Beschluss vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 4 S 2290/19

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 25. Juli 2019 - 3 K 4636/19 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000.- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte (§ 147 Abs. 1 VwGO) und begründete (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) sowie inhaltlich den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechende Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg.
I.
Mit ihrer Beschwerde begehrt die Antragstellerin, eine ausgebildete Mathematikerin, die seit dem 07.09.2018 aufgrund eines zum 26.07.2019 befristeten Arbeitsvertrags als Lehrkraft im Wege des sogenannten Direkteinstiegs mit vollem Lehrauftrag von 25 Wochenstunden für die Fächer Mathematik und Informatik an der Berufsschule G.-K.-Schule in M. tätig gewesen ist, im Wege einer einstweiligen Anordnung die vorläufige Fortsetzung ihrer Ausbildung für die Laufbahn des höheren Schuldienstes an beruflichen Schulen.
II.
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei sind der Anordnungsanspruch, dessen vorläufiger Sicherung die begehrte Anordnung dienen soll, und der Anordnungsgrund, der die gerichtliche Eilentscheidung notwendig macht, gemäß § 123 Abs. 3 VwGO, §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO glaubhaft zu machen. Der Senat kommt nach Prüfung der mit der Beschwerde dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) zu der Überzeugung, dass das Verwaltungsgericht den Eilantrag der Antragstellerin gemäß dem aufgezeigten Maßstab zu Recht abgelehnt hat, weil es an einem Anordnungsanspruch fehlt.
1. Mit dem Verwaltungsgericht ist auch der Senat der Auffassung, dass ungeachtet der arbeitsrechtlichen Natur des zwischen Antragstellerin und Antragsgegner abgeschlossenen Arbeitsvertrages der Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet ist, weil die für die Bestimmung des Rechtswegs relevante tatsächliche Natur des Rechtsverhältnisses, die sich aus dem erkennbaren Ziel des Rechtsschutzbegehrens und dem zu seiner Begründung vorgetragenen Sachverhalt ergibt (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 24.04.2018 - 1 S 2403/17 -, Juris Rn. 26, und vom 07.11.2016 - 1 S 1386/16 -, Juris Rn. 3), aller Voraussicht nach dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist. Die Antragstellerin stützt ihren Anspruch ausdrücklich nicht auf den mit dem Antragsgegner abgeschlossenen Arbeitsvertrag, sondern auf ein gegenüber dem Antragsgegner bestehendes öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis sowie eine hierauf beruhende analoge Anwendbarkeit der Regelungen der Verordnung des Kultusministeriums über den Vorbereitungsdienst und die Zweite Staatsprüfung für die Laufbahn des höheren Schuldienstes an beruflichen Schulen (vom 03.11.2015 - BSPO II -). Vor dem Hintergrund, dass die Antragstellerin im Schuljahr 2018/19 nicht nur an der G.-K.-Schule unterrichtet, sondern zugleich an einer laufbahnqualifizierenden Zusatzausbildung für den höheren Schuldienst teilgenommen hat, erscheint ein solcher, im öffentlichen Recht wurzelnder Anspruch nicht von vornherein ausgeschlossen. Auch wenn der Senat dieses Ausbildungsverhältnis, anders als die Antragstellerin, nicht als ein vom Arbeitsvertrag losgelöstes Rechtsverhältnis ansieht, beide vielmehr insoweit als verknüpft betrachtet, weil mit Ablauf der in § 1 des Arbeitsvertrages bestimmten Frist auch die laufbahnqualifizierende Zusatzausbildung endet, ist damit für die vorliegende Streitigkeit dennoch der Verwaltungsrechtsweg eröffnet.
2. Die Antragstellerin beruft sich in ihrer Beschwerdebegründung jedoch ohne Erfolg auf einen aus Art. 12 GG folgenden Anspruch auf Fortsetzung des zwischen ihr und dem Antragsgegner bestehenden Ausbildungs- und Prüfungsrechtsverhältnisses, weil ihr von Verfassungs wegen eine „zweite Chance“ einzuräumen sei.
a. Zwar greifen Regelungen, die für die Aufnahme eines Berufs den Nachweis erworbener Fähigkeiten durch Bestehen einer Prüfung verlangen, in die Freiheit der Berufswahl ein (BVerfG, Beschlüsse vom 17.04.1991 - 1 BvR 1529/84 u.a. -, Juris Rn. 53, und vom 17.04.1991 - 1 BvR 419/81 u.a. -, Juris Rn. 37/39; BVerwG, Urteil vom 29.05.2013 - 6 C 18.12 -, Juris Rn. 18, und Beschluss vom 18.11.1985 - 7 B 11/85 -, Juris Rn. 7). Daher mag die im Prüfungsrecht regelmäßig eingeräumte Möglichkeit, im Rahmen einer „zweiten Chance“ eine fehlgeschlagene Prüfung zu wiederholen, mit Blick auf den Umstand, dass Prüfungen komplexe Wissenssachgebiete lediglich stichprobenartig abfragen können, aus Verhältnismäßigkeitsgründen verfassungsrechtlich geboten sein (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 766, m.w.N.; OVG B.-B., Beschluss vom 09.07.2012 - 10 N 47.10 -, Juris Rn. 8).
Die Entscheidung des Antragsgegners, den Arbeitsvertrag nicht zu entfristen und in Konsequenz auch die von der Antragstellerin im Schuljahr 2018/19 wahrgenommene laufbahnqualifizierende Zusatzausbildung für den höheren Schuldienst nicht fortzuführen, dürfte aller Voraussicht nach am Maßstab des Art. 12 GG zu messen sein. Denn der von der Antragstellerin angestrebte Erwerb einer Bescheinigung über den Abschluss der pädagogischen Schulung im Rahmen der laufbahnqualifizierenden Zusatzausbildung für den höheren Schuldienst an beruflichen Schulen ist gemäß der Verordnung des Kultusministeriums über die Laufbahnen seines Geschäftsbereichs (vom 10.01.2012 - LVO-KM -) Voraussetzung für den von der Antragstellerin angestrebten Erwerb der Laufbahnbefähigung für Lehrkräfte (vgl. § 2 Abs. 1, 4 LVO-KM) und damit Berufszugangsvoraussetzung.
b. Die Beendigung der Ausbildung ohne Möglichkeit der Antragstellerin, ihre Eignung zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen einer „zweiten Chance“ unter Beweis zu stellen, dürfte dennoch auch im Lichte des Art. 12 GG rechtlich nicht zu beanstanden sein. Dies ergibt sich aus Folgendem: Der Antragsgegner hat den befristeten Arbeitsvertrag und damit verbunden die Ausbildung der Antragstellerin nach Ende der Probezeit nicht in einen unbefristeten Vertrag geändert, weil der zuständige Schulleiter im Rahmen einer dienstlichen Beurteilung (vom 29.05.2019) unter Berücksichtigung einer Bewertung ihrer Unterrichtstätigkeit durch den Fachberater für Mathematik, Dr. Z. (Schreiben vom 25.05.2019), zu dem Ergebnis gekommen ist, die Leistungen der Antragstellerin entsprächen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht den Anforderungen und festgestellte Defizite könnten auch nicht in angemessener Zeit behoben werden. Richtig ist, dass aufgrund dieser Beurteilung, die auf Grundlage von Abschnitt IV Ziff. 1.2 i.V.m. Abschnitt III der Verwaltungsvorschrift „Beratungsgespräche und dienstliche Beurteilung der Lehrkräfte an öffentlichen Schulen“ erfolgte, nicht, wie von der Antragstellerin verlangt, der erste Ausbildungsabschnitt mit der Möglichkeit, ihre Eignung im Rahmen eines zweiten Beurteilungsverfahrens unter Beweis zu stellen, verlängert, sondern die laufbahnqualifizierende Zusatzausbildung für den höheren Schuldienst zum Schuljahresende beendet wurde.
Allerdings lässt sich die Entscheidung des Antragsgegners nicht als Ergebnis einer formalisierten, Wissen und Fähigkeiten punktuell abfragenden Prüfung begreifen, bei der aus Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten von Verfassungs wegen eine Wiederholungsmöglichkeit bestehen müsste. Vielmehr lag der für die Antragstellerin erstellten dienstlichen Beurteilung das gesamte von ihr im laufenden Schuljahr gezeigte Leistungsbild zugrunde, wie es sich neben vielfältigen Unterlagen und Eindrücken aus dem beruflichen Alltag in drei Unterrichtsstunden mit anschließenden Reflexionsgesprächen darstellte. Grundlage der Feststellung, ob die Antragstellerin dem Anforderungsprofil des Lehrerberufs entspricht, waren nicht nur ihre während dieses Zeitraums gezeigten fachlichen Kenntnisse. Gegenstand der Überprüfung waren vielmehr auch und insbesondere ihre persönliche Eignung und ihre praktische Befähigung für die angestrebte Laufbahn. Zwar steht es dem Gesetz- bzw. Verordnungsgeber frei, auch für derartige in einem Ausbildungsverhältnis erfolgende Beurteilungen eine Wiederholungsmöglichkeit vorzusehen, wie dies etwa in § 17 Nr. 1, § 27 Abs. 2 Satz 3 BSPO II erfolgt ist. Von Art. 12 GG gefordert ist eine solche Wiederholungsmöglichkeit indes nicht.
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c. Den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 12 GG dürfte es aller Voraussicht nach auch nicht widersprechen, dass die Nichteignung der Antragstellerin nicht durch eine durch Rechtsvorschriften in den Einzelheiten geregelte und formalisierte, im Nichtbestehensfalle zu wiederholende (Zwischen-)Prüfung festgestellt wurde. Im Falle der Entlassung eines Beamten auf Widerruf, der sich im Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des höheren Schuldienstes an Gymnasien befand, hat der Senat entschieden (Beschluss vom 15.02.2008 - 4 S 2901/07 -, Juris Rn. 8 ff.; ähnlich bereits Beschluss vom 21.04.2004 - 4 S 759/04 -), dass es auch im Lichte der Berufsfreiheit aller Wahrscheinlichkeit nach ausreicht, dass die Feststellung der Nichteignung eines Lehramtsanwärters (dort gegründet auf die Feststellung zur fehlenden Fähigkeit, selbständigen Unterricht zu erteilen) von den für die Ausbildung des Beamten zuständigen Personen aufgrund ihrer Sachkenntnis und ihrer Erfahrungen, die sie mit dem Beamten gemacht haben, getroffen wird. Allerdings dürfen aus Verhältnismäßigkeitsgründen angesichts des Ausbildungscharakters des Vorbereitungsdienstes nicht zu geringe Anforderungen an das tatsächliche Fundament der erforderlichen prognostischen Einschätzungen gestellt werden. Es kommt vielmehr darauf an, ob sich die von Seminar oder Schule getroffenen Feststellungen auf hinreichend zuverlässige Erkenntnisse stützen und mit hinreichender Sicherheit eine sinnvolle Fortführung der Ausbildung ausschließen. Der Senat sieht keine Veranlassung, von dieser ständigen Rechtsprechung abzuweichen, und wendet ihre Grundsätze auch auf den vorliegenden Fall eines Direkteinsteigers, dessen Unterrichtsverpflichtung auf einem Arbeitsvertrag beruht und der daneben an einer laufbahneröffnenden Zusatzausbildung teilnimmt, an.
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3. Dies zugrunde gelegt, dürfte der Antragsgegner bei Würdigung des von ihm festgestellten Sachverhalts aller Voraussicht nach zurecht davon ausgegangen sein, dass die Leistungen der Antragstellerin nicht den an sie zu stellenden Anforderungen entsprechen und die festgestellten Defizite auch nicht in angemessener Zeit behoben werden können.
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a. Der Fachberater für Mathematik, Dr. Z., führte im Mai 2019 nach bereits bestehenden Zweifeln an der Eignung der Antragstellerin einen angekündigten und zwei unangekündigte Unterrichtsbesuche durch, die durch die Anforderung von Planungsunterlagen und Beschreibungen der Klassen- und Schülersituationen, Einsichtnahme in von den Schülern erstellte Unterlagen sowie anschließende Reflexionsgespräche ergänzt wurden. Im Stundenverlauf beobachtete er, dass der Unterricht der Antragstellerin, einer Expertin für Versicherungsmathematik mit einem sicherlich guten Verständnis für Mathematik, die auf ihn zu Beginn der Ausbildung den Eindruck gemacht habe, mit großer Freude eine lernende Lehrerin zu sein, bereits zu Beginn der Stunde bei Besprechung eines Arbeitsblatts „in eine Schieflage“ geraten sei und keine nachhaltigen Lehr/Lernprozesse in Gang setzen konnte. Beim Stationenlernen sei ihr ein „Kardinalfehler“ unterlaufen, weil sie die methodische Kenntnis bei den Schülern vorausgesetzt habe, obwohl sie dieses methodische Vorgehen in dieser Klasse erstmalig versucht habe. Die meisten Schüler seien daher orientierungslos und aufgrund der Vielzahl an Aufgaben „gänzlich überfordert“ gewesen; eine sinnvolle Wiederholung von bereits Gelerntem habe nicht stattgefunden. Auch eine Verzahnung von geeigneten Unterrichtsmethoden und mathematischen Inhalten sei ihr nicht gelungen, „schlimmer noch“, so der Fachleiter, „sie hat dies aus meiner Sicht nicht einmal versucht.“
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Im anschließenden Reflexionsgespräch habe er den Eindruck gewonnen, dass die Antragstellerin den Umstand, dass einige Schüler vollkommen überfordert gewesen seien und viele das Lernziel nicht hätten erreichen können, „kaum oder wenig bemerkt“ habe. Im Informatikunterricht seien nach seinem Eindruck „kaum Lernfortschritte erzielt“ worden, weil „die meisten Schüler dort unterfordert“ gewesen seien, und es sei trotz Überziehung der Zeit nicht gelungen, das fachliche Hauptergebnis darzustellen. In den Reflexionsgesprächen habe er den Eindruck gewonnen, dass die Kompetenz der Antragstellerin zur Reflexion als Basis zur Weiterentwicklung „deutlich unterentwickelt“ sei und es ihr „an echtem Interesse mangele“, sich ernsthaft damit auseinanderzusetzen. Ihre Methodenkompetenz sei „deutlich unterentwickelt“, es mangele ihr an Empathie, „insbesondere was das Einschätzen der Leistungsfähigkeit ihrer Schüler angehe“. Auch verstehe sie kaum, warum die Schüler Verständnisschwierigkeiten hätten. Graphische Elemente und Darstellungen, die individuell verschiedene Zugänge ermöglichten, fehlten fast vollständig.
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„Deutlich bedenklicher“ noch als der Umstand, dass der überwiegende Teil der Schüler im häufig verwendeten Schüler-Lehrer-Gespräch aufgrund der Vielzahl und Schnelligkeit der Fragen und Antworten nur schwer folgen könne, sei, dass die Antragstellerin, wenn es ihr nicht schnell genug gehe, selbst die erwartete Antwort gebe oder Suggestivfragen stelle. Ganz leichte Fragen wechselten mit für die Schüler sehr schwierigen Fragen ab, viele Fragen seien zu wenig offen. Die Antragstellerin besitze eine „anfängerhafte, unterentwickelte Fragetechnik“, was sehr kritisch sei, weil eine gute Fragetechnik zu den wesentlichen Merkmalen eines gut geplanten Unterrichts gehöre. Ein weiterer „sehr kritischer Punkt“ sei schließlich ihr „Mangel an Sorgfalt bei der Erstellung der Arbeitsmaterialien“. Ihr Unterrichtsstil sei „wenig innovativ und nicht zeitgemäß“. Als „höchst kritisch“ sei es mit Blick auf die Vielzahl der pünktlich zu erledigenden Dinge des täglichen Ablaufs im Lehrerberuf ferner zu bewerten, dass sie bisweilen das Problem habe, Unterlagen pünktlich oder überhaupt zu liefern. Für den Beruf einer Lehrerin an beruflichen Schulen sei sie „definitiv nicht geeignet“.
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b. In der durch den Schulleiter der G.-K.-Schule erstellten dienstlichen Beurteilung führte dieser weiter aus, die Antragstellerin bereite ihren Unterricht „teilweise“ vor, halte sich nicht immer an die Vorgaben des Bildungsplan und führe nur selten eine Niveaudifferenzierung durch. Sie verfüge „nur über eine sehr eingeschränkte Fähigkeit, Unterrichtsziele sinnvoll zu setzen und zu begründen“. Die Unterrichtsgestaltung sei „sehr monoton und methodisch einseitig“, ein Lernfortschritt sei bei einem hohen eigenen Redeanteil und einer ungeschickten Impulsgebung bei einem Großteil der Schüler nicht ersichtlich. Sie zeige kaum Bestrebung, zur Lebens- und Berufswelt der Schüler einen Bezug aufzubauen, zeige sich „nur bedingt aufgeschlossen für die Anliegen ihrer Schüler“. Sie habe ihre eigenen Vorstellungen über die Lehrertätigkeit und verwerfe andere Haltungen und Vorgaben teils ohne nachvollziehbare Begründungen. Die Befähigungsmerkmale bewertete der Schulleiter überwiegend mit „schwach ausgeprägt“. Sowohl der Fachbereichsleiter als auch der Schulleiter gelangten zum Gesamturteil „mangelhaft (5,0)“.
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4. Diese ausführlichen und in sich schlüssigen Stellungnahmen hat die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren nicht substantiiert angegriffen. Es bestehen in ihrem Falle nach Aktenlage offenkundig solch gravierende, über die für Anfänger üblichen Unzulänglichkeiten weit hinausgehende und grundlegende Bereiche der Lehrerpersönlichkeit betreffende Defizite, dass die Schlussfolgerung des Antragsgegners, die Antragstellerin habe sich nicht bewährt und sei für die angestrebte Laufbahn aller Voraussicht nach auch zukünftig ungeeignet, auch im Lichte von Art. 12 GG aller Voraussicht nach rechtlich nicht zu beanstanden ist.
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5. Ein Verstoß gegen den Art. 12 GG innewohnenden Anspruch auf eine „zweite Chance“ wäre schließlich selbst dann nicht zu bejahen, wenn die Antragstellerin zurecht die Unterrichtsbesuche als eine prüfungsähnliche Situation qualifizierte. Denn dann hätte sie spätestens am 22.05.2019 die geforderte „zweite Chance“ erhalten, als der Fachberater für Mathematik nach den beiden am 08.05.2019 durchgeführten Unterrichtsbesuchen mit anschließendem Reflexionsgespräch und der - von ihr allerdings nur eingeschränkt wahrgenommenen - Möglichkeit einer schriftlichen Reflexion der Unterrichtsstunden erneut einen (angekündigten) Unterrichtsbesuch bei der Antragstellerin mit anschließender kurzer Selbstreflexion durchführte. Auch dieser weitere Unterrichtsbesuch führte indessen nicht zu einer abweichenden Bewertung der Eignung der Antragstellerin.
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6. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ergibt sich ein Anspruch auf Fortsetzung ihres Ausbildungs- und Prüfungsrechtsverhältnisses auch nicht aus der analogen Anwendung der Regelungen der Prüfungsordnung für berufliche Schulen II. Die Antragstellerin verweist insoweit auf § 11 Abs. 4 BSPO II. Nach Satz 1 der Norm wird der erste Ausbildungsabschnitt vom Regierungspräsidium einmal um längstens sechs Monate verlängert, wenn festgestellt ist, dass selbstständiger Unterricht im zweiten Ausbildungsabschnitt nicht zu verantworten ist.
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a. Einer analogen Anwendung des § 11 Abs. 4 BSPO II steht aller Voraussicht nach jedenfalls die fehlende vergleichbare Interessenlage des geregelten im Vergleich zum ungeregelten Sachverhalt entgegen. Die Auffassung der Antragstellerin, wonach die Interessenlage zwischen Studienreferendaren im Vorbereitungsdienst und Direkteinsteigern vergleichbar sei, teilt der Senat nicht. Zwar weisen beide Formen der Lehrerausbildung strukturelle Gemeinsamkeiten auf. Bei Studienreferendaren wie auch Direkteinsteigern als wissenschaftlichen Lehrern ist der Berufsalltag von einem Nebeneinander von Unterricht und Ausbildung im Seminar geprägt. Das Unterrichten nimmt im Laufe der Referendar- bzw. Vertragslaufzeit einen immer größeren Stellenwert ein und Referendar wie Direkteinsteiger müssen vergleichbare Prüfungsleistungen erbringen, um - im Falle des Referendars unmittelbar, im Fall des Direkteinsteigers nach einem weiteren Jahr der Bewährung - eine Befähigung für das Lehramt des höheren Schuldienstes an beruflichen Schulen zu erwerben.
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b. Im Übrigen bestehen zwischen beiden Ausbildungsvarianten jedoch relevante Unterschiede, die, soweit die Regelungen der Prüfungsordnung nicht in anderen Vorschriften, so etwa in § 2 Abs. 4 LVO-KM, explizit in Bezug genommen werden, einer analogen Anwendung der Prüfungsordnung auf Direkteinsteiger entgegenstehen. Dies gilt auch und gerade im direkten Vergleich von Direkteinsteigern zu Seiteneinsteigern, die ebenfalls kein Lehramtsstudium vorweisen können.
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Seiteneinsteiger durchlaufen den regulären Vorbereitungsdienst und befinden sich während dieses Zeitraums im Beamtenverhältnis auf Widerruf (§ 16 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 LBG, § 1 LVO-KM) mit Anwärterbezügen. Neben der vergleichsweise geringen Vergütung spricht auch der Verlauf des Referendariats dafür, dass hier der Ausbildungsgedanke im Vordergrund steht. So findet im ersten Ausbildungsabschnitt gar kein selbständiger Unterricht statt. Vielmehr erfolgt eine Ausbildung des Referendars im Rahmen von Hospitationen, angeleitetem Unterricht und Seminarveranstaltungen (§ 13 BSPO II). Erst im zweiten Ausbildungsabschnitt unterrichten die Referendare in einem Umfang von 10 bis 12 Wochenstunden selbständig.
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Der Direkteinstieg hingegen ist ein Sonderweg zur Gewinnung von Lehrkräften in ausgewiesenen Mangelbereichen. Bereits der Umstand, dass hier neben der Möglichkeit des Seiteneinstiegs eine weitere Möglichkeit geschaffen wurde, Bewerbern ohne Lehramtsausbildung den Zugang zum Lehramt zu eröffnen, legt die Annahme nahe, neben der Ausbildung zukünftiger Lehrkräfte gehe es bei dieser Form des Einstiegs in den Schuldienst auch darum, kurzfristig Lücken in der Lehrerversorgung zu schließen. Dieser zusätzlichen Zielsetzung entspricht es, dass Direkteinsteiger einen Arbeitsvertrag für eine Vollzeitstelle, d.h. mit einem Deputat von 25 Wochenstunden, abschließen. Bei ihnen besteht vom ersten Ausbildungsabschnitt an die Verpflichtung zu selbständigem Unterricht in einem Umfang von zunächst acht, im zweiten Halbjahr zehn und im zweiten Jahr 18 Stunden. Hierfür erhalten sie ein volles Gehalt aus E11 TV-L bzw. E12 TV-L. Daneben nehmen sie an einer laufbahnqualifizierenden Zusatzausbildung für den höheren Schuldienst teil, die allerdings überwiegend getrennt von der Ausbildung der Lehramtsreferendare erfolgt. Dem größeren Gewicht, das bei Direkteinsteigern der vertragsmäßig geschuldeten Unterrichtsleistung zukommt, entspricht es, nach einem Jahr nicht nur ihre Fähigkeit zu selbständigem Unterricht als Zwischenziel der Ausbildung zu überprüfen, wie dies bei Lehramtsreferendaren der Fall ist, sondern eine umfassende Überprüfung der Kenntnisse, Fähigkeiten, Leistungen und Eignung als Berufsschullehrer, sprich der ganzen Lehrerpersönlichkeit, vorzunehmen und das Arbeitsverhältnis wie auch die laufbahnqualifizierende Zusatzausbildung nur dann fortzusetzen, wenn sich prognostisch eine Eignung des Direkteinsteigers für die Laufbahn als Berufsschullehrer feststellen lässt. Diese Eignung besteht bei der Antragstellerin nicht.
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c. Steht mithin schon die fehlende vergleichbare Interessenlage einer analogen Anwendung der Prüfungsordnung entgegen, kann dahinstehen, ob der hier vorliegende Sachverhalt tatsächlich inhaltlich von § 11 Abs. 4 BSPO II erfasst wäre oder ob nicht eher ein Fall des § 7 Abs. 3 Nr. 1 BSPO II vorliegt, nach dem entlassen werden soll, wer sich in solchem Maße als ungeeignet erwiesen hat, dass sie oder er nicht länger ausgebildet oder im Unterricht eingesetzt werden kann. § 7 Abs. 3 Nr. 1 BSPO sieht ebenfalls keine „zweite Chance“ eines Lehramtsanwärters vor, der sich, wie die Antragstellerin, bereits als ungeeignet erwiesen hat.
III.
24 
Die Kostenentscheidung beruht auf den § 154 Abs. 2 VwGO.
25 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den § 63 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG; eine Kürzung gemäß Ziff. 1.5 Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 erscheint nicht angezeigt, weil das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes hier weitgehend die Hauptsache vorwegnehmen soll.
26 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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