Urteil vom Amtsgericht Aachen - 113 C 273/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
Ohne Tatbestand gem. §§ 313a, 495a ZPO.
2Entscheidungsgründe
3Die Klage ist unbegründet.
4Der Kläger hat gegenüber den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung weiterer Mietwagenkosten nach §§ 7, 18 StVG, § 823 Abs. 1 BGB, § 115 VVG.
5Unfallhergang und die vollumfängliche Einstandspflicht der Beklagten für die ersatzfähigen Schäden des Klägers sind unstreitig.
6Nach gefestigter Rechtsprechung kann der Geschädigte vom Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer gemäß § 249 BGB Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig erachten darf (vgl. OLG Köln, Urteil v. 18.08.2010, 5 U 44/10, juris Rn. 3, auch zum Folgenden). Der Geschädigte ist hierbei nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Für den Ersatz von Mietwagenkosten bedeutet dies, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt - nicht nur für Unfallgeschädigte - erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs innerhalb eines gewissen Rahmens grundsätzlich nur die Erstattung des günstigeren Mietpreises als zur Herstellung objektiv erforderlich verlangen kann.
7Dies bedeutet für die Frage der Ersatzfähigkeit von Mietwagenkosten, dass der Geschädigte regelmäßig bei der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs den Normaltarif wählen muss (vgl. etwa LG Aachen, Urteil v. 26.04.2013, 6 S 176/12, m.w.N., auch zum Folgenden). Die höheren Sätze des sogenannten Unfallersatztarifes stellen sich hingegen nur dann als ersatzfähiger Schaden dar, wenn spezifische, im Normaltarif nicht enthaltene Leistungen bei der Vermietung einen Zuschlag rechtfertigen. Den gegebenenfalls nach § 287 ZPO zu schätzenden Aufschlag auf den Normaltarif kann der Geschädigte hierbei aber nur dann ersetzt verlangen, wenn ihm der Normaltarif nicht zugänglich war. Der Geschädigte muss also darlegen und ggf. beweisen, dass es ihm auf dem örtlich und zeitlich relevanten Markt unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten im Rahmen des Zumutbaren nicht möglich war, zu einem günstigeren Preis als dem Unfallersatztarif ein Ersatzfahrzeug zu mieten, wobei beispielsweise ein Bedürfnis zur sofortigen Fortsetzung der Fahrt oder baldigen Nutzung des Ersatzfahrzeuges sowie ein Unfall zur Nachtzeit oder in zeitlichem Zusammenhang mit einem Feiertag für die Unzumutbarkeit der Anmietung eines günstigeren Fahrzeuges sprechen können. Gegen die Unzumutbarkeit der Anmietung eines günstigeren Ersatzfahrzeuges spricht es demgegenüber beispielsweise, wenn erst mehrere Tage nach dem schädigenden Ereignis ein Ersatzfahrzeug angemietet oder benötigt wird oder dem Geschädigten eine telefonische oder Internetrecherche zumutbar war. Da hier zwischen dem Unfallereignis und dem Anmiettag mehrere Tage lagen, scheidet ein Unfallersatztarif bereits aus diesem Grund aus. Dass es sich um ein Wochenende handelte, gebietet keine abweichende Beurteilung, denn jedenfalls an dem Samstag wäre die Anmietung eines Fahrzeugs zum Normaltarif oder eine hierauf gerichtete Recherche möglich gewesen. Zudem enthalten weder der Auftrag noch die Rechnung Positionen, die über den im Normaltarif enthaltenen Leistungsumfang hinausgehen.
8Die ersatzfähigen Mietwagenkosten berechnen sich gemäß den umfassenden und überzeugenden Ausführungen des OLG Köln in seinem einschlägig bekannten und vielfach zitierten Urteil vom 01.08.2013 (15 U 09/12) nach dem arithmetischen Mittel der Schwacke-Liste und der Fraunhofer-Liste, wobei auf die aktuellen bzw. zeitnächsten Listen abzustellen ist. Auszugehen ist bei beiden Listen jeweils von dem arithmetischen Mittel. Für die Berechnung ist ferner grundsätzlich - unabhängig von der bei Mietbeginn absehbaren bzw. geplanten Mietdauer - die jeweils tatsächlich erreichte Mietdauer maßgebend. Hierzu wird auf den größten Zeitabschnitt entsprechend den Tabellenwerken abgestellt und daraus ein entsprechender 1-Tages-Wert errechnet, der sodann mit der Anzahl der tatsächlichen Gesamtmiettage multipliziert wird. Der bei Anmietung eines klassengleichen Ersatzfahrzeugs nach Ermittlung des Normaltarifs vorzunehmende Abzug für ersparte Eigenaufwendungen ist mit 4 % der Mietwagenkosten zu bemessen. Gesondert in Rechnung gestellte weitere Leistungen sind dem so ermittelten arithmetischen Mittel zuzuschlagen, sofern sie tatsächlich angefallen sind und erstattungsfähig sind, da diese Leistungen in den Grundtarifen beider Erhebungen nicht enthalten sind. Insoweit ist mangels entsprechender Angaben in der Fraunhofer-Liste allein der in der Nebenkostentabelle der Schwacke-Liste jeweils angegebene Wert für das arithmetische Mittel zu Grunde zu legen.
9Was die zeitnächste Liste zur Bestimmung der ersatzfähigen Mietwagenkosten anbelangt, so legt das Gericht die Schwacke- bzw. Fraunhofer-Liste für das Jahr 2012 seiner Berechnung zugrunde. Zwar liegt die Schwacke-Liste 2013, deren Erhebungszeitraum dem Schadensdatum näher liegt, bereits vor. Die Fraunhofer-Liste 2013 soll laut Interneteinsicht im Dezember 2013 erschienen sein. Diese Liste liegt dem Gericht indes nicht vor und ist für es auch nicht greifbar. Auch die beklagtenseitigen Prozessbevollmächtigten, die gerichtsbekannt in Fällen vorliegender Art regelmäßig Auszüge der aktuellen Fraunhofer-Liste vorlegen, haben keinen Auszug aus der Fraunhofer-Liste 2013, sondern einen solchen der Liste 2012 vorgelegt. Um zu einer zeitlich einheitlichen Bestimmungsgrundlage zu gelangen, ist daher auf die Listen des Jahres 2012 abzustellen. Dies ist für die Klägerseite auch nicht nachteilig, weil der Wert der Schwacke-Liste 2012 höher ist als der der Liste 2012 (858,39 € brutto statt 818,40 € brutto).
10Nach der Schwacke-Liste 2012 ergibt sich im PLZ-Gebiet 520 für ein Fahrzeug der Klasse 7 im arithmetischen Mittel eine Wochenpauschale von 858,39 € brutto, mithin 721,34 € netto. Der Tagespreis netto liegt folglich bei 103,05 €. Für vier Miettage ergibt sich ein Betrag von 412,20 € netto.
11Der Bruttotagespreis nach Fraunhofer beträgt 47,97 € brutto, also 40,31 € netto. Dies ergibt bei vier Miettagen eine Summe von 161,24 € netto.
12Der Tagesmittelwert netto liegt damit im Ergebnis bei 71,68 € ([103,05 € + 40,31 €] : 2). Bei vier Miettagen ergibt sich ein Gesamtbetrag von 286,72 €.
13Setzt man die Haftungsreduzierung nach der für den Kläger gegenüber der Schwackeliste 2012 insoweit günstigeren Schwacke-Liste 2013 i.H.v. 22,14 € brutto bzw. 18,61 € netto hinzu, errechnet sich eine Summe von 361,16 € netto (286,72 € + 4 x 18,61 €).
14Sonstige Nebenkosten enthält die Rechnung vom 23.07.2013 (Bl. 10 d.A.) nicht.
15Da unstreitig 410,00 € netto auf die Mietwagenkosten gezahlt wurden, stehen dem Kläger selbst ohne Abzug für ersparte Eigenaufwendungen keine weiteren Ansprüche zu.
16Folglich hat er auch keinen Anspruch auf die Zahlung von Zinsen oder den Ausgleich vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
17Nebenentscheidungen: §§ 91 Abs. 1, 713 ZPO
18Wert: 211,17 €
19Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- ZPO § 313a Weglassen von Tatbestand und Entscheidungsgründen 1x
- ZPO § 495a Verfahren nach billigem Ermessen 1x
- StVG § 7 Haftung des Halters, Schwarzfahrt 1x
- StVG § 18 Ersatzpflicht des Fahrzeugführers 1x
- ZPO § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht 1x
- ZPO § 713 Unterbleiben von Schuldnerschutzanordnungen 1x
- § 115 VVG 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 249 Art und Umfang des Schadensersatzes 1x
- ZPO § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung 1x
- BGB § 823 Schadensersatzpflicht 1x
- 5 U 44/10 1x (nicht zugeordnet)
- 6 S 176/12 1x (nicht zugeordnet)
- 15 U 09/12 1x (nicht zugeordnet)