Beschluss vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 1 S 502/21

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 45.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller wendet sich mit einem Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO gegen § 1d Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 6 der Verordnung der Landesregierung über Infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-CoV 2 (Corona-Verordnung - CoronaVO) vom 30.11.2020 (GBl. S. 1067) in der ab dem 15.02.2021 gültigen Fassung und gegen die Corona-Verordnung insgesamt.
§ 1d Abs. 1 Satz 1 CoronaVO untersagt den Betrieb aller Einrichtungen nach § 13 Abs. 1 CoronaVO für den Publikumsverkehr. Die Vorschrift des § 13 Abs. 1 Nr. 6 CoronaVO untersagt mit der Ausnahme von Onlineangeboten für den Publikumsverkehr den Betrieb folgender Einrichtungen: öffentliche und private Sportanlagen und Sportstätten, einschließlich Fitnessstudios, Yogastudios, Skiaufstiegsanlagen und ähnliche Einrichtungen sowie Bolzplätze, mit Ausnahme einer Nutzung für den Freizeit- und Amateurindividualsport allein, zu zweit oder mit den Angehörigen des eigenen Haushalts sowie zu dienstlichen Zwecken, für den Reha-Sport, Schulsport, Studienbetrieb, Spitzen- oder Profisport.
§ 1d Abs. 1 CoronaVO regelt Ausnahmen von der in Satz 1 normierten Untersagung: Satz 2 Nr. 4 der Vorschrift bestimmt, dass die Untersagung nicht gilt für Sportanlagen, Sportstätten, Schwimm-, Hallen-, Thermal-, Spaßbäder und sonstige Bäder sowie Badeseen mit kontrolliertem Zugang, soweit eine Nutzung ausschließlich zu dienstlichen Zwecken, für den Reha-Sport, Schulsport, Studienbetrieb, Spitzen- oder Profisport erfolgt. Zudem regeln die Sätze 3 und 4 der Vorschrift: „Der Betrieb von Sportanlagen und Sportstätten im Freien ist abweichend von Satz 2 Nummer 4 für den Freizeit- und Amateurindividualsport nach Maßgabe von § 9 Absatz 1 zulässig, soweit es sich um weitläufige Außenanlagen handelt und keine Nutzung von Umkleiden, sanitären Anlagen und anderen Aufenthaltsräumen oder Gemeinschaftseinrichtungen erfolgt. Als weitläufige Außenanlagen im Sinne des Satzes 3 gelten insbesondere Golf-, Reit- und Modellflugsportplätze sowie Skiloipen und Skipisten mit der Ausnahme von Skiaufstiegsanlagen.“
Der Antragsteller trägt vor, er betreibe in Baden-Württemberg drei Fitnessstudios, für die es ein umfassendes Schutz- und Hygienekonzept gebe. Ob die Ausnahmeklausel des § 1d Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 CoronaVO Anwendung finde, ergebe sich aus der Norm nicht eindeutig. Jedenfalls aber würde nur eine Ausnahme für Reha-Sport in Betracht kommen, der wirtschaftlich betrachtet für ihn keine Bedeutung zukomme. Für eines seiner Fitnessstudios habe er im Außenbereich ein Fitnesszelt eingerichtet. Laut ordnungsbehördlichen Schreiben vom 01.02.2021 handele sich bei diesem jedoch nicht um eine weitläufige Außenanlage im Sinne von § 1d Abs. 1 Satz 3 CoronaVO.
Fitnessstudios lebten von vielmonatigen Mitgliedschaften. Die Rentabilitätsschwelle liege grob gerechnet bei ca. 1 Mitglied pro 1 m². Seit dem Lockdown im Frühjahr 2020 habe es einen extremen Mitgliederschwund gegeben. Gleichzeitig gebe es verschwindend geringe Neuanmelderzahlen. Die monatlichen Fixkosten, zu denen Mieten von ca. ... EUR, Geräteleasing von ca. ... EUR, Lohnkosten von ca. ... EUR und Stromkosten von ca. ... EUR gehörten, seien unverändert hoch. Alle Mitarbeiter seien seit dem ersten Lockdown durchgängig in Kurzarbeit. Der Antragsteller sei konkret in seiner Existenz gefährdet.
Die Regelungen in § 13 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 1d Abs. 1 Satz 1 CoronaVO seien rechts- und verfassungswidrig. Hieraus folge die Gesamtnichtigkeit der Corona-Verordnung, da der Verordnungsgeber ein Gesamtkonzept verfolge. § 1d Abs. 1 Satz 1 CoronaVO verstoße gegen den Wesentlichkeitsgrundsatz. § 32 Satz 1 IfSG sei formell verfassungswidrig, da die Kompetenznorm des Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG überschritten werde. Auch durch die Kompetenzen im Bereich der Richtlinien und Beschlüsse in § 5 Abs. 2 Nr. 7 IfSG werde in verfassungswidriger Weise in die Verwaltungskompetenzen nach Art. 83 ff. GG eingegriffen. § 32 IfSG sei auch materiell verfassungswidrig, da er Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG nicht genüge. Die Vorgaben des § 28a IfSG seien zwar präziser als § 28 IfSG, würden den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG aber nicht gerecht. Dem Verordnungsgeber werde weiterhin kein „Programm“ vorgegeben. Im Übrigen seien die Voraussetzungen des § 32 IfSG nicht erfüllt. Die erforderlichen konkreten Anhaltspunkte dafür, dass alle oder der überwiegende Teil der Verordnungsadressaten Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider wären, fehlten. § 1d Abs. 1 Satz 1 CoronaVO sei wegen Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verfassungswidrig. Es gebe mildere, gleich geeignete Mittel zur Betriebsuntersagung, nämlich ein hygienisches Gesamtkonzept. Die Zweck-Mittel-Relation sei nicht mehr gewahrt. Der R-Wert liege unter 1, die Anzahl der Neuinfektionen sinke stetig. Fitnessstudios seien keine wesentliche Ursache für die Verbreitung von Covid-19. Auch hinsichtlich der drohenden Verbreitung von Aerosolen bestünden keine durchgreifenden Bedenken, da Fitnessstudios groß seien und durch eine hinreichende Belüftung der Räumlichkeiten die Gefahr einer Ansteckung gebannt werde. Zudem seien die wirtschaftlichen Folgen der Betriebsuntersagungen zu berücksichtigen. Finanzielle Wirtschaftshilfe durch den Staat, die den verursachten Schaden auch nur ansatzweise kompensiere, sei nicht zu erwarten. Die November- und Dezember-Hilfen kämen kaum an. Die Gefahren des weiteren Pandemieverlaufs würden durch die bundesweiten Impfungen täglich sinken. Die Coronaregelungen enthielten keine Ausnahmeklauseln für Unternehmen, die in ihrer Existenz konkret gefährdet seien. Auch Art. 14 GG sei in Form des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verletzt, da durch die Betriebsuntersagungen die Substanz des Rechts verletzt werde und keine ausgleichenden Leistungen vorgesehen würden. Ein Eingriff in die Bestandsgarantie sei nur zulässig, wenn eine Regelung über die verfassungsrechtlich notwendige kompensatorische Entschädigung vorhanden sei. Zudem werde der Antragsteller in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Es bestünden Unterschiede zwischen Fitnessstudios, die bestimmte Sportarten wie Reha-Sport, Schulsport, Spitzen- oder Profisport anböten und damit geöffnet haben dürften, und solchen, die diese Sportarten nicht anböten. Zudem bestehe ein Unterschied zwischen großen Fitnessstudios, die von der Regelung schwerer betroffen seien, und kleineren Fitnessstudios. Eine Ungleichbehandlung bestehe auch insofern, als nicht jedes Fitnessstudio unter die staatlichen Wirtschaftshilfen falle, die 75 % des Vergleichsumsatzes im Jahr 2019 ausmachten. Diese Ungleichbehandlung sei nicht gerechtfertigt.
Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegengetreten. Die angegriffenen Vorschriften beruhten auf einer verfassungsgemäßen Ermächtigungsgrundlage. Die Voraussetzungen der § 28 Abs. 1, § 28a, § 32 IfSG lägen vor. Die Betriebsuntersagung sei verhältnismäßig und verletze den Gleichheitssatz nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO in der Besetzung mit drei Richtern (§ 9 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO). Die Besetzungsregelung in § 4 AGVwGO ist auf Entscheidungen nach § 47 Abs. 6 VwGO nicht anwendbar (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 15.12.2008 - GRS 1/08 - ESVGH 59, 154).
10 
Der Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO hat keinen Erfolg. Er ist teilweise unzulässig, im Übrigen unbegründet.
11 
1. Der Antrag ist nur zulässig, soweit sich der Antragsteller gegen § 1d Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 6 CoronaVO wendet. Im Übrigen ist er unzulässig.
12 
Ein Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO ist zulässig, wenn ein in der Hauptsache gestellter oder noch zu stellender Normenkontrollantrag nach § 47 Abs. 1 VwGO voraussichtlich zulässig ist (vgl. zu dieser Voraussetzung Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., § 47 Rn. 387) und die gesonderten Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO erfüllt sind. Diese Voraussetzungen liegen hier teilweise vor.
13 
a) Die Statthaftigkeit eines Antrags in der Hauptsache folgt aus § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, § 4 AGVwGO. Danach entscheidet der Verwaltungsgerichtshof auch außerhalb des Anwendungsbereichs des § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO über die Gültigkeit von im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften. Dazu gehören Verordnungen - wie hier - der Landesregierung.
14 
b) Die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist gewahrt.
15 
c) Der Antragsteller ist antragsbefugt, soweit er sich gegen § 1d Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 6 CoronaVO wendet.
16 
Die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO hat jede natürliche oder juristische Person, die geltend machen kann, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint (ausf. dazu Senat, Urt. v. 29.04.2014 - 1 S 1458/12 - VBlBW 2014, 462 m.w.N.). Danach liegt eine Antragsbefugnis im Hinblick auf § 1d Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 6 CoronaVO vor. Es ist jedenfalls nicht von vornherein nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen, dass der Antragsteller durch § 1d Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 6 CoronaVO in seinem Grundrecht auf Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) verletzt ist.
17 
Hingegen fehlt es an einer Antragsbefugnis, soweit sich der Antragsteller gegen die Corona-Verordnung insgesamt wendet. Er trägt nicht vor, inwiefern er durch welche weiteren Regelungen der Corona-Verordnung in seinen subjektiven Rechten verletzt sein soll. Nach seiner Rechtsauffassung ist die geltend gemachte Gesamtnichtigkeit der Corona-Verordnung bloße Folge der geltend gemachten Nichtigkeit von § 1d Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 6 CoronaVO. Daher fehlt es insoweit auch an einem Rechtsschutzbedürfnis. Denn hinsichtlich seines Rechtsschutzziels, die Außervollzugsetzung der Vorschriften über die Betriebsuntersagungen für Fitnessstudios zu erreichen, würde sich seine Rechtsstellung durch die Außervollzugsetzung der gesamten Corona-Verordnung nicht verbessern.
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d) Für einen Antrag in der Hauptsache und den nach § 47 Abs. 6 VwGO liegt - soweit eine Antragsbefugnis des Antragstellers besteht - ein Rechtsschutzinteresse vor. Denn der Antragsteller könnte mit einem Erfolg dieser Anträge seine Rechtsstellung insoweit jeweils verbessern.
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2. Der Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO ist, soweit er zulässig ist, nicht begründet.
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Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind zunächst die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags in der Hauptsache, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ist danach der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Ergibt diese Prüfung, dass ein Normenkontrollantrag in der Hauptsache voraussichtlich begründet wäre, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug der streitgegenständlichen Satzung oder Rechtsvorschrift zu suspendieren ist. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug der Rechtsvorschrift vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden: Gegenüberzustellen sind die Folgen, die einträten, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Antrag nach § 47 Abs. 1 VwGO aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, also so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung - trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache - dringend geboten ist (BVerwG, Beschl. v. 25.02.2015 - 4 VR 5.14 -, ZfBR 2015, 381; Beschl. v. 16.09.2015 - 4 VR 2/15 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 09.08.2016 - 5 S 437/16 -, juris m.w.N.; Beschl. v. 13.03.2017 - 6 S 309/17 - juris). Mit diesen Voraussetzungen stellt § 47 Abs. 6 VwGO an die Aussetzung des Vollzugs einer untergesetzlichen Norm erheblich strengere Anforderungen, als § 123 VwGO sie sonst an den Erlass einer einstweiligen Anordnung stellt (BVerwG, Beschl. v. 18.05.1998 - 4 VR 2/98 - NVwZ 1998, 1065).
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An diesen Maßstäben gemessen ist der Antrag des Antragstellers nicht begründet. Die Erfolgsaussichten eines gegen § 1d Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 6 CoronaVO gerichteten Normenkontrollantrags in der Hauptsache sind gegenwärtig offen (aa). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist aber nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO dringend geboten (bb).
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aa) Die Erfolgsaussichten eines Normenkontrollantrags gegen § 1d Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 6 CoronaVO sind derzeit offen.
23 
Infektionsschutzrechtliche Maßnahmen gegen die Verbreitung des Coronavirus können auf Ermächtigungsgrundlagen aus dem 5. Abschnitt des Infektionsschutzgesetzes gestützt und auch gegen sog. Nichtstörer gerichtet werden (1). Die sich aus dieser einfachgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage ergebenden Voraussetzungen für eine Betriebsschließung sind gegenwärtig voraussichtlich erfüllt (2). Offen ist allerdings, ob die angefochtenen Verordnungsvorschriften auf eine einfachgesetzliche Rechtsgrundlage aus dem Infektionsschutzgesetz gestützt ist, die den Anforderungen des Parlamentsvorbehalts genügt (3). Im Übrigen dürften die angefochtenen Verordnungsbestimmungen mit Verfassungsrecht in Einklang stehen. Sie dürften hinreichend bestimmt sein (4) und begründen voraussichtlich keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte des Antragstellers aus Art. 12 Abs. 1 GG (5), Art. 14 Abs. 1 GG (6) und Art. 3 Abs. 1 GG (7).
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(1) Für die Regelungen in § 1d Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 6 CoronaVO über die Untersagung des Betriebs von Fitnessstudios besteht eine Rechtsgrundlage in § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1, § 28a Abs. 1 Nr. 6 und Abs. 3 IfSG, die eine Betriebsuntersagung der hier normierten Art am Maßstab des einfachen Gesetzesrechts gemessen grundsätzlich tragen kann (st. Rspr., vgl. etwa Senat, Beschl. v. 18.01.2021 - 1 S 69/21 - juris).
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Wenn - wie im Fall des Coronavirus unstreitig - eine übertragbare Krankheit festgestellt ist, können nach § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 IfSG die notwendigen Schutzmaßnahmen - hierzu zählen im Anwendungsbereich des § 28a IfSG grundsätzlich auch Betriebsschließungen (vgl. § 28a Abs. 1 Nr. 6 IfSG) - zur Verhinderung der Verbreitung der Krankheit durch eine Verordnung der Landesregierung getroffen werden. Mit solchen repressiven Bekämpfungsmaßnahmen gehen zulässigerweise auch stets präventive Wirkungen einher, solche präventiven Folgen sind gerade bezweckt. Daher ist die Landesregierung insbesondere nicht auf Maßnahmen nach § 16 oder § 17 IfSG beschränkt. Dabei ermächtigt § 28 Abs.1 IfSG nach seinem Wortlaut, seinem Sinn und Zweck und dem Willen des Gesetzgebers zu Maßnahmen auch gegenüber Nichtstörern (vgl. ausf. zum Ganzen Senat, Beschl. v. 09.04.2020 - 1 S 925/20 - juris; Beschl. v. 23.04.2020 - 1 S 1003/20 -; je m.w.N.). Auf die vom Antragsteller aufgeworfene Frage, ob alle oder der überwiegende Teil der Verordnungsadressaten Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider sind, kommt es daher nicht an.
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(2) Die sich aus dieser einfachgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage in § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1, § 28a Abs. 1 Nr. 6 und Abs. 3 IfSG ergebenden Voraussetzungen für die in den angefochtenen Verordnungsbestimmungen geregelten Betriebsschließungen sind gegenwärtig voraussichtlich erfüllt. Insbesondere entsprechen die Verordnungsbestimmungen derzeit noch den sich aus § 28a Abs. 3 IfSG ergebenden Anforderungen (vgl. zu diesen Senat, Beschl. v. 05.02.2021 - 1 S 321/21 - juris).
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Zu § 28a Abs. 3 IfSG hat der Senat im Beschluss vom 18.02.2021 - 1 S 398/21 - zu Betriebsuntersagungen im Einzelhandel ausgeführt:
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“Mit diesen Regelungen hat der Bundesgesetzgeber die Grundentscheidung getroffen, dass bei dem Erlass von Schutzmaßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie grundsätzlich ein differenziertes, gestuftes Vorgehen geboten ist, das sich an dem tatsächlichen regionalen Infektionsgeschehen orientieren soll (Senat, Beschl. v. 05.02.2021, a.a.O., dort u.H. auf den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD für ein Drittes Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite, BT-Drs. 19/23944 vom 03.11.2020, S. 34 f.; vgl. ferner NdsOVG, Beschl. v. 18.01.2021 - 13 MN 11/21 - juris; BayVGH, Beschl. v. 14.12.2020 - 20 NE 20.2907 - juris). Dieses Ziel des Gesetzgebers kommt in der Grundnorm des Satzes 2 des § 28a Abs. 3 IfSG in besonderem Maße zum Ausdruck (Senat, Beschl. v. 05.02.2021, a.a.O.).
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Gleichzeitig hat der Bundesgesetzgeber die zur Entscheidung berufenen öffentlichen Stellen, insbesondere die zum Erlass von Verordnungen ermächtigten Landesregierungen (vgl. § 28 Abs. 5 Satz 1, § 32 IfSG), dazu verpflichtet, zu berücksichtigen, ob landesweit (Satz 10) oder gar bundesweit (Satz 9) der Schwellenwert von über 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen überschritten ist, und, falls es nach einer Überschreitung zu einer Unterschreitung kommt, seit wann letzteres der Fall ist (s. Satz 11: „solange“).
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Ergreift ein Verordnungsgeber im Anwendungsbereich des Satzes 10 - wegen einer landesweiten Überschreitung des genannten Schwellenwerts - eine Maßnahme, hat er zur Wahrung des Gebots der Verhältnismäßigkeit auch zu prüfen und darzulegen, ob diese gerade landesweit angeordnet werden muss oder ob insoweit differenziertere Regelungen in Betracht kommen (s. näher dazu Senat, Beschl. v. 05.02.2021, a.a.O., und Satz 5 des § 28a Abs. 3 IfSG). Dies gilt insbesondere dann, wenn der Verordnungsgeber gestützt auf Satz 10 landesspezifische Maßnahmen ergreift, die nicht Teil einer bundesweiten Strategie sind (vgl. zu einer landesspezifischen und -weiten nächtlichen Ausgangbeschränkung Senat, Beschl. v. 05.02.2021, a.a.O.).
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Ist die 7-Tages-Inzidenz bundesweit überschritten und deshalb der Anwendungsbereich des Satzes 9 eröffnet, sind nach dieser Vorschrift „bundesweit abgestimmte umfassende, auf eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens abzielende Schutzmaßnahmen anzustreben.“ Soweit der Verordnungsgeber im Anwendungsbereich dieser Vorschrift Maßnahmen ergreift, die nicht landesspezifisch und „nur“ (wie nach Satz 10) landesweit, sondern (nach Satz 9) bundesweit abgestimmt sind, darf er bei der Prüfung, ob regionale Differenzierungen geboten sind, die Satz 10 zugrundeliegende Wertung des Bundesgesetzgebers berücksichtigen, dass, wenn
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„das Infektionsgeschehen bundesweit über 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen (liegt), (...) die Infektionsbekämpfung nach einer bundesweit möglichst einheitlichen Strategie erfolgen (sollte), um mögliche infektiologische Wechselwirkungen und Verstärkungen zwischen einzelnen Regionen auszuschließen und die Akzeptanz der erforderlichen schwerwiegenden Maßnahmen in der Bevölkerung zu erhöhen. Vor diesem Hintergrund sind die für den Vollzug des Infektionsschutzgesetzes primär zuständigen Länder aufgefordert, die zu ergreifenden Schutzmaßnahmen abzustimmen und sich auf eine gemeinsame Bekämpfungsstrategie zu verständigen“ (BT-Drs. 19/23944 vom 03.11.2020, S. 34 f. zu § 28a Abs. 2 des Entwurfs).
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An diesen gesetzlichen Vorgaben gemessen, ergeben sich aus § 28a Abs. 3 IfSG aller Voraussicht nach derzeit keine durchgreifenden Bedenken gegen die angefochtenen Verordnungsbestimmungen. Insbesondere muss der Antragsgegner gegenwärtig nicht wegen § 28a Abs. 3 IfSG in Betracht ziehen, auf landesweit einheitliche Vorgaben für den Einzelhandel zugunsten von regional, etwa nach Land- und Stadtkreisen differenzierenden Regelungen zu verzichten.“
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Nach diesem Maßstab, an dem der Senat festhält, ist der Anwendungsbereich des § 28a Abs. 3 Satz 9 IfSG derzeit eröffnet. Denn der Schwellenwert von über 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen ist zurzeit bundesweit (vgl. zum Begriff „landesweit“ Senat, Beschl. v. 05.02.2021, a.a.O.) überschritten. Die bundesweite 7-Tages-Inzidenz betrug zuletzt (17.02.2021) bundesweit 57 (vgl. Robert-Koch-Institut [RKI], Lagebericht vom 17.02.2021, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Feb_2021/2021-02-17-de.pdf?__blob=publicationFile, zuletzt abgerufen am 18.02.2021).
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Der Antragsgegner hat infolgedessen gegenwärtig nach § 28a Abs. 3 Satz 9 IfSG weiterhin „bundesweit abgestimmte umfassende, auf eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens abzielende Schutzmaßnahmen anzustreben“. Die Entscheidung des Antragsgegners in den angefochtenen Vorschriften, den Betrieb von Fitnessstudios grundsätzlich zu untersagen, ist auch Teil einer solchen „bundesweiten Abstimmung“ im Sinne von Satz 9. Der Antragsgegner setzt damit einen am 28.10.2020 in einer Videokonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und -chefs der Länder gefassten, von ihm dort mitgetragenen Beschluss um. Dort vereinbarten sie u.a.:
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„Institutionen und Einrichtungen, die der Freizeitgestaltung zuzuordnen sind, werden geschlossen. Dazu gehören
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a. Theater, Opern, Konzerthäuser, und ähnliche Einrichtungen,
b. Messen, Kinos, Freizeitparks und Anbieter von Freizeitaktivitäten (drinnen und draußen), Spielhallen, Spielbanken, Wettannahmestellen und ähnliche Einrichtungen,
c. Prostitutionsstätten, Bordelle und ähnliche Einrichtungen,
d. der Freizeit- und Amateursportbetrieb mit Ausnahme des Individualsports allein, zu zweit oder mit dem eignen Hausstand auf und in allen öffentlichen und privaten Sportanlagen,
e. Schwimm- und Spaßbäder, Saunen und Thermen,
f. Fitnessstudios und ähnliche Einrichtungen.“
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(https://www.bundesregierung.de/resource/blob/997532/1805024/5353edede6c0125ebe5b5166504dfd79/2020-10-28-mpk-beschluss-corona-data.pdf?download=1)
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Die in den angefochtenen Vorschriften - und vorangegangenen im Wesentlichen inhaltsgleichen Vorschriften ab dem 02.11.2020 - getroffene Entscheidung des Antragsgegners, den Betrieb von Fitnessstudios grundsätzlich zu untersagen, stellt damit keine landesspezifische Entscheidung dar, sondern ist Teil der vom Bundesgesetzgeber bei bundesweiter Überschreitung des Schwellenwerts von 50 ausdrücklich gewünschten „bundesweit möglichst einheitlichen Strategie“ (vgl. erneut BT-Drs. 19/23944 vom 03.11.2020, S. 34 f. zu § 28a Abs. 2 des Entwurfs). Bei der Umsetzung einer solchen bundesweit einheitlichen Strategie in Landesrecht durfte der Antragsgegner, wie gezeigt, berücksichtigen, dass „mögliche infektiologische Wechselwirkungen und Verstärkungen zwischen einzelnen Regionen“ möglichst ausgeschlossen werden sollen (vgl. erneut BT-Drs. 19/23944, a.a.O.). Hiervon ausgehend bietet § 28a Abs. 3 Satz 9 IfSG dem Antragsgegner gegenwärtig keinen Anlass, bei der Schließung von Fitnessstudios regional differenzierende Regelungen zu schaffen. Die Vorschrift spricht zurzeit im Gegenteil dafür, solche Regelungen - wenn die übrigen Voraussetzungen dafür vorliegen - landesweit einheitlich zu erlassen. Denn es wäre konkret zu erwarten, dass es zwischen den Kreisen des Landes sowie diesen und anderen Bundesländern zu erheblichen Bewegungen und Ballungen von Menschen kommen würde, wenn Fitnessstudios in einigen Kreisen punktuell öffnen könnten, in anderen aber geschlossen blieben. Hierzu würden voraussichtlich zum einen die Vielzahl von „Ketten“ von Fitnessstudios mit Studios in mehreren Orten beitragen, die ihren Kunden Training in allen ihren Studios ermöglichen können, zum anderen die markttypischen Angebote von Probe- und Kurzzeitmitgliedschaften, die bei einer nur regionalen Öffnung von Fitnessstudios sicherlich in nennenswerter Anzahl auch über die Grenzen von Kreisen und Bundesländern hinaus in Anspruch genommen würden. Dies würde zu einem erheblichen Anstieg der Sozialkontakte und infolgedessen der Infektionsgefahren führen (anders auch insoweit bei regionalen Differenzierungen in Bezug auf nächtlichen Ausgangsbeschränkungen, vgl. Senat, Beschl. v. 05.02.2021, a.a.O.) und die vom Gesetzgeber gewünschte bundesweite Strategie, die auf eine umfassende Reduzierung von Sozialkontakten zielt, konterkarieren.
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Anhaltspunkte dafür, dass die „bundesweite Abstimmung“ vom 28.10.2020 zu Fitnessstudios ihrerseits im Lichte von § 28a Abs. 3 IfSG Bedenken begegnen könnte, bestehen ebenfalls nicht. Ähnlich wie beim Tatbestandsmerkmal des „landesweiten Abstimmung“ in Satz 10 gilt auch im Anwendungsbereich des Satzes 9, dass eine „bundesweite Abstimmung“ bundesweit einheitliche, aber insbesondere bei einer disparaten Verteilung des Infektionsgeschehens auch regional differenzierte Regelungen zum Ziel haben kann (vgl. zu Satz 9 Senat, Beschl. v. 05.02.2021, a.a.O.). Im vorliegenden Fall bestand auf Bundesebene aus den genannten Gründen derzeit allerdings noch kein rechtlicher Anlass, in Bezug auf Schließungsanordnungen regional zu differenzieren.
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Aus dem Umstand, dass die 7-Tages-Inzidenz von 50 im landesweiten Durchschnitt (vgl. Satz 10) - anders als im bundesweiten (vgl. Satz 9) - inzwischen unterschritten wird, folgt nichts anderes. Dieser Umstand zwingt den Antragsgegner insbesondere nicht dazu, sich einer bundeseinheitlich abgestimmten Strategie zur Pandemiebekämpfung zu verweigern. Denn die Unterschreitung des auf den Landesdurchschnitt bezogenen Inzidenzschwellenwerts (Satz 10) ändert nichts daran, dass der Anwendungsbereich von Satz 9 des § 28a Abs. 3 IfSG weiterhin eröffnet ist. Auch im Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist der Verordnungsgeber gleichwohl verpflichtet, fortlaufend zu prüfen, ob die Infektionslage im Land die bundesweit abgestimmten Maßnahmen weiterhin trägt. Dies ist hier noch der Fall. Denn der Schwellenwert im Land ist erst seit wenigen Tagen und bislang auch nur geringfügig unterschritten (41,6 am 17.02.2021 um 16:00 Uhr, vgl. Landesgesundheitsamt, Tagesbericht COVID-19 vom 17.02.2021, abrufbar unter https://www.gesundheitsamt-bw.de/lga/DE/Fachinformationen/Infodienste_Newsletter/InfektNews/Lagebericht%20COVID19/ COVID_Lagebericht_LGA_210217.pdf, zuletzt abgerufen am 18.02.2021) und eine regionale Differenzierung im Land ist aus den oben genannten Gründen derzeit nicht geboten. Dass in einer solchen Lage landesweit einheitliche Regelungen weiterhin in Betracht kommen, auch wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des Satzes 10 nicht mehr erfüllt sind, wird auch durch Satz 11 bestätigt. Diese Vorschrift bestimmt, dass nach Unterschreitung eines in den Sätzen 5 und 6 genannten Schwellenwertes - darunter der Schwellenwert von 50 (Satz 5) - die in Bezug auf den jeweiligen Schwellenwert genannten Schutzmaßnahmen aufrechterhalten werden können, soweit und solange dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist.
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(3) Offen ist allerdings, ob die angefochtene Vorschrift des § 1d Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 6 CoronaVO mit § 28a Abs. 1 IfSG auf eine einfachgesetzliche Rechtsgrundlage aus dem Infektionsschutzgesetz gestützt ist, die den Anforderungen des Parlamentsvorbehalts genügt.
43 
Der Senat hat es für vorangegangene Verordnungsbestimmungen, mit denen im Verlaufe der Corona-Pandemie gestützt auf das Infektionsschutzgesetz die vollständige Schließung von Betrieben angeordnet wurden, als offen bezeichnet, ob diese Bestimmungen den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG und des Parlamentsvorbehalts genügte. Der Senat hat dazu unter anderem ausgeführt, dass der Verordnungsgeber Ungleichbehandlungen grundsätzlich allein aus infektionsschutzrechtlichen Gründen vornehmen dürfe, da nur zu diesem Zweck die Verordnungsermächtigung erteilt sei. Unabhängig vom Vorliegen normativer Ungleichbehandlungen sei fraglich, ob Maßnahmen der Exekutive zur Bekämpfung der Corona-Pandemie noch mit den Anforderungen des Parlamentsvorbehalts vereinbar seien, wenn die Maßnahmen bereits über einen längeren Zeitraum in Bezug auf dieselben Personen Grundrechtseingriffe bewirkt hätten und weiter bewirkten (vgl. ausf. Senat, Beschl. v. 06.11.2020 - 1 S 3430/20 - juris, und v. 05.11.2020 - 1 S 3405/20 - juris).
44 
Der Gesetzgeber hat mit dem am 19.11.2020 in Kraft getretenen § 28a IfSG unter anderem normiert, dass notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne von § 28 Abs. 1 Satz 1, 2 IfSG zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite durch den Deutschen Bundestag insbesondere die Schließung oder Einschränkung von Freizeiteinrichtungen sein können (Absatz 1 Nr. 6), und dass bei Entscheidungen über solche Schutzmaßnahmen soziale, gesellschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen auf den Einzelnen und die Allgemeinheit einzubeziehen und zu berücksichtigen sind, soweit es mit dem Ziel einer wirksamen Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 vereinbar ist (Absatz 6 Satz 2). Diese Regelungen sollen offenkundig bezwecken, die verfassungsrechtlichen Anforderungen, die sich aus dem Parlamentsvorbehalt für die Beschränkung und Schließung von Betrieben ergeben können, einzuhalten, und dem Verordnungsgeber im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG Differenzierungen ermöglichen, die über rein infektionsschutzrechtliche Gründe hinausgehen. Die Vorschrift des § 28a IfSG mag daher im Grundsatz geeignet sein, eine tragfähige Rechtsgrundlage für eine auf bestimmte Bereiche beschränkte Schließung von Freizeiteinrichtungen darzustellen. Ob die Norm in jeder Hinsicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt, wird jedoch in einem Hauptsacheverfahren zu klären sein (bejahend BayVGH, Beschl. v. 08.12.2020 - 20 NE 20.2461 -).
45 
Das gilt auch für die damit im Zusammenhang stehenden, von dem Antragsteller sinngemäß aufgeworfenen Fragen, ob § 28a Abs. 1 IfSG in jeder Hinsicht den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG und dem aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) abgeleiteten Gebot der Bestimmtheit von Normen genügt, das verlangt, dass Rechtsvorschriften so gefasst sein müssen, dass der Betroffene seine Normunterworfenheit und die Rechtslage so konkret erkennen kann, dass er sein Verhalten danach auszurichten vermag (vgl. zur oben genannten Wesentlichkeitslehre im Anwendungsbereich des Art. 80 GG Senat, Beschl. v. 05.11.2020, a.a.O.; zum Bestimmtheitsgebot ferner Senat, Beschl. v. 18.12.2020 - 1 S 4028/20 - juris).
46 
(4) Die Vorschriften der § 1d Abs. 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 6 CoronaVO dürften entgegen dem Antragsvorbringen hinreichend bestimmt sein. Durch die Regelung in § 13 Abs. 1 Nr. 6 CoronaVO mit den Worten „öffentliche und private Sportanlagen und Sportstätten, einschließlich Fitnessstudios“ ergibt sich klar, dass Fitnessstudios zu den Sportanlagen und Sportstätten gehören. Folglich kann die Ausnahme nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 CoronaVO - wovon auch der Antragsgegner ausgeht - auf Fitnessstudios Anwendung finden.
47 
Auch das Tatbestandsmerkmal der weitläufigen Außenanlagen nach § 1d Abs. 1 Satz 3 und 4 CoronaVO dürfte hinreichend bestimmbar sein. Schon der Begriff der Außenanlage spricht, insbesondere angesichts der bekannten Tatsache, dass die Gefahr der Übertragung des Coronavirus im Freien deutlich geringer ist, dafür, dass damit Anlagen unter freiem Himmel gemeint sind. Der Umstand, dass ausdrücklich normiert ist, dass keine Nutzung von Umkleiden, sanitären Anlagen und anderen Aufenthaltsräumen oder Gemeinschaftseinrichtungen erfolgen darf und dass insbesondere Golf-, Reit- und Modellflugsportplätze sowie Skiloipen und Skipisten mit Ausnahme der Skiaufstiegsanlagen als weitläufige Außenanlagen gelten, bestätigt das.
48 
(5) Die angefochtenen Vorschriften begründen voraussichtlich keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das Grundrecht des Antragstellers auf Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Mit dem in § 1d Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 6 CoronaVO geregelten Verbot, Fitnessstudios zu betreiben, verfolgt der Antragsgegner einen legitimen Zweck (a). Das dazu gewählte Mittel erweist sich entgegen dem Antragsvorbringen aller Voraussicht nach als geeignet (b), erforderlich (c) und angemessen (d).
49 
(a) Mit der angefochtenen Bestimmung verfolgt der Verordnungsgeber einen legitimen Zweck.
50 
Der Verordnungsgeber ist Ende November 2020 zu der - unter anderem durch die Erhebungen des Robert-Koch-Instituts bestätigten - Einschätzung gelangt, dass mit den seit 01.11.2020 zunächst angeordneten Maßnahmen des sog. „Lockdowns light“ zwar das exponentielle Wachstum des pandemiebedingten Infektionsgeschehens zunächst gestoppt, hingegen das Ziel einer Umkehrung der damals besorgniserregenden Entwicklung des Infektionsgeschehens nicht erreicht werden konnte, sondern dass im Gegenteil ausgehend von einem schon sehr hohen Niveau wieder der Beginn eines erneuten exponentiellen Wachstums der Infektionszahlen festzustellen war. Der Verordnungsgeber hatte sich vor diesem Hintergrund dazu entschlossen, das „unmittelbare Ziel“ zu verfolgen, „die Anzahl physischer Kontakte in der Bevölkerung umgehend und flächendeckend auf ein absolut erforderliches Mindestmaß zu reduzieren. Nur durch eine umgehende, drastische Beschränkung von Kontakten lässt sich die erneute exponentielle Dynamik des Infektionsgeschehens nicht nur brechen, sondern auch nachhaltig umkehren“ (Begründung der Zweiten Änderungsverordnung, https://www.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/dateien/PDF/Corona-infos/201215_Begruendung_zur_2.AenderungsVO_zur_5.CoronaVO.pdf).
51 
Diesem Ziel dienten die Maßnahmen, die der Verordnungsgeber in der Verordnung zur Änderung der Corona-Verordnung vom 11.12.2020 und der Zweiten Änderungsverordnung vom 15.12.2020 sowie der Dritten Änderungsverordnung vom 08.01.2021 eingeführt hat. Das galt aus seiner Sicht Anfang Januar 2021 auch und weiterhin für den hier streitbefangenen § 1d Abs. 1 CoronaVO. Damit soll zu der im Rahmen eines Gesamtkonzepts zusammen mit anderen Maßnahmen erstrebten möglichst umfassenden Kontaktreduzierung beigetragen werden. „Unmittelbares Ziel der Maßnahmen der §§ 1b bis 1h CoronaVO“ ist ausweislich der Verordnungsbegründung „nach wie vor, die Anzahl physischer Kontakte in der Bevölkerung umgehend und flächendeckend auf ein absolut erforderliches Mindestmaß zu reduzieren. Nur durch eine umgehende, drastische Beschränkung von Kontakten lässt sich die erneute exponentielle Dynamik des Infektionsgeschehens nicht nur brechen, sondern auch nachhaltig umkehren“ (Begründung der Dritten Änderungsverordnung, abrufbar unter https://www.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/dateien/PDF/Corona-infos/210110_Begruendung_zur_3.AenderungsVO_zur_5.CoronaVO.pdf; s. allgemein zu den vom Verordnungsgeber verfolgten Zielen auch bereits Begründung der Zweiten Änderungsverordnung vom 15.12.2020, a.a.O.).
52 
Dieses Ziel verfolgt der Verordnungsgeber weiterhin. Er strebt an, das Infektionsgeschehen noch deutlicher als bisher zu reduzieren und nachhaltig auf ein Niveau zu bringen, das einen Übergang zu einer Strategie einer umfassenden Nachverfolgung von Infektionsketten durch die Gesundheitsämter ermöglicht. (Begründung der Achten Änderungsverordnung vom 13.02.2021, abrufbar unter https://www.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/dateien/PDF/Coronainfos/210213_Begruendung_zur_8.AenderungsVO_zur_5.CoronaVO.pdf).
53 
Diese Ziele sind im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes legitim. Ziel der Regelung ist im Kern der Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit jedes Einzelnen wie auch der Bevölkerung insgesamt, wofür den Staat gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG eine umfassende Schutzpflicht trifft (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.10.1977 - 1 BvQ 5/77 - juris Rn. 13 f.; st. Rspr. auch des Senats, vgl. nur Beschl. v. 18.01.2021, a.a.O.).
54 
(b) Die angefochtenen Vorschriften stellen ein geeignetes Mittel dar, um die genannten legitimen Ziele zu erreichen.
55 
Ein Gesetz ist geeignet, wenn mit seiner Hilfe der erstrebte Erfolg gefördert werden kann (vgl. nur Senat, Beschl. v. 09.04.2020, a.a.O., m.w.N.). Diese Voraussetzung erfüllen die angefochtenen Vorschriften. Sie ist insbesondere dazu geeignet, Infektionsketten zu unterbrechen, ein erneutes exponentielles Wachstum zu verhindern und die Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus zu verlangsamen.
56 
Die Eignung der angefochtenen Bestimmungen wird auch nicht durch das ansatzweise sinngemäße Vorbringen des Antragstellers in Frage gestellt, dass Ausbruchsgeschehen in Fitnessstudios im Pandemiegeschehen keine herausragende Rolle gespielt hätten. Denn die mit der angegriffenen Maßnahme bewirkte Reduzierung von Kontakten kann der Weiterverbreitung des SARS-CoV-2-Virus entgegenwirken. Da die Ursache von Infektionen mit dem Coronavirus derzeit in der Vielzahl der Fälle nach wie vor nicht festzustellen ist, sind umfassend angelegte Maßnahmen zur Reduzierung von Kontakten geeignet im oben genannten Sinne. Der Antragsgegner hat den ihm bei der Beurteilung der Eignung einer Maßnahme zustehenden Beurteilungsspielraum (st. Rspr., vgl. BVerfG, Beschl. v. 09.03.1994 - 2 BvL 43/92 u.a. - BVerfGE 90, 145, 172 f., und Senat, Beschl. v. 09.04.2020, a.a.O., jeweils m.w.N.) angesichts des oben skizzierten Stands des Infektionsgeschehens sowie der wissenschaftlichen Fachdiskussion aller Voraussicht nach nicht überschritten (vgl. hierzu bereits Senat, Beschl. v. 18.01.2021, a.a.O.).
57 
(c) Das grundsätzliche Betriebsverbot in § 1d Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 6 CoronaVO ist zur Erreichung der von dem Verordnungsgeber verfolgten Ziele auch aller Voraussicht nach im Rechtssinne erforderlich.
58 
Ein Gesetz ist erforderlich, wenn der Gesetzgeber nicht ein anderes, gleich wirksames, aber das Grundrecht nicht oder weniger stark einschränkendes Mittel hätte wählen können, wobei dem Gesetzgeber auch insoweit ein Beurteilungsspielraum zusteht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.06.1984 - 1 BvR 1494/78 - juris Rn. 54 ff., und v. 09.03.1994 - 2 BvL 43/92 - juris Rn. 122, jeweils m.w.N.).
59 
Der Erforderlichkeit der streitgegenständlichen Anordnung steht vorliegend ebenfalls nicht der sinngemäße Einwand entgegen, dass die von Fitnessstudios ausgehende Ansteckungsgefahr gegenüber anderen Infektionsumfeldern nach den derzeit verfügbaren Daten möglicherweise eine untergeordnete Rolle spielt. Nach den bekannten, durch das RKI ausgewerteten Daten liegt derzeit nach wie vor ein zumeist diffuses Infektionsgeschehen vor, ohne dass Infektionsketten noch eindeutig nachvollziehbar sind (vgl. Lagebericht RKI, a.a.O.). Folglich sind Infektionsumfelder in vielen Fällen nicht mehr eindeutig zuordenbar, weshalb sich auch empirische Nachweise, welche Bereiche tatsächlich hohe Infektionsgefahren bergen und somit „Treiber der Pandemie“ wären, nicht mehr belastbar erbringen lassen. Damit sind auch zielgenauere Eingriffe gegenwärtig in vielen Fällen noch nicht möglich.
60 
Vor diesem Hintergrund vermag der Antragsteller die Erforderlichkeit der angefochtenen Vorschrift auch nicht durch den Verweis auf Hygienekonzepte in Frage zu stellen. Wie sich spätestens seit November 2020 gezeigt hat, waren trotz der in weiten Bereichen entwickelten Hygienekonzepte und der allgemeinen in der CoronaVO angeordneten Hygienemaßnahmen (Maskenpflicht, Abstandsgebot, Teilnahmeverbote, Datenerhebung zur Kontaktnachverfolgung) viele Infektionen nicht zu verhindern. Das Coronavirus konnte sich auch außerhalb von sog. „Hotspots“ in beinahe allen Teilen des Bundesgebiets ausbreiten und hat zu einem hohen Niveau an aktiven Infektionsfällen geführt.
61 
(d) Die in den angefochtenen Vorschriften normierte Betriebsuntersagung dürfte derzeit auch noch verhältnismäßig im engeren Sinne sein.
62 
Der Antragsgegner verfolgt mit den oben beschriebenen Zielen den Schutz von hochrangigen, ihrerseits den Schutz der Verfassung genießenden wichtigen Rechtsgütern. Die Vorschrift dient, wie gezeigt, dazu, - auch konkrete - Gefahren für das Leben und die körperliche Unversehrtheit einer potenziell großen Zahl von Menschen abzuwehren. Die angefochtene Norm bezweckt zugleich, die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems in Deutschland durch die Verlangsamung des Infektionsgeschehens sicherzustellen. Der Antragsgegner kommt damit der ihn aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG grundsätzlich treffenden Schutzpflicht nach.
63 
Der Senat misst den von dem Antragsgegner verfolgten Eingriffszwecken ein sehr hohes Gewicht bei. Er geht insbesondere davon aus, dass die Gefahren, deren Abwehr die angefochtenen Vorschriften dienen, derzeit nach wie vor in hohem Maße bestehen. Das RKI führt in seiner aktuellen „Risikobewertung zu COVID-19“ (Stand 12.02.2021) unter anderem aus (Hervorhebung im Original):
64 
„Es handelt sich weltweit, in Europa und in Deutschland um eine sehr dynamische und ernst zu nehmende Situation. Weltweit nimmt die Anzahl der Fälle weiter zu. Die Fallzahlen entwickeln sich von Staat zu Staat unterschiedlich, viele Staaten erleben nach vorübergehend sinkenden Fallzahlen erneute Anstiege. In vielen Staaten wurde mit der Impfung der Bevölkerung, meist in den hohen Altersgruppen, begonnen.
65 
In Deutschland kam es im vierten Quartal 2020 zu einem starken Anstieg der Fallzahlen. Darüber hinaus ist auch die Zahl der auf Intensivstationen behandelten Personen und die Anzahl der Todesfälle stark angestiegen.
66 
Schwere Erkrankungen an COVID-19, die im Krankenhaus behandelt werden müssen, betreffen dabei auch Menschen unter 60 Jahren. Seit Jahresbeginn sind die Fallzahlen in Deutschland langsam rückläufig. Ziel der Anstrengungen ist es, einen nachhaltigen Rückgang der schweren Erkrankungen und Todesfälle in allen Altersgruppen zu erreichen.
67 
Aktuell kann oft kein konkretes Infektionsumfeld ermittelt werden. Man muss von einer anhaltenden Zirkulation in der Bevölkerung (Community Transmission) ausgehen. COVID-19-bedingte Ausbrüche betreffen insbesondere Alten- und Pflegeheime, Krankenhäuser, aber auch private Haushalte, das berufliche Umfeld und andere Lebensbereiche. Neben der Fallfindung und der Kontaktpersonennachverfolgung muss der Schutz der Risikogruppen, den das RKI seit Beginn der Pandemie betont hat, konsequent umgesetzt werden. Dieses betrifft insbesondere den Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner von Alten- und Pflegeheimen. Nur wenn die Zahl der neu Infizierten insgesamt deutlich sinkt, können auch Risikogruppen zuverlässig geschützt werden.
68 
Effektive und sichere Impfstoffe stehen seit Ende 2020 zu Verfügung, aber noch nicht in ausreichenden Mengen. Sie werden aktuell vorrangig den besonders gefährdeten Gruppen (BewohnerInnen und Mitarbeitenden von Alten- und Pflegeheimen sowie Personen im Alter von 80+ Jahren) angeboten. Es wird erwartet, dass in den nächsten Wochen allen diesen besonders gefährdeten Menschen ein Impfangebot gemacht und damit bereits ein Effekt auf die Zahl der auf Intensivstationen behandelten Personen und Todesfällen erzielt werden kann.
69 
Die Therapie schwerer Krankheitsverläufe ist komplex und erst wenige Therapieansätze haben sich in klinischen Studien als wirksam erwiesen.
70 
Die Dynamik der Verbreitung einiger neuer Varianten von SARS-CoV-2 (B.1.1.7, B.1.351 und B.1.1.28) ist besorgniserregend. Diese besorgniserregenden Varianten (VOC) wurden inzwischen auch in Deutschland nachgewiesen. Es ist noch unklar, wie sich deren Zirkulation auf die Situation in Deutschland auswirken wird. Aufgrund der vorliegenden Daten hinsichtlich einer erhöhten Übertragbarkeit der Varianten besteht grundsätzlich die Möglichkeit einer Verschlimmerung der Lage. Ob und in welchem Maße die neuen Varianten die Wirksamkeit der verfügbaren Impfstoffe beeinträchtigen, ist derzeit noch nicht sicher abzuschätzen.
71 
Das Robert Koch-Institut schätzt die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland insgesamt als sehr hoch ein. Diese Einschätzung kann sich kurzfristig durch neue Erkenntnisse ändern“ (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html, zuletzt abgerufen am 17.02.2021).
72 
Diese Einschätzung des RKI beruht - ebenso wie der oben genannte Lagebericht - auf einer Auswertung der zurzeit vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnisse und ist inhaltlich nachvollziehbar. Sie gibt dem Senat Anlass, die vom Antragsgegner mit § 1d Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 6 CoronaVO verfolgten Zwecke mit einem sehr hohen Gewicht in die gebotene Abwägung einzustellen. Dies rechtfertigt es gegenwärtig zweifellos, weiterhin auch normative und mit Grundrechtseingriffen verbundene Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie zu ergreifen. Dazu können grundsätzlich auch Betriebsuntersagungen gehören.
73 
Die dem entgegenstehenden - grundrechtlich geschützten - Belange des Antragstellers und insgesamt der Betreiber von Fitnessstudios, die für die Beurteilung der Zumutbarkeit der angefochtenen Bestimmung und des mit ihr bewirkten Grundrechtseingriffs zu berücksichtigen sind, weisen ein sehr beachtliches Gewicht auf. Die von den Schließungen betroffenen Einrichtungen werden dadurch in vielen Fällen spürbare wirtschaftliche Einbußen erleiden, die sie ohne Kompensationsmaßnahmen teilweise auch existentiell treffen können.
74 
Diese Beeinträchtigungen sind dem Antragsteller und den übrigen betroffenen Betreibern aber bei der gebotenen Abwägung zum gegenwärtigen Zeitpunkt zumutbar. Ihren Belangen gegenüber stehen die ebenfalls gravierenden Folgen für Leib und Leben einer Vielzahl vom Coronavirus Betroffener, für die der Staat nach Art. 2 Abs. 2 GG eine Schutzpflicht hat, und die damit verbundene Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems Deutschlands.
75 
Zum Überwiegen dieser Belange trägt derzeit in vielen Fällen auch bei, dass zur Abmilderung der zu erwartenden wirtschaftlichen Einbußen weitgehende staatliche Kompensationsmaßnahmen vorgesehen sind (vgl. ausf. Senat, Beschl. v. 06.11.2020, a.a.O.). Dass der Antragsteller hiervon in keiner Weise profitiert, ist nicht plausibel. Jedenfalls die Regelungen zum Kurzarbeitergeld bewirken, dass ein beachtlicher Teil seiner monatlichen Fixkosten derzeit staatlich aufgefangen wird. Der Antragsteller hat weder dargelegt, die sog. November- und Dezemberhilfen beantragt und keine erhalten zu haben, noch ausgeführt, insoweit - obwohl als Betreiber von Fitnessstudios vom sog. Lockdown light im November betroffen - von vornherein nicht antragsberechtigt zu sein. Auch das pauschale Vorbringen, November- und Dezemberhilfen kämen nicht an, vermag der Senat nicht nachzuvollziehen, da gemäß übereinstimmenden Medienberichten nach einem sehr schleppenden Beginn mittlerweile über 4,35 Milliarden EUR an November- und Dezemberhilfen ausgezahlt sind (vgl. Bericht vom 01.02.2021, https://www.tagesschau.de/wirtschaft/corona-dezemberhilfen-103.html).
76 
(6) In der durch § 1d Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 6 CoronaVO angeordneten zeitlich befristeten Schließung von Fitnessstudios liegt voraussichtlich gegenwärtig noch kein Eingriff in das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG in seiner Ausgestaltung als Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Dieses Recht vermittelt lediglich einen Bestandsschutz. Es schützt nicht bloße Gewinn- und Umsatzchancen sowie tatsächliche Gegebenheiten (vgl. BVerfG, Urt. v. 06.12.2016 - 1 BvR 2821/11 -, BVerfGE 143, 246-396, juris Rn. 372; im Einzelnen Papier/Shirvani, in: Maunz/Dürig, GG, Stand: Februar 2020, Art. 14 Rn. 204 ff. m.w.N.). Selbst wenn die angefochtene Vorschrift als Inhalts- und Schrankenbestimmung einzuordnen wäre, würde sie sich derzeit aus den oben genannten Gründen voraussichtlich als verhältnismäßig erweisen.
77 
(7) Auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt voraussichtlich nicht vor. Wenn sich der Verordnungsgeber dafür entscheidet, bestimmte Betriebe und Dienstleistungen zu verbieten, ist er bei der Ausgestaltung der hierzu getroffenen Regelungen an den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebunden. Dieser gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (st. Rspr., vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.07.1998 - 1 BvR 1554/89 u.a. - BVerfGE 98, 365, 385; Beschl. v. 21.06.2011 - 1 BvR 2035/07 - BVerfGE 129, 49, 68 f.; Urt. v. 19.02.2013 - 1 BvL 1/11 u.a. - BVerfGE 133, 59, 86). Der allgemeine Gleichheitssatz enthält nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts keinen für jeden Regelungsbereich in gleicher Weise geltenden Maßstab. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen reichen die Grenzen für die Normsetzung vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse. Insoweit gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (BVerfG, Beschl. v. 21.07.2010 - 1 BvR 611/07 u.a. - BVerfGE 126, 400, 416; Beschl. v. 18.07.2012 - 1 BvL 16/11 - BVerfGE 132, 179, 188). Der jeweils aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Maßstab gilt für die normsetzende Exekutive entsprechend. Jedoch ist der dem Verordnungsgeber zukommende Gestaltungsspielraum enger. Ein solcher besteht von vornherein nur in dem von der gesetzlichen Ermächtigungsnorm abgesteckten Rahmen (Art. 80 Abs. 1 GG). Der Verordnungsgeber darf keine Differenzierungen vornehmen, die über die Grenzen einer formell und materiell verfassungsmäßigen Ermächtigung hinaus eine Korrektur der Entscheidungen des Gesetzgebers bedeuten würden. In diesem Rahmen muss er nach dem Gleichheitssatz im wohlverstandenen Sinn der ihm erteilten Ermächtigung handeln und hat sich von sachfremden Erwägungen freizuhalten (BVerfG, Beschl. v. 23.07.1963 - 1 BvR 265/62 - BVerfGE 16, 332, 338 f.; Beschl. v. 12.10.1976 - 1 BvR 197/73 - BVerf-GE 42, 374, 387 f.; Beschl. v. 23.06.1981 - 2 BvR 1067/80 - BVerfGE 58, 68, 79; Beschl. v. 26.02.1985 - 2 BvL 17/83 - BVerfGE 69, 150, 160; Brenner, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl., Art. 80 Abs. 1 GG Rn. 73). Der Verordnungsgeber soll das Gesetz konkretisieren und „zu Ende denken“, weiter gehen seine Befugnisse jedoch nicht. Er muss daher den Zweckerwägungen folgen, die im ermächtigenden Gesetz angelegt sind. Gesetzlich vorgegebene Ziele darf er weder ignorieren noch korrigieren (Nierhaus, in: BK, Art. 80 Abs. 1 GG Rn. 330, 336 [Stand: November 1998]).
78 
Anordnungen von Betriebsschließungen haben sich mithin an den Zwecken der Verordnungsermächtigung nach § 32 Satz 1 i.V.m. § 28a IfSG auszurichten, wenn sie Ungleichbehandlungen vornehmen. § 28a Abs. 6 Satz 2 IfSG bestimmt, dass bei Entscheidungen über Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) soziale, gesellschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen auf den Einzelnen und die Allgemeinheit einzubeziehen und zu berücksichtigen sind, soweit dies mit dem Ziel einer wirksamen Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) vereinbar ist. Gem. § 28a Abs. 6 Satz 3 IfSG können einzelne soziale, gesellschaftliche oder wirtschaftliche Bereiche, die für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung sind, von den Schutzmaßnahmen ausgenommen werden, soweit ihre Einbeziehung zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) nicht zwingend erforderlich ist.
79 
Nach diesem Maßstab dürfte es hier an einer Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG fehlen. Die Ausnahmen des § 1d Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 CoronaVO sind voraussichtlich durch hinreichende sachliche Gründe gerechtfertigt. Diese liegen jeweils darin begründet, dass besondere Personengruppen - im Unterschied zu den „normalen“ Nutzern von Fitnessstudios - auf die Nutzung von Sportanlagen und Sportstätten in besonderer Weise angewiesen sind, so Mitarbeiter der Polizei im Hinblick auf die zur Ausübung ihres Diensts notwendigen körperlichen Leistungsfähigkeit (Ausnahme zu dienstlichen Zwecken), kranke und genesende Personen aus gesundheitlichen Gründen (Ausnahme für den Reha-Sport), Schüler und Studierende, um vorgeschriebene Leistungen erbringen und Prüfungen ablegen zu können (Ausnahmen für den Schulsport und den Studienbetrieb), sowie Spitzen- und Profisportler zur Ausübung ihres Berufs (Ausnahme für den Spitzen- und Profisport).
80 
Entgegen dem Antragsvorbringen ist es voraussichtlich auch nicht zu beanstanden, dass der Verordnungsgeber keine Unterscheidung zwischen kleinen und großen Fitnessstudios getroffen hat. Dies dürfte aus infektionsschutzrechtlichen Gründen - an denen sich die Regelung, wie dargelegt, auszurichten hat - nicht zu beanstanden sein. Größere Fitnessstudios sind zwar dadurch gekennzeichnet, dass eine größere Fläche zur Verfügung steht, sie dürften jedoch typischerweise auch mehr Nutzer haben. Ein nennenswerter Unterschied in der infektionsschutzrechtlichen Beurteilung von großen und kleinen Fitnessstudios ist daher nicht erkennbar.
81 
Einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zeigt der Antragsteller schließlich nicht mit seiner Rüge auf, der Zugang zu den Wirtschaftshilfen des Bundes sei nicht gleichheitsgerecht ausgestaltet. Der Antragsteller übersieht bei diesem Vortrag, dass der Gleichheitssatz den Normgeber nur innerhalb seines Kompetenzbereichs bindet (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.05.1987 - 2 BvR 1226/83 u.a. - BVerfGE 76, 1; BayVerfGH, Entsch. v. 29.10.2012 - Vf. 6-VII-12 - BayVBl. 2013, 397 m.w.N.). Über die Zugangsvoraussetzungen zu den November- und Dezemberhilfen sowie der Überbrückungshilfe III entscheidet aber nicht der Antragsgegner in seinem Kompetenzbereich, sondern der Bund. Dementsprechend differenzieren auch die angefochtenen Verordnungsbestimmungen des Antragsgegners nicht nach diesen Zugangsvoraussetzungen.
82 
cc) Nach der im Hinblick auf die offenen Erfolgsaussichten erforderlichen Folgenabwägung kann der Senat ein deutliches Überwiegen der von dem Antragsteller geltend gemachten Belange gegenüber den von dem Antragsgegner vorgetragenen gegenläufigen Interessen derzeit nicht feststellen. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung erscheint daher nicht dringend geboten.
83 
Der Senat unterstellt zugunsten des Antragstellers, dass die mit der Betriebsuntersagung einhergehenden Nachteile auch in seinem Einzelfall von erheblichem Gewicht sind. Aus den dargelegten Gründen kommt jedoch den ebenfalls gravierenden Folgen für Leib und Leben einer Vielzahl vom Coronavirus Betroffener und der damit verbundenen Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems Deutschlands gegenwärtig noch ein größeres Gewicht zu. Ein deutliches Überwiegen der von dem Antragsteller geltend gemachten Belange gegenüber den gegenläufigen Interessen des Antragsgegners vermag der Senat daher derzeit nicht festzustellen.
84 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
85 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1, § 39 Abs. 1 GKG. Der Streitwert ist gemäß diesen Vorschriften nach der sich aus dem Antrag des Antragstellers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Da sich der Antragsteller gegen die Untersagung des Betriebs seiner Fitnessstudios wendet, nimmt der Senat die Festsetzung des Streitwerts in Anlehnung an Nr. 54.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vor. Danach ist für eine Gewerbeuntersagung der Streitwert nach dem Jahresbetrag des erzielten oder erwarteten Gewinns, mindestens auf 15.000,-- EUR festzusetzen. Der Antragsteller wendet sich gegen die Schließung von drei Fitnessstudios im Geltungsbereich der beanstandeten Verordnung. Der sich daraus ergebende Gesamtbetrag von 45.000,-- EUR ist im vorliegenden Eilverfahren wegen der begehrten weitgehenden Vorwegnahme der Hauptsache nicht zu reduzieren.
86 
Der Umstand, dass der Antragsteller sich auch gegen die Corona-Verordnung insgesamt wendet und deren Außervollzugsetzung begehrt, führt nicht zu einer Erhöhung des Streitwerts. In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Streitgegenstände nach § 39 Abs. 1 GKG zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist. Werden mehrere Klageanträge mit selbständiger Bedeutung gestellt, werden die Werte daher addiert, wenn die Streitgegenstände jeweils einen selbständigen wirtschaftlichen Wert oder einen selbständigen materiellen Gehalt haben. Hat ein Streitgegenstand im Verhältnis zu einem anderen hingegen keinen eigenen wirtschaftlichen Wert, bleibt er bei der Bemessung unberücksichtigt (vgl. nur BayVGH, Beschl. v. 11.04.2018 - 15 C 18.750 - juris Rn. 8). Nach diesem Maßstab findet hier keine Streitwertaddition nach § 39 Abs. 1 GKG statt, da der gegen die Corona-Verordnung insgesamt gerichtete Antrag aus Sicht des Antragstellers keinen selbständigen wirtschaftlichen Wert hat, sondern nach seiner Rechtsauffassung Folge der geltend gemachten Nichtigkeit von § 1d Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 6 CoronaVO ist.
87 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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