Beschluss vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 4 S 75/21

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 27. November 2020 - 13 K 3118/20 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 34.327,75 EUR festgesetzt.

Gründe

Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte (§ 147 Abs. 1 VwGO) und begründete (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) sowie inhaltlich den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechende Beschwerde des Antragstellers hat im Ergebnis keinen Erfolg.
I. Der 1961 geborene Antragsteller steht als Zollamtsrat (A 12) im Dienst der Antragsgegnerin. Er war von August 1998 bis April 2020 Vorsitzender des Personalrats beim Hauptzollamt K. und ist seitdem erster Vertreter des Personalratsvorsitzenden sowie Stammmitglied des Bezirkspersonalrats. Seit dem 01.08.1998 ist er fast durchgängig zu 100% von seiner dienstlichen Tätigkeit freigestellt; eine Freistellung in geringerem Umfang erfolgte lediglich in den Zeiträumen 01.01.1999 bis 30.11.2000 (hier Freistellung zu 60%) und 01.02.2009 bis 01.04.2012 (90%). Der Antragsteller wurde zuletzt zum Beurteilungsstichtag 31.01.2001 als Zollamtmann (Bes.Gr. A 11g) auf einem mit A 11 bewerteten Dienstposten mit der Gesamtbewertung „tritt hervor“ bewertet. Seitdem wurden seine dienstlichen Beurteilungen - auch nach seiner zum 25.06.2007 erfolgten Beförderung zum Zollamtsrat (Bes.Gr. A 12) - fiktiv fortgeschrieben, zuletzt zum Stichtag 01.09.2017 mit der Gesamtwertung „überdurchschnittlich [12 Punkte]“.
Mit Wirkung zum 01.04.2019 wurde der Antragsteller aufgrund seiner erfolgreichen Bewerbung vorübergehend umgesetzt und ihm wurde ein nach Bes.Gr. A 13g bewerteter Dienstposten zur Erprobung übertragen. Mit Verfügung vom 01.04.2019 wurde ihm mitgeteilt, dass die Erprobungszeit, die mindestens sechs Monate betrage, erst beginne, wenn der Antragsteller den Dienst auf dem höherwertigen Dienstposten tatsächlich aufnehme und seine vollständige Freistellung zumindest vorübergehend reduziere. Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren gegen die Verknüpfung des Beginns seiner Erprobung mit einer Reduzierung seiner Freistellung erhobene Klage begründete der Kläger damit, dass die Regelungen in § 34 Abs. 2 Satz 1, § 33 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BLV zur Wahrung des Benachteiligungsverbots für Personalratsmitglieder Ausnahmen vom Erfordernis einer Erprobungszeit zuließen. In Anbetracht der nach § 34 Abs. 2 BLV anzustellenden Prognose lasse sich feststellen, dass der Antragsteller für den streitigen Dienstposten geeignet sei und auf eine tatsächliche Erprobung verzichtet werden könne. Denn in den letzten beiden Nachzeichnungen seines dienstlichen Werdegangs sei der Antragsteller mit „überdurchschnittlich (11 oder 12 Punkte)“ bewertet und es sei festgestellt worden, dass er mit Aufgaben der Wertigkeit der Besoldungsgruppe A 13g betraut werden könne. Die Klage wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11.02.2020 (13 K 6086/19) als unzulässig abgewiesen.
Mit Verfügung vom 08.07.2020 teilte die Generalzolldirektion mit, zum Stichtag 01.06.2020 seien (u.a.) von Bes.Gr. A 12 nach Bes.Gr. A 13g Einweisungen bis zur Note „Überdurchschnittlich, 10 Punkte“ möglich; im Folgenden wurden den einzelnen regionalen Personalstellen jeweils eine bestimmte Anzahl an Planstellen - insgesamt 34 Planstellen für Beförderungen nach Bes.Gr. A 13g - zugewiesen.
Auf Nachfrage erhielt der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers mit Schreiben vom 20.07.2020 die Auskunft, die Beförderung des Antragstellers sei nicht vorgesehen, weil er sich bisher nicht auf einem nach Bes.Gr. A 13g bewerteten Dienstposten bewährt habe. Ihm wurde jedoch zugesichert, eine bereits zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung verfügbare freie Planstelle der Besoldungsgruppe A 13g für den Antragsteller exklusiv freizuhalten, bis über seinen Bewerbungsverfahrensanspruch rechtskräftig entschieden sei.
Mit der angegriffenen Entscheidung vom 27.11.2020 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag des Antragstellers ab, der darauf gerichtet war, der Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung zu untersagen, die möglichen Beförderungen von Beamtinnen und Beamten im gehobenen Verwaltungsdienst in der Zollverwaltung von Bes.Gr. A 12 nach Bes.Gr. A 13g, die mit einem Gesamturteil von „überdurchschnittlich (12 Punkte)“ oder schlechter dienstlich beurteilt worden sind, durch Ernennung, Aushändigung oder anderweitig zu Lasten des Antragstellers sowie ohne Berücksichtigung des Antragtellers bei der Beförderungsauswahl vorzunehmen, bevor über dessen Widerspruch über seine Nichtberücksichtigung bei der Vergabe dieser Beförderungsstellen bzw. über seine Beförderungsfähigkeit rechtskräftig entschieden worden ist. Aufgrund der Freihaltungszusage, die hier nicht in einem Auswahlverfahren im engeren Sinne ergangen und mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar sei, fehle es bereits an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrunds. Über einen Anordnungsanspruch wurde nicht entschieden.
II. Die mit der Beschwerde dargelegten Gründe, auf deren Prüfung sich der Senat grundsätzlich zu beschränken hat (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), sind nicht geeignet, das Ergebnis der Entscheidung des Verwaltungsgerichts infrage zu stellen. Denn der Antragsteller hat bereits keinen Anordnungsanspruch gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht (1.); vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob er sich auf einen Anordnungsgrund berufen kann (2.).
1. Dem Antragsteller steht kein Anordnungsanspruch zu, weil er nicht hat glaubhaft machen können, dass er die Beförderungsvoraussetzungen für eine Beförderung nach Bes.Gr. A 13g zum Stichtag 01.06.2020 erfüllt. Die Rechtsauffassung der Antragsgegnerin, wonach eine Beförderung des Antragstellers mit Wirkung zum 01.06.2020 mangels tatsächlicher Bewährung auf einem nach Besoldungsgruppe A 13g bewerteten Dienstposten nicht möglich sei, begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
a. Nach § 22 Abs. 2 BBG setzen Beförderungen, die - wie hier - mit einer höherwertigen Funktion verbunden sind, eine mindestens sechsmonatige Erprobungszeit voraus. Nur der erfolgreich Erprobte hat die Chance der Beförderung. Andere Interessenten, die bislang nicht auf einem höherwertigen Dienstposten erprobt worden sind, kommen für eine Beförderung aus laufbahnrechtlichen Gründen im Grundsatz nicht in Betracht (BVerwG, Urteile vom 21.09.2006 - 2 C 13.05 -, Juris Rn. 11, und vom 16.08.2001 - 2 A 3.00 -, Juris Rn. 30).
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Eine Modifizierung des Erprobungsgrundsatzes ergibt sich allerdings für freigestellte Mitglieder von Personalvertretungen als Ausfluss des Benachteiligungsverbots (§ 8 BPersVG). Dieses soll sicherstellen, dass die Mitglieder des Personalrats ihre Tätigkeit unabhängig wahrnehmen können, und verhindern, dass Bedienstete von einer Mitarbeit im Personalrat, insbesondere von einer Freistellung vom Dienst, aus Sorge um ihre beruflichen Perspektiven Abstand nehmen. Der Dienstherr muss daher freigestellten Personalratsmitgliedern diejenige berufliche Entwicklung ermöglichen, die sie ohne die Freistellung voraussichtlich genommen hätten. Die Freistellung darf die Chancen, sich in einem Auswahlverfahren um ein höheres Amt nach Art. 33 Abs. 2 GG durchzusetzen, nicht beeinträchtigen (BVerwG, Beschluss vom 30.06.2014 - 2 B 11.14 -, Rn. 12, und Urteil vom 21.09.2006 - 2 C 13.05 -, Juris Rn. 13). Andererseits verschafft das Benachteiligungsverbot dem freigestellten Personalratsmitglied keinen Anspruch, von bestimmten Qualifikationsmerkmalen dispensiert zu werden. Das personalvertretungsrechtliche Benachteiligungsverbot findet daher seine Grenzen in den Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 GG; dem Prinzip der Auslese nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung sind auch Personalratsmitglieder unterworfen (BVerwG, Urteil vom 21.09.2006 - 2 C 13.05 -, Juris Rn. 13ff. <20>).
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Das Bundesverwaltungsgericht (Beschluss vom 25.06.2014 - 2 B 1.13 -, und Urteil vom 21.09.2006 - 2 C 13.05 -, jew. Juris) hat zum Ausgleich zwischen dem personalvertretungsrechtlichen Benachteiligungsverbot und dem Gebot, die Eignung für den Beförderungsdienstposten zu vergewissern, die Möglichkeit einer fiktiven Bewährungsfeststellung entwickelt, bei der im Rahmen einer Prognose festgestellt wird, ob der vom Dienst freigestellte Bewerber den Anforderungen der Erprobung aller Voraussicht nach gerecht würde. Die Prognose ist auf sämtliche Erkenntnisse über den Bewerber zu stützen, die auch für dienstliche Beurteilungen verwertet werden. Insbesondere sind die dienstlichen Anforderungen, denen das Personalratsmitglied bis zu seiner Freistellung gerecht werden musste und die das angestrebte Beförderungsamt stellt, seine bisherigen Leistungen wie auch der Umstand, ob sich nach Leistungsstand und Tätigkeit vergleichbare Beamten bei einer Erprobung ähnlicher Art bewährt haben, zu berücksichtigen. Stellt die fiktive Fortschreibung hiernach als in mehreren Punkten hypothetische Vergleichsbetrachtung eine bloße Prognose dar, so setzt sie allerdings eine belastbare Tatsachengrundlage voraus. Aus diesem Erfordernis ergeben sich zugleich die Grenzen der Nachzeichnungsmöglichkeit: Lässt sich eine belastbare Prognose dahingehend, dass das freigestellte Personalratsmitglied den Anforderungen des Beförderungsdienstpostens während der Erprobungsphase gerecht würde, etwa aufgrund der Dauer der Freistellung nicht (mehr) treffen, ist es im Lichte des Art. 33 Abs. 2 GG geboten, dass verbleibende Zweifel an der Eignung des Personalratsmitglieds für ein höherwertiges Statusamt oder einen höherwertigen Dienstgrad zu dessen Lasten gehen und daher von einer tatsächlichen Erprobung nicht abgesehen werden kann (BVerwG, Beschluss vom 12.12.2017 - 2 VR 2.16 -, Juris Rn. 26, Beschluss vom 25.06.2014 - 2 B 1.13 -, Juris Rn. 16f., und Urteil vom 21.09.2006 - 2 C 13.05 -, Juris Rn. 20; Lorse, dienstliche Beurteilung, 7. Aufl., 2020, A. VI. Rn. 92a, 92b).
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Das Rechtsinstitut der fiktiven Bewährung hat zwischenzeitlich Niederschlag auch in § 33 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, § 34 As. 2 Satz 1, Abs. 3 Bundeslaufbahnverordnung (- BLV -) gefunden.
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b. In Anwendung dieser Grundsätze begegnet die Auffassung der Antragsgegnerin, ohne tatsächliche Erprobung in einem Umfang von mindestens 50% könne mangels belastbarer Prognose nicht angenommen werden, dass der Antragsteller die Erprobung aller Voraussicht nach erfolgreich absolviert hätte, auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Antragstellers keinen rechtlichen Bedenken.
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aa. Zunächst kann der Antragsteller mit dem Verweis auf seine guten dienstlichen Beurteilungen vor Beginn der Freistellung, die entsprechenden Fortschreibungen seines Leistungsstands einschließlich einer Beförderung während seiner Freistellung und die erfolgreiche Erprobung der mit ihm nach Leistungsstand und Tätigkeit vergleichbaren wie auch der maßgeblich schlechter als er bewerteten Beamten nicht gehört werden.
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Richtig ist zwar, dass der Antragsteller vor seiner Freistellung zuletzt mit dem Gesamturteil „tritt hervor“ bewertet und zwischenzeitlich nach Bes.Gr. A 12 befördert wurde und dass bei der letzten fiktiven, anhand der Entwicklung der dienstlichen Leistung und des dienstlichen Werdegangs von mit dem Antragsteller nach Leistungsstand und Tätigkeit vergleichbaren Beamten erfolgten Fortschreibung seiner Leistungsentwicklung und -steigerung eine Gesamtwertung „überdurchschnittlich [12 Punkte]“ unterstellt wurde.
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Bereits aufgrund des langen Zeitraums, währenddessen der Antragsteller nicht tatsächlich Dienst verrichtet hat, vermögen seine zuvor erbrachten Leistungen auch in ihrer Fortschreibung gegenwärtig allerdings keine hinreichend tragfähige Grundlage mehr für die Annahme zu bilden, er werde den Anforderungen einer Erprobung auf einem mit Bes.Gr. A 13g bewerteten Beförderungsdienstposten aller Voraussicht nach gerecht werden. Denn der Antragsteller ist seit Dezember 2000 zu mindestens 90%, im überwiegenden Zeitraum zu 100%, von seiner dienstlichen Tätigkeit freigestellt. Zum Stichtag 01.06.2020 lagen die letzte tatsächliche Dienstverrichtung und der Stichtag der letzten dienstlichen Beurteilung folglich bereits über 19 Jahre zurück.
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Die tatsächliche Möglichkeit einer belastbaren Prognose ist insbesondere von der Dauer des Zeitraums abhängig, der seit der letzten beurteilten Dienstleistung vergangen ist. Wie lange die früheren tatsächlichen Erkenntnisse geeignet sind, eine Prognose über die Leistungsentwicklung und Bewährung eines freigestellten Beamten zu tragen, hängt zwar vom Einzelfall ab. Für den Fall einer fiktiven Fortschreibung dienstlicher Beurteilungen sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die äußersten zeitlichen Grenzen einer prognostischen, also linear gedachten Fortschreibung einer Leistungsentwicklung und -steigerung allerdings jedenfalls bei einem Zeitraum von etwa 16 Jahren überschritten (BVerwG, Urteil vom 16.12.2010 - 2 C 11.09 -, Juris Rn. 10f.; ebenso OVG NRW, Beschluss vom 19.03.2019 - 1 B 1301/18 -, Juris Rn. 14 f.).
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Wenn aber die fiktive Fortschreibung dienstlicher Beurteilungen nach einem Freistellungszeitraum von 16 Jahren mangels tragfähiger Erkenntnisgrundlagen nicht mehr möglich ist, so gilt dies erst recht für eine fiktive Bewährungsfeststellung. Denn das Erfordernis einer Erprobung auf einem höher bewerteten Dienstposten (§ 22 Abs. 2 BBG) hat die Funktion, auf der Grundlage einer tatsächlichen Wahrnehmung der Aufgaben des neuen Amtes eine Bestätigung der vom Dienstherrn bei der Dienstpostenübertragung getroffenen Prognose, dass der ausgewählte Bewerber um das Beförderungsamt den Anforderungen des angestrebten höheren Statusamts genügen werde, zu erhalten (BVerwG, Urteile vom 25.01.2007 - 2 A 2.06 -, Juris Rn. 15, vom 21.09.2006 - 2 C 13.05 -, Juris Rn. 11, und vom 25.11.2004 - 2 C 17.03 -, Juris Rn. 16). Lässt der Gesetzgeber folglich selbst bei einem Beamten, der anhand seiner aktuell erbrachten Leistungen dienstlich beurteilt worden ist, diese Beurteilung grundsätzlich nicht als Erkenntnisgrundlage für die Prognose, ob er auch den Anforderungen des Beförderungsamtes genügen wird, ausreichen, sondern hält dessen tatsächliche Bewährung auf einem höherbewerteten Dienstposten unter den Bedingungen praktischer Tätigkeit als weitere Erkenntnisgrundlage für erforderlich, sind den Möglichkeiten einer fiktiven Bewährungsfeststellung auf Grundlage von fortgeschriebenen - fiktiven - dienstlichen Beurteilungen mit Blick auf Art. 33 Abs. 2 GG umso engere Grenzen gesetzt.
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Bereits aufgrund des langen Zeitraums von über 19 Jahren, währenddessen der Antragsteller nicht tatsächlich Dienst verrichtet hat, vermögen seine zuvor erbrachten, zwischenzeitlich fiktiv fortgeschriebenen und nachgezeichneten Leistungen gegenwärtig keine hinreichend tragfähige Grundlage mehr für die Annahme zu bilden, er werde sich auf einem Beförderungsdienstposten der Bes.Gr. A 13g bewähren und anschließend den mit der Ausübung des Beförderungsamtes verbundenen Aufgaben gewachsen sein. Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass nach Angaben des Antragstellers regelmäßig auch Beamte der Bes.Gr. A 12, die zuvor in dienstlichen Beurteilungen mit lediglich sieben Punkten - und damit deutlich schlechter als der Antragsteller in der Fortschreibung seiner Beurteilungen - beurteilt wurden, nach Bes.Gr. A 13g befördert wurden. Denn auch wenn die Hürden einer tatsächlichen Bewährung auf einem höherbewerteten Dienstposten niedrig sein mögen, lässt sich hieraus nicht schließen, dass eine solche Beförderung einen Automatismus darstellen könnte, dem auch der Antragsteller unterfällt.
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Hinzu kommt, dass der Antragsteller vor seiner mindestens 90%igen Freistellung zuletzt auf einem mit Bes.Gr. A 11 bewerteten Dienstposten tätig war, und dies auch erst seit 01.09.1995, mithin für zusammengerechnet weniger als fünf Jahre, und zudem in anderen Sachbereichen. Dienst auf einem nach Bes.Gr. A 12 bewerteten Dienstposten hat der Antragsteller in der Vergangenheit nicht geleistet. Auch insoweit fehlt es ohne eine tatsächliche Erprobung an Tatsachengrundlagen, aus denen sich hinreichend belastbare Rückschlüsse für die Annahme ziehen lassen könnten, dass der Antragsteller den Anforderungen des Beförderungsdienstposten Bes.Gr. A 13g während der Erprobungsphase aller Voraussicht nach gerecht werde.
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Gegenteiliges ergibt sich schließlich nicht daraus, dass dem Antragsteller nach seinen Angaben in der gesamten Bundeszollverwaltung kein einziger Fall bekannt sei, in welchem von einem freigestellten Personalratsmitglied die Aufgabe der Freistellung zur Feststellung seiner Bewährung auf einem Beförderungsdienstposten verlangt worden sei. Soweit der Antragsteller der Auffassung ist, hieraus einen von der Antragsgegnerin entwickelten verbindlichen Maßstab für die Bewährungsfeststellung freigestellter Beamter entnehmen zu können, der auch in seinem Fall Anwendung finden müsse, sei er zunächst darauf verwiesen, dass seinen Angaben bereits nicht zu entnehmen ist, dass es sich bei den genannten Beamten um in dem entscheidenden Punkt vergleichbare Fallkonstellationen handelt, nämlich um Personalratsmitglieder, die vor ihrer Beförderung über einen vergleichbar langen Zeitraum von fast 20 Jahren hinweg freigestellt waren. Selbst wenn dies aber der Fall gewesen sein sollte, wäre eine solche Praxis, wie gesehen, mit Art. 33 Abs. 2 GG nicht vereinbar mit der Folge, dass der Antragsteller sich hierauf nicht berufen könnte.
22 
Das Interesse des Dienstherrn daran, vor einer Beförderung des Antragstellers einen Eindruck davon zu bekommen, wie dieser sich in der praktischen Arbeit auf einem höherbewerteten Dienstposten bewährt, ist damit nicht nur in der Sache nachvollziehbar, sondern vor dem Hintergrund seiner knapp 20-jährigen Freistellung durch Art. 33 Abs. 2 GG geboten.
23 
bb. Auch aus der vom Antragsteller zitierten Feststellung in den letzten beiden fiktiven Fortschreibungen dienstlicher Beurteilungen vom 26.01.2018 und vom 06.12.2019, der Beamte könne „insbesondere mit Aufgaben der Wertigkeit der Besoldungsgruppe A 13g betraut werden“, ergibt sich nichts anderes.
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Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist dieser Vermerk keine Vorwegnahme der im Rahmen von § 34 Abs. 2 BLV vorzunehmenden Prognose. Vielmehr handelt es sich bei der Feststellung um den in § 49 Abs. 3 BLV vorgesehenen Vorschlag für die weitere dienstliche Verwendung des Beamten, welche - ggf. neben der Bewertung der Eignung für Leitungs- und Führungsaufgaben - eine Aussage über die Eignung für Aufgaben der nächsthöheren Laufbahn enthalten kann. Im Gegenteil zeigt, wie bereits gesehen, die Regelung des § 22 Abs. 2 BBG, dass reine Prognoseentscheidungen des Dienstherrn für die Frage, ob sich der Beamte in dem angestrebten höheren Statusamt voraussichtlich wird bewähren können, im Grundsatz nicht ausreichend sind, vielmehr regelmäßig daneben als weitere Erkenntnisgrundlage eine tatsächliche Bewährung des Beamten auf einem höherbewerteten Dienstposten treten muss. Ein entsprechender Verwendungsvorschlag mag im Rahmen der Bewerbung des Beamten um vorübergehende Umsetzung auf einen Beförderungsdienstposten zum Zwecke der Bewährung von Bedeutung sein, befreit ihn aber grundsätzlich gerade nicht davon, in einer Erprobungszeit seine Eignung für die angestrebte höhere Verwendung nachzuweisen.
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2. Liegt nach alldem bereits kein Anordnungsanspruch vor, kann offen bleiben, ob der Antragsteller einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht hat.
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Insoweit sei darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des Senats die Freihaltung einer Reservestelle nur ausnahmsweise und unter strengen Voraussetzungen in Betracht kommt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 11.02.2019 - 4 S 932/18 -, Juris Rn. 18, und vom 14.12.2017 - 4 S 2099/17 -, Juris Rn. 5f.). In Fällen wie dem vorliegenden, in denen ein atypisches Auswahlverfahren durchgeführt wird, bei dem alle beförderungsreifen Beamten befördert werden, die in der letzten Regelbeurteilung ein bestimmtes Gesamtergebnis erzielt haben, und in denen Planstellen nicht jeweils bestimmten Dienstposten zugeordnet sind, freie Planstellen folglich auch nicht individualisiert und konkretisiert werden können, sondern nur als fiktives Stellensaldo existieren, ist daher - ungeachtet der Frage der Zulässigkeit einer derartigen Auswahlentscheidung an sich (vgl. Senatsbeschluss vom 19.06.2018 - 4 S 828/18 -, Juris Rn. 20) - problematisch, inwieweit die für herkömmliche Auswahlverfahren entwickelten rechtlichen Instrumentarien hier zur Anwendung kommen können, insbesondere unter welchen Voraussetzungen die Zusage des Dienstherrn, eine Planstelle freizuhalten, einen Anordnungsgrund entfallen lassen kann.
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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, dem Antragsteller auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen. Diese haben keine Anträge gestellt und damit auch kein Kostenrisiko übernommen (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Vielmehr hat die Antragsgegnerin ihre Interessen mit vertreten.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 i.V.m. Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 4, § 47 Abs. 1 und 2, § 40 GKG; insoweit schließt sich der Senat den von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogenen Ausführungen des Verwaltungsgerichts an.
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Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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