Beschluss vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 1 S 3805/21

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragstellerin, die in Baden-Württemberg mehrere Filialen des Textileinzelhandels betreibt, wendet sich mit einem Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO gegen § 6 Abs. 1, § 6a der Verordnung der Landesregierung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2 (Corona-Verordnung – CoronaVO) vom 15.09.2021 in der Fassung der Sechsten Verordnung der Landesregierung zur Änderung der Corona-Verordnung vom 17.12.2021.
§§ 6, 6a CoronaVO in der Fassung der Siebten Verordnung der Landesregierung zur Änderung der Corona-Verordnung vom 23.12.2021, die insoweit keine Änderung brachte, bestimmen:
„§ 6 Überprüfung von Nachweisen
        
(1) Anbieterinnen oder Anbieter, Veranstalterinnen oder Veranstalter oder Betreiberinnen oder Betreiber sind zur Überprüfung der vorzulegenden Test-, Impf- oder Genesenennachweise verpflichtet.
        
(2) Beförderer des Luftverkehrs sind verpflichtet, die Einhaltung der Verpflichtungen nach § 28b Absatz 5 Satz 1 IfSG durch stichprobenhafte Nachweiskontrollen zu überwachen.
        
§ 6a Verfahren zur Nachweisüberprüfung; Digitale Prüfverfahren
        
(1) Die zur Überprüfung von Nachweisen im Sinne des § 6 Absatz 1 Verpflichteten haben die nach den Regelungen des Teils 2 vorzulegenden Test-, Impf- oder Genesenennachweise zum Zwecke der Identitätsprüfung mit den Personalien der nachweispflichtigen Person abzugleichen, sofern nicht die Identität anderweitig bekannt ist. Hierzu haben die nachweispflichtigen Personen ein amtliches Ausweisdokument vorzulegen.
        
(2) Die nach den Regelungen des Teil 2 zur Vorlage eines Test- oder Genesenennachweises Verpflichteten haben diesen in deutscher, englischer, französischer, italienischer oder spanischer Sprache in verkörperter oder digitaler Form vorzulegen. Impfnachweise sind in durch elektronische Anwendungen auslesbarer Form (EU-COVID-19-Zertifikat) vorzulegen.
        
(3) Die zur Überprüfung von Nachweisen im Sinne des § 6 Absatz 1 Verpflichteten haben die nach Absatz 2 Satz 2 vorzulegenden Impfnachweise mittels elektronischer, dazu vorgesehener Anwendungen zu verifizieren, die die Echtheit der Signatur des Zertifikatsausstellers mit dem Stand der Technik entsprechenden Methoden überprüfen. Dabei darf die Verarbeitung der in dem Nachweis nach Absatz 2 Satz 2 enthaltenen personenbezogenen Daten nur lokal in dem von der prüfenden Person verwendeten Endgerät und nur soweit und solange erfolgen, wie es zur Durchführung einer Sichtkontrolle des von der Anwendung angezeigten Prüfergebnisses erforderlich ist.
        
(4) Die Pflicht zur Vorlage eines durch elektronische Anwendungen auslesbaren Impfnachweises gilt nicht für Personen, die keine Bürgerinnen oder Bürger eines Mitgliedstaats der Europäischen Union sind, keinen Wohnsitz innerhalb der Europäischen Union haben und außerhalb der Europäischen Union geimpft worden sind. Diese Personen können auch einen Impfnachweis in verkörperter Form zum Zwecke des Zutritts zu Einrichtungen und Angeboten nach Maßgabe des Teils 2 vorlegen, sofern dieser die Anforderungen des § 4 Absatz 2 Nummer 1 erfüllt. In diesen Fällen entfällt die Pflicht zur Verifikation nach Absatz 3.“
Die Antragstellerin bringt vor, mit Einführung einer Verpflichtung zur permanenten, quasi polizeiartigen Kontrolle und Dokumentenprüfung von Kunden entstünden potentiell ganz erhebliche Gefährdungen für ihre Mitarbeiter. Angesichts der fortschreitenden Zuspitzung der gesellschaftlichen Konflikte über angemessene Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie nähmen auch die Risiken zu, die mit der Rechtsdurchsetzung verbunden seien. Teilen des Einzelhandels werde mit der Kontrollpflicht eine staatliche Aufgabe übertragen, die in Einzelfällen bundesweit leider immer wieder zu Gewalttaten gegen Kontrollpersonen führe.
Die angeordnete Kontrollpflicht betreffe nur einen kleinen Teil des Einzelhandels: Nach Schätzung des Handelsverbands Deutschland HDE gebe es im deutschen Lebensmitteleinzelhandel täglich rund 41 Millionen Kundenkontakte, hinzu kämen gut 10 Millionen im Nonfood-Bereich. Als Adressaten betroffen seien von der Kontrollpflicht ganz unterschiedliche Betriebstypen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes seien in der Kategorie „Einzelhandel in Verkaufsräumen“ im Jahr 2019 im Bundesgebiet insgesamt 402.991 Betriebe erfasst worden, von denen mehr als ein Viertel, 106.135 Betriebe, insgesamt nur über 1-2 Beschäftigte verfügten. Noch größer sei die Zahl der Betriebe, die wie die Antragstellerin regelmäßig über mehrere Beschäftigte je Standort verfügten, aber typischerweise nur einen Beschäftigten je Schicht einsetzten. Die Antragstellerin betreibe rund 1.800 Filialen des Textileinzelhandels in Deutschland, davon in Baden-Württemberg 127 Filialen mit rund 670 Mitarbeitern. Die Filialen der Antragstellerin in Deutschland hätten im Durchschnitt eine Größe von 172 qm Verkaufsfläche und würden während der Öffnungszeiten typischerweise regelmäßig von nur einem Mitarbeiter vor Ort betreut. Aus den Filialen der Antragstellerin seien bisher bundesweit 115 Vorkommnisse im Rahmen der Umsetzung der 2G-Regelung an die Unternehmensführung gemeldet worden, darunter 5 Fälle von Vandalismus, 12 Drohungen und sogar drei Handgreiflichkeiten. Der Vertrieb von Bekleidung finde in Deutschland heute zu erheblichen Teilen durch den Lebensmitteleinzelhandel statt. Dieser biete oftmals nur wenige Male im Jahr Bekleidung an, dann jedoch in großen Mengen.
Die aktuell veröffentlichten Studien zur Abschätzung des Infektionsrisikos im Einzelhandel kämen durchweg zu dem Ergebnis, dass im Einzelhandel – unter den gegenwärtig praktizierten Vorsichtsmaßnahmen – kein besonderes Infektionsrisiko bestehe. Eine Studie mit abweichenden Ergebnissen aus dem Mai 2020 beziehe sich auf die damaligen Verhältnisse in einem Supermarkt in Boston/USA, für den kein Hygienekonzept ersichtlich gewesen sei.
Die Kontrollpflichten führten im Einzelfall zu erheblichen Risiken für Leib und Leben der Mitarbeiter der Antragstellerin. Der Verordnungsgeber konterkariere die Arbeitgeberfürsorgepflicht. Die Gewerkschaft der Polizei befürchte durch die neuen Corona-Einschränkungen eine Zunahme der Aggressivität. Insbesondere häuften sich jüngst Berichte über Angriffe wegen der Kontrolle von Impf-/Genesennachweisen.
Der Antragsgegner verantworte insbesondere auch den öffentlichen Nahverkehr in Baden-Württemberg. Dort seien durch § 28b Abs. 5 Satz 3 IfSG deutlich geringere Kontrollanforderungen festgelegt. Kontrollen erfolgen dort seit dem 24.11.2021 und nur stichprobenartig. Die Kontrollen könnten auf Grund der nur stichprobenartigen Ausführung auch mit vertretbarem Aufwand stets durch Sicherheitspersonal begleitet werden. Hingegen habe der Antragsgegner für den nicht privilegierten Einzelhandel erheblich schärfere Maßstäbe und Kontrollverpflichtungen festgelegt.
Für die Verpflichtung von Privaten zu Impfpass- und Ausweiskontrollen in der CoronaVO fehle eine recht- und verfassungsmäßige Ermächtigungsgrundlage. Nicht von ungefähr habe die Gesundheitsministerkonferenz bereits mit Beschluss vom 06.12.2021 das Bundesministerium für Gesundheit gebeten, eine sichere Rechtsgrundlage zur Kontrolle von amtlichen Ausweispapieren im Rahmen von Zutrittskontrollen in das IfSG aufzunehmen (Anlage ASt 26). Die Generalklausel in § 28 Abs. 1 IfSG genüge für die Kontrollpflichten nicht den Anforderungen, die Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG als Ausprägung und Konkretisierung des Demokratie- und Rechtsstaatsprinzips an eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage stelle. Bei den Kontrollpflichten handele es sich auch nicht um „Schutzmaßnahmen“ im Sinne der Norm.
10 
§ 28a Abs. 1 IfSG sei nicht mehr anwendbar, da die in dieser Norm vorausgesetzte epidemische Lage von nationaler Tragweite im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG nicht mehr bestehe. Zudem sei keines der Regelbeispiele gegeben. Nach § 28a Abs. 1 Nr. 2a IfSG könne lediglich eine allgemeine Verpflichtung des Publikums zur Vorlage von Nachweisen angeordnet werden, der nach dem Regelungszusammenhang gerade keine allgemeine Kontrollpflicht gegenüberstehen solle. § 28a Abs. 1 Nr. 4 IfSG erlaube die Verpflichtung zur Aufstellung von Hygienekonzepten, also programmhaften Darstellung von Regelungen zur Verhinderung der Weiterverbreitung einer bestimmten übertragbaren Krankheit. Dies betreffe etwa die Aufstellung von Desinfektionsspendern, eine besondere Grundlage für Kontrollpflichten sei damit nicht gegeben. Die Datenerhebung und -verarbeitung nach § 28a Abs. 1 Nr. 17 IfSG sei gemäß § 28a Abs. 4 Satz 1 IfSG ausdrücklich auf personenbezogene Angaben sowie Angaben zum Zeitraum und zum Ort des Aufenthaltes beschränkt, „soweit dies zur Nachverfolgung von Kontaktpersonen zwingend notwendig ist“. Eine Authentizitätsprüfung von Immunisierungsdokumenten und der Abgleich dieser Dokumente mit Ausweispapieren gingen über diese ganz ausdrückliche Beschränkung des Gesetzes hinaus.
11 
Auch die Regelbeispiele des § 28a Abs. 7 IfSG böten keine Grundlage für die umfassenden Kontrollpflichten in § 6 Abs. 1, § 6a CoronaVO. Für die Vorlagepflichten nach § 28a Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 IfSG gelte das zu § 28a Abs. 1 Nr. 2a IfSG Ausgeführte. Auch die Verpflichtung zur Erstellung und Anwendung von Hygienekonzepten sowie zur Kontaktdatenverarbeitung nach § 28a Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 und 8 IfSG sei aus den zu § 28a Abs. 1 IfSG dargelegten Gründen nicht einschlägig.
12 
Die CoronaVO genüge auch nicht dem Begründungserfordernis des § 28a Abs. 5 IfSG. Ausweislich der Gesetzesbegründung zu § 28a Abs. 5 IfSG solle es ausreichen, wenn die Begründung möglichst zeitnah nach Erlass der Rechtsverordnung veröffentlicht werde. Eine solche Auslegung lasse sich allerdings nicht mit dem Wortlaut des Gesetzes vereinbaren. Denn das Gesetz fordere gerade, die Rechtsverordnung mit einer Begründung zu „versehen“. Erforderlich sei ein erkennbarer Zusammenhang zwischen Rechtsverordnung und Begründung im Rahmen der Verkündung. Notwendig sei eine gemeinsame Verkündung. Hamburg, das Saarland und Bayern verkündeten die Begründung im jeweiligen Gesetz- und Verordnungsblatt. Die Veröffentlichung der Begründungen auf dem Internetauftritt des Antragsgegners reiche nicht aus.
13 
Die angegriffene Regelung sei gleichheitswidrig. Anordnungen von Kontrollpflichten müssten sich an den Zwecken der Verordnungsermächtigung nach § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 a IfSG ausrichten, wenn sie Ungleichbehandlungen vornähmen. Dem genüge die Privilegierung von Gartenmärkten und Baumschulen nicht, da diese nicht zum täglichen Bedarf zählten. Da es sich nicht um eine Lockerungsmaßnahme handele, wie in dem zitierten Fall, sondern um eine erstmalige Einführung von Beschränkungen, könne dem Verordnungsgeber auch kein besonderer Spielraum zugebilligt werden. Es sei kein sachlicher Grund dafür erkennbar, warum durch den Antragsgegner erneut Gartenmärkten und Baumschulen ein besonderes Gewicht in der Grundversorgung der Bevölkerung zugebilligt werde, nachdem dies schon in der Vergangenheit in der obergerichtlichen Rechtsprechung, z.B. des OVG Nordrhein-Westfalen, nicht standgehalten habe. Für eine Verordnung, die in ihrer Geltung auf Teile des Monats Dezember 2021 beschränkt sei, könne diesmal auch nicht mit einer nahenden Pflanzperiode argumentiert werden. Der Bedarf nach Gartenartikeln im Winter entstehe nicht so häufig und spontan, dass eine vorherige Nachweiskontrolle die rechtzeitige Deckung des Bedarfs verhindere. Gleichheitswidrig sei auch die Privilegierung von Zeitungs- und Zeitschriftenverkaufsstellen. Es sei nicht ersichtlich, dass die Beschaffung von Zeitungen und Hochglanzmagazinen für die Grundversorgung typischerweise dringender wäre als die von beruflich benötigter Bekleidung. Zeitungen und vor allem auch Magazine könnten über den Versandhandel bezogen und abonniert werden. Presseartikel würden heutzutage ohnehin in elektronischer Form und nicht in Printfassung bevorzugt. Beim Großteil des Pressesortiments stelle sich ohnehin die Frage, ob diese überhaupt der Deckung eines kurzfristigen Bedarfs dienten. Schließlich sei nicht nachvollziehbar, weshalb Beförderer des Luftverkehrs nach § 6 Abs. 2 CoronaVO nur verpflichtet seien, die Einhaltungen der Verpflichtungen nach § 28b Abs. 5 Satz 1 IfSG „stichprobenhaft“ zu überwachen. Zwar nachvollziehe die landesrechtliche Verordnung hier nur das Bundesrecht des § 28b Abs. 5 Satz 3 IfSG. Der Antragsgegner habe aber eine eigene landesrechtliche Regelung aufgestellt, die über die bundesrechtliche Kontrollermächtigung habe hinausgehen dürfen. Das landesrechtliche Konzept habe einer eigenständigen Prüfung an Art 3 Abs. 1 GG standzuhalten. Es erschließe sich nicht, weshalb ein kurzer Einkauf in einem Modegeschäft gefährlicher sein solle, als ein stundenlanger Fernflug mit hunderten Mitinsassen auf engstem Raum, die möglicherweise aus/in Risiko- und/oder Variantengebiete (weiter)reisten. Zudem biete ein Flughafen ausreichendes Sicherheitspersonal und hätten auch die Beförderer genügend Mitarbeiter, um die Ausweise, Tickets und das Gepäckgewicht der Passagiere kontrollieren zu können.
14 
Zudem liege eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung durch Regelungen zu gemischten Sortimenten vor. Die CoronaVO stelle zwar keine gesonderten Regelungen zu Einrichtungen mit Mischsortiment auf. Ausweislich der Begründung zur 11. CoronaVO vom 15.09.2021 würden Einzelhändler mit Mischsortimenten aber von § 17 Abs. 1 Satz 2 CoronaVO erfasst, sofern der Sortimentsanteil, der der Grundversorgung der Bevölkerung diene, mindestens 60 Prozent des Umsatzes beträgt. In den Non-Food-Sortimenten etwa des Lebensmitteleinzelhandels würden jedoch verbreitet nicht nur Waren des täglichen Bedarfs geführt, sondern darüber hinaus vor allem Waren des längerfristigen Bedarfs wie Haushaltsgeräte und Textilien, deren Verkauf nach der CoronaVO an zusätzliche Hürden geknüpft sei. Nach der Rechtsprechung sei grundsätzlich eine verallgemeinernde, pauschalierende Regelung durch den Gesetz- oder Verordnungsgeber zulässig, die ggf. nicht jedem Einzelfall gerecht werde. Unbedenklich sei eine Typisierung aber nur, solange eine verhältnismäßig kleine Gruppe benachteiligt werde und der Gleichheitsverstoß nicht sehr intensiv sei. Der Lebensmitteleinzelhandel spiele allerdings im Verkauf von Bekleidung eine ganz wesentliche Rolle. Von der Regelung begünstigte Unternehmen wie Aldi, Lidl und Tchibo gehörten zu den Top 20 der umsatzstärksten Anbieter von Bekleidung. Angesichts der absehbaren Dauer der Beschränkungen für die kommenden Wintermonate wäre es hier angezeigt, den Lebensmitteleinzelhandel insoweit vor eine Wahl zu stellen, entweder sein Sortiment etwa durch eine Abdeckung von Regalen o.ä. zu beschränken oder die verpflichtenden Zugangskontrollen einzuführen.
15 
Der durch § 6 Abs. 1, § 6a CoronaVO bewirkte, schwerwiegende Eingriff in die Berufsfreiheit der Antragstellerin sei verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. Die Zutrittskontrollen im Einzelhandel seien nicht verhältnismäßig. Die Erfahrungen aus dem durchgehend geöffneten, insbesondere lebensmittelbezogenen Einzelhandel zeigten, dass es bei konsequenter Einhaltung von Maskenpflicht und Hygiene- und Sicherheitskonzepten zu keiner relevanten Ausbreitung des Corona-Virus durch das bloß zeitweise Aufeinandertreffen von Menschen innerhalb eines Ladengeschäfts komme. Insbesondere stelle eine verschärfte Maskenpflicht, z.B. durch die Verpflichtung zum Tragen von FFP-2 Masken eine vergleichbar wirksame, aber deutlich weniger in die Berufsausausübungsfreiheit der Antragstellerin eingreifende Maßnahme dar, um die Infektionsgefahren im gesellschaftlichen Leben weiter zu reduzieren. Demgegenüber gebe es ganz erhebliche Risiken für die Einzelhandelsbeschäftigten, denen durch die CoronaVO nunmehr Kontrollverpflichtungen aufgebürdet werden, nämlich potentiell ganz erhebliche Gefährdungen für die Mitarbeiter.
16 
Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegengetreten. Die Anzahl an Neuinfektionen sei auf einem sehr hohen Niveau. Aufgrund der flächendeckenden Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus in den vergangenen Wochen seien die intensivmedizinischen Kapazitäten im Land sehr stark unter Druck geraten. Planbare Operationen und Behandlungen würden weiterhin - soweit medizinisch vertretbar - regelmäßig abgesagt oder verschoben. Es könne noch nicht belastbar abgeschätzt werden, wie sich die sog. Omikron-Variante des SARS-CoV-2-Virus in Deutschland ausbreiten werde. In Baden-Württemberg steige der Anteil der Omikron-Variante am Infektionsgeschehen rapide an. Dringend geboten sei nach den Empfehlungen des Robert Koch-Instituts, dass sich die gesamte Bevölkerung weiterhin für den Infektionsschutz engagiere, indem sie Kontakte weitestgehend reduziere und die AHA+L-Regeln befolge und dass der Einsatz der Tests im Hinblick auf den angestrebten Erkenntnisgewinn in Abhängigkeit freier Testkapazitäten priorisiert werde. Die Empfehlung teile auch der Expertenrat der Bundesregierung zu COVID-19 in seiner ersten Stellungnahme vom 19.12.2021.
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Die angegriffenen Regelungen ließen sich mit „§ 32 Satz 1, § 28 Abs. 1 Satz 1, § 28a Abs. 1 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 und 5 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2a, 4 und Nr. 14 IfSG“ auf eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage stützen. Die mit Zugangsbeschränkungen korrespondierenden Kontrollpflichten der Betreiber fänden ihre Rechtsgrundlage in „§ 28a Abs. 1 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 und 5 6 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2a, 4 und 14 IfSG.“ Nach § 28a Abs. 7 Nr. 4 IfSG seien die Verpflichtung zur Vorlage von Impf-, Genesenen- oder Testnachweisen und eine davon abhängige Zutrittsbeschränkung in den oder bei den in Abs. 1 Nr. 4 – 8 und 10 – 16 genannten Betrieben eine mögliche Schutzmaßnahme. § 27a Abs. 7 Nr. 5 IfSG sehe auch die Möglichkeit vor, die Betriebe zur Erstellung und Anwendung von Hygienekonzepten zu verpflichten und zwar auch unter Vorgabe von Personenobergrenzen. Auch bei den Zutrittsbeschränkungen nach § 17 Abs. 1 CoronaVO handele es sich der Sache nach um Personenbegrenzungen und Beschränkungen für die Betriebe. Die Kontrolle dieser Beschränkungen sei ein denknotwendiger Annex zu diesen Maßnahmen und finde daher ebenfalls in den vorgenannten Bestimmungen ihre Rechtsgrundlage. Jedenfalls aber könnten die Maßnahmen auf die Generalklausel des § 28 Abs. 1 IfSG gestützt werden. Dass auch Betriebe Adressaten der für die Durchsetzung von Betriebsbeschränkungen notwendigen „Begleitmaßnahmen“ sein könnten, ergebe sich im Übrigen auch ganz klar aus der Bestimmung des § 28a Abs. 7 Nr. 8 IfSG. Danach sei die Anordnung der Verarbeitung der Kontaktdaten von Kunden und Gästen eine mögliche Maßnahme. Das unterscheide sich insoweit nicht wesentlich von der Sichtkontrolle des Impfpasses und des dazugehörigen Personalausweises, sondern sei gegenüber der Verarbeitung ein Minus.
18 
Die Voraussetzungen des § 28a Abs. 3, 5 IfSG seien erfüllt, insbesondere liege eine ausreichende Begründung vor. Der nach dem Willen des Gesetzgebers bestehende Zweck der Begründungspflicht, die wesentlichen Entscheidungsgründe für die getroffenen Maßnahmen transparent zu machen und damit Grundrechtsschutz durch Verfahren zu leisten, werde erreicht, indem die Begründung transparent und zentral auf den Seiten des Landes eingestellt werde und frei zugänglich sei. Das Erfordernis einer Veröffentlichung der Begründung in einem rechtsförmigen Verfahren ergebe sich auch nicht aus dem Gesetz. Die Begründung selbst sei nicht Teil der unmittelbaren Rechtsetzung.
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Die angegriffenen Regelungen begegneten hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit keinen Bedenken. Die Antragstellerin werde in ihrer Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG nicht verletzt. Die Zutrittsverbote und ihre Kontrolle dienten legitimen Zielen, seien geeignet, erforderlich und angemessen. Gegen die Erforderlichkeit der Maßnahme lasse sich auch nicht anführen, dass die Kontrollen im ÖPNV nur stichprobenartig erfolgten. Diese Kontrollen seien offensichtlich nicht gleich wirksam wie die Kontrollpflicht nach § 6 und § 6a CoronaVO. Dass es eine vergleichbare strenge Kontrollpflicht im ÖPNV nicht gebe, liegt schlichtweg daran, dass eine lückenlose Kontrolle im ÖPNV faktisch nicht umsetzbar sei. Die Kontrollpflichten stünden nicht außer Verhältnis zu dem Eingriffszweck und den Rechtsgütern, zu deren Schutz die Maßnahmen erlassen worden seien. Sie seien den Verpflichteten im Hinblick auf die potentiell gravierenden Folgen für Leib und Leben einer Vielzahl Betroffener sowie die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems in Baden-Württemberg zumutbar. Die Grundrechtsbeschränkung weise nur eine sehr geringe Eingriffstiefe auf. Die Umsetzung der Kontrollpflichten sei mit einem relativ geringen Kontrollaufwand möglich. Die Erfahrungen der vergangenen Tage und Wochen zeigten, dass die Einzelhandelsbetriebe im Land die Kontrollen flächendeckend gut umsetzen könnten. Das gelte auch für größere Einzelhandelsketten wie die der Antragstellerin, die zentral Konzepte erarbeiten und für die Umsetzung auf funktionierende Infrastrukturen zurückgreifen könnten. In der Regel beschränkten die Einzelhandelsbetriebe den Einlass auf einen Eingang und führten dort die erforderlichen Kontrollen durch. Der Kontrollvorgang selbst sei unkompliziert. Die Kontrollpflichten dienten auch dem gesundheitlichen Schutz der Beschäftigten der Antragstellerin. Zwar sei es nicht ausgeschlossen, dass die Kontrollen in seltenen Einzelfällen zu Konflikten führten. Jedoch hätten die strengen Kontrollpflichten auch eine präventive Schutzfunktion. Wenn allgemein bekannt sei, dass die Zutrittsbeschränkung nach § 17 Abs. 1 CoronaVO ausnahmslos geprüft werde, würden diejenigen, die die Zutrittsvoraussetzung nicht erfüllten, tendenziell schon von vorneherein auf einen Besuch bei Verkaufsstellen des nicht-grundversorgungsrelevanten Einzelhandels verzichten, weil der drohende Konflikt bei der Einlasskontrolle „schon vorprogrammiert“ sei. Bei rein selektiven Kontrollen würden es Personen, die die Zugangsvoraussetzung nicht erfüllten, hingegen vermehrt „darauf ankommen lassen“. Würden dann nichtimmunisierte Personen wider eigenen Erwartens doch - zufällig - kontrolliert werden, so wäre das Eskalationspotential deutlich höher. Im Übrigen könnten die meisten Konflikte durch Beschwichtigungen anderer anwesender Personen oder spätestens durch das Hinzurufen von Ordnungskräften gelöst werden. Die Antragstellerin könne auch bauliche Voraussetzungen schaffen, um das Kontrollpersonal zu schützen (Scan der Impfpässe und Sichtung der Personalausweise durch eine Plexiglasscheibe) oder mit Sicherheitsdiensten zusammenarbeiten. Ohne Maßnahmen der Zugangsbeschränkung und Kontrollpflichten drohten möglicherweise vollständige Betriebsschließungen, wie es sie schon Ende des Jahres 2020 gegeben habe. Aus Sicht des Antragsgegners gelte es, eine Schließung von Einzelhandelsbetrieben unter allen Umständen zu vermeiden.
20 
Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz liege nicht vor. Soweit die Antragstellerin auf die in § 17 Abs. 1 CoronaVO angelegte Differenzierung zwischen Betrieben der Grundversorgung sonstigen Betrieben abstelle, sei das in Bezug auf die angegriffenen Regelungen der § 6 Abs. 1, § 6a CoronaVO irrerelevant. § 17 Abs. 1 CoronaVO regele die Reichweite der Zutrittsbeschränkungen für die Besucherinnen und Besucher und differenziere dabei nach der Art der Betriebe. Bei den Kontrollpflichten nach § 6 und § 6a CoronaVO handele es sich um korrespondierende Pflichten, die nur dort und dann aber unterschiedslos griffen, wo Zutrittsbeschränkungen nach den Vorgaben der Regelungen in Teil 2 der CoronaVO bestünden. Wenn die Antragstellerin eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber Betrieben des grundversorgungsrelevanten Einzelhandels geltend machen wollte, müsste sie gegen die Regelung des § 17 Abs. 1 CoronaVO vorgehen. Das mache die Antragstellerin jedoch gerade nicht. Zudem verstießen die Zutrittsbeschränkungen nach § 17 Abs. 1 CoronaVO nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Textileinzelhandelsgeschäfte gehörten nicht zur Grundversorgung. Auch bei Kinderbekleidung handele es sich nicht um lebensnotwendige Güter. Zwar müsse Kinderbekleidung wachstumsbedingt häufiger neu angeschafft werden müssen. Das sei aber kein im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG wesentlicher Unterschied, soweit es um vorübergehende, nur wenige Wochen andauernde Zugangsbeschränkungen für einen kleinen Teil der Bevölkerung gehe. Die Privilegierung von Baumärkten, Gärtnereien, Blumen- und Gartenmärkten sei nach der Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 11.05.2021 - 1 S 1048/21 -) nicht zu beanstanden. Der Umstand, dass Grundversorger in geringem Umfang auch andere Warengruppen veräußern dürften, ohne den Zutrittsbeschränkungen nach § 17 Abs. 1 Satz 1 CoronaVO zu unterliegen, stelle keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz dar, wie der Senat im Beschluss vom 18.02.2021 - 1 S 398/21 - bereits entschieden habe.
21 
Auf die Antragserwiderung des Antragsgegners hat die Antragstellerin ergänzend u.a. vorgebracht: Bedenke man, dass die Auswirkungen von Schutzmaßnahmen auf das Infektionsgeschehen naturgemäß erst Wochen später eintreten könnten, das Infektionsgeschehen sich aber nach dem Vortrag der Antragstellerin schon seit Erlass der Regelungen positiv entwickelt habe, könne der Grund für die Besserung also denklogisch nicht in den vom Antragsgegner getroffenen Maßnahmen liegen. Die Situation habe sich also unabhängig von den streitgegenständlichen Regelungen gebessert. Der Antragsgegner führe zur Rechtfertigung einer Regelung, die Zutrittskontrollen für Ungeimpfte betreffe, die fehlende Wirksamkeit von Impfungen gegen die Omikron-Mutante an. Das sei widersprüchlich. Wenn die bisherigen Impfungen gegen Omikron weniger hülfen, mache es keinen Sinn, gerade Ungeimpften den Zutritt zum Einzelhandel zu erschweren. Unerheblich sei, dass sich der Antrag nicht unmittelbar gegen § 17 Abs. 1 CoronaVO wende. Die Kontrollpflichten seien untrennbar mit der in § 17 Abs. 1 CoronaVO angelegten Differenzierung verbunden und könnten gerade nicht hiervon isoliert beurteilt werden. Mildere Mittel drängten sich auf. Der Antragsgegner verkenne das Ausmaß der Belastung. Die Grundrechtsbeschränkung sei keineswegs geringfügig. Im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG würdige der Antragsgegner die Bedeutung des Textilhandels nicht hinreichend. Dass der Textileinzelhandel nicht der Grundversorgung zuzurechnen sei, sei mitnichten unumstritten.
22 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
23 
1. Der Senat entscheidet über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO in der Besetzung mit drei Richtern (§ 9 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO). Die Besetzungsregelung in § 4 AGVwGO ist auf Entscheidungen nach § 47 Abs. 6 VwGO nicht anwendbar (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 15.12.2008 - GRS 1/08 - ESVGH 59, 154).
24 
2. Der Antrag der Antragstellerin ist nach §§ 122, 88 VwGO sachdienlich dahin auszulegen, dass sie sich nunmehr gegen die Vorschriften der § 6 Abs. 1, § 6a CoronaVO in der Fassung vom 23.12.2021 wendet. Denn im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO kann nur ein Anspruch auf Außervollzugsetzung derzeit anwendbaren Rechts geltend gemacht werden. Die Auslegung entspricht dem Begehren der Antragstellerin.
25 
3. Der Antrag ist zulässig.
26 
Ein Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO ist zulässig, wenn ein in der Hauptsache gestellter oder noch zu stellender Normenkontrollantrag nach § 47 Abs. 1 VwGO voraussichtlich zulässig ist (vgl. zu dieser Voraussetzung Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., § 47 Rn. 387) und die gesonderten Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO erfüllt sind. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
27 
Die Statthaftigkeit des Antrags folgt aus § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, § 4 AGVwGO. Danach entscheidet der Verwaltungsgerichtshof auch außerhalb des Anwendungsbereichs des § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO über die Gültigkeit von im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften. Dazu gehören Verordnungen - wie hier - der Landesregierung.
28 
Die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist gewahrt.
29 
Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO hat jede natürliche oder juristische Person, die geltend machen kann, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint (ausf. dazu Senat, Urt. v. 29.04.2014 - 1 S 1458/12 - VBlBW 2014, 462 m.w.N.). Nach diesem Maßstab besteht die Antragsbefugnis. Es ist jedenfalls nicht von vornherein nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen, dass die Antragstellerin in ihren Grundrechten auf Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) sowie dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verletzt ist.
30 
Für einen etwaigen Antrag in der Hauptsache und den nach § 47 Abs. 6 VwGO liegt auch ein Rechtsschutzinteresse vor. Denn mit einem Erfolg dieser Anträge könnte die Antragstellerin ihre Rechtsstellung jeweils verbessern.
31 
4. Der nach § 47 Abs. 6 VwGO gestellte Eilantrag hat keinen Erfolg. Der Antrag auf vorläufige Außervollzugsetzung von § 6 Abs. 1, § 6a CoronaVO ist nicht begründet.
32 
Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind zunächst die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags in der Hauptsache, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ist danach der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Ergibt diese Prüfung, dass ein Normenkontrollantrag in der Hauptsache voraussichtlich begründet wäre, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug der streitgegenständlichen Satzung oder Rechtsvorschrift zu suspendieren ist. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug der Rechtsvorschrift vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden: Gegenüberzustellen sind die Folgen, die einträten, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Antrag nach § 47 Abs. 1 VwGO aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, also so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung - trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache - dringend geboten ist (BVerwG, Beschl. v. 25.02.2015 - 4 VR 5.14 -, ZfBR 2015, 381; Beschl. v. 16.09.2015 - 4 VR 2/15 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 09.08.2016 - 5 S 437/16 -, juris m.w.N.; Beschl. v. 13.03.2017 - 6 S 309/17 - juris). Mit diesen Voraussetzungen stellt § 47 Abs. 6 VwGO an die Aussetzung des Vollzugs einer untergesetzlichen Norm erheblich strengere Anforderungen, als § 123 VwGO sie sonst an den Erlass einer einstweiligen Anordnung stellt (BVerwG, Beschl. v. 18.05.1998 - 4 VR 2/98 - NVwZ 1998, 1065).
33 
An diesen Maßstäben gemessen ist der Antrag der Antragstellerin auf vorläufige Außervollzugsetzung der angefochtenen Normen nicht begründet. Ein im Hauptsacheverfahren gegen die Kontrollpflichten nach § 6 Abs. 1, § 6a CoronaVO gerichteter Normenkontrollantrag hätte voraussichtlich ganz überwiegend keine Aussicht auf Erfolg (a). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO dringend geboten (b).
34 
a) Ein im Hauptsacheverfahren gegen die Kontrollpflichten nach § 6 Abs. 1, § 6a CoronaVO gerichteter Normenkontrollantrag hätte voraussichtlich ganz überwiegend keine Aussicht auf Erfolg. Es dürfte für die normierten Kontrollpflichten eine ausreichende Rechtsgrundlage vorliegen, deren einfachrechtliche Voraussetzungen erfüllt sind (aa). Die Kontrollpflichten sind voraussichtlich auch mit höherrangigem Recht vereinbar, insbesondere verletzen sie die Antragstellerin und andere Betriebe, Gewerbe und Unternehmen nicht in ihren Rechten aus Art. 12 Abs. 1 GG (bb). Ob in einem Randbereich ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vorliegt, ist offen (cc).
35 
aa) Für die Kontrollpflichten nach § 6 Abs. 1, § 6a CoronaVO liegt voraussichtlich noch eine ausreichende Rechtsgrundlage vor, deren einfachrechtliche Voraussetzungen erfüllt sind. Dabei scheidet § 28a Abs. 1 IfSG als Ermächtigungsgrundlage aus (aaa). Im Rahmen des § 28a Abs. 7 IfSG kommt ernstlich nur die Ermächtigungsgrundlage aus Satz 1 Nr. 4 in Betracht. Insoweit bestehen jedoch erhebliche Zweifel, ob die Vorschrift hier Anwendung finden kann (bbb). Auch § 28a Abs. 8 IfSG kann hier keine Ermächtigungsgrundlage sein (ccc). Hingegen dürfte § 28a Abs. 9 i.V.m. Abs. 1 Nr. 14 IfSG eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage darstellen, deren einfachrechtliche Voraussetzungen auch gegeben sind (ddd).
36 
aaa) Auf § 28a Abs. 1 IfSG können die angefochtenen Vorschriften nicht gestützt werden. Denn es fehlt an der für die Anwendung von § 28a Abs. 1 IfSG notwendigen Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG durch den Deutschen Bundestag.
37 
bbb) Im Rahmen des § 28a Abs. 7 IfSG kommt ernstlich nur die Ermächtigungsgrundlage aus Satz 1 Nr. 4 in Betracht. An ihrer Anwendbarkeit bestehen jedoch erhebliche Zweifel (siehe unter 1). Die Ermächtigungsgrundlagen aus Satz 1 Nrn. 5, 6 und 8 (siehe unter 2 bis 4) können nicht herangezogen werden. Ein Rückgriff auf die Generalklausel des § 28a Abs. 1 IfSG ist im Rahmen des § 28a Abs. 7 IfSG für allgemeine, d.h. eine unbestimmte Vielzahl von Betroffenen erfassende Schutzmaßnahmen nach § 28 Abs. 1 IfSG ausgeschlossen (siehe unter 5).
38 
(1) Fraglich ist, ob § 28a Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 IfSG eine ausreichende Ermächtigungsrundlage für § 6 Abs. 1, § 6a CoronaVO ist. Nach dieser Vorschrift können unabhängig von einer durch den Deutschen Bundestag nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite die Verpflichtung zur Vorlage von Impf-, Genesenen- oder Testnachweisen sowie an die Vorlage solcher Nachweise anknüpfende Beschränkungen des Zugangs in den oder bei den in § 28a Abs. 1 Nummer 4 bis 8 und 10 bis 16 genannten Betrieben, Gewerben, Einrichtungen, Angeboten, Veranstaltungen, Reisen und Ausübungen notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG sein, soweit sie zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) erforderlich sind. Die Norm gestattet die Normierung von Pflichten der Betriebe, Gewerbe und Einrichtungen, die genannten Nachweise zu kontrollieren, nicht ausdrücklich. Ob die Möglichkeit, eine solche Pflicht zu regeln, von der Ermächtigung (als Annex) mitumfasst ist, ist nach den allgemeinen Auslegungsregeln zu beurteilen:
39 
(a) Der Wortlaut des § 28 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 IfSG spricht dafür, dass die Verpflichtung von Unternehmen und Einrichtungen zur Kontrolle von Impf-, Genesen- und Testnachweisen nicht mitumfasst ist. Eine Verpflichtung zur Kontrolle solcher Nachweise sieht die Norm nach ihrem Wortlaut nicht vor. Die Verpflichtung zur Vorlage solcher Nachweise richtet sich ersichtlich an den einzelnen Bürger. Auch Beschränkungen des Zugangs zu Betrieben, Gewerben und Einrichtungen betreffen die Rechts- und Interessensphäre des einzelnen Bürgers, der Zugang erhalten will. Der Zugang ist gerade für ihn beschränkt. Nur der einzelne Bürger ist mithin Adressat und unmittelbar Betroffener sowohl der Vorlagepflicht als auch der Zugangsbeschränkung.
40 
(b) Aus der Gesetzeshistorie ergibt sich nicht, ob nach der Vorstellung des Gesetzgebers die Möglichkeit der Verpflichtung zur Vorlage eines Impf-, Genesenen- oder Testnachweises auch umfassen soll, dass Unternehmen durch eine Verordnung nach § 32 IfSG zur Kontrolle solcher Nachweise verpflichtet werden können. Im Bericht des Hauptausschusses des Bundestags ist dazu ausgeführt:
41 
„Nach Nummer 4 kann in den oder bei den in Absatz 1 Nummer 4 bis 8 und 10 bis 16 genannten Betrieben, Gewerben, Einrichtungen, Angeboten, Veranstaltungen, Reisen und Ausübungen eine Verpflichtung zur Vorlage eines Impf-, Genesenen- oder Testnachweises und eine daran anknüpfende Beschränkung des Zugangs angeordnet werden. Es ist ebenfalls die Vorgabe möglich, dass ausschließlich ein Impf- oder Genesenennachweis vorzulegen ist. Die Art und Weise des Testnachweises ist bundesgesetzlich nicht vorgegeben, d. h. auch die Pflicht zur Vorlage etwa eines PCR- statt eines Schnelltestes kann angeordnet werden.
42 
Dazu gehören u. a. Betriebe, Einrichtungen oder Angebote mit Publikumsverkehr, Freizeitveranstaltungen, Betriebe und Einrichtungen, die der Freizeitgestaltung zuzurechnen sind, Kultureinrichtungen, Sportveranstaltungen und Einrichtungen, in denen Sport ausgeübt wird, Versammlungen und andere Zusammenkünfte, touristische Reisen, Übernachtungsangebote, gastronomische Einrichtungen, Einzel- und Großhandel, Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens sowie Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33, Hochschulen, außerschulische Einrichtungen der Erwachsenenbildung oder ähnliche Einrichtungen.
43 
Diese Einrichtungen, Betriebe und Settings haben gemeinsam, dass es dort zu größeren Menschenansammlungen mit z. T. viel Fluktuation kommen kann, wodurch die Gefahr eines Ausbruchs erheblich steigt. Bei geimpften, genesenen und getesteten Personen ist das Risiko, dass diese Personen das Virus eintragen könnten und neue Infektionsketten dadurch entstehen könnten erheblich reduziert. Daher ist es aus Gründen des Schutzes der öffentlichen Gesundheit gerechtfertigt, in bestimmten Situationen den Zugang zu bestimmten Angeboten von der Vorlage entsprechender Nachweise abhängig zu machen.
44 
Soweit eine Datenverarbeitung zum Zwecke der Vorlage und der Beschränkung des Zugangs erforderlich ist, sind die datenschutzrechtlichen Anforderungen zu beachten.“ (BT-Drs. 20/89, S. 13)
45 
Aus dem zugrundeliegenden Gesetzentwurf der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN und FDP ergibt sich nichts Anderes, da die Entwurfsbegründung insoweit nur folgende weiteren Ausführungen zu den Nachweispflichten enthält:
46 
„Personenobergrenzen können sich zunächst aus Hygienekonzepten im Sinne der Nummer 4 ergeben. In Nummer 3 wird für Angebote und Veranstaltungen, die typischerweise auch spontan durchgeführt werden, sich nicht immer auf eine im Voraus feststehende Fläche beschränken und nicht immer durch ein Hygienekonzept erfasst werden können wie zum Beispiel Freizeitveranstaltungen (Absatz 1 Nummer 5), die Sportausübung (Absatz 1 Nummer 8) oder die in Absatz 1 Nummer 10 genannten Ereignisse auch die Auflage von Personenobergrenzen unabhängig von einem Hygienekonzept erlaubt.
47 
Bei solchen Gelegenheiten kann es zu größeren Menschenansammlungen mit z. T. viel Fluktuation kommen, wodurch die Gefahr eines Ausbruchs erheblich steigt. Das Risiko einer Ansteckung hängt von Größe, Ort und Art der Veranstaltung ab: Daher ist es aus Gründen des Schutzes der öffentlichen Gesundheit gerechtfertigt, in bestimmten Situationen den Zugang zu bestimmten Angeboten von der Anzahl der Personen, die gleichzeitig von einem Angebot Gebrauch machen können, entsprechend einzuschränken.“ (BT-Drs. 20/15, S. 30).
48 
Für die Parallelnorm § 28a Abs. 1 Nr. 2a IfSG gilt Vergleichbares. Sie wurde durch Art. 12 des Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens „Aufbauhilfe 2021“ und zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wegen Starkregenfällen und Hochwassern im Juli 2021 sowie zur Änderung weiterer Gesetze vom 10.09.2021 (BGBl. I S. 4147) in das Gesetz eingefügt. In der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss) heißt es hierzu lediglich:
49 
„Durch die Aufnahme der neuen Nummer 2a in den Katalog der Regelbeispiele zulässiger Schutzmaßnahmen wird unterstrichen, dass allgemeine Vorlagepflichten hinsichtlich eines Impf-, Genesenen- oder Testnachweises beispielsweise als Voraussetzung zum Zugang zu Betrieben, Einrichtungen oder Angeboten mit Publikumsverkehr vorgesehen werden können. Es ist jeweils durch den Verordnungsgeber eine sorgfältige Abwägung auf Grundlage der verfassungsrechtlichen Vorgaben einschließlich der Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung durchzuführen.“ (BT-Drs. 19/32275, S. 27 f.)
50 
Die Vorstellung des Gesetzgebers ging daher jedenfalls nicht ausdrücklich dahin, dass die Möglichkeit der Verpflichtung des einzelnen Bürgers zur Vorlage eines Impf-, Genesenen- oder Testnachweis auch die Möglichkeit der Verpflichtung von Unternehmen und Einrichtungen zur Kontrolle dieser Nachweise umfasst. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber eine solche Kontrollpflicht ebenfalls als mögliche Verpflichtung, die der Verordnungsgeber auferlegen kann, vorsehen wollte, lassen sich nicht feststellen.
51 
(c) Die systematische Auslegung spricht gegen ein Verständnis der Norm dahin, dass die Ermächtigung in § 28a Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 IfSG auch entsprechende Kontrollpflichten der Betriebe, Gewerbe und Einrichtungen, zu denen der Zugang beschränkt wird, umfasst. Denn der Gesetzgeber des Infektionsschutzgesetzes hat an anderen Stellen Verordnungsermächtigungen, die in vergleichbaren Konstellationen die Normierung von Mitwirkungs- und Kontrollpflichten von Unternehmen ausdrücklich vorsehen, erlassen (aa) und selbst in anderem Zusammenhang Kontrollpflichten ausdrücklich normiert (bb). Der Verzicht auf eine ausdrückliche Regelung von Kontrollpflichten im Rahmen des § 28a Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 IfSG spricht daher dafür, dass der Gesetzgeber hier die Möglichkeit der Auferlegung von Kontrollpflichten bewusst nicht vorgesehen hat (cc).
52 
(aa) Der Gesetzgeber hat mit dem Dritten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 18.11.2020 (BGBl. I S. 2397) in § 36 IfSG unter anderem die Absätze 8 und 10 eingefügt. Mit § 36 Abs. 8 IfSG wird die Bundesregierung, sofern der Deutsche Bundestag nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG eine epidemische Lage von nationaler Tragweite festgestellt hat, ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates festzulegen, dass Personen, die in die Bundesrepublik Deutschland einreisen wollen oder eingereist sind und bei denen die Möglichkeit besteht, dass sie einem erhöhten Infektionsrisiko für die Krankheit ausgesetzt waren, die zur Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite geführt hat, insbesondere, weil sie sich in einem entsprechenden Risikogebiet aufgehalten haben, ausschließlich zur Feststellung und Verhinderung der Verbreitung dieser Krankheit dazu verpflichtet sind, der zuständigen Behörde bestimmte Angaben zur Einreise etc. zu machen.
53 
Hieran knüpft § 36 Abs. 10 IfSG an. Mit dieser Norm wird die Bundesregierung, sofern der Deutsche Bundestag nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG eine epidemische Lage von nationaler Tragweite festgestellt hat, ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates u.a. festzulegen, dass die in einer Rechtsverordnung nach § 38 Abs. 8 Satz 1 genannten Personen verpflichtet sind, gegenüber den Beförderern, gegenüber der zuständigen Behörde oder gegenüber den diese Behörde nach Maßgabe des § 36 Abs. 11 Satz 1 IfSG unterstützenden, mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden eine Impfdokumentation hinsichtlich der in Absatz 8 Satz 1 genannten Krankheit vorzulegen (Satz 1 Nr. 1 Buchst. b). Ebenso wird die Bundesregierung ermächtigt festzulegen, dass Unternehmen, die im Eisenbahn-, Bus-, Schiffs- oder Flugverkehr Reisende befördern, Betreiber von Flugplätzen, Häfen, Personenbahnhöfen und Omnibusbahnhöfen im Rahmen ihrer betrieblichen und technischen Möglichkeiten ausschließlich zur Feststellung und Verhinderung der Verbreitung der in § 36 Abs. 8 Satz 1 IfSG genannten Krankheit, bei der Durchführung der Rechtsverordnung nach § 36 Abs. 10 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 1 a IfSG mitzuwirken haben, und verpflichtet sind, Beförderungen in die Bundesrepublik Deutschland nur dann durchzuführen, wenn die zu befördernden Personen den nach § 36 Abs. 10 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 1 a IfSG auferlegten Verpflichtungen vor der Beförderung nachgekommen sind (Satz 1 Nr. 2 Bucht. b).
54 
Eine ausdrückliche Ermächtigung, solche Mitwirkungs- und Kontrollpflichten der Beförderer durch Verordnung regeln zu können, hielt der Gesetzgeber selbst angesichts seines eigenen Verständnisses, dass die Beförderer keine Vollkontrolle durchzuführen haben, für notwendig. Denn die Bundesregierung ging insoweit nur von einer durchzuführenden Plausibilitätsprüfung aus. In ihrem Gesetzentwurf heißt es hierzu:
55 
„Die Verpflichtung der Beförderer bei der Kontrolle der Angaben der Reisenden umfasst eine Plausibilitätsprüfung im Rahmen der betrieblichen und technischen Möglichkeiten. Der Beförderer ist nicht verpflichtet, eine Validierung der vorgelegten Daten und Nachweise vorzunehmen.“ (BT-Drs. 19/24232, S. 29; ebenso im Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, BT-Drs. 19/23944, S. 32)
56 
(bb) Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze anlässlich der Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 22.11.2021 (BGBl. I S. 4906) mit der Neufassung von § 28b Abs. 5 Satz 1 IfSG bestimmt, dass bestimmte Verkehrsmittel nur benutzt werden dürfen, wenn - mit Ausnahmen - die Benutzer geimpfte Personen, genesene Personen oder getestete Personen sind. Nach § 28b Abs. 5 Satz 3 IfSG sind die Beförderer verpflichtet, die Einhaltung der Verpflichtungen nach § 28b Abs. 5 Satz 1 IfSG durch stichprobenartige Nachweiskontrollen zu überwachen. Alle beförderten Personen sind gemäß § 28b Abs. 5 Satz 4 IfSG verpflichtet, auf Verlangen die entsprechenden Nachweise vorzulegen.
57 
(cc) Der Verzicht auf eine ausdrückliche Regelung von Kontrollpflichten im Rahmen des § 28a Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 IfSG spricht daher dafür, dass der Gesetzgeber hier die Möglichkeit der Auferlegung von Kontrollpflichten bewusst nicht vorgesehen hat.
58 
(d) Der Gesetzeszweck dürfte eher dafür sprechen, dass § 28a Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 IfSG auch die Verpflichtung von Unternehmen und Einrichtungen zur Kontrolle der genannten Nachweise umfasst. Die Verpflichtung des einzelnen Bürgers zur Vorlage solcher Nachweise und daran anknüpfende Zugangsbeschränkungen sollen der Reduzierung von Ansteckungsrisiken bei größeren Menschenansammlungen dienen, insbesondere der Reduzierung von Ansteckungsrisiken, die von nicht immunisierten Personen ausgehen (BT-Drs. 20/89, S. 13). Dieser Zweck kann jedenfalls nicht vollständig erreicht werden, wenn nur der einzelne Bürger zur Vorlage solcher Nachweise verpflichtet werden kann, aber eine flächendeckende Kontrolle solcher Nachweise nicht stattfindet. Denn bei einer lückenhaften Kontrolle besteht die realistische Möglichkeit, dass nicht immunisierte Personen, die nach der Vorstellung des Gesetzgebers und des Verordnungsgebers keinen Zugang sollen erhalten können, gleichwohl Zugang zu den genannten Einrichtungen und Unternehmen bekommen.
59 
Fraglich ist jedoch, ob dieser Zweck im Gesetz ausreichend Niederschlag gefunden hat. Der Wortlaut spricht, wie dargelegt, dagegen. Zudem sind vielgestaltige Formen der Kontrolle möglich. Denkbar sind z.B. - durch die Leistungserbringer wie Betriebe, Gewerbe, Einrichtungen vorgenommene - einfache Sicht- oder Plausibilitätskontrollen, stichprobenartige Kontrollen oder eingehende intensive Kontrollen unter Vornahme eines Datenabgleichs in jedem Einzelfall. Je höher die Kontrollanforderungen sind, desto größer ist der damit einhergehende Aufwand für denjenigen, der die Kontrolle durchführt. Dieser Gesichtspunkt kann dafür sprechen, angesichts des Wortlauts von § 28a Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 IfSG, der Kontrollen gar nicht erwähnt, im Hinblick auf den dargelegten Gesetzeszweck allenfalls einfache Sichtkontrollen von Nachweisen als von der Ermächtigung in § 28a Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 IfSG umfasst zu sehen. Für ein solches Verständnis kann auch der aus dem Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG folgende Vorbehalt des Gesetzes streiten. Intensive, aufwändige Kontrollpflichten haben erhebliche Auswirkungen für die betroffenen Unternehmen und Einrichtungen und erfordern daher aus den genannten verfassungsrechtlichen Gründen umso eher eine klare gesetzliche Ermächtigungsgrundlage.
60 
Ebenso denkbar sind Kontrollen, die die zuständigen Behörden vornehmen. So ging der Antragsgegner selbst für die mit der Verordnung der Landesregierung zur Änderung der Corona-Verordnung vom 13.10.2021 eingeführte Testpflicht (§ 18 CoronaVO i.d.F. v. 13.10.2021) für Beschäftigte mit Kundenkontakt davon aus, dass die Einhaltung der zweimaligen Testpflicht pro Woche nicht vom Arbeitgeber, sondern von den zuständigen Behörden kontrolliert wird (https://www.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/fragen-und-antworten-zur-testpflicht-und-zum-2g-optionsmodell/). Zwar mag es in jeder Hinsicht nachvollziehbar erscheinen, dass eine vergleichbare Kontrolle der Vorlagepflichten für den Zugang zu den in §§ 14-17 CoronaVO erfassten Einrichtungen und Betrieben durch die zuständigen Behörden in lückenloser Form in keiner Weise zu leisten wäre. Jedoch wird offenbar, dass der Gesetzeszweck von § 28a Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 IfSG nicht zwingend zur Auslegung führen muss, dass von der Norm die Möglichkeit, den Leistungserbringern die Kontrollpflichten aufzuerlegen, mit umfasst ist.
61 
(e) Insgesamt mag daher der Zweck der Regelung dafür sprechen, dass die Möglichkeit, Kontrollpflichten der vorzulegenden Nachweise - jedenfalls in der Form einer einfachen Sichtkontrolle - von der Ermächtigung in § 28a Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 IfSG mitumfasst sind. Jedoch hat der Gesetzgeber auf eine ausdrückliche Normierung solcher Kontrollpflichten in diesem Zusammenhang verzichtet, obwohl er in jüngster Zeit in vergleichbaren Konstellationen Kontrollpflichten ausdrücklich geregelt hat. Auch der Wortlaut der Norm spricht nicht dafür, dass Kontrollpflichten der vorzulegenden Nachweise mitgeregelt sind. Den daher bestehenden erheblichen Bedenken der Heranziehung von § 28a Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 IfSG als Ermächtigungsgrundlage für die angefochtenen Vorschriften muss jedoch nicht abschließend nachgegangen werden, da in § 28a Abs. 9 IfSG voraussichtlich derzeit noch eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage vorliegt.
62 
(2) § 28a Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 IfSG scheidet als Ermächtigungsgrundlage aus. Die dort vorgesehene Möglichkeit der Verpflichtung zur Erstellung und Anwendung von Hygienekonzepten, auch unter Vorgabe von Personenobergrenzen, für die in § 28a Abs. 1 Nr. 4 - 8 und 10 - 16 IfSG genannten Betriebe, Gewerbe, Einrichtungen, Angebote, Veranstaltungen, Reisen und Ausübungen umfasst die Auferlegung von Kontrollpflichten von Impf-, Genesenen- und Testnachweisen nicht. Der Antragsgegner selbst versteht Hygienekonzepte dahin, dass die Verantwortlichen hierbei die konkreten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen haben und im Hygienekonzept insbesondere die Umsetzung der Abstandsempfehlung, die regelmäßige und ausreichende Lüftung von Innenräumen, die regelmäßige Reinigung von Oberflächen und Gegenständen, die rechtzeitige und verständliche Information über die geltenden Hygienevorgaben und die Anbringung eines vor Zutritt deutlich sichtbaren Hinweises, sofern vom 2G-Optionsmodell Gebrauch gemacht wird, darzustellen sind (§ 7 CoronaVO). Dies dürfte dem Verständnis des Bundesgesetzgebers in § 28a Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 IfSG entsprechen. Die Kontrolle von Impf-, Genesenen- und Testnachweisen gehört damit typischerweise nicht zum Gegenstand eines Hygienekonzepts. Ersichtlich geht auch der Bundesgesetzgeber mit der Formulierung „Verpflichtung zur Erstellung eines Hygienekonzepts“ davon aus, dass der insoweit Verpflichtete - in einem gewissen Rahmen - Gestaltungsmöglichkeiten hat, wie er Hygienevorgaben in seinem Verantwortungsbereich umsetzt. Die Kontrollpflichten nach § 6 Abs. 1 § 6a CoronaVO gehen von solchen Gestaltungsmöglichkeiten nicht aus.
63 
(3) Die Vorschrift des § 28a Abs. 7 Satz 1 Nr. 6 IfSG, auf die der Antragsgegner ebenfalls Bezug nimmt, kann auch keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage sein. Die nach dieser Vorschrift mögliche Beschränkung der Anzahl von Personen in oder bei den in § 28a Abs. 1 Nr. 4 - 8 und 10 - 16 IfSG genannten Betrieben, Gewerben, Einrichtungen, Angeboten, Veranstaltungen, Reisen und Ausübungen ordnen die angefochtenen Vorschriften nicht an. Zwar mögen Kontrollen von Impf-, Genesenen- und Testnachweisen rein tatsächlich dazu führen, dass in den genannten Betrieben, Gewerben und Einrichtungen sich weniger Personen aufhalten, als es ohne solche Kontrollen der Fall wäre. Aber es ist weder ausgeschlossen, dass trotz solcher Kontrollen immunisierte Personen in unbegrenzter Anzahl Betriebe, Gewerbe und Einrichtungen aufsuchen, noch regeln die angefochtenen Vorschriften auch nur annähernd eine Personenobergrenze.
64 
(4) § 28a Abs. 7 Satz 1 Nr. 8 IfSG kommt als Ermächtigungsgrundlage ebenfalls nicht in Betracht. Die dort vorgesehene Anordnung der Verarbeitung der Kontaktdaten von Kunden, Gästen oder Veranstaltungsteilnehmern erfasst die hier streitigen Kontrollpflichten eindeutig nicht. Bereits der Wortlaut von § 28a Abs. 7 Satz 1 Nr. 8 IfSG sieht ausdrücklich vor, dass es um Kontaktdaten geht, um nach Auftreten einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 mögliche Infektionsketten nachverfolgen und unterbrechen zu können. Dies ergibt sich auch eindeutig aus § 28a Abs. 4 IfSG, der hier gemäß § 28 Abs. 7 Satz 3 IfSG entsprechend gilt. Nach § 28a Abs. 4 Satz 1 IfSG dürfen nur personenbezogene Angaben sowie Angaben zum Zeitraum zum Ort des Aufenthaltes erhoben und verarbeitet werden, „soweit dies zur Nachverfolgung von Kontaktpersonen zwingend notwendig ist“. Daten zum Impf-, Genesenen- oder Teststatus einer Person sind zur Nachverfolgung von Kontaktpersonen nicht notwendig.
65 
(5) Ein Rückgriff auf die Generalklausel des § 28a Abs. 1 IfSG ist entgegen der Auffassung des Antragsgegners im Rahmen des § 28a Abs. 7 IfSG für allgemeine, d.h. eine unbestimmte Vielzahl von Betroffenen erfassende Schutzmaßnahmen nach § 28 Abs. 1 IfSG ausgeschlossen (a.A. evtl., jedoch ohne vertiefte Prüfung: OVG NRW, Beschl. v. 20.12.2021 - 13 B 1858/21 - juris Rn. 8).
66 
§ 28a Abs. 7 IfSG enthält - entgegen der Diktion der Antragstellerin in der Antragsschrift - keine Regelbeispiele. Der Gesetzgeber hat in § 28a Abs. 7 IfSG nicht einen Katalog von möglichen Schutzmaßnahmen vorgesehen, die wie nach § 28a Abs. 1 IfSG „insbesondere“ getroffen werden können und die daher weitere Maßnahmen nicht von vornherein ausschließen. Er hat vielmehr mit den Nrn. 1 bis 8 des Satzes 1 eine abschließende Aufzählung der zulässigen allgemeinen, eine unbestimmte Vielzahl von Betroffenen erfassenden Schutzmaßnahmen vorgenommen. Auf das Tatbestandsmerkmal „insbesondere“ hat er in § 28a Abs. 7 IfSG bewusst verzichtet. Ein im Hauptausschuss des Deutschen Bundestages von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachter Änderungsantrag, der u.a. ausdrücklich auf die Ergänzung des Wortes „insbesondere“ in § 28a Abs. 7 IfSG gerichtet war, wurde mehrheitlich abgelehnt (BT-Drs. 20/89, S. 6 - 8).
67 
§ 28a Abs. 7 Satz 2 IfSG bestätigt, dass § 28a Abs. 7 Satz 1 IfSG eine abschließende Aufzählung der zulässigen allgemeinen, eine unbestimmte Vielzahl von Betroffenen erfassenden Schutzmaßnahmen enthält (ebenso zum Ganzen Johann/Gabriel, BeckOK IfSG, 9. Edition, Stand: 20.12.2021, § 28a Rn. 49 f.). Denn nach dieser Vorschrift bleiben (lediglich) individuelle Schutzmaßnahmen gegenüber Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen oder Ausscheidern nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG sowie die Schließung von Einrichtungen und Betrieben im Einzelfall nach § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG unberührt. Diese Regelungsintention ergibt sich auch klar aus der Gesetzesbegründung hierzu:
68 
„Individuelle Schutzmaßnahmen gegenüber Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen oder Ausscheidern nach § 28 Absatz 1 Satz 1 bleiben unberührt. Damit sind Schutzmaßnahmen durch Verordnung oder auf Basis einer Allgemeinverfügung ausgeschlossen, ebenso Maßnahmen gegenüber Personen, die nicht zu diesem Personenkreis gehören. Möglich bleibt im Einzelfall auch, wenn Maßnahmen gegenüber Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen oder Ausscheidern nicht ausreichen, die Schließung von Gemeinschaftseinrichtungen im Sinne des § 33 (z. B. Schulen, Heimen oder Kindertagesstätten). Diese Maßnahmen können vor dem 19. März 2022, aber auch nach dem 19. März 2022 vorgesehen werden.“ (BT-Drs. 20/15, S. 31).
69 
ccc) § 28a Abs. 8 IfSG scheidet als Ermächtigungsgrundlage aus. Denn die von der Vorschrift des § 28a Abs. 8 IfSG vorausgesetzte Feststellung der Anwendbarkeit der Absätze 1 bis 6 von § 28a IfSG durch den Landtag Baden-Württemberg liegt nicht vor.
70 
ddd) Eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage ist jedoch voraussichtlich § 28a Abs. 9 i.V.m. Abs. 1 Nr. 14 IfSG. Unschädlich dürfte insoweit sein, dass der Antragsgegner hierauf in der Antragserwiderung nicht beruft. Die CoronaVerordnung ist auf § 32 i.V.m. §§ 28-31 IfSG gestützt.
71 
Nach § 28a Abs. 9 Satz 1 IfSG bleiben die Absätze 1 bis 6 des § 28a IfSG nach dem Ende einer durch den Deutschen Bundestag nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite bis längstens zum Ablauf des 19.03.2022 für Schutzmaßnahmen nach § 28a Abs. 1 IfSG in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG anwendbar, die bis zum 25.11.2021 in Kraft getreten sind. Dieser Satz 1 gilt für Schutzmaßnahmen nach § 28a Abs. 1 IfSG in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 und § 32 IfSG entsprechend, sofern das Parlament in dem betroffenen Land die Rechtsverordnungen nicht aufhebt (Satz 2).
72 
Voraussetzung der Anwendbarkeit von § 28a Abs. 9 IfSG ist zunächst, dass bis zum 25.11.2021 in Kraft getretene Schutzmaßnahmen vorliegen. Dies ist hier zu bejahen. Die Corona-Verordnung vom 15.09.2021 in der Fassung der Dritten Verordnung der Landesregierung zur Änderung der Corona-Verordnung vom 23.11.2021, die am 24.11.2021 in Kraft trat, bestimmte zu Kontrollpflichten in § 6, dass Anbieter, Veranstalter oder Betreiber zur Überprüfung der vorzulegenden Test-, Impf- oder Genesenennachweise verpflichtet sind, sowie in § 6a, dass die Nachweisführung im Sinne des § 6 durch Gewährung der Einsichtnahme in den Testnachweis in deutscher, englischer, französischer, italienischer oder spanischer Sprache in verkörperter oder digitaler Form gemeinsam mit der Einsichtnahme in ein amtliches Ausweisdokument im Original zu erfolgen hat, dass Impfnachweise in digital auslesbarer Form vorzulegen sind und dass die zur Überprüfung der Nachweise Verpflichteten, soweit dies nicht technisch ausgeschlossen ist, verpflichtet sind, elektronische Anwendungen zur Überprüfung einzusetzen. Dies entspricht inhaltlich den nach den angefochtenen Vorschriften derzeit bestehenden Kontrollpflichten.
73 
§ 28a Abs. 9 IfSG setzt des Weiteren voraus, dass sich aus dem verwiesenen § 28a Abs. 1 IfSG für die bis 25.11.2021 in Kraft getretene Schutzmaßnahme eine ausreichende Rechtsgrundlage ergibt. Auch dies dürfte hier zu bejahen sein. Denn § 28a Abs. 1 Nr. 14 IfSG ermächtigt zu Maßnahmen der Schließung oder Beschränkung von Betrieben, Gewerben, Einzel- oder Großhandel. Der Begriff der Beschränkung ist weit gefasst. Weder der Wortlaut noch Sinn und Zweck schließen es aus, auch Beschränkungen des Publikumsverkehrs in Betrieben, Gewerben, Einzel und Großhandel als Beschränkungen im Sinne dieser Vorschrift zu verstehen. Sie ermöglicht daher auch die Auferlegung von Kontrollpflichten (ebenso OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 30.12.2021 - 11 S 109/21 - juris Rn. 35; SächsOVG, Beschl. v. 06.01.2022 - 3 B 454/21 - juris Rn. 21, m.w.N.).
74 
Bis zum Ablauf des 19.03.2022 liegt daher voraussichtlich eine ausreichende Rechtsgrundlage vor.
75 
Auch die Voraussetzungen des § 28a Abs. 5 IfSG sind voraussichtlich erfüllt. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin dürfte eine Pflicht zur gemeinsamen Veröffentlichung der Corona-Verordnung der Landesregierung und der Begründung hierzu nicht bestehen. Die Begründungspflicht des § 28a Abs. 5 Satz 1 IfSG dient nach dem Willen des Gesetzgebers „…dazu, die wesentlichen Entscheidungsgründe für die getroffenen Maßnahmen transparent zu machen und dient damit insbesondere der Verfahrensrationalität wie auch die Legitimationssicherung. Sie gewährleistet als prozedurale Anforderung den Grundrechtsschutz durch Verfahren. Innerhalb der Begründung ist zu erläutern, in welcher Weise die Schutzmaßnahmen im Rahmen eines Gesamtkonzepts der Infektionsbekämpfung dienen. Eine empirische und umfassende Erläuterung ist nicht geschuldet. Die Begründung ist möglichst zeitnah nach Erlass der Rechtsverordnung zu veröffentlichen“ (BT-Drs. 19/24334, S. 74). Die Vorschrift normiert mithin keine Pflicht zur tagesgenauen Veröffentlichung der Begründung. Wie der Senat bereits entschieden hat, dürfte eine Zeitspanne von vier Tagen zwischen Inkrafttreten der Verordnung und der Veröffentlichung der Verordnungsbegründung sich am äußersten Rand dessen bewegen, was noch als „zeitnah“ angesehen werden kann. Im Hinblick auf die Funktion der Begründungspflicht und die grundsätzliche Befristung der jeweiligen Verordnungen auf vier Wochen nach § 28a Abs. 5 Satz 2 IfSG muss sichergestellt sein, dass die Verordnungsadressaten möglichst so zeitnah Klarheit über die Verordnungsbestimmungen erhalten, dass sie noch effektiven Rechtsschutz in Anspruch nehmen können (Senat, Beschl. v. 12.03.2021 - 1 S 680/21 -). Zudem muss die Veröffentlichung der Begründung in einer Art und Weise erfolgen, dass aufgrund einer einheitlich angewandten Bekanntmachungspraxis für die Normadressaten transparent und einfach nachvollziehbar ist, wie sie die Begründung - die die Landesregierung und die Landesministerien typischerweise im Internet veröffentlichen - einsehen können (Senat, Beschl. v. 17.12.2021 - 1 S 3670/21 - juris). Eine Pflicht zur Veröffentlichung im Gesetzes- und Verordnungsblatt besteht hingegen voraussichtlich nicht. Eine solche Veröffentlichungspflicht besteht nur für die Gesetze und Verordnungen selbst. Es ist auch nicht ersichtlich, welchen zusätzlichen konkreten Nutzen dies für die Normadressaten im Vergleich zu den dargelegten Transparenzanforderungen hätte.
76 
bb) Eine Verletzung des Rechts der Antragstellerin aus Art. 12 Abs. 1 GG liegt voraussichtlich nicht vor. Die angegriffenen Normen bewirken einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit. Dieser erweist sich aller Voraussicht nach als verfassungsrechtlich gerechtfertigt, insbesondere verhältnismäßig. Der Antragsgegner verfolgt damit legitime Ziele, zu deren Erreichung er mit der mit der genannten Vorschrift geeignete und erforderliche Maßnahmen gewählt hat, die sich beim gegenwärtigen Stand des Pandemiegeschehens auch als verhältnismäßig i.e.S. (angemessen) erweisen.
77 
Das Ziel der Corona-Verordnung, eine Überlastung des Gesundheitssystems, in der eine ausreichende Krankenhausversorgung nicht mehr gewährleistet werden kann, zu verhindern und den Gesundheitsschutz der Bevölkerung zu gewährleisten, ist - was die Antragstellerin nicht in Frage stellt - legitim.
78 
Die Kontrollpflichten sind zur Erreichung dieses Ziels auch geeignet, da sie das Ziel zumindest fördern können. Soweit die Antragstellerin vorträgt, im Einzelhandel bestehe kein besonderes Infektionsrisiko, bleibt unklar, ob sie damit geltend machen will, die Regelung sei mangels Infektionsrisiken ungeeignet. Dem wäre jedenfalls nicht zu folgen. Das Infektionsgeschehen ist immer noch sehr stark ausgeprägt und derzeit von stark ansteigenden Infektionszahlen gekennzeichnet. Es lassen sich viele Infektionsketten nicht nachvollziehen, Ausbrüche treten in vielen verschiedenen Umfeldern auf (RKI, Risikobewertung zu COVID-19, Stand: 05.01.2022, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html). Da das Infektionsgeschehen nach seinen Ursachen derzeit diffus ist, hat der Antragsgegner mit der Annahme, die Kontrollpflichten könnten zur Reduzierung des Infektionsgeschehens beitragen, seinen Beurteilungsspielraum nicht überschritten.
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79 
Die angegriffenen Normen sind voraussichtlich auch erforderlich. Der Antragsgegner verlässt seinen Einschätzungsspielraum nicht, wenn er zugrunde legt, dass andere Maßnahmen als die streitgegenständlichen weniger effektiv wären. Die von der Antragstellerin angeführten Kontrollpflichten geringeren Umfangs in anderen Bereichen wären nicht so wirksam wie die in § 6 Abs. 1, § 6a CoronaVO normierten, da nicht auszuschließen wäre, dass Infektionsgefahren entstünden, die die streitgegenständliche Regelung sicherer minimieren kann.
80 
Schließlich ist die Regelung voraussichtlich verhältnismäßig im engeren Sinne. Die 2G-Regelung selbst in § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 CoronaVO i.d.F. v. 23.12.2021 ist sowohl für die betroffenen nicht-immunisierten Personen, die den Einzelhandel aufsuchen wollen, als auch für den betroffenen Einzelhandel verhältnismäßig (Senat, Beschl. v. 17.12.2021 - 1 S 3528/21 - juris und Beschl. v. 11.01.2022 - 1 S 3781/21 - zur Veröffentlichung in juris vorgesehen). Für die betroffenen Betriebe sind auch die durch die Kontrollpflichten entstehenden zusätzlichen Belastungen voraussichtlich zumutbar.
81 
Die Regelungen der § 6 Abs. 1, § 6a CoronaVO führen für die betroffenen Betriebe zu einem erheblichen Mehraufwand. Die Kontrollen sind ausnahmslos durchzuführen und binden allein dadurch Personal, das gegebenenfalls im bisherigen Umfang nicht ausreicht, um den Betrieb aufrecht zu erhalten. Folglich ist in einer Vielzahl von Fällen mit einer finanziellen Mehrbelastung der Normadressaten zu rechnen. In die Abwägung einzustellen ist auch, dass die Kontrollsituation zu Konflikten und Gefährdungen der Mitarbeiter der zur Kontrolle verpflichteten Betriebe führen kann. Demgegenüber stehen die vom Antragsgegner mit den angefochtenen Vorschriften verfolgten Infektionsschutzbelange. Der Antragsgegner legt in nicht zu beanstandender Weise zugrunde, dass weiterhin Gefahren bestehen, zu deren Abwehr auch die angefochtene Vorschrift notwendig ist. Das Infektionsgeschehen ist immer noch sehr stark ausgeprägt und derzeit von stark ansteigenden Infektionszahlen gekennzeichnet. Der hohe Infektionsdruck in der Bevölkerung zieht unvermeidlich schwere Krankheitsverläufe und Todesfälle nach sich und macht das Auftreten von Impfdurchbrüchen wahrscheinlicher. Die Situation auf den Intensivstationen bleibt weiterhin sehr angespannt. Das Robert Koch-Institut schätzt die Gefährdung durch COVID-19 für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland insgesamt als sehr hoch ein. Ursächlich hierfür ist das Auftreten und die rasante Verbreitung der Omikronvariante, die sich nach derzeitigem Kenntnisstand deutlich schneller und effektiver verbreitet als die bisherigen Virusvarianten. Dadurch kann es zu einer schlagartigen Erhöhung der Infektionsfälle und einer schnellen Überlastung des Gesundheitssystems kommen. Die Infektionsgefährdung wird für die Gruppe der Ungeimpften als sehr hoch, für die Gruppen der Genesenen und Geimpften mit Grundimmunisierung (zweimalige Impfung) als hoch und für die Gruppe der Geimpften mit Auffrischimpfung (dreimalige Impfung) als moderat eingeschätzt. Es lassen sich viele Infektionsketten nicht nachvollziehen, Ausbrüche treten in vielen verschiedenen Umfeldern auf. SARS-CoV-2 verbreitet sich überall dort, wo Menschen zusammenkommen, insbesondere in geschlossenen Räumen.Die aktuelle Entwicklung ist daher - so das RKI - sehr besorgniserregend, und es ist zu befürchten, dass es bei weiterer Verbreitung der Omikronvariante in Deutschland wieder zu einem erneuten Anstieg der schweren Erkrankungen und Todesfälle kommen wird - schon aufgrund des erwarteten massiven Anstiegs der Fallzahlen - und die deutschlandweit verfügbaren intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten überschritten werden (RKI, Risikobewertung zu COVID-19, Stand: 05.01.2022, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html). Ohne Kontrollpflichten verlieren Nachweisverpflichtungen und Zugangsbeschränkungen für nicht-immunisierte Personen sehr erheblich an Wirksamkeit. Daher wäre bei einem Verzicht auf Kontrollen nicht auszuschließen, sondern in einem nicht zu vernachlässigenden Umfang zu erwarten, dass durch Zugang nicht-immunisierte Personen zum Einzelhandel nach § 17 Abs. 1 Satz 1 IfSG das Infektionsgeschehen deutlich verstärkt würde. Die Annahme, dass dies auch bei einer nur stichprobenartigen Kontrolle zu befürchten wäre, ist plausibel. Auch die Erwägung des Antragsgegners, dass bei einer nur stichprobenartigen Kontrolle das Konfliktpotenzial bei Kontrollen deutlich größer sein könnte, erscheint dem Senat nachvollziehbar. Insgesamt rechtfertigt daher der vom Antragsgegner bezweckte Gesundheitsschutz der Bevölkerung als Rechtsgut von überragender Bedeutung die für die Antragstellerin und vergleichbare Betrieben eintretenden Belastungen.
82 
cc) Auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt - jedenfalls ganz überwiegend - voraussichtlich nicht vor.
83 
aaa) Die in der angefochtenen Vorschrift vorgenommene Differenzierung in Bezug auf Handelsbetriebe, die der Grundversorgung dienen und daher gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 und 4 CoronaVO ohne Nachweispflichten zugänglich sind, und solchen Betrieben – wie die der Antragstellerin –, die nicht zur Grundversorgung gezählt werden, begegnet aller Voraussicht nach keinen gleichheitsrechtlichen Bedenken.
84 
Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (st. Rspr., vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.07.1998 - 1 BvR 1554/89 u.a. - BVerfGE 98, 365, 385; Beschl. v. 21.06.2011 - 1 BvR 2035/07 - BVerfGE 129, 49, 68 f.; Urt. v. 19.02.2013 - 1 BvL 1/11 u.a. - BVerfGE 133, 59, 86). Der allgemeine Gleichheitssatz enthält nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts keinen für jeden Regelungsbereich in gleicher Weise geltenden Maßstab. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen reichen die Grenzen für die Normsetzung vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse. Insoweit gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (BVerfG, Beschl. v. 21.07.2010 - 1 BvR 611/07 u.a. - BVerfGE 126, 400, 416; Beschl. v. 18.07.2012 - 1 BvL 16/11 - BVerfGE 132, 179, 188).
85 
Der jeweils aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Maßstab gilt für die normsetzende Exekutive entsprechend. Jedoch ist der dem Verordnungsgeber zukommende Gestaltungsspielraum enger. Ein solcher besteht von vornherein nur in dem von der gesetzlichen Ermächtigungsnorm abgesteckten Rahmen (Art. 80 Abs. 1 GG). Der Verordnungsgeber darf keine Differenzierungen vornehmen, die über die Grenzen einer formell und materiell verfassungsmäßigen Ermächtigung hinaus eine Korrektur der Entscheidungen des Gesetzgebers bedeuten würden. In diesem Rahmen muss er nach dem Gleichheitssatz im wohlverstandenen Sinn der ihm erteilten Ermächtigung handeln und hat sich von sachfremden Erwägungen freizuhalten (BVerfG, Beschl. v. 23.07.1963 - 1 BvR 265/62 - BVerfGE 16, 332, 338 f.; Beschl. v. 12.10.1976 - 1 BvR 197/73 - BVerfGE 42, 374, 387 f.; Beschl. v. 23.06.1981 - 2 BvR 1067/80 - BVerfGE 58, 68, 79; Beschl. v. 26.02.1985 - 2 BvL 17/83 - BVerfGE 69, 150, 160; Brenner, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl., Art. 80 Abs. 1 GG Rn. 73). Der Verordnungsgeber soll das Gesetz konkretisieren und „zu Ende denken“, weiter gehen seine Befugnisse jedoch nicht. Er muss daher den Zweckerwägungen folgen, die im ermächtigenden Gesetz angelegt sind. Gesetzlich vorgegebene Ziele darf er weder ignorieren noch korrigieren (Nierhaus, in: BK, Art. 80 Abs. 1 GG Rn. 330, 336 [Stand: November 1998]).
86 
Infektionsschutzrechtlich begründete Maßnahmen haben sich mithin an den Zwecken der Verordnungsermächtigung nach § 32 Satz 1 i.V.m. § 28a IfSG auszurichten, wenn sie Ungleichbehandlungen vornehmen. § 28a Abs. 6 Satz 2 IfSG bestimmt, dass bei Entscheidungen über Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) soziale, gesellschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen auf den Einzelnen und die Allgemeinheit einzubeziehen und zu berücksichtigen sind, soweit dies mit dem Ziel einer wirksamen Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) vereinbar ist. Gemäß § 28a Abs. 6 Satz 3 IfSG können einzelne soziale, gesellschaftliche oder wirtschaftliche Bereiche, die für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung sind, von den Schutzmaßnahmen ausgenommen werden, soweit ihre Einbeziehung zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) nicht zwingend erforderlich ist.
87 
Gemessen hieran liegt in der Grundentscheidung des Antragsgegners, Einzelhandelsbetriebe und Märkte, die der Grundversorgung dienen, keinen Zutrittsbeschränkungen zu unterwerfen, voraussichtlich keine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes in Art. 3 Abs. 1 GG. Denn die Privilegierung des den Grundbedürfnissen der Bevölkerung dienenden Einzelhandels, der für das tägliche Leben nicht verzichtbare Produkte verkauft, ist - wie vom Senat mehrfach entschieden - durch gewichtige Belange des Gemeinwohls gerechtfertigt (vgl. Beschlüsse vom 18.02.2021 - 1 S 298/21 - juris Rn. 106 ff.; v. 11.05.21 - 1 S 1048/21 -; v. 11.05.2021 - 1 S 1262/21 -). Bei der abschließenden Aufzählung der Handelsbetriebe, die der Grundversorgung dienen, hat der Verordnungsgeber sachliche Gründe – nämlich ihre besondere Bedeutung für die Gesellschaft sowie ein kurzfristig anfallender und dringend zu deckender Bedarf – gewählt. Die in § 17 Abs. 1 Satz 4 CoronaVO genannten Betriebe befriedigen Grundbedürfnisse, die der Verordnungsgeber in grundsätzlich zulässiger typisierender Weise (vgl. Senat, Beschl. v. 18.05.2020 - 1 S 1386/20 - sowie Beschl. v. 08.01.2021 - 1 S 4272/21 -) mit den Ausnahmeregelungen erfasst hat.
88 
Es besteht aller Voraussicht nach auch keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber den unbeschränkt zugänglichen Blumengeschäften, Gärtnereien und Gartenmärkten. Hierzu hat der Senat zuletzt im Beschluss vom 30.11.2021 - 1 S 3523/21 - ausgeführt:
89 
„Der Senat hat mehrfach entschieden, dass Garten-, Bau- und Drogeriemärkte der Grundversorgung dienen und daher ohne Rechtsfehler privilegiert werden können (vgl. Senat, Beschl. v. 01.03.2021 - 1 S 555/21 -; Beschl. v. 11.05.2021 - 1 S 1048/21 - juris Rn. 84). Die genannten Betriebe dienen der Deckung unabweisbarer, regelmäßig wiederkehrender und auch kurzfristig entstehender Bedarfe an Pflanzen, Gartenbauzubehör, Reparatur- sowie Baumaterialien und Drogerieartikeln. Gleiches gilt für die in § 17 Abs. 1 Satz 4 CoronaVO genannten Blumengeschäfte. Frische Blumen sind für viele Verbraucher Bestandteil ihres regelmäßigen Bedarfs, da sie schnell verderblich sind und regelmäßig ersetzt werden. Oftmals ist aufgrund von Sortimentsüberschneidungen die Abgrenzung zu Gärtnereien und Gartenmärkten schwierig. Dass der Verordnungsgeber folglich Blumengeschäfte neben den genannten Gartenbaubetrieben, Gärtnereien und Gartenmärkten der Grundversorgung zuordnet, hält sich im Rahmen des ihm zustehenden Bewertungsrahmens (vgl. auch OVG NRW, Beschl. v. 25.05.2021 - 13 B 271/21.NE - juris Rn. 67).“
90 
Hieran hält der Senat im Ergebnis weiterhin fest werden (ebenso Senat, Beschl. v. 11.01.2022 - 1 S 3781/21 - zur Veröffentlichung in juris vorgesehen). Dabei ist unverkennbar, dass Blumengeschäfte, Gärtnereien und Gartenmärkte nicht den Kernbereich der Grundversorgung der Bevölkerung abdecken. Gleichwohl ist ihre Berücksichtigung im Rahmen von § 17 Abs. 1 Satz 4 CoronaVO voraussichtlich nicht zu beanstanden. Dabei muss hier offenbleiben, ob sich der Antragsgegner insoweit mit Erfolg auf § 28a Abs. 6 Satz 3 IfSG berufen kann. Denn aus der Begründung zur Corona-Verordnung ist insoweit nicht ersichtlich, ob der Antragsgegner hier soziale, gesellschaftliche oder wirtschaftliche Bereiche im Sinne dieser Vorschrift annimmt, die für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung sind und daher von Schutzmaßnahmen ausgenommen werden sollen. Ohne eine solche Begründung ist eine Berufung auf § 28a Abs. 6 Satz 3 IfSG voraussichtlich nicht möglich, da für die Betroffenen nicht ersichtlich und für die Gerichte nicht nachprüfbar ist, welche Erwägungen den Tatbestand des § 28a Abs. 6 Satz 3 IfSG erfüllen sollen. Ersichtlich ist jedoch, dass sich der Antragsgegner bei der Bestimmung der Bereiche, die der Grundversorgung dienen, an dem Beschluss der Konferenz der Bundeskanzlerin und der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten vom 03.03.2021, der Blumengeschäfte, Gärtnereien, Baumschulen und Gartenmärkte dem Einzelhandel des täglichen Bedarfs zurechnete, orientiert (Begründung zur 11. Corona-Verordnung vom 15.09.2021, Seite 91). Auch die Regelung des § 28b Abs. 1 Nr. 4 IfSG in der Fassung vom 22.04.2021 (sog. Bundesnotbremse) zählte Blumenfachgeschäfte und Gartenmärkte zu Geschäften der Grundversorgung. Eine Orientierung an dem genannten Beschluss vom 03.03.2021 und der Regelung des damaligen § 28b Abs. 1 Nr. 4 IfSG ist voraussichtlich gleichheitsrechtlich dann nicht zu beanstanden, wenn die Abgrenzung der Bereiche der Grundversorgung nachvollziehbar ist und in den Bundesländern im Wesentlichen in dieser Form auch umgesetzt wird. Denn eine im Wesentlichen einheitliche Handhabung der Bereiche der Grundversorgung im Bundesgebiet dient auch infektionsschutzrechtlichen Belangen. Zum einen kann eine im Wesentlichen einheitliche Handhabung infektionsschutzrechtlicher Regelungen die Akzeptanz in der Bevölkerung fördern. Dies ist im vorliegenden Zusammenhang auch ein rechtlicher Belang, da die infektionsschutzrechtlichen Regelungen nicht flächendeckend kontrolliert werden können und ihre zur Erreichung der infektionsschutzrechtlichen Ziele wesentliche Befolgung durch die Bevölkerung von der Akzeptanz der Regelungen abhängt. Zum anderen ist eine im Wesentlichen einheitliche Handhabung der Abgrenzung der Grundversorgungsbereiche infektionsschutzrechtlich von Belang, da unterschiedliche Bestimmungen des Grundversorgungsbereichs zu einer infektiologisch eher zu vermeidenden Mobilität („Einkaufstourismus“ über Ländergrenzen hinweg) führen kann. Die genannten Voraussetzungen - nachvollziehbare Abgrenzung und im Wesentlichen einheitliche Handhabung - sind hier erfüllt.
91 
Die Zuordnung des Zeitschriften- und Zeitungsverkaufs zum Bereich der Grundversorgung verstößt voraussichtlich nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der Zeitschriften- und Zeitungsverkauf dient der Information der Bürger. Die Möglichkeit für die Bevölkerung, sich - neben anderen Medien - in Zeitschriften und Zeitungen über das aktuelle Geschehen zu informieren, ist in einer Demokratie, in der die Wahrnehmung insbesondere der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG und der Versammlungsfreiheit nach Art. 8 Abs. 1 GG von herausragender Bedeutung sind, elementar. Der von der Antragstellerin angeführte Umstand, dass Zeitungen vielfach über Abonnements bezogen werden und ein Teil der Zeitschriften auch der Unterhaltung dient, ändert daran nichts.
92 
Es stellt auch keine Ungleichbehandlung dar, dass Geschäfte mit Mischsortiment auch nicht privilegierte Waren im Randsortiment verkaufen dürfen. Der Senat hat hierzu im Beschluss vom 18.02.2021 (- 1 S 398/21 -, juris Rn. 108) ausgeführt:
93 
„Die weitere Entscheidung des Verordnungsgebers, dem Lebensmitteleinzelhandel in den Grenzen insbesondere von § 1d Abs. 2 Satz 3 und 4 CoronaVO auch den Weitervertrieb von Sortimentsteilen jenseits von Lebensmitteln und Getränken einschließlich von Textilien zu gestatten, obwohl dem „reinen“ Textileinzelhandel die Betriebsöffnung derzeit untersagt ist, ist ebenfalls durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Diese Unterscheidung beruht auf Gründen des Infektionsschutzes. Der Antragsgegner konnte ohne Rechtsfehler davon ausgehen, dass, nachdem er den Lebensmittel- und Getränkehandel zum Zwecke der Grundversorgung ohnehin nicht schloss, der Verkauf von anderen Produkten in diesen Geschäften jedenfalls dann, wenn sie nur einen untergeordneten Umfang annehmen (vgl. § 1d Abs. 2 Satz 3 CoronaVO), zu keinem zusätzlichen Anstieg der durch die Öffnung des Einzelhandels ohnehin geschaffenen Infektionsquellen führen würde. Eine Öffnung des nicht bereits aus anderen Gründen zu öffnenden Textileinzelhandels würde im Gegensatz dazu aus den oben genannten Gründen voraussichtlich einen erheblichen Anstieg dieser Infektionsquellen nach sich ziehen.“
94 
Hieran hält der Senat auch für das vorliegende Verfahren fest. Die ohnehin in einem Handelsbetrieb der Grundversorgung bestehenden Infektionsgefahren, die sich wie gezeigt daraus ergeben, dass weder Immunitäts- noch Testnachweispflichten zu erbringen sind, erhöhen sich nicht durch den untergeordneten Verkauf von Produkten, die nicht zur Grundversorgung gezählt werden (ebenso zuletzt Senat, Beschl. v. 11.01.2022 - 1 S 3781/21 - zur Veröffentlichung in juris vorgesehen).
95 
bbb) Offen ist, ob im Verhältnis zu § 6 Abs. 2 CoronaVO ein Gleichheitsverstoß vorliegt. § 6 Abs. 2 CoronaVO bestimmt, dass Beförderer des Luftverkehrs verpflichtet sind, die Einhaltung der Verpflichtungen nach § 28b Abs. 5 Satz 1 IfSG durch stichprobenhafte Nachweiskontrollen zu überwachen. Der Wortlaut der Norm entspricht im Hinblick auf den Flugverkehr inhaltlich vollständig dem Wortlaut des § 28b Abs. 5 Satz 2 IfSG. Daher könnte es sich um einen bloß klarstellenden Hinweis auf die bundesrechtliche Regelung des § 28b Abs. 5 Satz 2 IfSG für den Flugverkehr handeln, der ggfs. keinen eigenen Regelungsgehalt, aber gleichwohl Normqualität hätte. Fraglich wäre insoweit, ob ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG überhaupt vorliegen könnte, da § 6 Abs. 1, § 6a CoronaVO einerseits und - der vom Verordnungsgeber lediglich wiedergegebene - § 28b Abs. 5 Satz 2 IfSG andererseits von unterschiedlichen Normengebern erlassen wurden und Art. 3 Abs. 1 GG gleichheitsrechtlichen Anforderungen stets nur an ein und denselben Normgeber stellt.
96 
Nach der Verordnungsbegründung könnte es sich jedoch um mehr als einen bloß klarstellenden Hinweis auf § 28b Abs. 5 Satz 2 IfSG handeln. In der Begründung zur 4. Änderungsverordnung zur Corona-Verordnung vom 03.12.2021, mit der § 6 Abs. 2 in die Corona-Verordnung eingefügt wurde, heißt es hierzu:
97 
„Entsprechend der Bundesregelung in § 28b Absatz 5 Satz 1 IfSG wird klargestellt, dass Beförderer des Luftverkehrs verpflichtet sind, stichprobenhafte Kontrollen der Impf-, Genesenen- und Testnachweise (3G-Nachweise) durchzuführen. In rechtmäßiger Auslegung dieser Vorgabe legt die Landesregierung fest, dass eine stichprobenhafte Kontrolle durch die Beförderer lediglich dann vorliegt, wenn der 3G-Nachweis zumindest bei 50% der Passagiere persönlich vor dem Betreten des Flugzeugs, etwa am Check-in-Schalter, am Gate oder an anderer Stelle im Rahmen des Boarding kontrolliert wird. Zur engmaschigen Kontrolle können sich die Beförderer durch sonstige Dritte unterstützen lassen.
98 
Diese Auslegung gilt ausdrücklich nicht für stichprobenhafte Kontrollen der 3G-Nachweise im öffentlichen Personennahverkehr.“
99 
(Begründung zur 4. Änderungsverordnung, S. 9; https://www.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/dateien/PDF/Coronainfos/211203_Begruendung_zur_vierten_AenderungsVO_zur_11.CoronaVO.pdf)
100 
Zur letztverbindlichen Auslegung von § 28b Abs. 5 Satz 1 IfSG ist der Antragsgegner nicht befugt. Dies könnte dafür sprechen, dass der Antragsgegner mit § 6 Abs. 2 CoronaVO eine Verschärfung der in § 28b Abs. 5 Satz 2 IfSG für den Flugverkehr vorgesehenen Kontrollpflicht beabsichtigt hat, wenngleich sich dies im Normtext nicht niederschlägt. Fraglich wäre dann jedoch, ob der Antragsgegner, falls es sich bei § 28b Abs. 5 IfSG nicht um eine abschließende bundesrechtliche Regelung handelt, für eine eigenständige Regelung einer (strengeren) Kontrollpflicht eine Ermächtigungsgrundlage hätte. Ob § 28a Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 IfSG eine Ermächtigungsgrundlage sein könnte, unterliegt - wie ausgeführt - erheblichen Zweifeln. Auf § 28a Abs. 9 IfSG könnte sich der Antragsgegner voraussichtlich mangels einer am 25.11.2021 bestehenden Regelung in der Corona-Verordnung zur Kontrollpflicht für Beförderer im Flugverkehr voraussichtlich nicht stützen.
101 
Handelte es sich bei § 6 Abs. 2 CoronaVO um eine eigenständige und wirksame Regelung, wäre fraglich, welche Gründe eine unterschiedliche Regelung der Kontrollpflichten für die Beförderer im Flugverkehr einerseits und die Normadressaten des § 6 Abs. 1 CoronaVO andererseits rechtfertigen können. Die Verordnungsbegründung des Antragsgegners verhält sich hierzu nicht. Der Antragsgegner hat auch zu der jedenfalls plausiblen Darlegung der Antragstellerin, dass Infektionsrisiken im Flugverkehr nicht geringer als im Einzelhandel und Kontrollpflichten für die Beförderer im Flugverkehr leichter zu organisieren sind, in der Antragserwiderung auch keine Stellung bezogen.
102 
b) Der Erlass der von der Antragstellerin begehrten einstweiligen Anordnung ist nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO geboten. Dies folgt bereits daraus, dass ein Normenkontrollantrag - mit Ausnahme der unter a) cc) bbb) dargelegten Fragen zu § 6 Abs. 2 CoronaVO - gegen die von ihr beanstandeten Vorschriften in der Hauptsache, wie gezeigt, aller Voraussicht nach unbegründet wäre. In einem solchen Fall ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten.
103 
Auch im Hinblick auf die offene Frage eines Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG im Hinblick auf § 6 Abs. 2 Corona-Verordnung ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht geboten. Der allgemeine Gleichheitssatz ist grundsätzlich kein Instrument, das es Beteiligten erlaubt, die anderen eingeräumte, sie selbst nicht betreffende Vergünstigung zu bekämpfen und so auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüfen zu lassen (BVerfG, Urt. v. 20.04.2004 - 1 BvR 905/00 - BVerfGE 110, 274, 303; Urt. v. 17.12.2014 - 1 BvL 21/12 - BVerfGE 138, 136, 172 f.). Daher stünden dem Antragsgegner verschiedene Möglichkeiten offen, einen etwaigen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG, der zudem nur einen kleinen Teilbereich des gesellschaftlichen Lebens beträfe, zu beseitigen; ausweislich der Gesetzesbegründung zu § 6 Abs. 2 CoronaVO erstrebt er offenbar ohnehin eher strengere Kontrollpflichten. Zudem ist eine erhebliche, die von dem Antragsgegner vorgebrachten Interessen überwiegende Beeinträchtigung der Belange der Antragstellerin und vergleichbarer Betriebe auch insoweit nicht ersichtlich. Die mit den angefochtenen Vorschriften für sie verbundenen wirtschaftlichen und sonstigen Belastungen weisen ein beachtliches Gewicht auf, sind ihr aber aus den oben zur Verhältnismäßigkeit genannten Gründen derzeit zumutbar. Die Kontrollpflichten haben im Hinblick auf den Infektionsschutz ein sehr erhebliches Gewicht, da Nachweispflichten und Zugangsbeschränkungen ohne korrespondierende Kontrollpflichten die verfolgten Infektionsschutzzwecke nur zu einem deutlich geringeren Maß erreichen können.
104 
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
105 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1, 2, § 39 Abs. 1 GKG. Der Streitwert von 5.000,-- EUR gemäß § 52 Abs. 2 GKG ist wegen der in der Sache begehrten Vorwegnahme der Hauptsache nicht zu reduzieren.
106 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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