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| Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 VwGO gestützte Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22.07.2020 - 15 K 6883/18 - zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. |
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| Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Flurstück Nr. ..., Ax ... ... in B.... Mit Bescheid vom 05.04.2017 setzte die Beklagte ihr gegenüber für die als Abrechnungseinheit zusammengefassten Erschließungsanlagen „A... (östlicher Teil)“, „A...“ und „D... Straße“ in B... eine Vorauszahlung auf den Erschließungsbeitrag in Höhe von 21.794,76 EUR fest. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09.05.2018 zurück. |
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| Die daraufhin von der Klägerin erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit dem angegriffenen Urteil abgewiesen. Zusammengefasst hat das Verwaltungsgericht zur Begründung ausgeführt, die Heranziehung der Klägerin zu einer Vorauszahlung auf den Erschließungsbeitrag beruhe auf den § 25 Abs. 2, § 37 Abs. 3 KAG i.V.m. § 15 Abs. 1, § 3 Abs. 2 Satz 2 der Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten vom 27.07.2006 und sei rechtlich nicht zu beanstanden. |
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| Die Beklagte habe die Erschließungsanlagen „A... (östlicher Teil)“, „A...“ und „D... Straße“ gemäß § 37 Abs. 3 Satz 1 KAG zu einer Abrechnungseinheit zusammenfassen dürfen. Entgegen der Auffassung der Klägerin handele es sich bei diesen Erschließungsanlagen nicht um Straßen, die bei Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes nach den vormaligen landes- oder ortsrechtlichen Vorschriften bereits vorhanden gewesen seien. Im ehemals württembergischen Landesteil, zu dem auch die Beklagte gehöre, habe nach dem Inkrafttreten der Neuen Allgemeinen Bauordnung vom 06.10.1872 (RegBl. S. 305, 402) bzw. der Württembergischen Bauordnung vom 28.07.1910 (im Folgenden: BauO 1910; RegBl. S. 333) sowie dem Aufbaugesetz vom 18.08.1948 (RegBl. S. 127) eine Straße die Bestimmung zum Anbau und damit den Charakter einer „Baustraße“ (vgl. Art. 7 Abs. 5 BauO 1910) nur erhalten, wenn sie nach Maßgabe eines verbindlichen Ortsbauplans, Baulinienplans oder Bebauungsplans ausgebaut worden sei. Dies sei bei den streitgegenständlichen Straßen nicht der Fall gewesen. |
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| Auch die Voraussetzungen für die Festsetzung einer Vorauszahlung nach § 25 Abs. 2 KAG seien hier erfüllt. Danach könnten, wenn ein Erschließungsbeitrag noch nicht entstanden sei, Vorauszahlungen bis zur Höhe des voraussichtlichen endgültigen Erschließungsbeitrags verlangt werden, wenn mit der Herstellung der Erschließungsanlage begonnen worden und die endgültige Herstellung der Erschließungsanlage innerhalb von vier Jahren zu erwarten sei. Auch diese Voraussetzungen seien in Bezug auf die streitgegenständlichen, zu einer Abrechnungseinheit zusammengefassten Straßen gegeben. Insbesondere sei die sachliche Beitragspflicht noch nicht entstanden, da es noch an einer Schlussvermessung und einer diesbezüglichen Unternehmerrechnung fehle. |
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| Der angefochtene Vorauszahlungsbescheid sei auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Die Vorauszahlung sei anhand nachvollziehbar geschätzter Baukosten und der satzungsrechtlichen Verteilungsregelung ermittelt worden. |
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| Die Festsetzung der Vorausleistung verstoße schließlich auch nicht gegen das verfassungsrechtliche Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit, da die hierfür maßgebliche Vorteilslage nicht bestanden habe. Die Anlieger könnten sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. |
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| 1. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht. |
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| Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen vor, wenn unter Berücksichtigung der jeweils dargelegten Gesichtspunkte (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) die Richtigkeit des angefochtenen Urteils weiterer Prüfung bedarf, ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens mithin möglich ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.03.2004 - 7 AV 4.03 - DVBl. 2004, 838). Es kommt dabei darauf an, ob vom Antragsteller ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage gestellt worden ist, dass der Erfolg des Rechtsmittels mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie sein Misserfolg (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - DVBl. 2004, 822, und vom 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 - DVBl. 2000, 1458). Dazu müssen zum einen die angegriffenen Rechtssätze oder Tatsachenfeststellungen - zumindest im Kern - zutreffend herausgearbeitet werden (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.04.1997 - 8 S 1040/97 - VBlBW 1997, 299). Zum anderen sind schlüssige Bedenken gegen diese Rechtssätze oder Tatsachenfeststellungen aufzuzeigen, wobei sich der Darlegungsaufwand im Einzelfall nach den Umständen des jeweiligen Verfahrens richtet (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.02.1998 - 7 S 216/98 - VBlBW 1998, 378 mwN), insbesondere nach Umfang und Begründungstiefe der Entscheidung des Verwaltungsgerichts. |
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| Mit ihrem Zulassungsvorbringen hat die Klägerin ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nicht aufgezeigt. |
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| a) Ohne Erfolg rügt die Klägerin, bei den streitgegenständlichen Erschließungsanlagen handele es sich um bei Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes am 30.06.1961 vorhandene Straßen, weil sie schon in den 1950er Jahren dem öffentlichen Verkehr übergeben worden und damit nach der „Legaldefinition“ in § 13 Abs. 3 der Ortsbausatzung der Beklagten über Anliegerbeiträge und Gehwege vom 14.03.1957 (im Folgenden: Ortsbausatzung) schon endgültig hergestellt gewesen seien. |
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| Diesen bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragenen Einwand hat das Verwaltungsgericht im angegriffenen Urteil zurückgewiesen, da § 13 Abs. 3 der Ortsbausatzung zum einen, vergleichbar mit der heutigen Regelung in § 5 Abs. 6 StrG, nur eine Widmungsfiktion für Ortsstraßen durch Verkehrsübergabe regele. Zum anderen handele es sich hierbei um eine kommunale Regelung, die mangels Gesetzgebungskompetenz nicht die geltenden landes- oder bundesrechtlichen Regelungen zum Erschließungsbeitragsrecht außer Kraft setzen könne. |
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| Zu Unrecht wendet die Klägerin im Zulassungsverfahren hiergegen ein, das Verwaltungsgericht habe § 13 Abs. 3 der Ortsbausatzung einen falschen Regelungsgehalt beigemessen. Diese Vorschrift ist überschrieben mit „Fälligkeit der Beiträge“ und lautet wie folgt: „Eine Ortsstraße ist hergestellt, sobald sie dem öffentlichen Verkehr übergeben wird.“ Nach dem Zulassungsvortrag der Klägerin liege die Betonung dieser Vorschrift auf dem Wort „ist“. Es werde entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keine straßenrechtliche, sondern eine abgabenrechtliche Regelung getroffen, wie sich auch aus der Überschrift der Gesamtregelung „Ortsbausatzung über Anliegerbeiträge für Straßen und Gehwege“ sowie aus § 1 der Ortsbausatzung ergebe, der die „Allgemeine Beitragspflicht“ regele. § 13 Abs. 3 der Ortsbausatzung enthalte eine „Legaldefinition“ des Begriffs der „Herstellung“ einer Ortsstraße. Danach sei eine Straße - unabhängig von dem konkreten Ausbauzustand - endgültig hergestellt, sobald sie dem öffentlichen Verkehr übergeben worden sei. Dies sei bei den streitgegenständlichen Straßen bereits in den 1950er Jahren der Fall gewesen. |
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| Mit diesem Zulassungsvorbringen verkennt die Klägerin indes den Regelungsgehalt des § 13 Abs. 3 der Ortsbausatzung. Bereits aus der Überschrift dieser Vorschrift „Fälligkeit der Beiträge“ ergibt sich, dass diese nicht das Merkmal der „Herstellung“ einer Ortstraße definiert, sondern die Übergabe der - bereits ausgebauten - Straße zum öffentlichen Verkehr im Sinne einer konkludenten Widmung als Voraussetzung der Fälligkeit der Beiträge bestimmt. Allein diese Auslegung entspricht dem Sinn und Zweck des § 13 Abs. 3 der Ortsbausatzung, da ansonsten jede Wegeanlage ohne Rücksicht auf ihren Ausbauzustand, etwa im Hinblick auf Straßenkörper, -belag oder -entwässerung, als hergestellte Erschließungsanlage gälte, wenn sie dem öffentlichen Verkehr übergeben würde. Dass dies nicht sein kann, ergibt sich bereits aus der Ortsbausatzung selbst, nämlich aus deren §§ 1 und 7. So bestimmt § 1 Abs. 2 Satz 3 der Ortsbausatzung als Straßenherstellungskosten insbesondere Aufwendungen für die Erdarbeiten zur Herstellung der Straßenfläche (Fahrbahn und Gehweg), die Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, die Straßenfläche abzustützen und zu sichern, und die Herstellung des Straßenkörpers durch Chaussierung und Anlegen der Kandeln. Nach § 7 Abs. 1 der Ortsbausatzung ist u.a. Voraussetzung für das Entstehen der Beitragspflicht und damit zwangsläufig auch Voraussetzung der Fälligkeit, dass „nach dem Inkrafttreten der Ortsbausatzung und nach rechtskräftiger Feststellung des Bebauungsplans“ die Ortsstraße hergestellt ist. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist von einer Herstellung im zeitlichen Anwendungsbereich der Ortsbausatzung auf der Grundlage des damaligen württembergischen Landesrechts nur dann auszugehen, wenn ein plangemäßer Ausbau entsprechend den Vorgaben eines Ortsbauplans, Baulinienplans oder Bebauungsplans erfolgt ist, was hier nicht der Fall war. |
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| Insofern hat das Verwaltungsgericht auch mit Recht angenommen, dass eine kommunale Ortsbausatzung (mangels gesetzlicher Ermächtigung) nicht die für die Herstellung der Straße geltenden landesrechtlichen Regelungen außer Kraft setzen kann. Diesbezüglich beruft sich die Klägerin zu Unrecht darauf, dass Art. 24 BauO 1910 eine Ermächtigungsgrundlage hierfür enthalte. Diese Vorschrift lautet: |
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| (1) Durch Ortsbausatzung kann, soweit die örtlichen Verhältnisse dies rechtfertigen, bestimmt werden, daß der Aufwand, welcher der Gemeinde für die Herstellung neuer oder die Verlängerung bestehender Ortsstraßen durch die Erwerbung und Freilegung der zu der Straße notwendigen Grundfläche, durch die Herstellung des Straßenkörpers samt erstmaliger Befestigung der Fahrbahn und Anlegung der Kandel sowie durch die erstmalige Einrichtung der Straßenbeleuchtung erwächst, von den Eigentümern der an die neue Straße anstoßenden Grundstücke ganz oder zu einem bestimmten Teile zu ersetzen ist. Für den Fall, daß die erstmalige Befestigung der Fahrbahn auf andere Weise als mittels Chaussierung erfolgt, darf ein Ersatz der Mehrkosten nur bis zu ihrer halben Höhe auferlegt werden. Die Ersatzpflicht hat zur Voraussetzung, daß nach dem Inkrafttreten der Ortsbausatzung und nach Feststellung des Ortsbauplans sowohl die Ortsstraße hergestellt als ein auf Dauer bestimmtes, zu dieser Ortsstraße gehöriges Vorder- oder Hintergebäude auf dem Grundstück, sei es vor oder nach der Herstellung der Straße, errichtet worden ist oder errichtet wird. (...) |
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| (6) Die näheren Bestimmungen, insbesondere über den Umfang der bezeichneten Verpflichtungen, über die Verteilung der Kosten auf die einzelnen Grundeigentümer und über die Fälligkeit der Beitragsleistungen, sind durch die Ortsbausatzung zu treffen. |
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| Art. 24 Abs. 1 Satz 3 BauO 1910 enthält eine unabdingbare Regelung der Voraussetzungen der Ersatzpflicht und bestimmt insbesondere, dass die Ortsstraße nach Feststellung des Ortsbauplans hergestellt wird. Das Erfordernis der Feststellung einer Ortsstraße durch Ortsbauplan ergibt sich auch aus Art. 22 Abs. 1 BauO 1910. Art. 24 Abs. 6 BauO 1910 ermächtigt die Gemeinde nicht, die in Art. 22 Abs. 1 und Art. 24 Abs. 1 Satz 3 BauO 1910 geregelten landesgesetzlichen Voraussetzungen der Ersatzpflicht abzubedingen oder neu zu definieren, sondern berechtigt die Gemeinde nur, die „näheren Bestimmungen“, d.h. die Einzelheiten, durch die Ortsbausatzung zu regeln. |
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| Ohne Erfolg rügt die Klägerin in diesem Zusammenhang sinngemäß eine Verletzung des Gebots rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), da das Verwaltungsgericht die von ihr zu § 13 Abs. 3 der Ortsbausatzung vorgelegte Anlage K 04 und die „vorgetragenen entscheidungserheblichen rechtlichen Voraussetzungen“ übergangen habe. |
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| Der grundrechtlich verbürgte Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) gibt den Beteiligten ein Recht zur Äußerung über Tatsachen, Beweisergebnisse und die Rechtslage und verpflichtet ein Gericht darüber hinaus, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen sowie in Erwägung zu ziehen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist allerdings erst dann verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 24.01.2018 - 2 BvR 2026/17 - juris Rn. 14; Kammerbeschluss vom 24.02.2009 - 1 BvR 188/09 - juris Rn. 9; Beschluss vom 19.05.1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133; BVerwG, Beschluss vom 14.08.2019 - 9 B 13.19 - juris Rn. 14). Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Das Gericht ist nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Nur wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass aus Sicht des Gerichts entscheidungserhebliches Vorbringen eines Beteiligten überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist, liegt ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG vor. Geht das Gericht auf den wesentlichen Kern des Vorbringens eines Beteiligten zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in der Begründung der Entscheidung nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder offensichtlich unsubstantiiert ist (vgl. zum Ganzen BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 24.01.2018 und vom 24.02.2009; Beschluss vom 19.05.1992; BVerwG, Beschluss vom 14.08.2019; jeweils aaO). |
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| Gemessen an diesen Grundsätzen ergibt sich aus dem Zulassungsvorbringen keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Das Verwaltungsgericht hat sich mit dem Einwand der Klägerin in Bezug auf § 13 Abs. 3 der Ortsbausatzung in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils ausdrücklich befasst. Dass es der Rechtsansicht der Klägerin nicht gefolgt oder sich mit ihrem Vorbringen nicht in einer Weise auseinandergesetzt hat, die die Klägerin für richtig hält, begründet keine Gehörsverletzung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.07.1989 - 1 BvR 1460/85 - BVerfGE 80, 269, juris Rn. 54; Beschluss vom 12.04.1983 - 2 BvR 678/81 - BVerfGE 64, 1, juris Rn. 42). |
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| b) Die Heranziehung der Klägerin zu einer Vorauszahlung auf den Erschließungsbeitrag verletzt auch nicht Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit. Dieses schützt davor, dass lange zurückliegende, in tatsächlicher Hinsicht abgeschlossene Vorgänge unbegrenzt zur Anknüpfung neuer Lasten herangezogen werden können (BVerfG, Kammerbeschluss vom 01.07.2020 - 1 BvR 2838/19 - juris Rn. 24; Kammerbeschluss vom 21.07.2016 - 1 BvR 3092/15 - juris Rn. 6; Beschluss vom 05.03.2013 - 1 BvR 2457/08 - BVerfGE 133, 143, juris Rn. 41). Auch für die Erhebung von Beiträgen, die einen einmaligen Ausgleich für die Erlangung eines Vorteils durch Anschluss an eine Einrichtung schaffen sollen, ist der Gesetzgeber verpflichtet, Verjährungsregelungen zu treffen oder jedenfalls im Ergebnis sicherzustellen, dass diese nicht unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden können. Die Legitimation von Beiträgen liegt - unabhängig von der gesetzlichen Ausgestaltung ihres Wirksamwerdens - in der Abgeltung eines Vorteils, der den Betreffenden zu einem bestimmten Zeitpunkt zugekommen ist. Je weiter dieser Zeitpunkt bei der Beitragserhebung zurückliegt, desto mehr verflüchtigt sich die Legitimation zur Erhebung solcher Beiträge. Zwar können dabei die Vorteile auch in der Zukunft weiter fortwirken und tragen nicht zuletzt deshalb eine Beitragserhebung auch noch relativ lange Zeit nach Anschluss an die entsprechende Einrichtung. Jedoch verliert der Zeitpunkt des Anschlusses, zu dem der Vorteil, um dessen einmalige Abgeltung es geht, dem Beitragspflichtigen zugewendet wurde, deshalb nicht völlig an Bedeutung. Der Bürger würde sonst hinsichtlich eines immer weiter in die Vergangenheit rückenden Vorgangs dauerhaft im Unklaren gelassen, ob er noch mit Belastungen rechnen muss. Dies ist ihm im Lauf der Zeit immer weniger zumutbar. Der Grundsatz der Rechtssicherheit gebietet vielmehr, dass ein Vorteilsempfänger in zumutbarer Zeit Klarheit darüber gewinnen kann, ob und in welchem Umfang er die erlangten Vorteile durch Beiträge ausgleichen muss (zum Ganzen BVerfG, Kammerbeschluss vom 01.07.2020, aaO Rn. 25; Beschluss vom 05.03.2013, aaO Rn. 45). |
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| Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, die berechtigten Interessen der Allgemeinheit am Vorteilsausgleich und der Einzelnen an Rechtssicherheit durch entsprechende Gestaltung von Verjährungsbestimmungen zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen. Dabei steht ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der Grundsatz der Rechtssicherheit verbietet es dem Gesetzgeber jedoch, die berechtigten Interessen des Bürgers völlig unberücksichtigt zu lassen und ganz von einer Regelung abzusehen, die der Erhebung der Abgabe eine bestimmte auf den Eintritt der Vorteilslage bezogene zeitliche Grenze setzt (zum Ganzen BVerfG, Kammerbeschluss vom 01.07.2020, aaO Rn. 26 f.; Beschluss vom 05.03.2013, aaO Rn. 46, 50). |
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| Diese zum Anschlussbeitragsrecht ergangene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gilt für alle Fallkonstellationen, in denen eine abzugeltende Vorteilslage eintritt, und folglich im Grundsatz auch für das Erschließungsbeitragsrecht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.09.2018 - 9 C 5.17 - BVerwGE 163, 58, juris Rn. 14 mwN; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.10.2019 - 2 S 465/18 - juris Rn. 129, Urteil vom 19.09.2018 - 2 S 1116/18 - juris; Driehaus, KStZ 2014, 181 <182>). |
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| Mit dem am 12.12.2020 in Kraft getretenen Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes und der Gemeindeordnung vom 02.12.2020 (GBl. S. 1095) hat der Landesgesetzgeber zur Anpassung des Kommunalabgabengesetzes an diese Rechtsprechung die Regelung des § 20 Abs. 5 KAG in das Kommunalabgabengesetz eingefügt (vgl. hierzu die Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung, LT-Drucks. 16/9087, S. 31 ff.). Nach § 20 Abs. 5 Satz 1 KAG ist die Festsetzung eines Beitrags oder einer sonstigen Abgabe zum Vorteilsausgleich ohne Rücksicht auf die Entstehung der Abgabenschuld spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Vorteilslage eintrat, nicht mehr zulässig. |
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| Diese erst nach dem Ergehen des verwaltungsgerichtlichen Urteils in Kraft getretene Neuregelung ist im Zulassungsverfahren zu berücksichtigen, da ein Beitragsbescheid bzw. ein Vorauszahlungsbescheid im Erschließungsbeitragsrecht nicht der gerichtlichen Aufhebung unterliegt, wenn er im Zeitpunkt der abschließenden mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz rechtmäßig ist (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 23.04.1997 - 8 B 18.97 - juris Rn. 8; Urteil vom 27.09.1982 - 8 C 145.81 - juris Rn. 13; Urteil vom 25.11.1981 - 8 C 14.81 - BVerwGE 64, 218, juris Rn. 16 ff.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.03.2010 - 2 S 2425/09 - juris Rn. 47 f.). |
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| Die Neuregelung des § 20 Abs. 5 Satz 1 KAG stellt für den Fristbeginn - den Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts entsprechend - auf die „Vorteilslage“ ab. Mit diesem Begriff knüpft der Landesgesetzgeber für das Erschließungsbeitragsrecht, wie sich aus der Begründung des Gesetzentwurfs ausdrücklich ergibt (vgl. LT-Drucks. 16/9087 S. 34 f.), an die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in den Urteilen vom 19.09.2018 - 2 S 1116/18 - und vom 29.10.2019 - 2 S 465/18 - an. |
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| Im Urteil vom 19.09.2018 (aaO juris Rn. 50) hatte der Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass der Begriff der Vorteilslage aus der Perspektive des objektiven Empfängerhorizonts des Beitragspflichtigen zu bestimmen sei, welcher den Eintritt der Vorteilslage erkennen können müsse. Dies habe zur Konsequenz, dass es auf rein rechtliche Voraussetzungen für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht, die der Beitragspflichtige in der Regel nicht selbst feststellen könne, wie das Bestehen einer wirksamen Erschließungsbeitragssatzung oder das Vorliegen einer Widmung, nicht entscheidend ankommen könne. Abzustellen sei vielmehr auf die äußerlich erkennbaren tatsächlichen Voraussetzungen der sachlichen Beitragspflicht (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24.11.2017 - 15 A 1812/16 - juris Rn. 47; Bayerischer VGH, Beschluss vom 04.05.2017 - 6 ZB 17.546 - juris Rn. 10; Urteil vom 24.02.2017 - 6 BV 15.1000 - juris Rn. 30; Driehaus, KStZ 2014, 181 <182 f.>). Maßgeblich für den Eintritt der Vorteilslage sei daher, ob eine beitragsfähige Erschließungsanlage, z.B. eine Anbaustraße (§ 33 Satz 1 Nr. 1 KAG), technisch entsprechend dem (Aus-)Bauprogramm der Gemeinde vollständig und endgültig hergestellt sei (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 24.02.2017, aaO Rn. 31). Das für diesen Vergleich maßgebliche (Aus-)Bauprogramm ergebe sich dabei regelmäßig aus den (veröffentlichten) Ausbauplänen und der (veröffentlichten) Merkmalsregelung der Erschließungsbeitragssatzung. |
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| Im nachfolgenden Urteil vom 29.10.2019 (aaO juris Rn. 129) hat sich der Verwaltungsgerichtshof den Maßstäben der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Beschluss vom 06.09.2018 (aaO Rn. 55; vgl. auch Beschluss vom 12.12.2019 - 9 B 53.18 - juris Rn. 7) angeschlossen, ohne dass damit allerdings eine inhaltliche Neubewertung verbunden war. Danach kommt es für das Entstehen der Vorteilslage im Erschließungsbeitragsrecht maßgeblich auf die tatsächliche - bautechnische - Durchführung der jeweiligen Erschließungsmaßnahme an, nicht jedoch darauf, ob darüber hinaus auch die weiteren, für den Betroffenen nicht erkennbaren rechtlichen Voraussetzungen - wie beispielsweise die Widmung der Straße oder die Wirksamkeit der Beitragssatzung - für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht vorliegen. Beurteilungsmaßstab hierfür ist die konkrete Planung der Gemeinde für die jeweilige Anlage. Entscheidend ist, ob diese sowohl im räumlichen Umfang als auch in der bautechnischen Ausführung nur provisorisch her- oder schon endgültig technisch fertiggestellt ist, d.h. dem gemeindlichen Bauprogramm für die flächenmäßigen und sonstigen Teileinrichtungen sowie dem technischen Ausbauprogramm vollständig entspricht. |
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| Entgegen der Auffassung der Klägerin entsprechen die letztgenannten Maßstäbe inhaltlich denen im Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 19.09.2018 (aaO Rn. 50) und unterscheiden sich von diesen nur in der Formulierung. Auch nach den Grundsätzen des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs im Urteil vom 29.10.2019 (aaO Rn. 129) ist ein Vergleich zwischen dem gemeindlichen Ausbauprogramm und der tatsächlichen - bautechnischen - Ausführung der jeweiligen Erschließungsmaßnahme durchzuführen. |
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| Für die Beurteilung, ob eine Erschließungsmaßnahme dem gemeindlichen Bauprogramm vollständig entspricht bzw. entsprochen hat, ist - dem Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit entsprechend - naturgemäß nicht nur auf die aktuelle Erschließungsmaßnahme, sondern auch auf Erschließungsmaßnahmen in der Vergangenheit abzustellen und zu prüfen, ob diese den jeweils maßgebenden gemeindlichen Bauprogrammen entsprochen haben. Dieses Verständnis hat auch das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt, indem es den Bebauungsplan „S... Siedlung“ (Planbereich 06.07) vom 13.05.1954 zugrunde gelegt und den (damaligen) Ausbauzustand der Straßen mit den dortigen Festsetzungen verglichen hat. Das Verwaltungsgericht hat somit keinen „gegenwartsbezogenen Soll-Ist-Vergleich“ angestellt, sondern es hat lediglich im Rahmen der gerichtlichen Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) den (damaligen) Ausbauzustand anhand von Rückschlüssen aus dem gegenwärtigen Zustand der Straße festgestellt. Dies ist in Ermangelung sonstiger Anhaltspunkte, die auf den damaligen Zustand der Straßen schließen lassen, nicht zu beanstanden. |
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| Erfolglos macht die Klägerin in der Begründung des Zulassungsantrags geltend, das Bundesverwaltungsgericht habe im Beschluss vom 06.09.2018 (aaO Rn. 15) die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zum Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit im Erschließungsbeitragsrecht kritisch beurteilt. Denn diese Kritik bezog sich nicht auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs seit dem - erst zeitlich danach ergangenen - Urteil vom 19.09.2018 (aaO), sondern auf die vorangegangene Rechtsprechung (VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 10.07.2014 - 2 S 2228/13 - juris Rn. 53, vom 27.01.2015 - 2 S 1840/14 - juris Rn. 45, vom 20.03.2015 - 2 S 1327/14 - juris Rn. 52 und vom 21.06.2017 - 2 S 1946/16 - juris Rn. 52), an der der Verwaltungsgerichtshof seit dem Urteil vom 19.09.2018 (aaO) nicht länger festhält und die auch das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung nicht zugrunde gelegt hat. |
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| Ohne Erfolg wendet die Klägerin gegen die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs zur Vorteilslage ein, das Bundesverfassungsgericht habe die Vorteilslage als „Erschlossensein des Grundstücks durch eine insgesamt betriebsfertige Einrichtung“ definiert; erschlossen sei ein Grundstück nach dem früheren Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.11.2014 (- 9 C 4.13 - juris Rn. 11) aber schon dann, „wenn ihm die Anlage in erschließungsbeitragsrechtlich relevanter Weise, d.h. in einer auf die bauliche, gewerbliche oder vergleichbare Nutzbarkeit der Grundstücke gerichteten Funktion, die Zugänglichkeit vermittele (...). Die durch die Anlage und die damit bewirkte Erreichbarkeit vermittelte bauliche oder gewerbliche Ausnutzbarkeit sei der Erschließungsvorteil, welcher die anteilige Auferlegung des hierfür notwendigen Aufwands rechtfertige.“ Hier könnten sämtliche an die streitgegenständlichen Straßen angrenzenden Grundstücke seit mehr als 60 Jahren mit Fahrzeugen angefahren und von der Straße aus betreten werden, wodurch ihnen die bauliche oder gewerbliche Ausnutzbarkeit vermittelt werde. Sie seien daher bereits ebenso lange erschlossen. |
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| Mit diesem Zulassungsvorbringen verkennt die Klägerin, dass das Bundesverfassungsgericht und dem folgend das Bundesverwaltungsgericht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12.12.2019, aaO Rn. 7, Beschluss vom 06.09.2018, aaO Rn. 55) und der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (Urteil vom 29.10.2019, aaO Rn. 129) für die Vorteilslage mehr verlangen als nur die durch eine Straße - ungeachtet ihres Ausbauzustandes - bewirkte Erreichbarkeit des Grundstücks und dessen hierdurch bedingte bauliche oder gewerbliche Ausnutzbarkeit. Das Bundesverfassungsgericht fordert, wie die Klägerin selbst ausführt, für die Vorteilslage „eine insgesamt betriebsfertige Einrichtung“ (vgl. BVerfG, Beschluss vom 05.03.2013, aaO Rn. 2). Diese Voraussetzung ist im Erschließungsbeitragsrecht erst mit der tatsächlichen - bautechnischen - Durchführung der jeweiligen Erschließungsmaßnahme erfüllt. Hieraus ergibt sich auch der Erschließungsvorteil, also der besondere Vorteil, der die Erhebung des Erschließungsbeitrags rechtfertigt. Dieser Erschließungsvorteil ist nicht nur grundstücksbezogen, sondern auch anlagenbezogen zu beurteilen; er bezieht sich auf die erstmalig (endgültig) hergestellte Erschließungsanlage (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.12.1989 - 8 C 52.88 - juris Rn. 14, 16). Mit anderen Worten: Der Erschließungsbeitrag wird nicht für die „erstmalige Erschließung“ erhoben, sondern für die „erstmalige Herstellung einer Erschließungsanlage“ (vgl. Reif in Gössl/Reif, Kommunalabgabengesetz (KAG) für Baden-Württemberg, § 39 Anm. 1.2.2). Nur eine solche, entsprechend der Planung der Gemeinde endgültig technisch fertiggestellte Straße ist eine beitragsfähige Erschließungsanlage im Rechtssinn (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.09.2018 - 9 B 29.17 - juris Rn. 6). Der Einwand der Klägerin, ihr Grundstück sei bereits seit den 1950er Jahren verkehrsmäßig erschlossen und bebaut und habe deshalb von der ausgebauten Straße keinen greifbaren Vorteil, verfehlt somit den Begriff des Erschließungsvorteils im Sinne des Erschließungsbeitragsrechts. Die Klägerin setzt die beitragsrechtliche Erschließung zu Unrecht mit einer baurechtlichen Erschließung im Sinne einer Zugänglichkeit des Grundstücks und der daraus folgenden Bebaubarkeit gleich (vgl. BVerwG; Beschluss vom 14.12.2010 - 9 B 58.10 - juris Rn. 3; Urteil vom 01.12.1989 - 8 C 52.88 - juris Rn. 13 ff.; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 10. Aufl., § 9 Rn. 3 ff.). Beitragsrechtlich ist es im Übrigen ohne Belang, ob die Herstellung einer Erschließungsanlage vom Beitragsschuldner subjektiv als vorteilhaft empfunden wird und ob an dieser Erschließungsanlage wegen einer bereits vorhandenen Bebauung auf dem Grundstück überhaupt ein Interesse besteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.05.1973 - IV C 19.72 - juris Rn. 16; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.06.2012 - 2 S 3312/11 - juris Rn. 39; Bayerischer VGH, Beschluss vom 29.07.2009 - 6 ZB 07.813 - juris Rn. 6; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, aaO, § 9 Rn. 15; Reif in Gössl/Reif, aaO, § 39 Anm. 1.2.2). |
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| Zu Unrecht beanstandet die Klägerin in der Begründung des Zulassungsantrags des Weiteren, dass die Frage, ob eine Straße ein „Provisorium“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 12.12.2019, aaO Rn. 7; Beschluss vom 06.09.2018, aaO Rn. 55) und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Urteil vom 29.10.2019, aaO Rn. 129) sei, wegen der Unbestimmtheit dieses Begriffs als Kriterium für die Vorteilslage untauglich sei. Denn das Bundesverwaltungsgericht und im Anschluss hieran der Verwaltungsgerichtshof haben den Begriff der „provisorisch“ hergestellten Straße dadurch hinreichend bestimmt, dass sie diesem den der „schon endgültig technisch fertiggestellt(en) Straße“ gegenübergestellt und letzteren definiert haben als eine Straße, die „dem gemeindlichen Bauprogramm für die flächenmäßigen und sonstigen Teileinrichtungen sowie dem technischen Ausbauprogramm vollständig entspricht“. |
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| Soweit die Klägerin in ihrer Zulassungsbegründung hiergegen wiederum einwendet, dies sei für den Bürger, der weder über bautechnische noch über abgabenrechtliche Kenntnisse verfüge und keinen uneingeschränkten Zugang zu gemeindlichen Akten habe, nicht hinreichend erkennbar, beruht dies auf einem fehlerhaften Verständnis der „Erkennbarkeit“ im Sinne des Gebots der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit. Es kommt hierfür nicht subjektiv auf die „Laiensicht“ des einzelnen beitragspflichtigen Bürgers an, sondern auf eine Erkennbarkeit nach dem objektiven Empfängerhorizont eines Beitragspflichtigen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.09.2018, aaO Rn. 50). Entsprechend hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 05.03.2013 (aaO Rn. 44) aus dem objektiven Grundsatz der Rechtssicherheit die Anforderung hergeleitet, „dass ein Vorteilsempfänger in zumutbarer Weise Klarheit darüber gewinnen kann, ob und in welchem Umfang er die erlangten Vorteile durch Beiträge ausgleichen muss“ (Hervorhebung durch den Senat). Dies schließt auch erforderliche tatsächliche oder rechtliche Bewertungen nicht aus; dabei ist es dem Beitragspflichtigen zumutbar, notfalls fachkundigen Rat einzuholen. |
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| Die Rüge der Klägerin, für § 20 Abs. 5 Satz 1 KAG verbleibe bei der vom Bundesverwaltungsgericht und dem Verwaltungsgerichtshof vorgenommenen Auslegung des Begriffs der Vorteilslage kein relevanter Anwendungsbereich, ist unzutreffend. Zum einen gilt die dort geregelte Ausschlussfrist nicht nur für Erschließungsbeiträge, sondern auch für sonstige Beiträge und Abgaben zum Vorteilsausgleich, zum anderen schließt diese Vorschrift die Festsetzung eines Erschließungsbeitrags in den Fällen aus, in denen die Erschließungsmaßnahme tatsächlich bautechnisch durchgeführt worden ist, es aber an weiteren, für den Betroffenen nicht erkennbaren rechtlichen Voraussetzungen für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht fehlt, wie beispielsweise einer Widmung der Straße oder der Wirksamkeit der Beitragssatzung. |
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| Auf der Grundlage der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschlüsse vom 12.12.2019, aaO Rn. 7, und vom 06.09.2018, aaO Rn. 55) und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Urteil vom 29.10.2019, aaO Rn. 129) hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass die Vorteilslage hier erst mit dem in den Jahren 2017 und 2018 erfolgten plangemäßen Ausbau der Straßen „A... (östlicher Teil)“, „A... ...“ und „D... Straße“ entstanden ist. Denn diese Straßen haben zuvor zu keinem Zeitpunkt dem gemeindlichen Ausbauprogramm entsprochen, da sie insbesondere nicht in voller Länge über eine funktionsfähige Straßenentwässerung als Teileinrichtung der Erschließungsanlagen verfügt haben. Aufgrund des vom Verwaltungsgericht im Einzelnen dargelegten Abweichens der Fahrbahnbreite von den Festsetzungen des Bebauungsplans „S... ... Siedlung“ (Planbereich 06.07) vom 13.05.1954 fehlte es auch hinsichtlich der Teileinrichtung Fahrbahn an einer technischen Erfüllung des gemeindlichen Bauprogramms. |
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| c) Entgegen der Auffassung der Klägerin verstößt ihre Heranziehung schließlich auch nicht gegen Treu und Glauben oder den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Die Klägerin kann sich nicht auf eine Verwirkung des Vorauszahlungsanspruchs berufen. Eine Verwirkung erfordert, dass seit der Möglichkeit der Geltendmachung eines Rechts längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und dass besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als treuwidrig erscheinen lassen (Umstandsmoment). Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nach so langer Zeit nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete ferner tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt werde (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (BVerwG, Urteil vom 20.03.2014 - 4 C 11.13 - BVerwGE 149, 211, juris Rn. 30; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.07.2018 - 2 S 143/18 - juris Rn. 61; jeweils mwN). |
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| Hier fehlte es in der Vergangenheit bereits an der Möglichkeit der Beklagten, die Klägerin für eine Erschließungsmaßnahme heranzuziehen, da die Voraussetzungen hierfür erst mit dem Beginn der streitgegenständlichen Erschließungsmaßnahme im Jahr 2017 vorlagen. Darüber hinaus bestanden auch keine Vertrauensgrundlage und kein Vertrauenstatbestand. Es fehlte an einem entsprechenden Verhalten der Beklagten, das darauf schließen lassen konnte, sie werde die Anlieger nicht mehr zu den Kosten einer Erschließung heranziehen. Die bloße Untätigkeit genügt insoweit nicht, zumal es für die Anlieger und damit auch für die Klägerin hier ohne weiteres erkennbar war, dass die streitgegenständlichen Straßen zu keinem Zeitpunkt hergestellt waren. Hierzu hat das Verwaltungsgericht im angegriffenen Urteil festgestellt, die technische Unfertigkeit sei, wie die Erörterung in der mündlichen Verhandlung gezeigt habe, für alle Anlieger sichtbar und ihnen deshalb bekannt gewesen. So sei insbesondere das Fehlen einer ordnungsgemäßen Straßenentwässerung erkennbar gewesen. |
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| Dem ist die Klägerin im Zulassungsverfahren nicht entgegengetreten. Auch lassen die in der Behördenakte befindlichen, vor Durchführung der streitgegenständlichen Erschließungsmaßnahme gefertigten Fotos der streitbefangenen Straßen ohne Weiteres den Rückschluss darauf zu, dass diese auch in der Vergangenheit zu keinem Zeitpunkt - entsprechend der damaligen Planung der Gemeinde - technisch fertiggestellt waren. Auf den Fotos ist ersichtlich, dass die Straßen in weiten Bereichen nicht über eine - zumindest primitive - Straßenentwässerung verfügten, die verhindert, dass das anfallende Regenwasser auf anliegende Grundstücke abfließt. Es fehlte in weiten Teilen an Einlaufschächten, Kandeln und Randsteinen. Auch variierte die Straßenbreite erkennbar „planlos“ und die Randstreifen waren ersichtlich auch in der Vergangenheit nicht befestigt. Die in den Regelschnitten zum Bebauungsplan „S... Siedlung“ (Planbereich 06.07) vom 13.05.1954 vorgesehenen Gehwege waren erkennbar nie angelegt worden. |
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| Auf eine Verwirkung oder Vertrauensschutz kann sich die Klägerin schließlich auch deshalb nicht mit Erfolg berufen, weil sie nicht geltend gemacht hat, dass sie im Vertrauen darauf, nicht mehr herangezogen zu werden, schutzwürdige Dispositionen getroffen hat. |
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| Ihre Heranziehung zu einer Vorauszahlung auf den Erschließungsbeitrag ist hier auch nicht wegen einer unzulässigen Rechtsausübung ausgeschlossen. Die Ausübung eines Rechts kann unzulässig sein, wenn dem Berechtigten eine Verletzung eigener Pflichten zur Last fällt und die Ausübung des Rechts aufgrund dieser eigenen Pflichtenverletzung treuwidrig erscheint. Treuwidrig ist die Abgabenerhebung, wenn es aufgrund einer Pflichtverletzung der Gemeinde unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls nicht mehr zumutbar erscheint, den Bürger mit der Beitragserhebung zu konfrontieren (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.03.2014, aaO Rn. 31). Für die Annahme einer Treuwidrigkeit genügen zwar - wie bei der Fallgruppe der Verwirkung - jeweils für sich genommen weder ein längerer Zeitablauf noch eine bloße Untätigkeit der Gemeinde oder das Vorliegen rein interner Organisationsmängel. Bei einer Gesamtwürdigung können die Pflichtverletzungen jedoch ein solches Maß an Pflichtwidrigkeit annehmen, dass die Rechtsausübung - vor allem nach Ablauf eines langen Zeitraums zwischen dem Eintritt der Vorteilslage und der Beitragserhebung - unabhängig von einem konkret betätigten Vertrauen des Betroffenen unzulässig sein kann, insbesondere wenn sich das pflichtwidrige Verhalten der Gemeinde negativ auf Rechte oder Rechtsgüter des betroffenen Bürgers ausgewirkt haben kann. Die Pflichtverletzung der Gemeinde kann dabei auch in einem qualifizierten Unterlassen bestehen. Wann das der Fall ist, muss nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls entschieden werden, wobei ein enger Maßstab zugrunde zu legen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.03.2014, aaO Rn. 31 f.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.07.2018, aaO Rn. 64 mwN). |
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| Im vorliegenden Fall hat die Klägerin weder vorgetragen noch ist sonst ersichtlich, dass der Beklagten solche qualifizierten Pflichtverletzungen unterlaufen wären, die ihre Heranziehung im konkreten Fall als unzulässige Rechtsausübung erscheinen lassen könnten. |
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| 2. Der weiter geltend gemachte Zulassungsgrund besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist ebenfalls nicht dargelegt. |
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| Er setzt voraus, dass der Rechtssache nicht nur allgemeine oder durchschnittliche Schwierigkeiten zukommen. Dieser Zulassungsgrund liegt nur dann vor, wenn sich der konkret zu entscheidende Fall in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht von dem Spektrum der in verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu entscheidenden Streitfälle deutlich abhebt und sich gerade die diesbezüglichen - nach wie vor offen oder unbeantwortet bzw. unzureichend beantwortet gebliebenen - Fragen im Berufungsverfahren stellen werden (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163; VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 21.09.2005 - 9 S 437/05 - NVwZ-RR 2006, 255 und vom 22.04.1997 - 14 S 913/97 - NVwZ 1997, 1230). |
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| Nach diesen Maßstäben hat die Klägerin besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache nicht aufgezeigt. Sie verweist hierzu lediglich auf ihre Ausführungen zum Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (dazu unter 1.) sowie der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (dazu im Folgenden unter 3.). Damit genügt die Zulassungsbegründung nicht den Darlegungsanforderungen. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten liegen auch in der Sache nicht vor, weil der Ausgang des Berufungsverfahrens hier nicht offen ist, wie sich aus den Ausführungen unter 1. ergibt. |
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| 3. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen. |
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| Dieser Zulassungsgrund ist gegeben, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine grundsätzliche, obergerichtlich oder höchstrichterlich noch nicht geklärte Rechtsfrage von Bedeutung war, die auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich wäre und deren Klärung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 28.05.1997 - A 16 S 1388/97 - AuAS 1997, 261; Beschluss vom 18.01.2007 - 13 S 1576/06 - juris). Im Antrag auf Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung ist die Rechtsfrage, die grundsätzlich geklärt werden soll, zu bezeichnen und zu formulieren. Es ist darüber hinaus näher substantiiert zu begründen, warum sie für grundsätzlich und klärungsbedürftig gehalten wird und weshalb die Rechtsfrage entscheidungserheblich und ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist (vgl. W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl., § 124 Rn. 10). |
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| Der Vortrag der Klägerin zur behaupteten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache wird den Darlegungsanforderungen bereits deshalb nicht gerecht, weil sie keine Rechtsfrage formuliert hat, die grundsätzlich geklärt werden soll. Eine solche lässt sich ihrem achtseitigen Vorbringen zum Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO auch nicht der Sache nach entnehmen. So ist etwa die Formulierung im Zulassungsvortrag, wonach der „vorliegende Rechtsstreit (...) in ganz besonderem Maße grundsätzliche Bedeutung (habe), soweit die Klägerin die abgabenrechtliche Zulässigkeit der bisherigen Praxis bei der Erhebung von Erschließungsbeiträgen für (ältere) Bestandsstraßen grundlegend in Zweifel zieht, weil sie - auch im Lichte der BVerfG-Rechtsprechung zum Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit - die tatsächliche Legitimationsgrundlage für die Beitragserhebung unter dem Gesichtspunkt der Abgeltung von Erschließungsvorteilen ignoriert“, so unbestimmt und allgemein gehalten, dass hieraus eine konkrete klärungsbedürftige Rechtsfrage nicht ansatzweise ersichtlich ist. Dies gilt auch für die Vielzahl der von der Klägerin zur Begründung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache aufgestellten „Thesen“. |
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| Allein der Umstand, dass der Landesgesetzgeber zwischenzeitlich § 20 Abs. 5 KAG in das Kommunalabgabengesetz eingefügt hat, begründet keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Denn - anders als die Klägerin meint - hat der Gesetzgeber hiermit keine „Neubewertung des Erschließungsbeitragsrechts“ vorgenommen, sondern er hat die Maßgaben der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 05.03.2013 (aaO) umgesetzt und mit dem Begriff der Vorteilslage für das Erschließungsbeitragsrecht ausdrücklich an die bestehende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in den Urteilen vom 19.09.2018 und vom 29.10.2019 (jeweils aaO) angeknüpft (vgl. LT-Drucks. 16/9087, S. 34 f.). |
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| Auch der gesetzliche Begriff des Vorteilsausgleichs ist der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung entnommen. Dieser Begriff umschreibt den Gedanken der Gegenleistung als den einen Beitrag im abgabenrechtlichen Sinn legitimierenden Gesichtspunkt (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.07.2018 - 1 BvR 1675/16 - BVerfGE 149, 222, juris Rn. 55; Beschluss vom 25.06.2014 - 1 BvR 668/10, 1 BvR 2104/10 - BVerfGE 137, 1, juris Rn. 43, 52; Beschluss vom 20.05.1959 - 1 BvL 1/58 - BVerfGE 9, 291, juris Rn. 30). Beitragspflichtig sind nur diejenigen, denen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer öffentlichen Leistung, Einrichtung oder Anlage besondere wirtschaftliche Vorteile zukommen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.05.1959, aaO Rn. 29) |
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| Er erfordert inhaltlich, dass das Urteil von einer Entscheidung eines der in dieser Vorschrift genannten Gerichte abweicht und auf dieser Abweichung beruht. In diesem Fall muss die nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO erforderliche Darlegung der Gründe nicht nur die Entscheidung, von der das Urteil des Verwaltungsgerichts abweicht, so genau bezeichnen, dass sie identifizierbar ist. Vielmehr muss die Begründung auch die Abweichung darlegen, also den das erstinstanzliche Urteil tragenden (abstrakten) Rechtssatz angeben und aufzeigen, dass dieser von einem in der Rechtsprechung der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gerichte in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellten Rechtssatz abweicht; dabei ist die Gegenüberstellung der voneinander abweichenden Rechtssätze unverzichtbar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.12.1995 - 6 B 35.95 - NVwZ-RR 1996, 712 zu § 133 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 Satz 3 VwGO). |
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| Diesen Darlegungsanforderungen genügt das Zulassungsvorbringen hier nicht. Zwar beruft sich die Klägerin auf die „Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit“, von der das Verwaltungsgericht abgewichen sein soll. Sie zeigt jedoch weder einen abstrakten Rechtssatz in einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts noch einen vom Verwaltungsgericht aufgestellten abstrakten Rechtssatz auf, der hierzu in Widerspruch stehen könnte. Erst Recht fehlt es an der erforderlichen Gegenüberstellung voneinander abweichender Rechtssätze. |
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| Im Übrigen ergibt sich aus den Ausführungen unter 1., dass das Verwaltungsgericht im angegriffenen Urteil die Maßgaben der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Grundsatz der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit beachtet und seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. |
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| 5. Das Urteil des Verwaltungsgerichts leidet schließlich auch nicht an einem Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). |
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| Die Klägerin rügt als Verfahrensmangel eine Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), weil das Verwaltungsgericht ihren Vortrag zur „(g)enerell fehlenden Legitimation zur Beitragserhebung bei Bestandsstraßen“ im „Schriftsatz JS8 vom 16.07.2020 ab Seite 5“, den sie in der mündlichen Verhandlung eingehend erläutert habe, nicht gemäß § 104 Abs. 1 VwGO erörtert und auch im Urteil nicht erwähnt habe. |
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| Dieser Vortrag genügt bereits nicht den Anforderungen an die Darlegung einer Gehörsverletzung, da es an einer hinreichend konkreten Bezeichnung des angeblich übergangenen Vortrags fehlt. Hierfür genügt nicht die Bezugnahme auf den „Schriftsatz JS8 vom 16.07.2020 ab Seite 5“, da sich die Ausführungen unter der Überschrift „Grundsätzliche Legitimation einer Beitragserhebung“ ab S. 5 des Schriftsatzes vom 16.07.2020 auf mehr als fünf Seiten erstrecken. Das Verwaltungsgericht hat diesen Vortrag der Klägerin im angegriffenen Urteil im Übrigen nicht übergangen, sondern die Berechtigung der Beklagten zur Erhebung einer Vorauszahlung auf den Erschließungsbeitrag bejaht, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorlägen und die Festsetzung einer Vorauszahlung auch nicht gegen den Grundsatz der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit verstoße. Das Verwaltungsgericht ist der Rechtsauffassung der Klägerin nicht gefolgt, sondern hat angenommen, dass eine Vorteilslage, die eine Beitragserhebung zum Vorteilsausgleich rechtfertigt, in der Vergangenheit, d.h. vor Durchführung der streitgegenständlichen Erschließungsmaßnahme, nicht eingetreten ist. Dabei hat das Verwaltungsgericht auch deutlich gemacht, dass es für die erstmalige Herstellung einer Straße und damit für den beitragsfähigen Erschließungsvorteil nicht genügt, wenn eine Wegeanlage - ohne Rücksicht auf ihren Ausbauzustand - dem öffentlichen Verkehr übergeben wird. |
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| Das Verwaltungsgericht hat auch nicht gegen § 104 Abs. 1 VwGO als Ausprägung des Gebots der Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßen, wonach der Vorsitzende die Streitsache mit den Beteiligten tatsächlich und rechtlich zu erörtern hat. Dieser Pflicht ist die Vorsitzende hier ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung nachgekommen. § 104 Abs. 1 VwGO verpflichtet das Gericht nicht, zu jedem einzelnen vom Kläger vorgetragenen Gesichtspunkt in der mündlichen Verhandlung Stellung zu nehmen. Insbesondere muss das Gericht die Beteiligten nicht vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffs hinweisen, da sich die tatsächliche und rechtliche Würdigung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Beratung ergibt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.01.2009 - 9 B 64.08 - juris). Eine Ausnahme hiervon gilt dann, wenn das Gericht seine Entscheidung auf Anforderungen an den Sachvortrag oder auf sonstige rechtliche Gesichtspunkte stützen will, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf - selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassung - nicht zu rechnen brauchte. Von einer solchen Konstellation kann im Streitfall indessen keine Rede sein. Denn wie sich auch aus dem Zulassungsvorbringen der Klägerin ergibt, hatte diese 40 Minuten lang Gelegenheit, ihr schriftsätzliches Vorbringen zur „(g)enerell fehlende(n) Legitimation zur Beitragserhebung bei Bestandsstraßen“ in der mündlichen Verhandlung zu erläutern. Ungeachtet dessen hätte die Klägerin, die in der mündlichen Verhandlung anwaltlich vertreten war, den von ihr behaupteten Mangel der Verletzung einer Pflicht zur Erörterung und zum Rechtsgespräch in der mündlichen Verhandlung rügen müssen (§ 173 VwGO i.V.m. § 295 Abs. 1 ZPO). Denn diese Pflicht ist i.S.v. § 173 VwGO i.V.m. § 295 Abs. 2 ZPO verzichtbar (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. § 104 Rn. 4). Eine solche Rüge ist nach dem Protokoll über die mündliche Verhandlung nicht erfolgt. |
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| Die Entscheidung ist unanfechtbar. |
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