Beschluss vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 2 S 1190/18

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. April 2018 - 1 K 13742/17 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 170.706,79 EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte (§ 147 Abs. 1 VwGO) und begründete (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) sowie inhaltlich den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechende Beschwerde der Antragsgegnerin hat keinen Erfolg. Bei der Beschwerdeentscheidung hat der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO nur die von der Antragstellerin fristgemäß dargelegten Gründe zu prüfen. Gründe, die erstmals nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist gegen die Richtigkeit der angefochtenen Gerichtsentscheidung vorgebracht werden, sind als unzulässig anzusehen. Nach Ablauf der Frist können lediglich fristgerecht geltend gemachte Gründe vertieft, nicht aber neue Gründe in das Beschwerdeverfahren eingeführt werden (vgl. Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 146, Rn. 85; Bader, in: ders./Funke-Kaiser/u.a., VwGO, 5. Aufl. 2011, § 146, Rn. 30, jeweils m.w.N.).
I.
Die Beschwerde der Antragstellerin richtet sich gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts, mit dem ihr Antrag auf einstweilige Anordnung auf Verpflichtung der Antragsgegnerin, die Vollziehung ihres auf die Jahre 2011 und 2012 bezogenen Gewerbesteuer- und Zinsbescheids vom 06.09.2016 vorläufig bis zur Entscheidung über die beim Finanzgericht Baden-Württemberg erhobene Klage (10 K .../17) gegen die Gewerbesteuermessbescheide des Finanzamts Mannheim-Stadt vom 31.08.2016 für die Jahre 2011 und 2012 ohne Anforderung einer Sicherheitsleistung auszusetzen, abgelehnt wurde.
Der Senat hat nach Prüfung der mit der Beschwerde fristgerecht dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) keine Veranlassung, den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 26.04.2018 zu ändern.
II.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn ein Anordnungsgrund und ein Anordnungsanspruch vorliegen und diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Das Vorliegen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
Die Antragstellerin hat das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs auf Aussetzung der Vollziehung des Gewerbesteuerbescheids der Antragsgegnerin vom 06.09.2016 ohne Sicherheitsleistung, wovon das Verwaltungsgericht zu Recht ausgegangen ist, nicht glaubhaft gemacht. Eine Glaubhaftmachung ist auch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nicht erfolgt.
Einer Aussetzungspflicht der Antragsgegnerin nach § 361 Abs. 3 Satz 1 AO steht nicht schon die Bestandskraft des Gewerbesteuer- und Zinsbescheids vom 06.09.2016 entgegen (vgl. Cöster, in: Koenig, AO, 3. Aufl. 2014, § 361, Rn. 137). Denn die Frage der Aussetzung mit oder ohne Sicherheitsleistung beantwortet sich unabhängig von der Bestandskraftfrage.
Soweit die Antragstellerin meint, dass es der Antragsgegnerin verwehrt sei, aus dem Gewerbesteuer- und Zinsbescheid vom 06.09.2016 zu vollstrecken, weil dessen Vollziehung ohne Sicherheitsleistung im Hinblick darauf hätte ausgesetzt werden müssen, dass das Finanzamt Mannheim-Stadt mit Bescheid vom 07.07.2017 die Vollziehung der Gewerbesteuermessbescheide vom 31.08.2016 ohne Sicherheitsleistung ausgesetzt habe, dringt die Antragstellerin mit ihrer Argumentation nicht durch. Denn die Rechtsauffassung der Antragstellerin, dass sich dies aus der Bindungswirkung des § 351 Abs. 2 AO und aus § 361 Abs. 3 Satz 1 AO ergebe, lässt sich aus dem Gesetz nicht herleiten. Vielmehr lässt sich der Regelung des § 361 Abs. 3 Satz 3 AO, wonach über eine Sicherheitsleistung bei der Aussetzung eines Folgebescheids zu entscheiden ist, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheids die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist, entnehmen, dass die Konnexität zwischen dem Grundlagenbescheid und dem Folgebescheid hinsichtlich der Forderung einer Sicherheitsleistung eingeschränkt ist, eine solche also grundsätzlich - so auch vorliegend, weil das Finanzamt Mannheim-Stadt in seiner AdV-Entscheidung vom 07.07.2017 die Sicherheitsleistung nicht ausdrücklich ausgeschlossen hat - von der hebeberechtigten Antragsgegnerin angeordnet werden konnte (vgl. OVG Nordrh.-Westf. - Beschluss vom 24.11.2014 - 14 B 465/14 -, juris, Rn. 6; VG München, Beschluss vom 04.09.2012 - M 10 S 12.1652 -, juris, Rn. 58 f.; VG Arnsberg, Beschluss vom 20.07.2016 - 5 L 901/16 -, juris, Rn. 9 ff.; Birkenfeld, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Bd. 9, § 361 AO, Stand: 212. Lfg. März 2011, Rn. 490; Cöster, in: Koenig, AO, 3. Aufl. 2014, § 361, Rn. 137; Brockmeyer, in: Klein, AO, 10. Aufl. 2009, § 361, Rn. 32). Entgegen der Auffassung der Antragstellerin folgt etwas Gegenteiliges auch nicht aus dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.11.1981 - 8 B 184.81 -, juris, denn dieser Entscheidung lag ein Sachverhalt zugrunde, in dem das Finanzamt im Rahmen der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheids - anders als vorliegend - die Anordnung einer Sicherheitsleistung gerade ausgeschlossen hatte (a.a.O., Rn. 8).
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin musste die Anordnung einer Sicherheitsleistung durch die Antragsgegnerin auch nicht im Wege eines eigenständigen Verwaltungsakts ergehen. Denn nach § 361 Abs. 2 Satz 5 AO kann die Aussetzung der Vollziehung von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Die Anforderung einer Sicherheitsleistung stellt in diesem Fall keine Auflage, sondern nach ganz einhelliger Auffassung in der Rechtsprechung und Literatur grundsätzlich eine (aufschiebende) Bedingung des Aussetzungsverwaltungsakts dar (vgl. etwa BFH, Urteil vom 06.02.1990 - VII R 48/87 -, juris, Rn. 24 m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 22.09.2009 - 1 BvR 1305/09 -, juris, Rn. 17 m.w.N.; Birkenfeld, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Bd. 9, § 361 AO, Stand: 212. Lfg. März 2011, Rn. 362 ff.; Cöster, in: Koenig, AO, 3. Aufl. 2014, § 361, Rn. 115; Brockmeyer, in: Klein, AO, 10. Aufl. 2009, § 361, Rn. 32).
In der Regel ist die Aussetzung der Vollziehung von einer Sicherheitsleistung des Steuerpflichtigen abhängig zu machen, wenn seine wirtschaftliche Lage die Steuerforderung als gefährdet erscheinen lässt. Die Sicherheitsleistung soll Steuerausfälle nach einem für den Steuerpflichtigen ungünstigen Prozess vermeiden. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die Aussetzung der Vollziehung ihre Wirksamkeit erst mit Leistung der Sicherheit erlangt, die Aussetzung also aufschiebend bedingt durch die Sicherheitsleistung gewährt wird (vgl. BFH, Urteil vom 06.02.1990 - VII R 48/87 -, juris, Rn. 27; Brockmeyer, in: Klein, AO, 10. Aufl. 2009, § 361, Rn. 32). Wird die geforderte Sicherheitsleistung nicht erbracht, hat der Antragsteller die Bedingung für die Aussetzung der Vollziehung nicht erfüllt mit der Folge, dass ihre Wirkung nicht eintritt und die hebeberechtigte Gemeinde den angefochtenen Verwaltungsakt vollziehen darf (vgl. BFH, Beschluss vom 26.05.1988 - V B 26/86 -, juris, Rn. 33; Cöster, in: Koenig, AO, 3. Aufl. 2014, § 361, Rn. 117; Birkenfeld, in: Hübschmann/Hepp/ Spitaler, AO/FGO, Bd. 9, § 361 AO, Stand: 212. Lfg. März 2011, Rn. 415). Darauf hat die Antragsgegnerin die Antragstellerin in ihrem AdV-Bescheid vom 18.08.2017 auch explizit hingewiesen.
10 
Wäre die Sicherheitsleistung grundsätzlich als Auflage zu verstehen, würde bis zu ihrer Leistung durch den Steuerpflichtigen der Steueranspruch der hebeberechtigten Gemeinde gefährdet sein, ohne dass diese den Steuerbescheid vollziehen oder auf Sicherheiten zurückgreifen könnte. Wäre der Steuerpflichtige außerstande, die Auflage „Sicherheitsleistung“ zu erfüllen, müsste die Finanzbehörde die Aussetzungsverfügung erst widerrufen, um im Vollstreckungswege eine Realisierung der Steuerforderung zu versuchen. Ein solches zeitaufwendiges Verfahren ist mit der Interessenlage, wie sie bei der Aussetzung der Vollziehung und einer Gefährdung des Steueranspruchs besteht, grundsätzlich nicht zu vereinbaren. Für den Regelfall - so auch vorliegend - ist deshalb davon auszugehen, dass die unter der Anforderung einer Sicherheitsleistung gewährte Aussetzung der Vollziehung ihre Wirksamkeit erst mit - vollständiger - Leistung der Sicherheit durch den Steuerpflichtigen entfaltet (vgl. BFH, Urteil vom 06.02.1990 - VII R 48/87 -, juris, Rn. 28; Brockmeyer, in: Klein, AO, 10. Aufl. 2009, § 361, Rn. 32). Eine solche ist vorliegend unstreitig nicht erfolgt.
11 
Etwas anderes ergibt sich im vorliegenden Fall auch nicht daraus, dass bei der Aussetzung der Vollziehung der Grundlagenbescheide durch das Finanzamt Mannheim-Stadt keine Sicherheitsleistung festgesetzt worden ist. Insbesondere folgt daraus nicht, dass das Ermessen der Antragsgegnerin bei der Entscheidung über die Anforderung einer Sicherheitsleistung hinsichtlich des Folgebescheids derartig eingeschränkt war, dass damit die Anforderung einer Sicherheitsleistung ausgeschlossen gewesen wäre. Denn § 361 Abs. 3 Satz 3 AO sieht den Ausschluss einer Sicherheitsleistung grundsätzlich nur für den Fall vor, dass bereits bei der Aussetzung der Vollziehung der Grundlagenbescheide die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist (vgl. OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 23.04.2014 - 14 B 1487/13 -, juris, Rn. 15). Da ein entsprechender ausdrücklicher Ausschluss vom Finanzamt Mannheim-Stadt in seiner AdV-Entscheidung vom 07.07.2017 nicht angeordnet wurde, war die Antragsgegnerin - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - nicht gehalten, die Vollziehung des Gewerbesteuer- und Zinsbescheids vom 06.09.2016 zwingend ebenfalls ohne Sicherheitsleistung auszusetzen.
12 
Somit stand die Entscheidung, die Vollziehung des Gewerbesteuer- und Zinsbescheids vom 06.09.2016 nur gegen eine Sicherheitsleistung auszusetzen, im pflichtgemäßen Ermessen der Antragsgegnerin (vgl. Cöster, in: Koenig, AO, 3. Aufl. 2014, § 361, Rn. 112).
13 
Einem Steuerpflichtigen steht ein Anspruch auf Aussetzung der Vollziehung eines Folgebescheides ohne Sicherheitsleistung nur dann zu, wenn das Ermessen der hebeberechtigten Gemeinde bei ihrer Entscheidung nach § 361 Abs. 3 Satz 3 AO dahingehend auf Null reduziert ist, dass sie nach den konkreten Gegebenheiten des Steuerfalls auf die Leistung einer Sicherheit verzichten muss. Dementsprechend ist die Antragstellerin zu einer hinreichenden Darlegung ihres Anordnungsanspruches im Beschwerdeverfahren gehalten, nicht nur - mögliche - Ermessensfehler der Antragsgegnerin aufzuzeigen, sondern ebenfalls, dass nur die Aussetzung ohne Sicherheitsleistung ermessensfehlerfrei wäre (vgl. OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 19.11.2010 - 14 B 995/10 -, juris, Rn. 4; VG Arnsberg, Beschluss vom 20.07.2016 - 5 L 901/16 -, juris, Rn. 11; VG München, Beschluss vom 04.09.2012 - M 10 S 12.1652 -, juris, Rn. 62). Bereits daran fehlt es.
14 
Unerheblich ist im hier zu beurteilenden Zusammenhang betreffend die Anordnung einer Sicherheitsleistung zunächst, ob die beim Finanzgericht Baden-Württemberg erhobene Klage (10 K .../17) der Antragstellerin gegen den der Steuerfestsetzung der Antragsgegnerin zugrunde liegenden Gewerbesteuermessbescheide des Finanzamts Mannheim-Stadt Aussicht auf Erfolg hat oder nicht. Denn mit den Einwendungen gegen die Grundlagenbescheide kann die Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren, das auf die Aussetzung der Vollziehung des Folgebescheids ohne Sicherheitsleistung gerichtet ist, nicht gehört werden (vgl. OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 23.04.2014 - 14 B 1487/13 -, juris, Rn. 16 m.w.N.; OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 24.11.2014 - 14 B 465/14 -, juris, Rn. 6; VG München, Beschluss vom 04.09.2012 - M 10 S 12.1652 -, juris, Rn. 57), wovon zuletzt auch die Antragstellerin ausgeht. Selbst wenn man dies anders sähe und davon ausginge, dass eine offenbar bestehende Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels gegenüber einem Grundlagenbescheid auch bei der Entscheidung über die Aussetzung des Folgebescheids gegen Sicherheitsleistung ausnahmsweise Berücksichtigung finden könnte (offen gelassen: OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 23.04.2014 - 14 B 1487/13 -, juris, Rn. 20 m.w.N.), hat die Antragstellerin jedenfalls eine solche offenbar bestehende Erfolgsaussicht nicht glaubhaft gemacht; eine entsprechende Darlegung ist entgegen der Ankündigung ihres Prozessbevollmächtigten in der Beschwerdebegründungsschrift vom 01.06.2018 auch nicht - und schon gleich gar nicht innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist - erfolgt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird dementsprechend insoweit auf die zutreffende Begründung im angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts Bezug genommen, der der Senat folgt (§ 117 Abs. 5 VwGO analog).
15 
In der Regel ist die Aussetzung der Vollziehung von einer Sicherheitsleistung des Steuerpflichtigen abhängig zu machen, wenn seine wirtschaftliche Lage die Steuerforderung als gefährdet erscheinen lässt. Die Sicherheitsleistung soll Steuerausfälle nach einem für den Steuerpflichtigen ungünstigen Verfahrensausgang vermeiden (vgl. BFH, Urteil vom 06.02.1990 - VII R 48/87 -, juris, Rn. 27; BFH, Beschluss vom 17.05.2005 - I B 109/04 -, juris, Rn. 19). Von einer Sicherheitsleistung soll gleichwohl abgesehen werden, wenn mit Gewissheit oder großer Wahrscheinlichkeit ein für den Steuerpflichtigen günstiger Ausgang seines Rechtsmittelverfahrens zu erwarten ist (vgl. BFH, Beschluss vom 26.05.1988 - V B 26/86 -, juris, Rn. 22; BFH, Beschluss vom 17.05.2005 - I B 109/04 -, juris, Rn. 20). Vorliegend war die Aussetzung der Vollziehung nur gegen Sicherheitsleistung angezeigt, denn die spätere Vollstreckung der Steuerforderung infolge der Aussetzung der Vollziehung erscheint nach den nicht oder jedenfalls nicht substantiiert angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts gefährdet oder erschwert. Dies folgt überdies auch aus dem Vorbringen der Antragstellerin, wonach es ihr infolge der angekündigten Vollstreckung nicht möglich sei, ihren Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten bzw. wonach die Vollstreckung zu ihrer Zahlungsunfähigkeit führen würde, die sie wirtschaftlich nicht überleben würde (ebenso in einem ähnlichen Fall: BFH, Beschluss vom 26.05.1988 - V B 26/86 -, juris, Rn. 23 sowie VG Arnsberg, Beschluss vom 20.07.2016 - 5 L 901/16 -, juris, Rn. 17). Insbesondere ist in Anbetracht dessen, dass die Antragstellerin der Sache nach geltend macht, zur Sicherheitsleistung in der von der Antragsgegnerin geforderten Höhe außerstande zu sein und im ersten Quartal 2018 einen vorläufigen Verlust von - 36.754,63 EUR erwirtschaftet zu haben, nach wie vor ein Steuerausfall zu befürchten. Daran ändert - worauf das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen hat und dem die Antragstellerin nicht substantiiert entgegen getreten ist - der Umstand nichts, dass die Antragstellerin vor dem Landgericht Mannheim einen Schadensersatzprozess gegen ihren ehemaligen Steuerberater führt, denn es ist weder ein Prozessende noch ein (für sie positiver) Prozessausgang absehbar. Zudem verweigert die Haftpflichtversicherung des ehemaligen Steuerberaters der Antragstellerin - schon nach ihrem eigenen Vorbringen - eine Regulierung unter Hinweis auf einen Verstoß der Antragstellerin gegen ihre Schadensminderungspflichten, so dass schon allein mit Blick auf die beträchtliche Höhe der Steuerforderung der Antragsgegnerin - 728.953,25 EUR zum 18.08.2017 - von einem hohen Ausfallrisiko auszugehen ist, das die Anordnung einer Sicherheitsleistung grundsätzlich geboten hat.
16 
Gegen die Höhe der Steuerforderung hat die Antragstellerin keine Einwände erhoben; der Gewerbesteuer- und Zinsbescheid der Antragsgegnerin vom 06.09.2016 ist überdies in Bestandskraft erwachsen.
17 
Gleichwohl hätte die Anforderung einer Sicherheitsleistung nicht erfolgen dürfen, wenn sie mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der steuerpflichtigen Antragstellerin für sie eine unbillige Härte bedeuten würde, etwa weil sie im Rahmen zumutbarer Anstrengungen nicht in der Lage ist, Sicherheit zu leisten (vgl. BFH, Beschluss vom 26.05.1988 - V B 26/86 -, juris, Rn. 30; BFH, Beschluss vom 25.11.2014 - V B 62/14 -, juris, Rn. 8; OVG Nordrh.-Westf. - Beschluss vom 24.11.2014 - 14 B 465/14 -, juris, Rn. 8; Birkenfeld, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Bd. 9, § 361 AO, Stand: 212. Lfg. März 2011, Rn. 374). Denn es wäre im Allgemeinen unverhältnismäßig, dem Steuerpflichtigen die Aussetzung der Vollziehung zu versagen, wenn seine wirtschaftlichen Verhältnisse die Leistung einer Sicherheit nicht zulassen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22.09.2009 - 1 BvR 1305/09 -, juris, Rn. 17). Jedoch muss sich der Steuerpflichtige bis an die Grenze der Zumutbarkeit bemüht haben bzw. bemühen, die geforderte Sicherheit zu leisten (vgl. BFH, Beschluss vom 26.05.1988 - V B 26/86 -, juris, Rn. 30; Birkenfeld, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Bd. 9, § 361 AO, Stand: 212. Lfg. März 2011, Rn. 392). Es obliegt dem Antragsteller sowohl die Umstände substantiiert darzulegen und glaubhaft zu machen, dass ein Sicherungsbedürfnis der Finanzbehörde unangemessen oder unverhältnismäßig ist, als auch, dass er zumutbare Anstrengungen unternommen hat, die geforderte Sicherheit zu leisten. Insbesondere obliegt es dem Steuerpflichtigen in diesem Zusammenhang, seine Vermögens- und Liquiditätslage im Einzelnen darzulegen und glaubhaft zu machen (BFH, Beschluss vom 25.11.2014 - V B 62/14 -, juris, Rn. 8). Es muss zuverlässig feststehen, dass der Steuerpflichtige zur Sicherheitsleistung außerstande ist (vgl. BFH, Beschluss vom 26.05.1988 - V B 26/86 -, juris, Rn. 30; OVG Nordrh.-Westf. - Beschluss vom 24.11.2014 - 14 B 465/14 -, juris, Rn. 8; VG Arnsberg, Beschluss vom 20.07.2016 - 5 L 901/16 -, juris, Rn. 18; Cöster, in: Koenig, AO, 3. Aufl. 2014, § 361, Rn. 114). Eine bloße Behauptung und der Hinweis auf eine andernfalls bevorstehende Insolvenz reichen dazu nicht aus. Vielmehr muss der Steuerpflichtige eine aktuelle, vollständige Vermögensübersicht vorlegen und diese im Zweifel urkundlich glaubhaft machen; neben einer - vollständigen - betriebswirtschaftlichen Auswertung ist zur Glaubhaftmachung zumindest auch eine aktuelle Steuerbilanz erforderlich (vgl. OVG Nordrh.-Westf. - Beschluss vom 24.11.2014 - 14 B 465/14 -, juris, Rn. 10 ff.; Birkenfeld, in: Hübschmann/Hepp/ Spitaler, AO/FGO, Bd. 9, § 361 AO, Stand: 212. Lfg. März 2011, Rn. 374).
18 
Unter Anwendung dieser Maßstäbe gilt hier Folgendes:
19 
Schon nach dem Vorbringen der Antragstellerin ist nicht davon auszugehen, dass sie die von der Antragsgegnerin geforderte Sicherheitsleistung im Rahmen zumutbarer Anstrengungen nicht erbringen kann. Zunächst einmal trägt die Antragstellerin selbst vor, grundsätzlich zu einer Sicherheitsleistung bereit zu sein; sie wolle darüber in einem getrennten Verfahren mit der Antragsgegnerin verhandeln. Bereits daraus lässt sich schließen, dass es der Antragstellerin keineswegs unmöglich bzw. unzumutbar ist, eine Sicherheitsleistung zu erbringen. Irrelevant ist in diesem Zusammenhang ihr Vorbringen, dass sie in die aktuelle Lage nur durch eine Fehlberatung ihres ehemaligen Steuerberaters geraten sei, denn zum einen ist dieses Vorbringen nicht hinreichend substantiiert und glaubhaft gemacht, zum anderen spielt dies nach dem Sinn und Zweck der Anordnung einer Sicherheitsleistung, Steuerausfälle zu verhindern, keine Rolle.
20 
Abgesehen davon genügt das Vorbringen der Antragstellerin zu ihren wirtschaftlichen Verhältnissen den vorgenannten Darlegungsanforderungen nicht. Zum einen erfolgte eine über pauschale Behauptungen hinausgehende Darstellung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse erst nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO. Selbst wenn man dieses Fristversäumnis aber unberücksichtigt lässt, ergibt sich aus den Angaben der Antragstellerin über ihre wirtschaftliche Situation nichts anderes. Zunächst verfügt die Antragstellerin schon ihrem eigenen Vorbringen nach über Möglichkeiten, eine Sicherheitsleistung zu erbringen. Die Sicherheitsleistung kann nicht nur durch Hinterlegung von im Geltungsbereich der AO umlaufenden Zahlungsmitteln erfolgen, sondern auf jede Weise i.S.d. § 241 Abs. 1 AO, insbesondere auch durch Schuldversprechen, Bürgschaft oder Wechselverpflichtungen eines tauglichen Steuerbürgen (Nr. 7). Nach dem Vorbringen der Antragstellerin ist deren Geschäftsführer bereit, einen Teil der Sicherheiten aufzubringen. Darüber hinaus verfügt die Antragstellerin zum 04.06.2018 über einen Pfandbestand in Höhe von 2.468.769,91 EUR, wodurch sich Einnahmen für Gebühren und Zinsen in Höhe von ca. 250.000,- EUR generieren lassen. Ein derartiger Anspruch ließe sich sicherungshalber abtreten, ebenso wie die pfandrechtlich gesicherten Darlehensrückzahlungsansprüche der Antragstellerin gegen ihre Kunden, wobei sich ein Verlust des Pfandrechts der Antragstellerin infolge des Forderungsübergangs (§ 1250 Abs. 1 BGB) und des damit gemäß § 1251 Abs. 1 BGB verbundenen Entstehens eines Herausgabeanspruchs des neuen Pfandgläubigers etwa dadurch verhindern ließe, dass eine die Herausgabe ausschließende Vereinbarung getroffen wird (vgl. dazu Damrau, in: Münchener Kommentar zum BGB, 3. Aufl. 1997, § 1251, Rn. 1). Bereits vor diesem Hintergrund erscheint es dem Senat für die Antragstellerin möglich, eine Bankbürgschaft zu bekommen, zumal die im Besitz der Antragstellerin befindlichen Pfandgüter schon mit Blick auf § 1240 BGB zumindest zu einem guten Teil eine gesicherte Werthaltigkeit haben. Darüber hinaus ist die Antragstellerin eigenem Bekunden nach auch dazu bereit, die als Anlage B9 vorgelegte Abtretungserklärung zu unterzeichnen. Statt gegenüber der Antragsgegnerin und dem Finanzamt Mannheim-Stadt könnte sie eine entsprechende Forderungsabtretung ggf. auch gegenüber einer ihrer Hausbanken vornehmen. Zu sehen ist im Zusammenhang mit dem Sicherungsmittel der Bankbürgschaft, dass mit einer solchen ein deutlich geringerer Finanzbedarf verbunden ist als mit einer Sicherheitsleistung durch Barmittel, so dass nicht nachvollziehbar ist, weswegen es der Antragstellerin trotz aller ihr zumutbaren Anstrengungen unmöglich sein soll - unabhängig von der Größenordnung einer Sicherheitsleistung ihres Geschäftsführers - selbst eine Sicherheitsleistung in der geforderten Höhe zu erbringen. Hinzu kommt, dass die Antragstellerin weder substantiiert vorgetragen noch glaubhaft gemacht hat, dass sie sich ernsthaft, im Ergebnis aber erfolglos um eine Bankbürgschaft bemüht hat, und das, obwohl ihr von der ... Bank ... bereits am 17.11.2016 eine solche über 30.000,- EUR gewährt worden war. Schließlich verfügt die Antragstellerin über einen nicht ausgeschöpften Kreditrahmen bei der ..., so dass es ihr zum Stand 04.06.2018 möglich gewesen wäre, 138.857,19 EUR als Sicherheit zur Verfügung zu stellen. Nach einer Gesamtbetrachtung der nicht vollständig substantiierten und glaubhaft gemachten Darlegung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse ist unter Berücksichtigung der der Antragstellerin insoweit obliegenden Darlegungs- und Beweislast davon auszugehen, dass sie zumindest nicht alle ihr zumutbaren Anstrengungen unternommen hat, die von der Antragsgegnerin geforderte Sicherheitsleistung zu erbringen, zumal die Antragstellerin hierzu nunmehr über 1 ½ Jahre lang Zeit hatte.
21 
Sonstige Rechts- oder Ermessensfehler des AdV-Bescheids der Antragsgegnerin vom 18.08.2017 sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Insbesondere erfolgte die aufschiebend bedingte Aussetzung der Vollziehung unter Setzung einer Frist für die Sicherheitsleistung und unter ausdrücklicher Belehrung über die Rechtsfolgen nicht fristgerechter Gestellung von Sicherheiten.
22 
Die Höhe der geforderten Sicherheitsleistung ist nicht zu beanstanden und gerade unter Berücksichtigung des Sicherungsbedürfnisses auch mit Blick auf die Grundrechte der Antragstellerin aus Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG nicht unverhältnismäßig.
23 
Eine etwaige Verletzung rechtlichen Gehörs im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens wurde spätestens im Rahmen des Beschwerdeverfahrens geheilt, so dass hierüber nicht weiter zu entscheiden war.
24 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
25 
Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GVG in Anlehnung an Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs 2013 (ein Viertel der geforderten Sicherheitsleistung).
26 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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