Beschluss vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 1 S 699/19

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerinnen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 4. Februar 2019 - 5 K 10257/18 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird - unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - auf jeweils 15.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
1. Die Antragstellerinnen sind Mitunterzeichnerinnen der Bürgerbegehren “Für den größtmöglichen Erhalt der Sichtbarkeit der Martin-Luther-Kirche in Laudenbach“ und “Zur Außengestaltung des Gemeindezentrums an der Martin-LutherKirche in Laudenbach“. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin entschied am 20.04.2018, dass beide Bürgerbegehren unzulässig seien. Die Antragsgegnerin erteilte den Vertrauenspersonen, zu denen die Antragstellerinnen nicht gehören, hierüber einen Bescheid unter dem 23.04.2018. Hiergegen legten die Vertrauenspersonen P. und S. Widersprüche ein, die das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis mit Bescheid vom 11.06.2018 zurückwies. Ein von diesen beim Verwaltungsgericht Karlsruhe eingeleitetes Eilverfahren wurde nach übereinstimmender Erledigungserklärung der Beteiligten mit Beschluss vom 06.06.2019 eingestellt (5 K 5210/18). Die Antragstellerinnen haben am 22.09.2018 Widersprüche gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 23.04.2018 eingelegt, die das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis mit Bescheid vom 27.11.2018 als unzulässig zurückwies.
2. Die Antragstellerinnen haben am 11.07.2018 vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe Klagen erhoben mit dem Begehren, den Bescheid der Antragsgegnerin vom 23.04.2018 und den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 11.06.2018 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, die beiden Bürgerbegehren für zulässig zu erklären. Zudem haben sie Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt. Diese hat das Verwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss als unzulässig abgelehnt und hierzu ausgeführt:
a) Die Klagen seien mangels erforderlichen, durch die Antragstellerinnen selbst durchgeführten Widerspruchsverfahren unzulässig mit der Folge, dass der Bescheid der Antragsgegnerin vom 23.04.2018 ihnen gegenüber bestandskräftig geworden sei.
aa) Die Antragstellerinnen seien nicht über § 64 VwGO i.V.m. § 62 ZPO hinsichtlich der Widerspruchseinlegung als vertreten anzusehen. Denn die Unterzeichner eines Bürgerbegehrens seien keine notwendigen Streitgenossen.
bb) Auch eine Fallkonstellation, dass ein Dritter das Vorverfahren in zulässiger Weise in der Sache erfolglos durchführe und dann gemeinsam mit der Person, die dies nicht getan habe, klage - was nach Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in bestimmten Fällen ausreiche -, liege hier nicht vor.
cc) Schließlich wirke das von den zwei Vertrauenspersonen P. und S. ordnungsgemäß durchgeführte Vorverfahren nicht kraft landesrechtlicher Anordnung oder Ermächtigung für und wider die Antragstellerinnen.
Eine Vertretung der Antragstellerinnen durch die Vertrauenspersonen habe bei der Einlegung des Widerspruchs nicht stattgefunden. Diese hätten ihren Widerspruch weder ausdrücklich für die Bürgerbegehren noch im Namen der Unterzeichner der Bürgerbegehren, erst recht nicht ausdrücklich im Namen der Antragstellerinnen erhoben.
Zudem habe ein Widerspruch für die Bürgerbegehren bereits deswegen nicht eingelegt werden können, da der Gesamtheit der Unterzeichner eines Bürgerbegehrens keine Rechte zustünden, so dass sie nicht gemäß § 61 Nr. 2 VwGO beteiligtenfähig seien. Aus § 20 Abs. 3 GemO ergebe sich nichts anderes. Vielmehr zeige § 41 Abs. 2 KomWG, dass gegen die Zurückweisung eines Antrags auf ein Bürgerbegehren jeder Unterzeichner Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage erheben könne. Hieran habe auch § 21 GemO in der Fassung vom 28.10.2015 nichts geändert. Auch nach alter Rechtslage, nach § 51 Abs. 1 und 2 KomWO i.d.F. vom 27.11.1995 seien die Vertrauenspersonen berechtigt gewesen, verbindliche Erklärungen zum Antrag abzugeben und entgegenzunehmen. Mit der Ergänzung im geltenden § 21 Abs. 3 Satz 7 GemO, dass die Vertrauenspersonen berechtigt seien, die Unterzeichnenden zu vertreten, habe der Gesetzgeber nicht das Ziel einer Änderung der materiellen Gesetzeslage verfolgt, insbesondere keine neue Rechtslage im Hinblick auf die Beteiligtenfähigkeit nach § 61 Nr. 2 VwGO geschaffen. Aber selbst wenn man Bürgerbegehren Beteiligtenfähigkeit zugestehen wollte, stelle sich die Frage nach der Prozessführungsbefugnis der Antragstellerinnen. Dass diese mit ihrer Klage die Bürgerbegehren vertreten wollten, liege angesichts des Wortlauts ihrer Klageschrift fern.
Die Vertrauenspersonen hätten die Antragstellerinnen auch nicht vertreten können. Ihre Vertretungsmacht ende ab der Entscheidung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens. Aus § 21 Abs. 3 Satz 9 GemO und § 41 Abs. 2 Satz 1 KomWG werde deutlich, dass es bis zum Abschluss des Verfahrens der Antragstellung nach § 21 Abs. 3 GemO, also bis zur Ablehnung oder Annahme des Bürgerbegehrens nur den Vertrauenspersonen gestattet sei, verbindliche Erklärungen zum Antrag abzugeben und entgegenzunehmen. Mit diesen Regelungen solle ersichtlich eine praktische und rechtlich sichere Durchführbarkeit des Verfahrens gewährleistet werden. Mit der Wirksamkeit jedenfalls eines ablehnenden Bescheides über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens ende die Vertretungsbefugnis der Vertrauenspersonen. Denn nach § 41 Abs. 2 KomWG könne (und müsse) jeder Unterzeichner des Bürgerbegehrens selbst entscheiden, ob er Widerspruch erhebe. Einer daneben bestehenden gesetzlichen Vertretungsmacht der Vertrauenspersonen bedürfe es nicht, so dass eine - erweiternde - Auslegung des § 21 Abs. 3 GemO nicht in Betracht komme. Da ein Widerspruchs- und Klageverfahren Kosten nach sich ziehen könne, wäre dies auch problematisch.
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b) Der Widerspruch der Antragstellerinnen vom 22.09.2018 berühre die Bestandskraft des Ausgangsbescheids vom 23.04.2018 nicht. Die Frist des § 70 Abs. 1 VwGO habe mit der Zustellung des Bescheides an die Vertrauenspersonen am 24.04.2018 begonnen. Denn nur diese seien - bis zu diesem Zeitpunkt - berechtigt gewesen, verbindliche Erklärungen zum Antrag entgegenzunehmen und die Unterzeichner insoweit zu vertreten (§ 21 Abs. 3 GemO).
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3. Hiergegen wenden sich die Antragstellerinnen mit der Beschwerde und bringen vor: Selbst wenn man dem Verwaltungsgericht zugeben wolle, dass der gegenüber den Vertrauenspersonen ergangene Bescheid vom 23.04.2018 keine Wirkungen für und gegen die Antragstellerinnen auslöse, bleibe deren Recht aus § 41 Abs. 2 KomWG unberührt. Andernfalls könnten die Vertrauenspersonen jederzeit das Recht der Unterzeichner aus § 41 Abs. 2 KomWG unterlaufen. Richtigerweise komme es auf die eigentliche Zurückweisungsentscheidung des zuständigen Gemeinderats an. Dies folge bereits unmissverständlich aus § 41 Abs. 2 KomWG. Maßgeblicher Verwaltungsakt sei ausschließlich die Entscheidung des Gemeinderats vom 20.04.2018. Unerheblich sei, dass im Nachgang unter dem 23.04.2018 noch ein Bescheid, der die Entscheidung des Gemeinderats lediglich wiederhole (wiederholende Verfügung), ergangen sei. Da es allein auf die die Zulassung der Bürgerbegehren ablehnende Entscheidung des Gemeinderats vom 20.04.2018 ankomme, hätten die Antragstellerinnen nach Erlass des Bescheides von 23.04.2018 ordnungsgemäß Widerspruch erheben können. Denn hinsichtlich der Entscheidung des Gemeinderats fehle es an einer Bekanntgabe und jedenfalls an einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung, so dass nicht die Monatsfrist des § 70 Abs.1 VwGO, sondern die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO laufe. Die Beschwerde sei auch begründet, da die Antragstellerinnen einen Anspruch auf vorläufige Sicherung der Bürgerbegehren hätten.
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Die Antragsgegnerin verteidigt die angefochtene Entscheidung. Dass es an einer Bekanntgabe gegenüber den Antragstellerinnen fehle, treffe nicht zu. Der Bescheid vom 23.04.2018 sei ausschließlich an die Vertrauenspersonen zuzustellen gewesen, da bis zum Zeitpunkt der Zustellung des Ablehnungsbescheides ausschließlich diese zur Entgegennahme verbindlicher Erklärungen zu den Bürgerbegehren berechtigt gewesen seien. Die Ansicht der Beschwerde liefe darauf hinaus, dass gegenüber allen Unterzeichnern eines Bürgerbegehrens eine Bekanntgabe erfolgen müsste, da ansonsten die Rechtsbehelfsfrist nicht zu laufen beginnen würde. Dies liefe dem Zweck der Regelung des § 21 GemO und des § 41 KomWG, eine praktische und rechtlich sichere Durchführbarkeit des Verfahrens zu gewährleisten, entgegen. Dem könne auch nicht durch eine öffentliche Bekanntgabe nach § 41 Abs. 3 LVwVfG Rechnung getragen werden. Eine Rechtsvorschrift, welche die öffentliche Bekanntgabe der Entscheidung des Gemeinderats zulassen würde, sei nicht ersichtlich. Da die Unterzeichner auch ihrer Anzahl nach feststünden und damit die Adressaten nicht nur nach allgemeinen Merkmalen bestimmt oder bestimmbar sein, handele sich bei der Entscheidung nach § 21 Abs. 4 Satz 1 GemO nicht um eine Allgemeinverfügung, so dass auch eine öffentliche Bekanntgabe nach § 41 Abs. 3 Satz 2 LVwVfG ausscheide. Die Antragstellerinnen hätten auch in der Sache keinen Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
II.
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Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die fristgerecht dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung des Senats beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO), geben dem Senat keinen Anlass, über den Antrag der Antragstellerinnen auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abweichend vom Verwaltungsgericht zu entscheiden.
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1. Die Vertrauenspersonen eines Bürgerbegehrens sind berechtigt, die Unterzeichnenden zu vertreten. Nur die Vertrauenspersonen sind, jede für sich, berechtigt, verbindliche Erklärungen zum Antrag abzugeben und entgegenzunehmen (§ 21 Abs. 3 Sätze 7, 9 GemO). Die Vorschriften dienen - wie auch das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - dazu, die Handlungsfähigkeit des Bürgerbegehrens zu gewährleisten. Die durch das Vorhandensein der Vertrauenspersonen geschaffene Möglichkeit, die Interessen der Gesamtheit der Unterzeichner zu vertreten, soll die Kommunikation zwischen der Gemeinde und dem Bürgerbegehren vereinfachen, widersprüchliches Verhalten der Unterzeichner vermeiden und somit eine praktische und rechtlich sichere Durchführbarkeit des Verfahrens gewährleisten (Schliesky, DVBl. 1998, 169, 172; Lange, Kommunalrecht, 2. Aufl., Kap. 9 Rn. 46, 151). Denn in rechtlicher Hinsicht handlungsfähig und im Verwaltungsprozess beteiligtenfähig ist weder die Gesamtheit der Unterzeichner als „das Bürgerbegehren“ (VG Stuttgart, Urt. v. 31.03.2010 - 7 K 1408/08 - EKBW GemO § 21 E 33; HessVGH, Beschl. v. 16.07.1996 - 6 TG 2264/96 - NJW 1197, 310; BayVGH, Urt. v. 10.03.1999 - 4 B 98.1349 - NVwZ 2000, 219) noch die Bürgerschaft insgesamt (Senat, Beschl. v. 06.11.2014 - 1 S 1596/14 - EKBW § 21 GemO E 45) noch eine ein Bürgerbegehren tragende Bürgerinitiative (Senat, Urt. v. 12.11.1979 - I 1002/79 - NJW 1980, 1811; Sapper, VBlBW 1983, 89, 90; Aker, in: Aker u.a., GemO, GemHVO, 2. Aufl., § 21 GemO Rn. 12).
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Die Vertrauenspersonen eines Bürgerbegehrens nehmen an der Willensbildung und Entscheidungsfindung in der Gemeinde teil. Die Gemeindeordnung stattet sie hierfür mit eigenen Kompetenzen aus, insbesondere dem Recht, verbindliche Erklärungen zum Antrag abzugeben und entgegenzunehmen, ohne dass die Unterzeichner des Bürgerbegehrens ihnen gegenüber Einwirkungsrechte oder Weisungsbefugnisse hätten. Die Verfahrensrechte hinsichtlich des Bürgerbegehrens sind - mit Ausnahme des gemäß § 41 Abs. 2 KomWG jedem Unterzeichner zustehenden Anfechtungsrechts gegen eine Zurückweisung eines Bürgerbegehrens als unzulässig - bei ihnen konzentriert. Ihre Stellung wird daher als die eines „Treuhänders“ (Lange, a.a.O., Kap 9 Rn. 45) oder als eine „organschaftliche Funktion“ wahrnehmend (BVerfG, Beschl. v. 22.02.2019 - 2 BvR 2203/18 - NVwZ 2019, 642, 643) beschrieben (vgl. zum Ganzen: Lange, a.a.O., Kap. 9 Rn. 43 ff.; Sapper, VBlBW 1983, 89, 91; auch: OVG Bremen, Beschl. v. 02.03.2004 - 1 B 79/04 - NVwZ-RR 2005, 54; OVG NRW, Beschl. v. 19.03.2004 - 15 B 522/04 - DÖV 2004, 968).
16 
Aufgrund dieser Stellung der Vertrauenspersonen ist - wie das Verwaltungsgericht zutreffend entscheiden hat - eine ablehnende Entscheidung über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens ihnen bekanntzugeben und wirkt die Bekanntgabe einer solchen Entscheidung nur an die Vertrauenspersonen für und gegen die Mitunterzeichner des Bürgerbegehrens. Zwar hat das baden-württembergische Recht - anders als andere Länder (vgl. z.B. § 4 Abs. 2 BürgBremOG, § 17 Abs. 3 Satz 9 ThürKO) - keine ausdrücklichen Regelungen, nach denen vorgesehen ist, dass die Entscheidung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens den Vertrauenspersonen zuzustellen ist. Jedoch erfasst die nach § 21 Abs. 3 Satz 9 GemO bestehende Befugnis der Vertrauenspersonen, verbindliche Erklärungen zum Bürgerbegehren entgegenzunehmen, auch den Empfang einer ablehnenden Entscheidung der Gemeinde über das Bürgerbegehren durch Zustellung oder sonstige Bekanntgabe. Der Erlass eines Verwaltungsakts ist die typische Form einer verbindlichen Erklärung einer Gemeinde. Zwar lässt der Wortlaut der Norm diese Befugnis, für das Bürgerbegehren einen ablehnenden Verwaltungsakt durch Zustellung mit Wirkung für und gegen die Mitunterzeichner entgegenzunehmen, nicht unmittelbar erkennen, schließt diese jedoch auch nicht aus. Maßgeblich kommt hinzu, dass diese Befugnis dem dargelegten Zweck der Stellung der Vertrauenspersonen, für das Bürgerbegehren als „Treuhänder“ mit eigenen Kompetenzen handeln zu können, und dem Gesamtzusammenhang der Regelungen entspricht.
17 
Für die Mitunterzeichner, die nicht Vertrauenspersonen sind, treten hierdurch auch im Hinblick auf den Rechtsschutz keine unzumutbaren Nachteile ein. Die Möglichkeit, von dem Recht zur Anfechtung der ablehnenden Entscheidung nach § 41 Abs. 2 KomWG Gebrauch zu machen, ist trotz der Zustellung der ablehnenden Entscheidung allein an die Vertrauenspersonen gegeben. Eine Gefahr, dass die Vertrauenspersonen die Rechte von Unterzeichnern unterlaufen, besteht entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht. Zum einen sind die Gemeinderatssitzungen, in denen über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens entschieden wird, in aller Regel öffentlich. Gründe für einen Ausschluss der Öffentlichkeit nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GemO sind bei der Behandlung von Bürgerbegehren praktisch ausgeschlossen. Sowohl der Termin der betreffenden Gemeinderatssitzung als auch deren Ergebnis sind in der Praxis der interessierten Öffentlichkeit in der Kommune bekannt. Zum anderen obliegt es den Vertrauenspersonen aufgrund ihrer durch § 21 Abs. 3 Sätze 7 - 9 GemO begründeten Stellung als „Treuhänder“ des Bürgerbegehrens, die Mitunterzeichner über einen ablehnenden Bescheid der Gemeinde in angemessener Form zu informieren, damit diese eine selbständige Entscheidung treffen können, ob sie den ablehnenden Bescheid nach § 41 Abs. 2 KomWG anfechten wollen.
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2. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht daher entschieden, dass die Widersprüche der Antragstellerinnen vom 22.09.2018 gegen den Bescheid vom 23.04.2018 unzulässig waren, da dieser durch die Zustellung an die Vertrauenspersonen am 24.04.2018 auch gegenüber den Antragstellerinnen bestandskräftig geworden ist.
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Ohne Erfolg machen die Antragstellerinnen mit der Beschwerde insoweit geltend, dass der Bescheid vom 23.04.2018 lediglich eine wiederholende Verfügung im Verhältnis zur Entscheidung des Gemeinderats über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens vom 20.04.2018 sei und dass es daher allein auf die nicht bekanntgegebene und daher am 22.09.2018 noch anfechtbare Entscheidung des Gemeinderats vom 20.04.2018 ankomme. Der Bescheid der Antragsgegnerin ist nicht bloß eine wiederholende Verfügung. Der Beschluss des Gemeinderats, dass ein Bürgerbegehren unzulässig ist, bedarf gemäß § 43 Abs. 1 GemO des Vollzugs durch Erlass eines Bescheides mit Begründung und Rechtsbehelfsbelehrung durch den Bürgermeister und die ihm zugeordnete Gemeindeverwaltung. Der ein Bürgerbegehren als unzulässig zurückweisende Beschluss des Gemeinderats erlangt folglich rechtliche Außenwirkung erst mit der Bekanntgabe durch den Bürgermeister nach § 43 Abs. 1 GemO (so bereits Senat, Urt. v. 08.02.1988 - 1 S 1919/87 - DÖV 1988, 476; zust. von Danwitz, DÖV 1996, 134, 140).
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Änderung und Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG. Für jedes der Bürgerbegehren ist ein Streitwert von 15.000,-- EUR zugrunde zu legen (Nr. 22.6 des Streitwertkatalogs), mithin insgesamt 30.000,-- EUR. Eine Vervielfachung des Streitwertes im Hinblick auf die Anzahl der Antragstellerinnen kommt nach 1.1.3 des Streitwertkatalogs nicht in Betracht, wenn mehrere Antragsteller eine Maßnahme als Rechtsgemeinschaft begehren und die Entscheidung ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. So liegt der Fall hier (ebenso zu Vertrauenspersonen eines Bürgerbegehrens: Senat, Urt. v. 21.04.2015 - 1 S 1949/13 - VBlBW 2015, 375, juris Rn. 141; OVG Schl.-Hol., Beschl. v. 08.10.2008 - 2 MB 25/08 - juris Rn. 16). Für das Eilverfahren ist der Wert zu halbieren (Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs), so dass 15.000,-- EUR festzusetzen sind (30.000,-- EUR x ½).
21 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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