesamtanlage dient. Die Schließung einer Baulücke eines unter Schutz gestellten Ensembles mag den denkmalschützerischen Wert der Gesamtanlage erhöhen und auch aus städtebaulichen Gründen wünschenswert sein. Zur Erhaltung des äußeren Erscheinungsbildes des Ensembles ist die Baumaßnahme jedoch nicht erforderlich (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Juni 2002 – 1 S 1199/01 -, veröffentlicht in Juris).

21

Auch aus der Entstehungsgeschichte, der Gesetzessystematik sowie Sinn und Zweck der Regelung ergibt sich nichts anderes.

22

§ 7 i EStG ist an die Stelle des früheren § 82 i Einkommenssteuer-durchführungsverordnung – EstDV – getreten. Zweck dieser Regelung war die Erhaltung und Modernisierung kulturhistorisch wertvoller Gebäude. Der Gesetzgeber trug der Erkenntnis Rechnung, dass die ordnungsgemäße Erhaltung von Baudenkmalen, die regelmäßig besonders aufwendig ist, bestehenden Wohnraum sichert, zur Entspannung der Wohnsituation beiträgt und ein Anreiz ist, privates Kapital für Gebäudesanierungen und Bestandserhaltung zu mobilisieren (vgl. VGH Baden-Württemberg, a.a.O.). Der Bundesfinanzhof hat aus dem Wortlaut und der Zielsetzung des § 82 i EStDV abgeleitet, dass ausschließlich Baumaßnahmen an einem als Baudenkmal geschützten bestehenden Gebäude steuerlich begünstigt werden. Eine Steuervergünstigung für die Herstellungskosten an baulich selbstständigen Anlagen, die nicht Teil des Denkmals sind, hat er dagegen abgelehnt (vgl. BFH, Urteil vom 15. Oktober 1996 – IX R 47/92 -, veröffentlicht in Juris).

23

Auch aus der Systematik der Regelung des § 7 i Abs. 1 EStG ergibt sich, dass der Gesetzgeber von einer bestehenden Gebäudesubstanz ausgegangen ist. Nach den Sätzen 1 und 3 gehören zu den begünstigungsfähigen Objekten nach landesrechtlichen Vorschriften als Baudenkmal anerkannte Gebäude und vergleichbare Gebäudeteile. Satz 4 erweitert den Tatbestand des Satzes 1 lediglich auf Nichtbaudenkmale als Teil einer Gebäudegruppe oder Gesamtanlage (Lippross, Basiskommentar zum Steuerrecht, § 7 i EStG Rdnr. 5, 12). Aus den Sätzen 1, 3 und 4 des § 7 i Abs. 1 EStG lässt sich damit ein differenziertes in sich geschlossenes Regelungssystem erkennen, das es verbietet, in den Genuss von Steuervergünstigungen auch Neubauten kommen zu lassen (vgl. BFH, Urteil vom 24. Juni 2009 – XR 8/08 -, veröffentlicht in Juris).

24

Schließlich gebietet auch das Gleichheitsgebot es nicht, § 7 i Abs. 1 S. 4 EStG über den Wortlaut und den erkennbaren gesetzgeberischen Willen hinaus erweiternd auszulegen und in den Genuss von Steuervergünstigungen auch Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen kommen zu lassen, die nicht den besonderen Bindungen des Denkmalschutzrechts unterliegen. Eigentümer eines bestehenden denkmalschutzrelevanten Gebäudes sind an die allgemeinen Schutzvorschriften, wie sie sich aus dem Denkmalschutzgesetz ergeben, gebunden. Sie haben nicht die Möglichkeit, sich etwa gegen Anordnungen betreffend Erhaltungsmaßnahmen zu wenden, sind also verpflichtet, finanzielle Aufwendungen zur Erhaltung eines Gebäudes zu tätigen. Diese Last trägt derjenige nicht in gleichem Maße, der – wie der Kläger – ein Grundstück bebaut, für das ohne Bebauung denkmalbedingte Aufwendungen nicht angefallen wären (vgl. VGH Baden-Württemberg, a.a.O.).

25

In dem hier zu entscheidenden Fall ist daher die begehrte Bescheinigung bereits aus diesen Gründen nicht zu erteilen. Ob darüber hinaus Bescheinigung auch versagt werden konnte, weil die Baumaßnahme nicht in Abstimmung mit dem Beklagten erfolgt ist oder diesem ein Fehlverhalten der örtlichen Denkmalschutzbehörde zuzurechnen ist, da diese den Kläger nach dessen Bekundungen nicht auf dieses Erfordernis hingewiesen hat, braucht die Kammer daher vorliegend nicht zu entscheiden.

26

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

27

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 167 VwGO in Verbindung mit § 708 ff. ZPO.

28

Gründe für die Zulassung der Berufung sind vorliegend nicht ersichtlich.

29

Beschluss

30

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 40.000,00 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG). Die Kammer folgt damit der Streitwertpraxis des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes, der in vergleichbaren Fällen den Streitwert nach dem steuerlichen Vorteil bemisst und pauschal in Höhe eines Fünftels der geltend gemachten Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten ansetzt (vgl. BayVGH, Urteil vom 14. März 2001 – 9 B 00.2134 -, veröffentlicht in Juris).

31

Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG mit der Beschwerde angefochten werden.

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