Beschluss vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 2 S 1758/20

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29. April 2020 - 14 K 1274/19 - wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 987,68 EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der Antrag ist unbegründet. Entgegen der Ansicht des Klägers bestehen an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts Stuttgart keine ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
1. Der Kläger begehrt die rückwirkende Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht für seine Zweitwohnung und die Rückerstattung der bereits geleisteten Beiträge.
Im Hinblick auf eine Mitteilung des Einwohnermeldeamts schrieb der Beklagte den Kläger an und setzte ihn davon in Kenntnis, dass er für seine Zweitwohnung in Neuwied beitragspflichtig sei. Hierauf teilte der Kläger mit Schreiben vom 14.11.2013 mit, im Hinblick auf die mögliche Verfassungswidrigkeit des neuen Rundfunkbeitrags „möchte“ er einer Zahlungsaufforderung nur unter Vorbehalt und erst nach einer schriftlichen Bestätigung, dass gegebenenfalls eine Rückerstattung erfolge, nachkommen. Unter dem 16.12.2013 informierte der Beklagte den Kläger daraufhin darüber, dass eine Vorbehaltszahlung bei öffentlichen Abgaben, wozu auch der Rundfunkbeitrag zähle, nicht möglich sei, es bestehe vielmehr eine unbedingte gesetzliche Pflicht zur Zahlung der geschuldeten Rundfunkbeiträge. Soweit die Rechtsgrundlage für die Rundfunkbeitragspflicht des Klägers durch eine rechtskräftige höchstrichterliche Entscheidung entfalle, würden die geleisteten Rundfunkbeiträge auf Antrag im Rahmen der dreijährigen Verjährung erstattet. Der Kläger beglich ab November 2013 die Beiträge für die Zweitwohnung durch Überweisung, wobei er jeweils im Betreff vermerkte: „Zurückerstatten bei Entfall der Rechtsgrundlage“.
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18.07.2018 (- 1 BvR 1675/16, u.a. - juris), mit dem die Unvereinbarkeit der Beitragspflicht für Zweitwohnungen mit Art. 3 Abs. 1 GG festgestellt wurde, beantragte der Kläger die Befreiung von der Beitragspflicht für die Zweitwohnung rückwirkend ab November 2013 und forderte die Rückerstattung der gezahlten Beiträge nebst Zinsen.
Mit Bescheid vom 07.01.2019 befreite der Beklagte den Kläger ab dem 01.07.2018 von der Beitragspflicht für die Zweitwohnung und erstattete ein entsprechendes Guthaben in Höhe von 70,-- EUR, eine rückwirkende Befreiung erfolgte nicht.
Die daraufhin vom Kläger - nach Durchführung des Vorverfahrens - erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 29.04.2020 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Das Bundesverfassungsgericht habe in seinem Urteil vom 18.07.2018 (aaO) festgestellt, dass die Rundfunkbeitragspflicht für Zweitwohnungen verfassungswidrig sei. Nach dieser Entscheidung sei das bisherige Recht bis zu einer Neuregelung mit der Maßgabe weiter anwendbar, dass ab dem Tag der Verkündung dieses Urteils bis zum Inkrafttreten einer Neuregelung diejenigen Personen, die nachweislich als Inhaber einer Wohnung ihrer Rundfunkbeitragspflicht nach § 2 Abs. 1 und Abs. 3 RBStV nachkämen, auf Antrag von einer Beitragspflicht für weitere Wohnungen zu befreien seien. Sei über Rechtsbehelfe noch nicht abschließend entschieden, könne ein solcher Antrag rückwirkend für den Zeitraum gestellt werden, der Gegenstand des jeweils angegriffenen Festsetzungsbescheids sei.
Ein Anspruch auf rückwirkende Befreiung ab dem 01.11.2013 ergebe sich für den Kläger danach nicht. Das Bundesverfassungsgericht habe die rundfunkrechtlichen Regelungen zur Beitragspflicht für Zweitwohnungen lediglich für mit der Verfassung unvereinbar erklärt und zur Begründung ausgeführt, dass bei einer rückwirkenden Nichtigkeit der Normen die nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verfassungsrechtlich geforderte Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gefährdet wäre, wenn die als verfassungswidrig anzusehende Regelung nicht mehr angewendet werden dürfte und Beitragsschuldnern die Möglichkeit der Rückforderung bereits geleisteter Beiträge eröffnet wäre. Um die finanziellen Einbußen möglichst gering zu halten, solle grundsätzlich keine rückwirkende Befreiung möglich sein. Lediglich in solchen Fällen, in denen noch nicht bestandskräftige Festsetzungsbescheide bereits vor dem 18.07.2018 vom Beitragsschuldner angefochten worden seien und eine abschließende Entscheidung noch nicht vorliege, könne auf Antrag auch rückwirkend für den Zeitraum der noch nicht bestandskräftigen Festsetzungsbescheide von der Beitragspflicht befreit werden. Diese Ausnahmekonstellation liege hier nicht vor, da gegenüber dem Kläger keine Festsetzungsbescheide ergangen seien. Die Mitteilungen des Beklagten zur Beitragspflicht wiesen lediglich auf eine gesetzlich bestehende Zahlungspflicht hin, begründeten diese aber nicht selbst. Hätte das Bundesverfassungsgericht eine rückwirkende Befreiung für alle Fälle vorsehen wollen, in denen es an einer bestandskräftigen Festsetzung der Beitragspflicht fehle, würde entgegen der erklärten Absicht die ganz überwiegende Zahl der Fälle erfasst, da regelmäßig keine Festsetzungsbescheide erlassen würden, sondern nach § 10 Abs. 5 Satz 1 RBStV nur dann, wenn rückständige Rundfunkbeiträge beigetrieben werden sollten.
Ein Anspruch des Klägers auf rückwirkende Befreiung ergebe sich auch nicht daraus, dass er seine Beiträge jeweils mit dem Vermerk „Zurückerstatten bei Entfall der Rechtsgrundlage“ gezahlt habe. Das Bundesverfassungsgericht habe den rückwirkenden Befreiungsanspruch nur den beitragspflichtigen Zweitwohnungsinhabern zugesprochen, die sich mit einer Nichtzahlung dem Erlass eines Festsetzungsbescheids und einem anschließenden Rechtsbehelfsverfahren sowie dem Risiko des erfolglosen bestandskräftigen Abschlusses vor einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausgesetzt hätten. Die Zweitwohnungsinhaber, die demgegenüber mit einer rechtzeitigen Zahlung - wenn auch unter Vorbehalt - weder das Kostenrisiko der mit Festsetzungsbescheiden regelmäßig verbundenen Säumniszuschläge noch das der anschließenden Rechtsbehelfsverfahren auf sich genommen hätten, seien davon nicht erfasst.
Ein Befreiungsanspruch folge auch nicht daraus, dass dem Kläger durch Schreiben vom 16.12.2013 auf seine verfassungsrechtlichen Einwendungen hin in Aussicht gestellt worden sei, die Zahlungen im Falle der Rechtsgrundlosigkeit später zurückfordern zu können. Hier sei nur der Gesetzeswortlaut des § 10 Abs. 3 RBStV wiedergegeben worden, eine rückwirkende Befreiung sei jedoch nicht zugesichert worden. Die Zahlungen erfolgten auf Grundlage des § 2 Abs. 1 RBStV und damit im hier maßgeblichen Zeitraum nicht rechtsgrundlos. Aus den dargestellten Gründen habe der Kläger auch keinen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Beiträge in Höhe von 987,68 EUR nebst Zinsen.
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2. Gegen diese Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts wendet sich der Kläger ohne Erfolg. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass dem Kläger - über die gewährte Befreiung ab 01.07.2018 hinaus - kein Anspruch auf Befreiung von der Beitragspflicht für seine Zweitwohnung ab November 2013 zusteht und er deshalb auch keinen Anspruch auf Erstattung der gezahlten Rundfunkbeiträge für seine Zweitwohnung ab dem 01.11.2013 hat.
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a) Die Frage, ob der Kläger Anspruch auf rückwirkende Befreiung und entsprechende Erstattung seiner Rundfunkbeiträge hat, dürfte sich auf Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in seinem Urteil vom 18.07.2018 (- 1 BvR 1675/16, u.a. - juris) nicht beantworten lassen. Das Bundesverfassungsgericht hat - soweit hier einschlägig - entschieden, dass die Zustimmungsgesetze und Zustimmungsbeschlüsse der Länder zu Art. 1 des 15. Staatsvertrags zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vom 15. Dezember 2010, soweit sie § 2 Abs. 1 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags in Landesrecht überführen, mit Art. 3 Abs. 1 GG insoweit unvereinbar sind, als Inhaber mehrerer Wohnungen über den Beitrag für eine Wohnung hinaus zur Leistung von Rundfunkbeiträgen herangezogen werden. Das Bundesverfassungsgericht hat die verfassungswidrige Regelung in § 2 Abs. 1 RBStV lediglich für mit der Verfassung unvereinbar erklärt und dies damit begründet, dass bei einer rückwirkenden Nichtigkeit die nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verfassungsrechtlich geforderte Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gefährdet wäre, wenn die als verfassungswidrig anzusehende Regelung nicht mehr angewendet werden dürfte und Beitragsschuldnern die Möglichkeit der Rückforderung bereits geleisteter Beiträge eröffnet wäre (Urteil vom 18.07.2018, aaO juris Rn. 152 und 153). Danach sind ab dem Tag der Verkündung des Urteils bis zu einer gesetzlichen Neuregelung diejenigen Personen, die nachweislich als Inhaber ihrer Erstwohnung ihrer Rundfunkbeitragspflicht nachkommen, auf ihren Antrag hin von einer Beitragspflicht für weitere Wohnungen zu befreien. Wer bereits Rechtsbehelfe anhängig gemacht hat, über die noch nicht abschließend entschieden ist, kann einen solchen Antrag rückwirkend für den Zeitraum stellen, der Gegenstand eines noch nicht bestandskräftigen Festsetzungsbescheids ist. Bereits bestandskräftige Festsetzungsbescheide vor der Verkündung dieses Urteils bleiben hingegen unberührt (Urteil vom 18.07.2018, aaO juris Rn. 155).
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Auf Grundlage des dargestellten Ausspruchs des Bundesverfassungsgerichts haben diejenigen Personen, die hinsichtlich der Beitragspflicht für ihre Zweitwohnung einen Rechtsbehelf anhängig gemacht hatten, über den noch nicht abschließend entschieden worden war, Anspruch auf rückwirkende Befreiung und Erstattung der gezahlten Beiträge. Die Beitragsschuldner, die keine Rechtsbehelfe anhängig gemacht hatten, sondern ihrer gesetzlichen Pflicht zur Entrichtung des Rundfunkbeitrags, die mit dem Ersten des Monats beginnt, in dem der Beitragsschuldner erstmals die Wohnung innehat (§ 7 Abs. 1 Satz 1 RBStV), selbständig nachgekommen sind und den Beitrag bis zum Ergehen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts geleistet haben, haben demgegenüber keinen Anspruch auf Rückforderung bereits geleisteter Beiträge.
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Für die hier zu beurteilende Fallkonstellation, in der der Beitragsschuldner zwar seiner gesetzlichen Zahlungspflicht nachgekommen ist, die Leistung jedoch nur unter Vorbehalt bewirkt hat, hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich keine Regelung getroffen. Auch vor diesem Hintergrund bedarf es keiner abschließenden Bewertung, ob bereits auf Grundlage der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts im Hinblick auf die von diesem in den Vordergrund gerückte verfassungsrechtlich geschützte Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch bei einer Zahlung unter Vorbehalt die Rückforderung bereits geleisteter Beiträge ausgeschlossen sein soll; nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Greifswald (Urteil vom 30.07.2019 - 2 A 210/19 HGW - juris Rn. 40) lässt sich aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18.07.2018 (aaO) die Annahme ableiten, dass die Zweitwohnungsinhaber, die mit einer rechtzeitigen Zahlung - wenn auch unter Vorbehaltserklärung - weder das Kostenrisiko der mit Festsetzungsbescheiden regelmäßig verbundenen Säumniszuschläge noch das der anschließenden Rechtsbehelfsverfahren auf sich genommen haben, für zurückliegende Zeiträume keinen Anspruch auf Erstattung haben.
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b) Ein Anspruch des Klägers auf rückwirkende Befreiung bzw. Erstattung der Rundfunkbeiträge für seine Zweitwohnung besteht aber jedenfalls deshalb nicht, weil das Rundfunkbeitragsrecht eine Zahlung des Beitragsschuldners „unter Vorbehalt“ nicht zulässt.
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Im Zivilrecht ist eine Leistung unter Vorbehalt eine ordnungsgemäße Erfüllung, wenn der Schuldner lediglich die Wirkung des § 814 BGB (Kenntnis der Nichtschuld) ausschließen und sich den Herausgabeanspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung nach § 812 BGB für den Fall vorbehalten will, dass er das Nichtbestehen der Forderung oder der Empfangsberechtigung beweist. Anders liegt es, wenn der Schuldner unter der Bedingung des Bestehens der Forderung leistet und dem Gläubiger weiterhin die Beweislast für das Bestehen der Forderung aufbürdet. Eine Leistung unter einem solchen Vorbehalt darf der Gläubiger zurückweisen, nimmt er aber an, so kann darin ein Einverständnis mit dem Vorbehalt liegen (vgl. dazu Grüneberg in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 79. Aufl., § 362 Rn. 14).
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Diese zivilrechtlichen Grundsätze, die im Wesentlichen die Verteilung der Beweislast zwischen Vertragspartnern regeln, können auf das öffentliche Recht, in dem die Beteiligten häufig in einem Über- und Unterordnungsverhältnis zueinander stehen, nicht unbesehen übertragen werden. Die Abgabenordnung, die auf Steuerschuldverhältnisse und kraft landesrechtlicher Verweisung im Kommunalabgabengesetz auch auf Kommunalabgaben anwendbar ist, kennt eine Zahlung unter Vorbehalt nicht (vgl. etwa Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO § 224 Rn. 7; Alber in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 224 AO Rn. 22; für kommunale Abgabenbescheide Ruff, ZKF 2011, 275). Deshalb wird im Steuer- bzw. Abgabenrecht der Schuldner mit einer Zahlung unter Vorbehalt häufig Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts, mit dem die Steuer festgesetzt worden ist, zum Ausdruck bringen wollen. Im Regelfall kann der bloße Vorbehalt aber nicht als Rechtsbehelf gegen einen Festsetzungsbescheid angesehen werden, er hindert daher weder den Einritt der Bestandskraft des anspruchsfestsetzenden Verwaltungsakts noch ersetzt er die förmliche Einlegung des Rechtsbehelfs. Bei dieser Auslegung berührt die Zahlung unter Vorbehalt die schuldbefreiende Wirkung der Zahlung nicht (vgl. etwa BFH, Beschlüsse vom 14.08.1987 - III B 4/87 - juris Rn. 9 und vom 14.05.1986 - XII B 159/85 - juris Rn. 7). Kann hingegen die Erklärung, es werde unter Vorbehalt gezahlt, im Hinblick auf individuelle Besonderheiten als Einlegung eines Rechtsbehelfs ausgelegt werden, so verhindert sie bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens die Bestandskraft des Steuer- bzw. Abgabenbescheids.
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Diese Grundsätze können auf das Verfahren zur Heranziehung von Rundfunkbeiträgen übertragen werden. Hier besteht die Besonderheit, dass anders als sonst im Beitragsrecht die Pflicht zur Entrichtung des Rundfunkbeitrags - ebenso wie die Fälligkeit des Beitrags - bereits kraft Gesetzes besteht bzw. eintritt (vgl. § 7 RBStV) und es deshalb eines vorherigen Erlasses eines Beitragsbescheids durch den Beklagten (zur Aktualisierung der Beitragspflicht) nicht bedarf. Die Zahlungspflicht des Beitragsschuldners entsteht danach auch unabhängig von einer Zahlungsaufforderung durch den Beklagten oder gar einer Anerkennung seiner Zahlungsverpflichtung.
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Auch diese Konstruktion des Gesetzgebers ermöglicht für den Beitragsschuldner aber ausreichende Rechtsschutzmöglichkeiten. Nach der Rechtsprechung des Senats verstößt das Verfahren der „bescheidlosen Beitragserhebung“ nicht gegen die Garantie der Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) und auch nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip in Art. 20 Abs. 3 GG (Urteil vom 13.02.2017 - 2 S 1610/15 - juris Rn. 32 ff.; Urteil vom 03.03.2016 - 2 S 896/15 - juris Rn. 41 und 42; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30.11.2016 - 2 A 3058/15 - juris Rn. 31). Ein Beitragsschuldner, der aufgrund seiner gesetzlichen Verpflichtung den Rundfunkbeitrag entrichtet, aber zugleich meint, dass die Zahlung ohne Rechtsgrund entrichtet worden ist, kann von der Rundfunkanstalt die Erstattung des entrichteten Beitrags fordern (§ 10 Abs. 3 Satz 1 RBStV). Lehnt die Rundfunkanstalt die Erstattung in Form eines Verwaltungsakts ab, so kann Hauptsacherechtsschutz in Form der Verpflichtungsklage und vorläufiger Rechtschutz in Form der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO geltend gemacht werden. Auch der Beitragsschuldner, der meint, dass von ihm kein Rundfunkbeitrag verlangt werden kann, und der deshalb der gesetzlichen Verpflichtung aus § 7 Abs. 1 und 3 RBStV nicht nachkommt, bleibt nicht rechtsschutzlos. Ihm ist zuzumuten, zunächst die Reaktion der Landesrundfunkanstalt abzuwarten. Diese wird im Regelfall den in § 10 Abs. 5 RBStV vorgezeichneten Weg gehen und die rückständigen Beiträge förmlich festsetzen. Auch in diesem Fall hat der Beitragsschuldner ausreichende Rechtsschutzmöglichkeiten. Darüber hinaus kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts effektiver Rechtsschutz auch im Wege einer Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO erlangt werden (BVerwG, Urteil vom 27.09.2017 - 6 C 32.16 - juris Rn. 14; vgl. auch Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 21.08.2018 - 7 BV 18.7 - juris Rn. 17). Will danach ein Rundfunkbeitragsschuldner festgestellt wissen, ob er dem Grunde nach verpflichtet ist, den Rundfunkbeitrag zu bezahlen, dann ist die Feststellungsklage jedenfalls dann nicht subsidiär im Sinne von § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO, wenn es am Erlass eines anfechtbaren Verwaltungsakts über rückständige Rundfunkbeiträge fehlt.
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Danach sind für einen Beitragsschuldner, der - wie hier der Kläger - verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Rundfunkbeitrag geltend machen will, umfängliche und zumutbare Rechtsschutzmöglichkeiten eröffnet, mit denen die Rechtmäßigkeit der Beitragspflicht in einem förmlichen Verfahren überprüft werden kann. Mit diesem Verfahren wird gleichzeitig sichergestellt, dass die Rundfunkanstalten im Falle eines Obsiegens des Beitragsschuldners bereits bezahlte Beiträge zurückzuerstatten haben.
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Angesichts der dargestellten Rechtsschutzmöglichkeiten für den Beitragsschuldner verbietet sich die Annahme, dieser könne sich allein durch die Zahlung der Beitragsschuld „unter Vorbehalt“ für den Fall einer möglichen Verfassungswidrigkeit der Regelung die Rückzahlung seiner Beiträge sichern. Gerade im Falle einer Massenverwaltung wie im Rundfunkbeitragsrecht ist die Behörde darauf angewiesen, Einwendungen der Beitragsschuldner in einem rechtlich geordneten Verfahren abzuarbeiten. Könnte die Zahlungspflicht durch den Beitragsschuldner womöglich über lange Zeiträume durch einseitige Willenserklärung „offengehalten“ werden, würde dies die finanzielle Absicherung der staatlichen Daseinsvorsorge - hier die verfassungsmäßige Finanzausstattung der Rundfunkanstalten - gefährden. Der Beitragsschuldner muss deshalb - will er seine Zahlungspflicht verhindern - auch das mit einem Rechtsbehelfsverfahren verbundene Kostenrisiko in Kauf nehmen.
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c) Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, der Beklagte habe ihn im Hinblick auf die Ausführungen in seinem Schreiben vom 16.12.2013 von der Durchführung eines Rechtsbehelfsverfahrens abgehalten. Der Beklagte hat den Kläger in diesem Schreiben ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Vorbehaltszahlung im Rundfunkbeitragsrecht nicht möglich sei. Angesichts der bereits kraft Gesetzes bestehenden Beitragspflicht des Klägers musste der Beklagte ihn auch nicht ausdrücklich auf bestehende Rechtsschutzmöglichkeiten hinweisen bzw. ihm gar - ohne dass rückständige Beiträge angefallen waren - einen rechtsmittelfähigen Bescheid zukommen lassen. Es kann vom Beitragsschuldner verlangt werden, dass er sich selbst über die dargestellten Möglichkeiten, effektiven Rechtsschutz zu erlangen, kundig macht.
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d) Zu Unrecht meint der Kläger schließlich, der Beklagte habe im Schreiben vom 16.12.2013 eine bindende Zusicherung erteilt, dass er die gezahlten Rundfunkbeiträge im Falle der Verfassungswidrigkeit der entsprechenden Regelung rückwirkend erstatten werde. Der Beklagte hat im Schreiben vom 16.12.2013 die Erstattung geleisteter Rundfunkbeiträge nicht unbeschränkt zugesichert, sondern nur „soweit die Rechtsgrundlagen für die Beitragspflicht entfallen würden“. Danach kann nicht beanstandet werden, dass eine Erstattung nur nach Maßgabe der dargestellten Grundsätze der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und damit für gezahlte Beiträge vor dem 01.07.2018 nur im Falle noch anhängiger Rechtsbehelfe erfolgt. Für die hier streitgegenständlichen Beiträge ist die Rechtsgrundlage - wie dargestellt - gerade nicht entfallen.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus § 52 Abs. 3 GKG.
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Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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