Urteil vom Verwaltungsgericht Trier (6. Kammer) - 6 K 1674/15.TR

Tenor

Der Abhilfebescheid des Beklagten vom 16. Januar 2015 wird aufgehoben.

Der Beklagte und die Beigeladene haben die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Klägerin je zur Hälfte sowie ihre eigenen außergerichtlichen Kosten in vollem Umfang zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Aufhebung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zum Bau und Betrieb einer Windkraftanlage, die der Beklagte der Beigeladenen erteilt hat.

2

Die Beigeladene beantragte am 02. März 2012 bei dem Beklagten eine Genehmigung zur Errichtung einer Windenergieanlage des Typs Nordex N117/2400 – 2400 kW mit einer Nabenhöhe von 141 m, einer Gesamtbauhöhe von 199,5 m und einem Rotordurchmesser von 117 m auf den Grundstücken Gemarkung A..., Flur, Flurstücke und. Der geplante Standort befindet sich innerhalb des im Regionalen Raumordnungsplan für die Region ... ausgewiesenen Vorranggebiets „A... 2“. Er liegt ca. 3,9 km nördlich der von der Klägerin betriebenen Navigationseinrichtung VOR (Very High Frequency Omnidirectional Radio Range – sog. Drehfunkfeuer –) B...

3

Der Beklagte übermittelte die Antragsunterlagen der Beigeladenen unter anderem dem Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz als der zuständigen Luftfahrtbehörde des Landes Rheinland-Pfalz sowie der Klägerin und bat um Stellungnahme.

4

Die Klägerin übersandte dem Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (Behörde der Klägerin des Verfahren 6 K 1669/15.TR) eine gutachtliche Stellungnahme vom 25. April 2012, worin sie empfahl, der Errichtung der Windkraftanlage zu widersprechen. Die angegebene Bodenhöhe (359 m ü NN) stimme nicht mit den an dem angegebenen Standort aus topographischen Karten ermittelten Höhen (379 m ü NN) überein. Bei dieser Höhe habe das Maschinenhaus einen Erhebungswinkel von 1,6º gegen den Bodenpunkt der Navigationsanlage, der höchste Punkt der Anlage 2,4º. Bei diesen Erhebungswinkeln könne der Einfluss auf das abgestrahlte Signal der VOR-Navigationsanlage nicht vernachlässigt werden. Da die von möglichen Störungen betroffenen Radiale bereits stark gestört bzw. bereits teilweise außerhalb der zulässigen Toleranzen seien, könnten weitere Störeinflüsse nicht akzeptiert werden.

5

Das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung übermittelte dem Landesbetrieb Mobilität daraufhin unter dem 07. Mai 2012 seine Entscheidung, nach der durch die Errichtung des Bauwerks zivile Luftsicherungsanlagen gestört werden könnten. § 18a LuftVG stehe der Errichtung des Bauwerks entgegen; das Bauwerk dürfe nicht errichtet werden.

6

Mit Schreiben vom 11. Mai 2012 teilte der Landesbetrieb Mobilität der Beklagten mit, aufgrund der Stellungnahme des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung könne die luftrechtliche Zustimmung nach § 14 Abs. 1 und § 18a LuftVG nicht erteilt werden. Das Vorhaben sei abzulehnen.

7

Die Beigeladene übermittelte dem Beklagten daraufhin ein signaturtechnisches Gutachten der EADS Deutschland GmbH (Dr. C...) vom 29. November 2012, das nicht nur das streitgegenständliche, sondern auch ein weiteres östlich hiervon gelegenes Vorhaben sowie eine Alternativplanung mit niedrigeren Nabenhöhen berücksichtigt. Das Gutachten gelangt zu dem Ergebnis, durch die bereits vorhandenen Windenergieanlagen sowie die beantragte Anlage seien Missweisungen von unter ±1,1º zu erwarten.

8

Der Beklagte leitete das Gutachten an die zuständige Luftfahrtbehörde weiter und beteiligte ebenfalls die Klägerin und das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung. Die Klägerin empfahl dem Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung mit ihrer gutachtlichen Stellungnahme vom 06. März 2013 erneut, der Errichtung der Windkraftanlage sowohl in der ursprünglich beantragten als auch mit einer reduzierten Nabenhöhe zu widersprechen. Zur Begründung führte sie aus, nach dem vorgelegten Gutachten sei bei der Errichtung zusätzlicher Windenergieanlagen ein Anstieg des Richtungsfehlers der VOR B... zu prognostizieren. Nach Annex 10, Vol. I, Att. C, Kapitel 3.7.3.4 sei für VOR-Signale ein maximaler Winkelfehler von ±3º empfohlen. Unter Berücksichtigung des Fehlerbeitrags der Bodenstation von ±2º verbleibe für Störungen durch externe Umgebungseinflüsse lediglich ein zulässiger Störbeitrag von ±1º. Dieser Wert sei bei der betroffenen Anlage gemäß den der Klägerin vorliegenden Flugvermessungsergebnissen bereits im gesamten Radialbereich ausgeschöpft. Das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung entschied daraufhin mit Schreiben vom 08. März 2013 erneut, dass durch die Errichtung des Bauwerks zivile Flugsicherungseinrichtungen gestört werden könnten; das Bauwerk dürfe nicht errichtet werden.

9

Nachdem die Beigeladene um eine nochmalige Überprüfung gebeten hatte, wies das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung die Luftfahrtbehörde mit Schreiben vom 30. Juli 2013 darauf hin, allein das Bundesaufsichtamt für Flugsicherung sei für die Entscheidung nach § 18a LuftVG zuständig und ein nach dieser Vorschrift bestehendes materielles Bauverbot stehe nicht zur Disposition der Landesbehörden. Eine ohne positive Entscheidung des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung erteilte Genehmigung sei rechtswidrig. Insofern werde eine weitergehende Darlegung der fachlichen Grundlagen nicht erfolgen.

10

Mit Bescheid vom 25. September 2013 lehnte der Beklagte daraufhin den Antrag der Beigeladenen unter Hinweis auf die abschlägigen Entscheidungen des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung ab.

11

Zur Begründung ihres fristgerecht erhobenen Widerspruchs machte die Beigeladene im Wesentlichen geltend, das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung sei der ihm obliegenden Vortrags- und Darlegungslast für eine Störung im Sinne von § 18a LuftVG nicht nachgekommen. Auch objektiv liege eine Störung der VOR B... durch das geplante Vorhaben nicht vor. Zudem entfalte die Entscheidung des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung keinerlei Bindungswirkung für die Genehmigungsentscheidung des Beklagten.

12

Mit Schriftsatz vom 10. Februar 2014 erteilte der Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz seine Zustimmung gemäß § 14 Abs. 1 LuftVG zu dem streitgegenständlichen Vorhaben, hielt aber an der Ablehnung nach § 18 LuftVG fest.

13

Mit Bescheid vom 16. Januar 2015 half der Beklagte dem Widerspruch der Beigeladenen ab und erteilte die beantragte Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der streitgegenständlichen Windkraftanlage. Die Entscheidung wurde im Wesentlichen darauf gestützt, dass die Entscheidung des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung keine Bindungswirkung für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Beklagten entfalte. Darüber hinaus sei eine nicht hinnehmbare Störung der Navigationseinrichtung VOR B... nicht hinreichend nachgewiesen worden.

14

Die Klägerin legte gegen den streitgegenständlichen Abhilfebescheid vom 16. Januar 2015 – entsprechend der dem Bescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung – Widerspruch ein. Mit Schriftsatz vom 24. April 2015 – zugestellt am 29. April 2015 – wies der Beklagte auf die Unzulässigkeit des Widerspruchs hin und erteilte eine neue Rechtsbehelfsbelehrung, in der auf die Möglichkeit einer verwaltungsgerichtlichen Klage hingewiesen wurde. Daraufhin nahmen sowohl das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung als auch die Klägerin ihre Widersprüche zurück.

15

Mit ihrer am 27. Mai 2015 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Aufhebungsbegehren weiter.

16

Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor:

17

Sie sei klagebefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO. Ihre Klagebefugnis ergebe sich zum einen aus der Verletzung ihres Eigentumsrechts an der Flugsicherungseinrichtung VOR B... Darüber hinaus ergebe sich die Klagebefugnis aus der Verletzung des § 18a LuftVG, da es sich hierbei um eine drittschützende Norm handele, die dem Schutz der Funktionsfähigkeit und der Störungsfreiheit von Flugsicherungseinrichtungen diene.

18

Darüber hinaus handele es sich bei einer Entscheidung nach § 18a Abs. 1 S. 2 LuftVG um eine für die Genehmigungsbehörde bindende Entscheidung. Eine diese Bindungswirkung missachtende immissionsschutzrechtliche Genehmigung sei per se formell rechtswidrig. Die Entscheidung des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung nach § 18a Abs. 1 S. 2 LuftVG unterliege zudem einer bloß eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung. Auch eine Konzentrationswirkung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 13 BImSchG scheide aus, da verwaltungsinterne Mitwirkungsakte – wie die Entscheidung nach § 18a Abs. 1 S. 2 LuftVG – an einer solchen nicht teilhätten.

19

Ferner sei der Abhilfebescheid des Beklagten vom 16. Januar 2015 auch materiell rechtswidrig. § 18a Abs. 1 S. 1 LuftVG statuiere ein materielles Bauverbot, das folglich einer Genehmigung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Variante 1 BImSchG entgegenstehe. Durch die Genehmigungserteilung unter Verstoß gegen § 18a Abs. 1 LuftVG würden schließlich auch ihr – der Klägerin – zustehende Rechtspositionen widerrechtlich verletzt. Die Vorschrift gewähre ihr ein Abwehrrecht gegen Bauten, die ihre Flugsicherungseinrichtungen störten oder stören könnten.

20

Die gutachtliche Stellungnahme vom 25. April 2012 sei unter Zugrundelegung der zu diesem Zeitpunkt angewandten sog. „geometrischen“ Methode erstellt worden. Diese Bewertungsmethode basiere auf den Aufstellungsempfehlungen der Hersteller der Anlagen, denen geometrische Ansätze zugrunde lägen (Mindest-Elevationen), und beinhalte im Wesentlichen die Überprüfung, ob die Kontur eines geplanten Bauwerks von der Navigationsanlage aus gesehen einen gewissen Erhebungswinkel überschreite. Weil der zulässige Erhebungswinkel von der geplanten Anlage überschritten würde, sei in der gutachtlichen Stellungnahme vom 25. April 2012 – unter Hinweis auf die fehlerhaft angegebene Bodenhöhe –empfohlen worden, der Errichtung der geplanten Windkraftanlage zu widersprechen. Das seitens der Beigeladenen vorgelegte Gutachten der EADS Deutschland GmbH gehe fehlerhaft von zwei geplanten Windkraftanlagen aus und beinhalte auch im Übrigen unzutreffende Angaben.

21

Eine Vielzahl von Verwaltungsgerichten habe die jeweils angewandte Bewertungsmethode und die bei der Störungsprognose und der Entscheidung des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung angelegten Toleranzwerte als rechtmäßig bestätigt.

22

Die Klägerin beantragt,

23

den Abhilfebescheid des Beklagten vom 16. Januar 2015 aufzuheben.

24

Der Beklagte beantragt,

25

die Klage abzuweisen.

26

Er trägt vor, dem streitgegenständlichen Bescheid sei der Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 05. Februar 2014 – 5 B 6430/13 – sowie das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 22. September 2011 – 4 A 1052/10 – zugrunde gelegt worden. Die entgegenstehenden Entscheidungen des OVG Lüneburg vom 22. Januar 2015 – 12 ME 39/14 – sowie vom 03. Dezember 2014 – 12 LC 30/12 – habe man im Zeitpunkt der Abhilfeentscheidung nicht berücksichtigen können.

27

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

28

die Klage abzuweisen.

29

Zur Begründung trägt sie vor:

30

Die Klage sei bereits unzulässig, da die Klägerin nicht klagebefugt sei. Aus § 18a Abs. 1 LuftVG leite sich kein drittschützendes subjektiv-öffentliches Recht der Klägerin ab. Bei § 18a LuftVG handele es nicht um eine öffentlich-rechtliche Norm, die auch dem Schutz von Individualinteressen zu dienen bestimmt sei. Normzweck seien die Sicherheit der Luftfahrt und die Sicherheit der Allgemeinheit, was sich nicht zuletzt aus der systematischen Stellung der Vorschrift ergebe. Insofern gehe es in § 18a Abs. 1 LuftVG auch nicht darum, Flugsicherungseinrichtungen um ihrer selbst willen zu schützen. Die Verhinderung von Störungen von Flugsicherungseinrichtungen sei folglich nur das Mittel zur Wahrung der Sicherheit des Luftverkehrs.

31

Eine Klagebefugnis könne ferner auch nicht allein aus Art. 14 GG hergeleitet werden. Es werde auch nicht in die Substanz der VOR B... eingegriffen; ein Eingriff erfolge vielmehr erst durch einen Reflex der – angeblichen – Beeinflussung der ausschließlich die Luftverkehrsteilnehmer leitenden Funksignale. Letztlich leite sich eine Klagebefugnis auch nicht aus einer etwaigen Betroffenheit der privatwirtschaftlichen Navigationsdienstleistungen ab, da die Erbringung dieser Dienste dem Grunde nach weiter möglich sei und allenfalls unter Umständen betrieblichen Beschränkungen unterworfen sein könne. Es bestehe jedoch kein privatrechtlicher Schutz vor Veränderungen der äußeren Gegebenheiten und situationsbedingten Erwerbschancen.

32

Ferner sei die Klage auch unbegründet. Der Beklagte sei nicht an die Entscheidung des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung gebunden gewesen. Im Gegensatz zu §§ 12, 14 LuftVG sei in § 18a Abs. 1 LuftVG keine ausdrückliche Anordnung einer Bindungswirkung normiert. Zudem sähen die §§ 12 und 14 LuftVG eine Fiktionswirkung vor, die bei § 18a LuftVG gerade fehle. Die Entscheidung über eine Störung im Sinne des § 18a Abs. 1 LuftVG sei allein nach objektiven Merkmalen zu bestimmen, sodass die Entscheidung des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung folglich nicht letztverbindlich sein könne. Auch die Änderung des Gesetzeswortlauts im Jahre 2009 belege, dass der Gesetzgeber die Maßgeblichkeit einer tatsächlich zu erwartenden Störung und nicht eine Verstärkung der Verbindlichkeit der bloßen diesbezüglichen Mitwirkungshandlung der Klägerin habe hervorheben wollen. Dem Beklagten stehe eine umfassende Prüfungskompetenz zu; seine Entscheidung konzentriere andere behördliche Entscheidungen nach § 13 BImSchG. Dass diese Norm nur außenwirksame Mitwirkungsakte umfasse, ergebe sich weder aus dem Wortlaut der Norm noch aus der Systematik.

33

Letztlich sei nicht von einer Störung im Sinne des § 18a LuftVG zulasten der VOR B... auszugehen. Die Frage, ob ein Vorhaben störend im Sinne von § 18a Abs. 1 LuftVG sei, billige dem Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung keinen Beurteilungsspielraum zu. Zunächst sei ein Nachweis erforderlich, dass das Vorhaben überhaupt zu einer hinreichend wahrscheinlichen Minderung der Funktion der VOR B... führen werde. In einem weiteren Schritt sei nachzuweisen, inwieweit etwaige hinreichend wahrscheinliche Funktionseinschränkungen aus Sicht der Flugsicherung hinzunehmen seien.

34

Die Ermittlungsmethoden der Klägerin seien zunehmend von der Rechtsliteratur in Frage gestellt worden. Die gutachtlichen Stellungnahmen der Klägerin würden hierbei als schwach begründet, nicht plausibel und wenig transparent kritisiert. Auch die im vorliegenden Fall eingestellten Winkelfehlerwerte seien falsch. So könne bereits nicht auf einen Gesamtwinkelfehler von ±3º geschlossen werden. Aus dem Dokument Nr. 8071 der International Civil Aviation Organization (ICAO) ergebe sich vielmehr ein Wert von ±3,5º. Hinzu komme, dass in kurzen Intervallen sogar ein Wert von ±6,5º zulässig sein könne und dass all diese Werte nach ICAO-Doc 8071 in Relation zur räumlichen Wahrscheinlichkeit von die VOR nutzenden Flugzeugen in Höhe von 95 % zu setzen seien. Ferner sei die Annahme eines Restfehlerbudgets von ±1º und eines pauschalen Abzuges von ±2º für den anlageeigenen Fehler aufgrund des massiven Eingriffs in die grundrechtlich geschützte Baufreiheit der Vorhabenträgerin nicht gerechtfertigt. Auch tatsächlich sei keine relevante von der Anlage der Beigeladenen ausgehende Störung zu erwarten.

35

Ferner sei zur Begründung einer Störung erforderlich, dass mit einem Schadenseintritt nicht nur hypothetisch, sondern mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in überschaubarer Zukunft zu rechnen sei. Zu den konkreten Auswirkungen habe das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung bzw. die Klägerin indessen nicht substantiiert vorgetragen. Schließlich sei die Störprognose des Bundesaufsichtsamtes bzw. der Klägerin bereits deshalb unplausibel, weil davon auszugehen sei, dass die VOR B... in den maßgeblichen Radialen bereits gestört sei. Im Übrigen sei jedenfalls eine Beseitigung der Störungswirkung mittels Nebenbestimmungen gemäß § 12 BImSchG anzustrengen gewesen.

36

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Unterlagen sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

37

Die zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg.

38

Die Anfechtungsklage ist zulässig, insbesondere kann die Klägerin geltend machen, durch den streitgegenständlichen Abhilfebescheid des Beklagten vom 16. Januar 2015 in ihren Rechten verletzt zu sein (I.). Die Klage ist zudem begründet (II.).

I.

39

Für die als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – statthafte Klage steht der Klägerin die gemäß § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis zu. Eine solche liegt dann vor, wenn die betreffende Klägerin geltend macht, durch den Verwaltungsakt in ihren Rechten verletzt zu sein. Als Rechte, deren Verletzung geltend gemacht werden können, kommen neben subjektiven Rechten, die durch einfachgesetzliche Vorschriften begründet werden, auch solche des Verfassungsrechts – insbesondere die Grundrechte – in Betracht. Die in Frage stehende Norm muss ausschließlich oder – neben anderen Zwecken – zumindest auch dem Schutz der Interessen der Klägerin dienen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage 2015, § 42, Rn. 78).

40

Die Klägerin kann ihre Klagebefugnis aus einer möglichen Verletzung in ihren durch Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz – GG – geschützten Rechten als Eigentümerin und Betreiberin der Flugsicherungseinrichtung VOR B... herleiten.

41

a) Nach § 27c Abs. 2 S. 1 Nr. 2-5, S. 2 und 3 Luftverkehrsgesetz – LuftVG – erbringt die Klägerin als privatwirtschaftliche Dienstleisterin die Unterstützungsdienste für die Flugsicherung – hier durch die in Rede stehende Flugsicherungseinrichtung in Form von Navigationsdiensten im Sinne von § 27c Abs. 2 S. 1 Nr. 3 LuftVG – zu Marktbedingungen in Übereinstimmung mit dem Recht der Europäischen Union. Navigationsdienste in diesem Sinne umfassen die Installation und den Betrieb der Einrichtungen, die Luftfahrzeuge mit Positions- und Zeitinformationen versorgen. Zu diesen Einrichtungen gehören insbesondere Drehfunkfeuer – wie die streitgegenständliche Flugsicherungseinrichtung VOR (Meyer/Wysk, in: Grabherr/Reidt/Wysk, LuftVG, § 27c, Rn. 68). Nach § 27c Abs. 1 LuftVG dient Flugsicherung der sicheren, geordneten und flüssigen Abwicklung des Luftverkehrs. Gemäß Anhang V der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1035/2011 der Kommission vom 17. Oktober 2011 bestehen besondere Anforderungen bezüglich der Erbringung von Kommunikations-, Navigations- oder Überwachungsdiensten. So stellen die Erbringer dieser Dienste die Verfügbarkeit, Kontinuität, Genauigkeit und Integrität sicher und bestätigen das Qualitätsniveau der von ihnen erbrachten Dienste. § 18a Abs. 1 LuftVG dient ersichtlich auch dem Schutz der Unterstützungsdienstleister nach § 27c Abs. 2 S. 2 und 3 LuftVG (Meyer/Wysk a.a.O., § 18a, Rn. 55 ff.; Giemulla, in: Frankfurter Kommentar zum LuftVG, § 18a, Rn. 9), denn er schützt deren Flugsicherungseinrichtungen vor störenden Beeinflussungen durch die Umgebung (BT-Drs. 8/3431, S. 11 und 16/11608, S. 15), ohne dass es darauf ankommt, ob hierin bereits eine Gefahr für die Sicherheit des Luftverkehrs liegt. Nach Einschätzung der Klägerin sowie des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung kann die seitens der Beigeladenen geplante Windkraftanlage die Flugsicherungseinrichtung VOR stören. Wenngleich die Methodik zur Ermittlung einer Störung sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Feststellung einer solchen zwischen den Beteiligten in Streit stehen, so besteht dennoch jedenfalls die – zur Begründung der Klagebefugnis ausreichende – Möglichkeit, dass die Flugsicherungseinrichtung der Klägerin negativ durch die Windkraftanlage beeinflusst und daraus Beeinträchtigungen der Verfügbarkeit, Kontinuität, Genauigkeit und Integrität resultieren. Im Falle einer Errichtung oder eines Betriebs der geplanten Windkraftanlage wäre die Klägerin folglich zu zusätzlichen Dispositionen gezwungen, um den an sie gestellten Anforderungen nach der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1035/2011 gerecht zu werden. Damit wäre sie in ihrer Befugnis, die in ihrem Eigentum stehende Anlage zulassungskonform zu nutzen, eingeschränkt und in ihrer Dispositionsfreiheit als Privatunternehmen beeinträchtigt (OVG Lüneburg, Beschluss vom 22. Januar 2015 – 12 ME 39/14 –, juris-Rn. 23 m.w.N.).

42

b) Die Möglichkeit einer Verletzung von Rechten der Klägerin besteht auch deshalb, weil sich der Beklagte mit der Genehmigung über die Entscheidung des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung hinweggesetzt hat. Die drittschützende Wirkung des § 18a Abs. 1 LuftVG umfasst auch die Bindungswirkung der Entscheidung des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung, dass ein Vorhaben eine Flugsicherungseinrichtung stören kann. Der von § 18a Abs. 1 LuftVG bezweckte Schutz der Flugsicherungseinrichtungen vor möglichen Störungen würde erheblich beeinträchtigt, wenn die Betreiber keinen Anspruch darauf hätten, dass andere Behörden die Bindung an die Entscheidung des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung beachten. Ansonsten wären sie darauf verwiesen, im Rahmen einer Klage gegen eine unter Missachtung der Bindungswirkung erteilte Genehmigung nachzuweisen, dass ihre Flugsicherungseinrichtung tatsächlich durch das betreffende Vorhaben gestört werden kann, oder eine Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland als Trägerin des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung zu erwirken, gegen die betreffende Genehmigung vorzugehen. Hierdurch würde auch die Bindungswirkung der Entscheidung des Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung relativiert.

43

c) Ob auch eine mögliche Verletzung in subjektiv-öffentlichen Rechten der Klägerin als Beliehene vorliegt, die auf Grund des §§ 31b Abs. 1 und 31d Abs. 1 S. 1 LuftVG durch Rechtsverordnung vom 11. November 1992 mit der Wahrnehmung der in § 27c Abs. 2 S. 1 Nr. 1 LuftVG genannten Aufgaben seitens des Bundesministers für Verkehr beauftragt ist, kann dahinstehen (verneinend: Meyer/Wysk a.a.O., § 18a, Rn. 56; offengelassen: OVG Lüneburg a.a.O., Rn. 24 m.w.N.).

II.

44

Die Klage hat auch in der Sache Erfolg. Der Abhilfebescheid des Beklagten ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin dadurch in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

45

1. Der Abhilfebescheid des Beklagten vom 16. Januar 2015 ist nicht bereits formell rechtswidrig. Der Beklagte hat die erforderlichen Mitwirkungstatbestände anderer Behörden hinreichend beachtet und diese am Verfahren beteiligt (vgl. § 44 Abs. 3 Nr. 4 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG –). Die Tatsache, dass letztlich eine Entscheidung entgegen einer Mitwirkungshandlung einer weiteren zu beteiligenden Behörde ergangen ist, ist keine Frage der formellen, sondern vielmehr eine solche der materiellen Rechtmäßigkeit.

46

2. Der Bescheid des Beklagten ist materiell rechtswidrig, da die Voraussetzungen für die Erteilung einer Genehmigung gemäß § 6 Abs. 1 Bundesimmissionsschutzgesetz – BImSchG – nicht vorlagen. Danach ist die Genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und einer auf Grund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden (Nr. 1) und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen (Nr. 2).

47

a) § 18a Abs. 1 S. 1 LuftVG steht als öffentlich-rechtliche Vorschrift dem Vorhaben der Beigeladenen entgegen. Danach dürfen Bauwerke nicht errichtet werden, wenn dadurch Flugsicherungseinrichtungen gestört werden können. Nach S. 2 der Vorschrift entscheidet das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung auf der Grundlage einer gutachtlichen Stellungnahme der Flugsicherungsorganisation, ob durch die Errichtung der Bauwerke Flugsicherungseinrichtungen gestört werden können. Das durch § 18a Abs. 1 S. 1 LuftVG statuierte materielle Bauverbot gehört zu den öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG (Meyer/Wysk a.a.O., Rn. 16; VG Düsseldorf, Urteil vom 24. Juli 2014 – 11 K 3648/12 –, juris-Rn. 38). Im vorliegenden Fall hat das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung auf der Grundlage gutachtlicher Stellungnahmen der Klägerin wiederholt entschieden, dass durch das Vorhaben der Beigeladenen Störungen für die Flugsicherungseinrichtung VOR B... entstehen können.

48

b) An die Entscheidung des Bundesaufsichtsamtes war auch der Beklagte gebunden. Ihm stand insofern nicht das Recht zu, sich über die Entscheidung des Bundesaufsichtsamtes hinwegzusetzen (vgl. OVG Lüneburg a.a.O., juris-Rn. 13 ff.).

49

Die in § 18a Abs. 1 S. 2 LuftVG seitens des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung zu treffende Entscheidung ist keiner Abwägung durch die Genehmigungsbehörde zugänglich, denn sobald demnach eine Störung von Flugsicherungseinrichtungen möglich ist, besteht ein unmittelbar gesetzlich angeordnetes Bauverbot. Der Gesetzgeber hat hierbei dem Funktionieren der Flugsicherung einen so hohen Stellenwert eingeräumt, dass jede Abwägungsentscheidung immer nur zu Gunsten der Flugsicherung ausfallen könnte. Dies bedeutet für die Genehmigungsbehörde, dass sie die immissions- bzw. baurechtlichen Aspekte nicht zu prüfen hat, bevor das Bundesaufsichtsamt nicht positiv entschieden hat (Giemulla a.a.O., Rn. 4).

50

Eine Bindungswirkung der Entscheidung nach § 18a Abs. 1 S. 2 LuftVG ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Norm. Der Terminus „entscheidet“ macht hinreichend deutlich, dass der Gesetzgeber dem Bundesaufsichtsamt die alleinige Entscheidungskompetenz zubilligen wollte. Der Wortlaut setzt sich auch deutlich von den im besonderen Verwaltungsrecht bekannten Mitwirkungsarten in gestuften Verwaltungsverfahren ab, etwa der Anhörung oder dem Benehmen, aber auch dem erhebliche Bindungswirkung entfaltenden Einvernehmen oder der Zustimmung. Sämtliche dieser Mitwirkungsarten basieren darauf, dass neben der zu beteiligenden Behörde auch andere Behörden über den jeweiligen Themenkomplex mitbefinden. Durch die Verwendung des Begriffs „entscheidet“ in § 18a Abs. 1 S. 2 LuftVG kommt in besonderer Weise zum Ausdruck, dass es ausschließlich dem Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung zukommt, die Möglichkeit einer Störung von Flugsicherungseinrichtungen – im Verhältnis zu anderen Behörden – verbindlich zu bewerten.

51

Ferner spricht für eine Bindungswirkung der Entscheidung des Bundesaufsichtsamtes auch, dass entgegen den Vorschriften der §§ 12 und 14 LuftVG, wonach nur mit Zustimmung der Luftfahrtbehörde die jeweilige Genehmigung erteilt werden darf, in § 18a Abs. 1 LuftVG auf eine die Mitwirkungshandlung der zu beteiligenden Behörde fingierende Vorschrift (§§ 12 Abs. 2 S. 2, 14 Abs. 1 HS. 2 LuftVG) verzichtet wurde. Die dahinter stehende Erwägung kann nur darin liegen, dass der Gesetzgeber gerade nicht wollte, dass die Entscheidung nach § 18a Abs. 1 S. 2 LuftVG – die schließlich den Schutz von Flugsicherungseinrichtungen und damit insgesamt der Sicherheit des Flugverkehrs dient – durch bloßen Zeitablauf ersetzt wird, sondern aktiv von der hiermit betrauten Behörde zu treffen ist. Solange eine positive Entscheidung des Bundesaufsichtsamtes nicht ergangen ist, liegt demnach ein materielles Bauverbot zugrunde, das von anderen Behörden zwingend zu beachten ist. Damit wird der Entscheidung nach § 18a Abs. 1 S. 2 LuftVG im Ergebnis eine höhere Durchsetzungsmacht als der Zustimmung nach §§ 12 und 14 LuftVG zuteil (OVG Lüneburg a.a.O., juris-Rn. 15; Giemulla a.a.O., Rn. 5).

52

Letztlich spricht für eine bindende Entscheidung des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung auch die Entstehungsgeschichte der Norm. Nach der bis zum 3. August 2009 geltenden Fassung des § 18a LuftVG hatte die für die Flugsicherung zuständige Stelle der obersten Luftfahrtbehörde anzuzeigen, dass Flugsicherungseinrichtungen gestört werden. Zwar lässt sich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/11608, S. 13, 15) lediglich entnehmen, dass Anlass für die Anpassung die Schaffung des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung war, sodass sich die Änderung der Vorschrift im Wesentlichen darauf beschränke, dass die Wörter „die für die Flugsicherung zuständige Stelle“ durch die Wörter „Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung“ ersetzt werden. Allein hieraus kann indes nicht geschlossen werden, dass der Übergang vom Anzeige- zum Entscheidungsverfahren keinerlei Bedeutung entfalten sollte. Wird – wie hier – der Wortlaut der Vorschrift geändert, indiziert dies, dass der Gesetzgeber hierfür einen Bedarf gesehen und hiermit auch einen bestimmten Willen verbunden hat (vgl. OVG Lüneburg a.a.O., juris-Rn. 16). Nichts hätte näher gelegen, als den Wortlaut der Vorgängerfassung des § 18a Abs. 1 S. 1 LuftVG allein dahingehend zu ändern, die Worte „die für die Flugsicherung zuständige Stelle“ mit den Worten „das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung“ zu ersetzen, wenn man der Änderung tatsächlich keinerlei weitergehenden Willen beimessen wollte.

53

Ist – wie vorliegend – eine immissionsschutzrechtliche Anlagengenehmigung gegen eine versagende Entscheidung des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung und damit unter Außerachtlassung der Bindungswirkung ergangen, ist die Genehmigung bereits aus diesem Grunde materiell rechtswidrig (OVG Lüneburg a.a.O., juris-Rn. 27; Meyer/Wysk, a.a.O., Rn. 55).

54

c) Zu einem anderen Ergebnis gelangt man ebenfalls nicht im Hinblick auf die in § 13 BImSchG statuierte Konzentrationswirkung. Danach schließt die immissionsschutzrechtliche Genehmigung andere die Anlage betreffende behördliche Entscheidungen ein, insbesondere öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Zulassungen, Verleihungen, Erlaubnisse und Bewilligungen mit Ausnahme von Planfeststellungen, Zulassungen bergrechtlicher Betriebspläne, behördlichen Entscheidungen auf Grund atomrechtlicher Vorschriften und wasserrechtlichen Erlaubnissen und Bewilligungen nach §§ 8 i.V.m. 10 des Wasserhaushaltsgesetzes. Die hier maßgebliche Entscheidung nach § 18a Abs. 1 S. 2 LuftVG fällt jedoch nicht unter die Konzentrationsvorschrift des BImSchG. Nach ganz überwiegender und zutreffender Auffassung werden von der Konzentrationswirkung solche Mitwirkungsakte nicht erfasst, die keine Außenwirkung haben, sondern als interner Akt ergehen (vgl. Jarass, BImSchG, 11. Auflage 2015, § 13, Rn. 11 m.w.N.). Bei der hier zugrundeliegenden Entscheidung des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung handelt es sich gerade nicht um eine Maßnahme mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen, mithin nicht um einen Verwaltungsakt i.S.d. § 35 S. 1 VwVfG (vgl. OVG Lüneburg a.a.O., juris-Rn. 18 f.; VG Frankfurt, Urteil vom 8. Oktober 2014 – 8 K 3509/13 –, juris-Rn. 37; VG Düsseldorf a.a.O., juris-Rn. 33; VG Schleswig, Urteil vom 16. Februar 2012 – 6 A 107/11 –, juris-Rn. 28; VG Hannover, Urteil vom 22. September 2011 – 4 A 1052/10 –, juris-Rn. 59; Meyer/Wysk, a.a.O., Rn. 35; Giemulla a.a.O., Rn. 4 a.E.; a.A.: Hendler, ZNER 2015, 501, 502), sodass eine die Entscheidung nach § 18a Abs. 1 S. 2 LuftVG konzentrierende Wirkung der Genehmigung des Beklagten nach § 13 BImSchG ausscheidet.

55

Eine Außenwirkung und damit das Vorliegen eines Verwaltungsaktes im Sinne des § 35 S. 1 VwVfG kann auch nicht allein damit begründet werden, im vorliegenden Falle bestünden inkongruente Prüfungszuständigkeiten (so aber Hendler a.a.O.). Zwar entscheidet das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung tatsächlich mit der Frage der Störwirkung über einen Prüfungsgegenstand, der der Prüfung des beklagten Eifelkreises Bitburg-Prüm entzogen ist. Dies allein kann indes in vorliegendem Falle die Verwaltungsaktsqualität der Entscheidung des Bundesaufsichtsamtes nicht begründen. Denn auch in diesen Fällen ist die Mitwirkungshandlung nur dann als Verwaltungsakt zu qualifizieren, wenn sie dem Bürger gegenüber eine eigene und unmittelbare Rechtswirkung entfaltet, wobei die Tatsache, dass der mitwirkenden Behörde die ausschließliche Wahrnehmung bestimmter Aufgaben übertragen ist, lediglich Indizwirkung entfaltet (Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 17. Auflage 2009, § 9, Rn. 28 m.w.N.). Maßgebend bleiben in jedem Falle die gesetzliche Ausgestaltung im Einzelnen und der dahinterstehende Sinn (BVerwG, Urteil vom 19. Januar 1967 – VI C 73.64 –, juris-Rn. 40 m.w.N.). An einer unmittelbaren Rechtswirkung gegenüber dem Bürger – hier der Beigeladenen – fehlt es indes in vorliegender Konstellation, in welcher in § 18a Abs. 1 S. 3 LuftVG ausdrücklich vorgesehen ist, dass das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung seine Entscheidung lediglich der zuständigen Luftfahrtbehörde des Landes – in Rheinland-Pfalz dem Landesbetrieb Mobilität – mitzuteilen hat. Eine Mitteilung des Betroffenen – hier der antragstellenden Beigeladenen – ist nicht vorgesehen.

56

Im Übrigen wäre es selbst dann, wenn man eine Konzentrationswirkung im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherheit annähme, nicht ausgeschlossen, den hiervon erfassten Mitwirkungsakten Bindungswirkung zukommen zu lassen (vgl. Jarass a.a.O., § 10, Rn. 46), wie dies durch § 18a LuftVG geschehen ist.

57

d) Es kann hier dahinstehen, ob die Entscheidung des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung dahingehend, die geplante Anlage der Beigeladenen könne die Flugsicherungseinrichtung VOR B... stören, rechtmäßig ist, welche Kriterien dieser Prüfung zugrunde zu legen sind und inwieweit dem Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung bei der Prüfung einer Störung ein Beurteilungsspielraum zusteht. Der angefochtene Abhilfebescheid ist bereits deshalb rechtswidrig, weil sich der Beklagte über die für ihn verbindliche Entscheidung des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung hinweggesetzt hat. Ob die Entscheidung, das Vorhaben könne die genannte Flugsicherungsanlage stören, zu Recht ergangen ist, ist gegebenenfalls im Rahmen einer Verpflichtungsklage der Beigeladenen zu prüfen, ändert aber nichts daran, dass sich der Beklagte nicht über diese Entscheidung hinwegsetzen durfte und der Abhilfebescheid deshalb rechtswidrig ist.

58

Die Rechtslage ist vergleichbar mit den in der Vergangenheit aufgetretenen Fällen, in denen sich eine Baugenehmigungsbehörde über die Versagung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 BBauG bzw. BauGB hinweggesetzt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. August 2008 – 4 B 25/08 –, NVwZ 2008, 1347; BVerwG, Urteil vom 19. November 1965 – IV C 133.65 –, DVBl 1966, 181, jew. m.w.N.). Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in diesem Fällen entscheidend auf die gemeindliche Planungshoheit abgestellt. Die vorliegende Konstellation ist damit aber insoweit vergleichbar, als dem Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung nach § 18a LuftVG ein Alleinentscheidungsrecht, das gegenüber anderen Behörden Bindungswirkung entfaltet, zukommt.

59

3. Nach alledem verletzt der Abhilfebescheid des Beklagten die Klägerin auch in ihren Rechten, da nach den obigen Ausführungen zur Klagebefugnis § 18a Abs. 1 LuftVG auch im Hinblick auf die Bindungswirkung der Entscheidung des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung dem Schutz der Interessen der Klägerin zu dienen bestimmt ist und damit auch insoweit ein Recht im Sinne des § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO begründet (offengelassen: OVG Lüneburg a.a.O., juris-Rn. 28).

60

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 3 VwGO.

61

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf §§ 167 Abs. 2 VwGO, 709 ZPO.

62

Die Berufung war gemäß §§ 124a Abs. 1 S. 1, 124 Abs. 1, 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

63

Beschluss

64

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 60.000,00 € festgesetzt (§§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG in analoger Anwendung von Nr. 19.3 des von Richtern der Verwaltungsgerichtsbarkeit erarbeiteten Streitwertkatalogs 2013, LKRZ 2014, 169).

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