Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof wird abgelehnt.
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 8. Oktober 2020 - 9 K 1263/20 - wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,– Euro festgesetzt.
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| I. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Prozessbevollmächtigten des Klägers (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO) liegen nicht vor, da es an der hinreichenden Erfolgsaussicht des Rechtsmittels fehlt. Dies ergibt sich aus den nachfolgenden Ausführungen (unter II.), die auch bei der gebotenen Beachtung der verfassungsrechtlichen Vorgaben zum Prozesskostenhilferecht (vgl. etwa BVerfG, Beschlüsse vom 22.03.2021 - 2 BvR 353/21 -, juris Rn. 3 ff., vom 28.10.2019 - 2 BvR 1813/18 -, juris Rn. 24 ff., und vom 15.11.2017 - 2 BvR 902/17 u.a. -, juris Rn. 10 ff.) die Verneinung der hinreichenden Erfolgsaussichten tragen. |
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| II. Der am 01.03.2021 gestellte und am 19.04.2021 (Montag) begründete Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das am 18.02.2021 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen hat keinen Erfolg. Aus den im Zulassungsantrag genannten und nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO allein maßgeblichen Gründen ist die Berufung nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) oder wegen eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen. |
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| 1. Die Einwendungen des 1983 in der Bundesrepublik Deutschland geborenen Klägers, eines türkischen Staatsangehörigen, gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil, soweit mit diesem die Klage des Klägers gegen seine in Ziffer 1. des Bescheides des Regierungspräsidiums Tübingen vom 23.03.2020 verfügte, auf § 53 Abs. 1 und 3 AufenthG gestützte Ausweisung aus dem Bundesgebiet abgewiesen worden ist, greifen nicht durch. |
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| Anlass der Ausweisung war ein Urteil des Landgerichts ... vom 25.10.2018 - ... -, mit dem der Kläger wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Kokain) in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtstrafe von acht Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden ist. In dem Urteil wurde die Unterbringung des Klägers in einer Entziehungsanstalt angeordnet, wobei von der verhängten Strafe elf Monate vorweg zu vollziehen waren. Nach Ergehen des hier angegriffenen Urteils wurde der Kläger mit Urteil des Landgerichts ... vom 25.03.2021 - ... - unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Landgerichts ... vom 25.10.2018 unter Auflösung der zuvor gebildeten Gesamtstrafe wegen schweren Raubes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt, von denen zwei Monate als vollstreckt gelten. Die mit Urteil des Landgerichts ... vom 25.10.2018 angeordnete Unterbringung des Klägers in einer Entziehungsanstalt blieb aufrechterhalten. |
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| a) Das Vorbringen des Klägers begründet keine ernstlichen Zweifel, soweit das Verwaltungsgericht die Klage gegen die Ausweisung abgewiesen hat. Das gilt sowohl, soweit der Kläger die Gefahrenprognose des Verwaltungsgerichts bemängelt (dazu aa)), als auch, soweit Einwendungen gegen die Abwägungsentscheidung vorgebracht werden (dazu bb)). |
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| aa) Mit Blick auf die Gefahrenprognose des Verwaltungsgerichts wendet der Kläger zusammengefasst ein, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht im Tatbestand und in den Entscheidungsgründen des Urteils seine Fortschritte in der Strafhaft und in der jetzigen Therapie - einer erstmaligen Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB - nicht berücksichtigt. Mit Beschluss des Landgerichts ... seien die Erfolgsaussichten der Therapie unter Berücksichtigung auch der Stellungnahme der Klinik bejaht worden. Das Verwaltungsgericht habe sich weder mit dieser Drogentherapie noch mit den sich aus der Stellungnahme des ZfP ..., Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie ..., ergebenden günstigen Aspekten seiner Therapie beschäftigt. Wenn das Gericht auf Seite 15 seines Urteils behaupte, dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass seine Drogenproblematik, die im Wesentlichen die Ursache seiner Delinquenz sei, ausreichend therapiert sei, und dass er seine Fähigkeit, drogenfrei zu leben, noch nicht ausreichend unter Beweis gestellt habe, stehe das mit den Ergebnissen der Therapie im Widerspruch. Wenn das Gericht der Meinung sei, die Therapie sei noch nicht abgeschlossen, könne es nicht davon ausgehen, dass er mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft schwerwiegende Straftaten im Bereich der Beschaffungskriminalität begehen werde. Die dem Antrag auf Zulassung der Berufung beigefügte persönliche Stellungnahme des Klägers zu dem angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts halte der Prozessbevollmächtigte für nachvollziehbar. Auch werde vollumfänglich auf das dem Zulassungsantrag beigefügte Gutachten des Facharztes für Psychiatrie Dr. ... (nachfolgend: Dr. M.) vom 27.02.2021 verwiesen, das dem Prozessbevollmächtigten erst am 26.03.2021 zugegangen und daher im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigen sei. Laut dem Gutachten lägen aus sachverständiger Sicht die Voraussetzungen des § 64 StGB vor. Es werde ausgeführt, dass die Suchtproblematik die eigentliche Gefahr sei. Nur bei einer bestehenden Suchtproblematik seien vielleicht in Zukunft vergleichbare Handlungen wegen direkter oder indirekter Beschaffungskriminalität zu erwarten. Aufgrund des bei ihm vorliegenden langjährigen Drogenkonsums, der bereits im Jugendalter begonnen habe, sei die gegenwärtige Situation zu erklären, aber es würden im Gutachten eine Reihe von günstigen Faktoren aufgelistet. Diese günstigen Aspekte hätten in der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung keine Berücksichtigung gefunden. Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass die betreffenden Straftaten aus dem Suchtverhalten resultierten und dass eine Therapie nach § 64 StGB erheblichen Einfluss auf die Prognose hätte, sodass die Prognose des Verwaltungsgerichts zumindest nicht zum jetzigen Zeitpunkt getroffen werden könne. Zudem befinde er sich gegenwärtig in der Entziehungsanstalt und stelle gerade keine Gefahr dar. Die Rechtmäßigkeit der Ausweisung könne zumindest zum jetzigen Zeitpunkt nicht beurteilt werden. Das Verwaltungsgericht habe gegen seine Aufklärungspflicht verstoßen. Es hätte zu der Frage, ob Erfolgsaussichten einer Therapie bestehen, Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens erheben müssen. Dem Gericht fehle die medizinische Sachkunde. Unter Berufung auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 - macht er geltend, auch eine ursprünglich rechtmäßige und allein wegen einer nachträglichen Änderung der Sach- und Rechtslage (hier: Wegfall der Wiederholungsgefahr) rechtswidrig gewordene Ausweisung des Ausländers sei im Anfechtungsprozess mit Wirkung ex tunc aufzuheben. Dies habe zur Folge, dass aufgrund des Gutachtens des Dr. M. die Ausweisung ex tunc aufzuheben sei. |
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| Ernstliche Zweifel an der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung werden mit diesem Vorbringen nicht geweckt. |
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| Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung liegen vor, wenn unter Berücksichtigung der vom Antragsteller dargelegten Gesichtspunkte (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) die Richtigkeit des angefochtenen Urteils weiterer Prüfung bedarf, ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens mithin möglich ist (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 10.03.2004 - 7 AV 4.03 -, juris Rn. 8, vom 15.12.2003 - 7 AV 2.03 -, juris Rn. 9, vom 12.11.2002 - 7 AV 4.02 -, juris Rn. 5, und vom 14.06.2002 - 7 AV 1.02 -, juris Rn. 7). Dabei ist davon auszugehen, dass das Zulassungsverfahren nicht die Funktion hat, das Berufungsverfahren vorwegzunehmen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 22.07.2020 - 1 BvR 561/19 -, juris Rn. 16, vom 06.06.2018 - 2 BvR 350/18 -, juris Rn. 16, und vom 16.01.2017 - 2 BvR 2615/14 -, juris Rn. 19, jew. m.w.N.). Der Zulassungsgrund liegt daher vor, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 22.07.2020 - 1 BvR 561/19 -, juris Rn. 16, vom 08.05.2019 - 2 BvR 657/19 -, juris Rn. 33, vom 06.06.2018 - 2 BvR 350/18 -, juris Rn. 16, und vom 16.01.2017 - 2 BvR 2615/14 -, juris Rn. 19), es sei denn, es lässt sich im Einklang mit dem eingeschränkten Zweck des Zulassungsverfahrens zuverlässig feststellen, dass das Verwaltungsgericht die Rechtssache im Ergebnis richtig entschieden hat und die angestrebte Berufung deshalb keinen Erfolg haben wird (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 07.10.2020 - 2 BvR 2426/17 -, juris Rn. 34, und vom 16.07.2013 - 1 BvR 3057/11 -, juris Rn. 40; BVerwG, Beschluss vom 10.03.2004 - 7 AV 4.03 -, juris Rn. 7 ff.). Bei der Prüfung der Ergebnisrichtigkeit dürfen die anderweitig herangezogenen tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte auch nicht ihrerseits auf einen anderen Zulassungsgrund hinführen (vgl. Stuhlfauth in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 8. Aufl. 2021, § 124 Rn. 22). Nach Erlass der angegriffenen Entscheidung und bis zum Ablauf der gesetzlichen Begründungsfrist (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) neu eingetretene Tatsachen sowie erhebliche Änderungen des maßgeblichen Rechts können zu berücksichtigen sein (vgl. näher BVerwG, Beschlüsse vom 15.12.2003 - 7 AV 2.03 -, juris Rn. 8 ff., und vom 14.06.2002 - 7 AV 4.02 -, juris Rn. 5 ff.; Rudisile in: Schoch/Schneider, VwGO, § 124 Rn. 26p ; Stuhlfauth in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 8. Aufl. 2021, § 124 Rn. 26 ff.; Happ in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124 Rn. 21 ff.). |
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| Zur Darlegung ernstlicher Zweifel ist eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung erforderlich. Der Streitstoff muss dabei unter konkreter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil gesichtet, rechtlich durchdrungen und aufbereitet werden. Erforderlich ist eine fallbezogene Begründung, die dem Berufungsgericht eine Beurteilung der Zulassungsfrage ohne weitere eigene aufwendige Ermittlungen ermöglicht. Das Maß der zu leistenden Substantiierung kann dabei von der jeweiligen Begründungsdichte und dem Begründungsaufwand der Entscheidung abhängig sein (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.08.2020 - 11 S 2038/19 -, juris Rn. 4; vgl. näher Happ in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 62 ff.; Rudisile in: Schoch/Schneider, VwGO, § 124a Rn. 100 ). |
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| Ausgehend von diesem Maßstab verfangen die Einwendungen des Klägers nicht. |
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| (1) Die persönlichen Ausführungen des Klägers in seiner dem Zulassungsantrag beigefügten Stellungnahme zu dem angefochtenen Urteil sind nicht geeignet, die verwaltungsgerichtliche Gefahrenprognose (oder sonstige Teile der Entscheidung) und damit die Richtigkeit des angefochtenen Urteils ernstlich in Zweifel zu ziehen. Erklärungen von nicht postulationsfähigen Personen - wie dem Kläger (vgl. § 67 VwGO) - sind unbeachtlich. Auch bloße Bezugnahmen auf solche Ausführungen durch einen Prozessbevollmächtigten genügen den Darlegungsanforderungen nicht (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 31.07.2020 - 23 ZB 20.1254 -, juris Rn. 34; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 06.07.2001 - 9 LA 2095/01 -, juris Rn. 2; Stuhlfauth in Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 8. Aufl., § 124a Rn. 80). Dass die Bezugnahme des Prozessbevollmächtigten Ergebnis einer Prüfung, Sichtung, rechtlichen Durchdringung und Würdigung des Streitstoffs wäre (vgl. dazu OVG Niedersachsen, Beschluss vom 06.07.2001 - 9 LA 2095/01 -, juris Rn. 2), lässt sich dem Zulassungsantrag nicht entnehmen. Dagegen sprechen schon die in diesem Kontext verwendeten einleitenden Worte, mit denen die Ausführungen des Klägers im Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten auszugsweise wiedergegeben werden („Dort trägt der Kläger in seiner Stellungnahme vor, dass …“, „Dann führt er aus, dass …“ „Außerdem trägt er vor, dass …“ etc.). Da auch der bloße Verweis eines Prozessbevollmächtigten darauf, dass er sich die Ausführungen seines Mandanten zu Eigen mache, nicht genügt (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30.10.2018 - 4 B 1416/18 -, juris Rn. 4), kann für den hier erfolgten Hinweis des Prozessbevollmächtigten, dass für ihn die Stellungnahme des Klägers „nachvollziehbar“ sei, nichts anderes gelten. |
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| (2) Mit den Behauptungen, das Verwaltungsgericht habe die Gefahrenprognose vor Abschluss der - von verschiedener Seite als hinreichend konkret erfolgversprechend angesehenen - erstmaligen Langzeittherapie nach § 64 StGB noch nicht treffen dürfen bzw. die Rechtmäßigkeit der Ausweisung könne zum jetzigen Zeitpunkt nicht beurteilt werden, werden ernstliche Zweifel an der angefochtenen Entscheidung ebenso wenig begründet. Der Zulassungsantrag zeigt schon nicht auf, worauf er diese Rechtsauffassung stützt. Er setzt sich zudem nicht damit auseinander, dass nach ständiger Rechtsprechung für die rechtliche Beurteilung der Ausweisung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der (letzten) mündlichen Verhandlung maßgeblich ist (vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 27.07.2017 - 1 C 28.16 -, juris Rn. 16, 40; vom 30.07.2013 - 1 C 9.12 -, juris Rn. 8, und vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, juris Rn. 16; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.02.2022 - 11 S 1814/20 -, juris Rn. 9, und Urteil vom 15.04.2021 - 12 S 2505/20 -, juris Rn. 37; Bayerischer VGH, Beschluss vom 10.01.2022 - 19 ZB 21.2053 -, juris Rn. 9). Gleichermaßen befasst er sich nicht mit der Rechtsprechung, die besagt, dass selbst ein etwaiger Anspruch des Ausländers auf Durchführung einer Entwöhnungstherapie einer Ausweisung nicht entgegensteht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.04.2013 - 1 B 22.12 -, juris Rn. 19; VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 15.02.2022 - 11 S 1814/20 -, juris Rn. 9, und vom 02.03.2021 - 11 S 2932/20 -, juris Rn. 9; Bayerischer VGH, Beschlüsse vom 10.02.2022 - 19 ZB 21.2650 -, Rn. 23, vom 23.09.2021 - 19 ZB 20.323 -, juris Rn. 22, und vom 16.04.2020 - 10 ZB 20.536 -, juris Rn. 9). Behörden und Gerichte sind nicht gehalten, mit der Ausweisungsentscheidung zuzuwarten, bis etwa eine Therapie erfolgreich abgeschlossen ist (vgl. - zur Verlustfeststellung - BVerwG, Beschluss vom 11.09.2015 - 1 B 39.15 -, juris Rn. 21; zur Ausweisung: VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 15.02.2022 - 11 S 1814/20 -, juris Rn. 9, und vom 02.03.2021 - 11 S 2932/20 -, juris Rn. 9; Bayerischer VGH, Beschlüsse vom 10.02.2022 - 19 ZB 21.2650 -, Rn. 23, vom 23.09.2021 - 19 ZB 20.323 -, juris Rn. 22, und vom 16.04.2020 - 10 ZB 20.536 -, juris Rn. 9). |
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| (3) Der Kläger beanstandet weiter die Annahme des Verwaltungsgerichts, wonach weder davon ausgegangen werden könne, dass seine Drogenproblematik, die im Wesentlichen die Ursache der Delinquenz sei, ausreichend therapiert sei, noch davon, dass er seine Fähigkeit, drogenfrei zu leben, außerhalb des festen Rahmens des Strafvollzuges über längere Zeit unter Beweis gestellt habe. Er meint, die Annahme stehe mit den Ergebnissen der Therapie in Widerspruch; auch seien weder im Urteilstatbestand noch in den Entscheidungsgründen seine Fortschritte in der Haft und in der jetzigen erstmaligen Therapie nach § 64 StGB berücksichtigt worden. |
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| Ernstliche Zweifel an der Entscheidung weckt der Kläger auch mit diesem Vorbringen, das sich letztlich auf die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts bezieht, nicht. Es ist nicht substantiiert dargelegt, dass die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts fehlerhaft wäre. Dabei kann dahinstehen, ob in einem solchen Fall die Berufung nur dann nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen ist, wenn ein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO erfolgreich gerügt ist (vgl. Bayerischer VGH, Beschlüsse vom 23.04.2020 - 10 ZB 20.752 -, juris Rn. 10 ff., und vom 24.03.2020 - 10 ZB 20.138 -, juris Rn. 16; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 18.11.2020 - 11 S 1465/19 -, juris Rn. 19 f., und vom 26.08.2020 - 11 S 2038/19 -, juris Rn. 11 ff.; OVG Sachsen, Beschluss vom 07.07.2020 - 3 A 1002/19 -, juris Rn. 4), oder ob ausgehend von der berufungsrechtlichen Funktion des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auch ohne einen solchen - revisionsrechtlich bedeutsamen - Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines Urteils begründet sein können, wenn dieses auf einer ernstlich zweifelhaften Sachverhalts- bzw. Beweiswürdigung beruht (vgl. Seibert in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 82 ff.; VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 10.01.2022 - 2 S 2436/21 -, juris Rn. 14, und vom 18.03.2019 - 8 S 3027/18 -, juris Rn. 4). Denn der Kläger zeigt keinen dieser Mängel schlüssig auf. |
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| Entgegen der Behauptung des Klägers hat das Verwaltungsgericht seine Entwicklung in der Haft zur Kenntnis genommen und gewürdigt. Gleiches gilt für die gegenwärtig stattfindende Therapie (vgl. UA S. 16). Es hat in den Blick genommen, dass der Kläger in der Haft keine Auffälligkeiten gezeigt hat und dort sämtliche Drogentests negativ ausgefallen sind. Ferner hat es berücksichtigt, dass das Landgericht xxxxxxxx zu dem Ergebnis gekommen ist, dass eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt noch erfolgversprechend sei. Darüber hinaus hat es sich ausdrücklich mit dem Bericht des ZfP Südwürttemberg vom 25.09.2020 auseinandergesetzt (vgl. UA S. 16 Abs. 2). Dass das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang nicht auf sämtliche von dem Zulassungsantrag angeführten Einzelheiten ausdrücklich eingegangen ist, führt nicht dazu, dass die Entscheidung ernstlichen Zweifeln ausgesetzt wäre. |
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| Zuzugeben ist dem Kläger zwar, dass etwa in den Berichten des ZfP ...-... von Januar 2020 und vom 25.09.2020 ebenso wie in dem - zur Zeit des Urteilserlasses noch nicht erstellten und damit einer verwaltungsgerichtlichen Würdigung von vornherein entzogenen - Gutachten des Dr. M. vom 27.02.2021 eine Reihe behandlungsprognostisch günstiger Faktoren benannt werden (vgl. etwa im Gutachten Dr. M. vom 27.02.2021 S. 41; zur Berücksichtigungsfähigkeit nachträglich eingetretener Umstände im Zulassungsverfahren vgl. Stuhlfauth in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 8. Aufl. 2021, § 124 Rn. 26; Seibert in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 97; Bayerischer VGH, Beschluss vom 15.05.2020 - 14 ZB 19.970 -, juris Rn. 15; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29.04.2011 - 18 A 1491/10 -, juris Rn. 6; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.02.2003 - 8 S 2828/02 -, juris Rn. 2). Ebenso ist es zutreffend, dass sowohl der Gutachter wie auch die Landgerichte eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht der Unterbringung des Klägers in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB bejaht haben, was maßgeblich auf den bisherigen Therapieverlauf gestützt wurde (vgl. Gutachten S. 41; Beschluss Landgericht ... vom 28.04.2020, Urteile Landgericht ... vom 25.10.2018, S. 41 f., und vom 25.03.2021 S. 48 f.). Der Gutachter führt unter anderem aus, dass bezüglich der überwiegenden Anzahl der im Bundeszentralregister eingetragenen Taten des Klägers ein Zusammenhang mit seiner Suchtmittelproblematik nachweisbar sei und dass aus sachverständiger Sicht eine hinreichend konkrete Aussicht bestehe, den Kläger durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf seinen Hang zurückgehen (vgl. Gutachten S. 40 f.). |
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| Anders als der Kläger meint, vermögen diese Umstände die Ergebnisrichtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils indes nicht infrage zu stellen. Die für die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt erforderliche hinreichend konkrete (vgl. Heger in: Lackner/Kühl, StGB, 29. Aufl. 2018, § 64 Rn. 6; Kinzig in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl. 2019, § 64 Rn. 14) Aussicht auf einen Behandlungserfolg (§ 64 Satz 2 StGB), wie sie vorliegend vom Gutachter Dr. M. und vom Landgericht festgestellt wurde, ist nicht gleichzusetzen mit einem Wegfall der Wiederholungsgefahr (vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 26.05.2021 - 2 B 119/21 -, juris Rn. 32; Bayerischer VGH, Beschluss vom 21.02.2014 - 10 ZB 13.1861 -, juris Rn. 6) oder deren signifikanter Minderung. Der Argumentation des Klägers ist entgegenzuhalten, dass - wie ausgeführt - maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der der (letzten) mündlichen Verhandlung ist. Selbst aus dem Gutachten des Dr. M. ergibt sich aber, dass der Kläger das Therapieziel noch nicht erreicht hat (vgl. Gutachten S. 41). Darauf deutet im Übrigen auch die im Gutachten aufgeführte Diagnose „Multiple Substanzabhängigkeit, gegenwärtig abstinent, aber in beschützender Umgebung (ICD-10: F19.21), Dissoziale Persönlichkeitsanteile (ICD-10: Z73.1)“ hin. Auch das Landgericht hat dadurch, dass es die Unterbringung des Klägers in einer Entziehungsanstalt angeordnet bzw. beibehalten hat, festgestellt, dass die Wiederholungsgefahr bei dem Kläger gegeben ist. Denn die Anordnung setzt nach § 64 Satz 1 StGB voraus, dass die Gefahr, der Täter werde infolge seines Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen, im Zeitpunkt der tatrichterlichen Hauptverhandlung weiterhin besteht (vgl. van Gemmeren in: Münchener Kommentar zum StGB, 4. Aufl. 2020, § 64 Rn. 54). Die Gefahr weiterer Taten in diesem Sinne besteht, wenn die begründete/naheliegende bzw. konkret zu besorgende Wahrscheinlichkeit gegeben ist, dass der Täter infolge seines Hanges erneut straffällig werden wird (vgl. van Gemmen in: Münchener Kommentar zum StGB, 4. Aufl. 2020, § 64 Rn. 55). Bei dieser Aktenlage kann mithin vor einem erfolgreichen Therapieabschluss nicht davon ausgegangen werden, dass die Rückfallgefahr nicht mehr gegeben ist. Anderes legt der Zulassungsantrag nicht dar. |
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| Demzufolge hat sich das Verwaltungsgericht auch nicht mit den Ergebnissen der bisherigen Therapie in Widerspruch gesetzt. Denn der Zulassungsantrag zeigt nicht auf, dass sich den dem Verwaltungsgericht vorgelegenen Unterlagen ein erfolgreicher Therapieabschluss hätte entnehmen lassen. Dies ist auch nicht ersichtlich. Abgesehen davon setzt sich der Zulassungsantrag nicht damit auseinander, dass das Verwaltungsgericht seine Annahme, dass die momentan stattfindende Therapie nicht auf eine dauerhafte Änderung der Lebensverhältnisse schließen lasse, maßgeblich auch darauf gestützt hat, dass es in der Stellungnahme des ZfP ... vom 25.09.2020 auch heiße, dass nicht eindeutig zu erkennen sei, welche Ziele der Kläger mit seinem Engagement in der Therapie verfolge, ob er für sich und seine Entwicklung an positiven Veränderungen interessiert sei oder ob er einen guten Eindruck machen wolle, um vor allem einen günstigen Unterbringungs-/Haftverlauf zu erreichen (vgl. UA S. 16 Abs. 2). Dieses Argument wird im Übrigen auch durch das Gutachten des Dr. M. vom 27.02.2021 nicht entkräftet, da sich der Gutachter mit dieser Frage in seinem schriftlichen Gutachten nicht eingehender befasst hat. |
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| Desgleichen verhält sich der Zulassungsantrag nicht dazu, dass das Verwaltungsgericht in seine Prognose auch eingestellt hat, dass es dem Kläger den von ihm angegebenen Grund für eine Zäsur in seinem Leben nicht abgenommen hat (vgl. UA S. 17 Abs. 1). Ebenso wenig setzt der Zulassungsantrag der weiteren Annahme des Verwaltungsgerichts etwas entgegen, wonach gegen eine nachhaltige Verhaltensänderung bei dem Kläger auch spreche, dass er nur wenige berufliche Perspektiven und keine weiteren Maßnahmen ergriffen habe, um den Umgang mit Geld und begrenzten finanziellen Ressourcen zu erlernen, was angesichts seines Schuldenproblems und seines in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen problematischen Umgangs mit Geld angezeigt gewesen wäre (vgl. UA S. 17 Abs. 2). Auch setzt sich der Zulassungsantrag nicht damit auseinander, dass das Verwaltungsgericht - zutreffend - ausgeführt hat, dass an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 15.01.2013 - 1 C 10.12 -, juris Rn. 16, vom 10.07.2012 - 1 C 19.11 -, juris Rn. 16, vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, juris Rn. 18, und vom 03.07.2002 - 6 CN 8.01 -, juris Rn. 41) und dass Delikte im Bereich der Drogenkriminalität eine schwerwiegende Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung darstellen, die mit ganz erheblichen Gefährdungen der Gesundheit der Bevölkerung verbunden sind, weshalb an die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Schadenseintritte keine überzogenen Anforderungen zu stellen sind (vgl. UA S. 12 Abs. 3; vgl. im Übrigen dazu, dass unter Umständen auch eine einmalige Betäubungsmittelstraftat selbst im Falle des § 53 Abs. 3 AufenthG ausreichen kann, um eine Wiederholungsgefahr zu begründen, BVerfG, Beschluss vom 06.12.2021 - 2 BvR 860/21 -, juris Rn. 19; sowie dazu, dass Betäubungsmitteldelikte zu den schweren, die Grundinteressen der Gesellschaft berührenden und schwer zu bekämpfenden Straftaten gehören, Bayerischer VGH, Beschluss vom 10.10.2017 - 19 ZB 16.2636 -, juris Rn. 8 m.w.N.). |
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| Unter Berücksichtigung all dieser Umstände vermag das Vorbringen im Zulassungsantrag nicht schlüssig aufzuzeigen, dass sich die Rückfallgefahr des Klägers zumindest deutlich vermindert hätte, weshalb die angefochtene Entscheidung ernstlich zweifelhaft wäre. |
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| An dieser Einschätzung vermag der Einwand des Klägers nichts zu ändern, dass er sich aktuell in der Entziehungsanstalt befinde und daher gegenwärtig keine Gefahr darstelle. Er verkennt, dass die Gefahrenprognose im Sinne des § 53 AufenthG einen Zeithorizont in den Blick zu nehmen hat, der über den der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt hinausgeht. Im Übrigen wird eine in der Persönlichkeit eines Ausländers angelegte, eine Ausweisung rechtfertigende Gefahr nicht dadurch beseitigt, dass der Staat den Ausländer zeitweilig mit Überwachungs- oder freiheitsentziehenden Maßnahmen belegt und ihn auf diese Weise faktisch daran hindert, die öffentliche Sicherheit durch Begehung weiterer Straftaten zu stören (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.02.2022 - 11 S 1814/20 -, juris Rn. 14). Abgesehen davon dürfte der Einwand zwischenzeitlich wohl ohnehin überholt sein, nachdem der Kläger seit Mai dieses Jahres im Zuge der extramuralen Belastungserprobung seinen Wohnsitz offenbar außerhalb der Entziehungsanstalt genommen hat. |
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| Nach alledem kann der Kläger auch nicht damit gehört werden, dass aufgrund des Gutachtens des Dr. M. die Ausweisungsverfügung wegen nachträglich veränderter Umstände ex tunc aufzuheben sei. |
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| Soweit der Kläger anbringt, das Verwaltungsgericht hätte zu der Frage, ob Erfolgsaussichten der Therapie bestehen, ein Sachverständigengutachten einholen müssen und habe dadurch, dass es dies nicht getan habe, gegen die Aufklärungspflicht verstoßen, vermag dies ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Gefahrenprognose und damit der angefochtenen Entscheidung zu begründen. |
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| Der Zulassungsantrag zeigt schon nicht auf, inwiefern die Frage, ob Erfolgsaussichten der Therapie bestehen, entscheidungserheblich gewesen sein sollte. Wie bereits ausgeführt, steht die Erfolgsaussicht einer Therapie dem Erlass einer Ausweisung nicht entgegen. Doch selbst ungeachtet dessen wird nicht schlüssig dargetan, dass das Verwaltungsgericht vorliegend gehalten gewesen wäre, ein Sachverständigengutachten einzuholen - und zwar weder vor dem Hintergrund der mit dem Zulassungsantrag aufgeworfenen Frage, ob Erfolgsaussichten der Therapie bestehen, noch im Hinblick auf den ausweislich des Protokolls in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag, der darauf abzielte, zum Beweis der Tatsache, dass von dem Kläger aufgrund seiner erfolgreichen Therapie keine Gefahr mehr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht, ein Sachverständigengutachten einzuholen. |
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| Die Einholung eines Sachverständigengutachtens (§ 98 i.V.m. §§ 402 ff. ZPO) steht im Ermessen des Tatsachengerichts. Die Tatsacheninstanzen können auch einen Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens im Allgemeinen nach tatrichterlichem Ermessen oder mit dem Hinweis auf die eigene Sachkunde verfahrensfehlerfrei ablehnen (vgl. BVerwG, Urteil vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, juris Rn. 11 m.w.N.). Bei der gerichtlichen Überprüfung der Ausweisung eines strafgerichtlich verurteilten Ausländers, bei der hinsichtlich der gebotenen Gefahrenprognose nicht allein auf das Strafurteil und die diesem zugrunde liegende Straftat, sondern auf die Gesamtpersönlichkeit des Ausländers abzustellen ist, und auch nachträgliche Entwicklungen einzubeziehen sind, bewegt sich das Gericht regelmäßig in Lebens- und Erkenntnisbereichen, die dem Richter allgemein zugänglich sind. Der Hinzuziehung eines Sachverständigen bedarf es nur ausnahmsweise, wenn die Prognose aufgrund besonderer Umstände - etwa bei der Beurteilung psychischer Erkrankungen - nicht ohne spezielle, dem Gericht nicht zur Verfügung stehende fachliche Kenntnisse erstellt werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 09.12.2019 - 1 B 74.19 -, juris Rn.5, Urteil vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, juris Rn. 12 m.w.N., und Beschlüsse vom 13.03.2009 - 1 B 20.08 -, juris Rn. 6, vom 14.03.1997 - 1 B 63.97 -, juris Rn. 3, und vom 04.05.1990 - 1 B 82.89 -, juris Rn. 7). |
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| Hiervon ausgehend, ist vorliegend nicht schlüssig dargetan, dass von einem derartigen Sonderfall auszugehen wäre, der die Hinzuziehung eines Sachverständigen erforderlich gemacht hätte. Der Kläger trägt vielmehr selbst vor, dass seine Delinquenz auf seinen Suchtmittelkonsum zurückgeht und dass er seine Sucht erfolgreich therapiere. Etwa eine psychische Erkrankung, bei der es sich aus Sicht des Gerichts hätte aufdrängen müssen, ein Sachverständigengutachten einzuholen, zeigt der Kläger nicht auf und ist auch nicht ersichtlich. Im Urteil des Landgerichts ... vom 01.08.2017 wurde festgestellt, dass der Kläger körperlich gesund sei und nicht an einer psychiatrischen Erkrankung im eigentlichen Sinne leide, dass bei ihm aber eine Polytoxikomanie bestehe (vgl. UA S. 8 Abs. 3). Im Gutachten des Dr. M. vom 27.02.2021 wird ausgeführt, der Kläger verfüge über die intellektuellen und sprachlichen Voraussetzungen, um grundsätzlich von einer Entwöhnungstherapie zu profitieren; neben der Suchterkrankung fänden sich keine weiteren psychischen Krankheiten oder Störungen, auch das Vollbild einer dissozialen Persönlichkeit liege nicht vor (vgl. Gutachten S. 41). Der Zulassungsantrag legt nicht dar, dass eine Politoxikomanie bzw. Suchterkrankung etwa einer psychischen Erkrankung gleichzustellen wäre oder warum es sich dem Gericht sonst hätte aufdrängen sollen, vorliegend ein Gutachten einzuholen. |
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| bb) Das Zulassungsvorbringen gegen die verwaltungsgerichtliche Abwägungsentscheidung zwischen den persönlichen Bleibeinteressen des Klägers und den öffentlichen Ausweisungsinteressen weckt ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der angefochtenen Entscheidung. |
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| Der Kläger macht geltend, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht sein Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit und Gesundheit nicht in die Abwägung eingestellt. Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sei auch dazu bestimmt, seinen Interessen zu dienen. Wenn er vor Beendigung der Therapie ausgewiesen werde, sei eine Verschlechterung seines Suchtverhaltens zu befürchten. Das habe auch zur Folge, dass das beschränkte Einreise- und Aufenthaltsverbot zu einem unbeschränkten werde, da das dort angeführte Ziel ohne die Unterstützung, die er jetzt bekomme, nicht zu erreichen sei. Diese faktische Wirkung widerspreche den gesetzlichen Vorgaben. Weiter wendet der Kläger gegen die Abwägungsentscheidung ein, es werde nicht berücksichtigt, dass eine Ausweisung auch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen könnte, welcher grundrechtsschonender für ihn wäre und seinem Recht aus Art. 8 Abs. 1 EMRK gerecht würde. |
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| Ernstliche Zweifel an der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung werden mit diesen Ausführungen nicht geweckt. Wie bereits erläutert, ist für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der (letzten) mündlichen Verhandlung maßgeblich. Selbst ein etwaiger Anspruch des Ausländers auf Durchführung einer Entwöhnungstherapie steht einer Ausweisung nicht entgegen. Behörden und Gerichte sind nicht gehalten, mit der Ausweisungsentscheidung zuzuwarten, bis eine Therapie erfolgreich abgeschlossen ist. Dem Interesse des betäubungsmittelabhängigen Ausländers, die mit der Durchführung einer Entziehungskur verbundenen Belastungen nicht durch einen vorzeitigen Abbruch der Maßnahme entwertet zu sehen und seine Chance auf eine mittelfristige Bewältigung der Betäubungsmittelabhängigkeit zu wahren, wird gegebenenfalls ausreichend dadurch Rechnung getragen, wenn während der Dauer der Entziehungskur die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen unterbleibt. Über die zwangsweise Beendigung des Aufenthaltsrechts eines ausgewiesenen Ausländers wird aber grundsätzlich erst im Rahmen der Vollziehung einer Abschiebungsandrohung entschieden (vgl. zu alledem: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.02.2022 - 11 S 1814/20 -, juris Rn. 9). |
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| b) Die Berufung ist ferner nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache zuzulassen. |
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| c) Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). |
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| Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn es für ihre Entscheidung maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechts- oder Tatsachenfrage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.01.2007 - 1 BvR 382/05 -, juris Rn. 25; Stuhlfauth in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 8. Aufl. 2021, § 124 Rn. 41 ff.). Für die Darlegung der Grundsatzbedeutung genügt nicht die bloße Benennung einer Rechtsfrage in Verbindung mit der Behauptung, diese Rechtsfrage sei von grundsätzlicher Bedeutung. Vielmehr muss der Rechtsmittelführer (1.) eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, (2.) ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist, (3.) erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist, und (4.) darlegen, weshalb der Frage eine über die einzelfallbezogene Rechtsanwendung hinausgehende Bedeutung zukommt. Orientierungspunkt dieser Erfordernisse ist die Begründung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Die bloße Entscheidungskritik im Stil einer Berufungsbegründung ist regelmäßig unzureichend - schon deshalb, weil sie vielfach nicht erkennen lässt, um welche konkreten Rechts- und Tatsachenfragen es dem Rechtsmittelführer geht. Die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit erfordert regelmäßig eine Durchdringung der Materie und in diesem Zusammenhang eine Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichts, die verdeutlicht, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts dem Klärungsbedarf nicht gerecht wird (vgl. Happ in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 72; Seibert in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124a Rn. 211 ff.; Kuhlmann in: Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 124a Rn. 51 ff.). |
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| Der Kläger wirft als grundsätzlich klärungsbedürftig folgende Frage auf: |
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| „Kann das Gericht selbständig eine Gefahrenprognose hinsichtlich eines Klägers anstellen, welcher nach § 64 StGB in einer Entziehungsanstalt untergebracht ist?“ |
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| Erläuternd führt er hierzu aus, diese Rechtsfrage sei in der Rechtsprechung nicht geklärt. Geklärt sei lediglich die Frage des Verhältnisses zwischen einer Gefahrenprognose und einer Entscheidung nach § 57 StGB. Hier liege jedoch aufgrund seiner psychischen Erkrankung ein anders gelagerter Fall vor. Die Frage sei klärungsbedürftig, weil sie von besonderer praktischer Bedeutung über den Einzelfall hinaus sei. |
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| Mit diesem Vorbringen wird den Darlegungsanforderungen nicht genügt. Der Kläger zeigt schon den Klärungsbedarf der von ihm formulierten Frage nicht auf. Die Frage lässt sich vielmehr ohne Weiteres beantworten, ohne dass es hierzu der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf. Der Kläger lässt außer Acht, dass Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte selbst bei einer positiven Entscheidung über die Straf(rest)aussetzung zur Bewährung an die tatsächlichen Feststellungen und Beurteilungen des Strafgerichts rechtlich nicht gebunden sind, sondern dass solchen Entscheidungen nur eine tatsächliche Bedeutung im Sinne einer Indizwirkung („tatsächliches Gewicht“ bzw. „wesentliche Bedeutung“) zukommt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 06.12.2021 - 2 BvR 860/21 -, juris Rn. 19, und vom 01.03.2000 - 2 BvR 2120/99 -, juris Rn. 18). Das aber bedeutet, dass das Verwaltungsgericht in Fällen, in denen der Ausländer nach § 64 StGB in einer Entziehungsanstalt untergebracht ist und in denen selbst das die Unterbringung anordnende/beibehaltende Strafgericht (noch) von einem Fortbestand der Wiederholungsgefahr ausgeht, erst recht eine eigenständige Gefahrenprognose treffen kann und muss. Die Frage, wie es sich etwa im - hier nicht vorliegenden und damit in einem Berufungsverfahren nicht klärungsfähigen - Falle einer Aussetzungsentscheidung im Sinne des § 67d Abs. 2 StGB verhielte, hat der Kläger nicht aufgeworfen. Sie dürfte letztlich aber wohl ebenfalls nicht zu seinen Gunsten in einem engeren Sinne als bei einer Entscheidung nach § 57 StGB zu beantworten sein (vgl. dazu auch Bayerischer VGH, Beschluss vom 10.10.2017 - 19 ZB 16.2636 -, juris Rn. 21). |
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| d) Die Berufung des Klägers auf das Vorliegen eines Verfahrensmangels in Bezug auf die Ausweisungsentscheidung bleibt schließlich gleichfalls ohne Erfolg. |
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| Der Kläger bringt insoweit vor, das Verwaltungsgericht sei dem Beweisantrag, ein Sachverständigengutachten zur Frage der Gefahrenprognose einzuholen, nicht nachgekommen. Dabei gehe das Gericht selbst davon aus, dass sich die Beurteilung psychischer Erkrankungen der dem Gericht zur Verfügung stehenden fachlichen Kenntnisse entziehe und dass insoweit ein Sachverständigengutachten eingeholt werden müsste. Der Kläger meint, wenn das Gericht ein solches Gutachten eingeholt hätte, wäre die Frage der Gefahrenprognose anders entschieden worden. |
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| Ein Verfahrensmangel wird damit nicht dargelegt. Die Pflicht zur Bezeichnung eines Verfahrensmangels erfordert die vollständige und schlüssige Darlegung des Sachverhalts, aus dem sich der geltend gemachte Verstoß gegen das Prozessrecht ergeben soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.12.2000 - 9 B 549.00 -, juris Rn. 4). Dies leistet der Zulassungsantrag nicht. Der Kläger hat schon nicht aufgezeigt, dass eine Polytoxikomanie bzw. Suchterkrankung einer psychischen Erkrankung, die die Einholung eines Gutachtens erforderlich machen könnte, gleichzustellen wäre, weshalb seine zum Verfahrensmangel vorgetragene Begründung nicht trägt. Abgesehen davon erläutert er nicht, welchen Verfahrensmangel er konkret rügen möchte. Sollte er mit seinem Vorbringen auch insoweit einen Verstoß gegen die Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) geltend machen wollen, legt er diesen nicht schlüssig dar. Eine Verletzung der Aufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO liegt nur vor, wenn bereits im erstinstanzlichen Verfahren auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung hingewirkt worden ist oder wenn sich die weitere Sachverhaltsermittlung oder Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen (vgl. Seibert in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 191). Beides zeigt der Zulassungsantrag unter dem Zulassungsgrund des Verfahrensmangels nicht substantiiert auf. Ungeachtet dessen wäre selbst dann, wenn man auch hier den Vortrag zum Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel berücksichtigen würde und man zudem davon absähe, dass sich die dort zur Aufklärungsrüge angeführte Frage nicht mit der Frage deckt, die von dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag umfasst war, wäre nicht dargelegt, dass das Verwaltungsgericht gehalten gewesen wäre, dem Beweisantrag stattzugeben bzw. von Amts wegen ein Sachverständigengutachten einzuholen. Insoweit kann auf obige Ausführungen im Rahmen der ernstlichen Zweifel Bezug genommen werden. |
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| 2. Gegen die weiteren von der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung umfassten Verfügungen des Bescheides des Regierungspräsidiums Tübingen vom 23.03.2020 - die unter Ziffer 2. verfügte Abschiebungsandrohung sowie die in Ziffern 3. und 4. gegen den Kläger verhängten Einreise- und Aufenthaltsverbote von fünf bzw. sieben Jahren infolge der Ausweisung bzw. von zwei Jahren infolge der Abschiebung - hat der Kläger zwar fristgemäß die Zulassung der Berufung beantragt; allerdings lassen sich seinem Vorbringen insoweit keine Zulassungsgründe im Sinne von § 124 Abs. 2 VwGO entnehmen, sodass die Zulassung der Berufung mit Blick auf diese Streitgegenstände von vornherein am Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO scheitert. |
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| Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 und § 52 Abs. 1 und 2 GKG. Hinsichtlich der Ausweisung wird von einem Streitwert in Höhe von 5.000,– Euro ausgegangen. Die weiteren Streitgegenstände wirken sich daneben nicht werterhöhend aus (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.11.2021 - 11 S 716/20 -, juris Rn. 30). |
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