Urteil vom Amtsgericht Frankenthal (Pfalz) - 3a C 38/14

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.959,36 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 9.11.2012 zu zahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der durch die Nebenintervention entstandenen Kosten.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

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Die Klägerin nimmt die Beklagte als Haftpflichtversicherer des Lkw Mercedes Benz mit dem amtlichen Kennzeichen GER-...-... aufgrund einer Leckage und auslaufender Betriebsstoffe des Fahrzeuges am 26.2.2012 auf der Autobahn A 61 in Fahrtrichtung Koblenz zwischen Kilometer 354,9 und 3560,8 mit ihrer am 21.2.2014 zugestellten Klage auf Zahlung restlichen Schadensersatzes in Anspruch.

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Durch den Reinigungseinsatz fielen Kosten in Höhe von 13.659,36 € an (Rechnung Fa. G... Nr. ... v. 28.3.2012 = 10.918,67 € zuzüglich Eigenkosten der Klägerin von 2.740,69 €), worauf die Beklagte außergerichtlich eine Zahlung in Höhe von 9.700,00 € leistete. Die Beklagte hat außergerichtlich den Prüfbericht der ENSA W. Sch. + Partner GmbH vom 24.5.2013 zugrunde gelegt. Hierin werden die Eigenkosten der Klägerin in voller Höhe als angemessen angesehen und akzeptiert. Auf die Rechnung der Firma Auto G... wurde lediglich ein Betrag von 7.000,00 € bezahlt. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 4 der Akten Bezug genommen.

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Hinsichtlich der Einzelheiten des Reinigungseinsatzes wird auf die Darlegungen Blatt 4 ff der Akten Bezug genommen.

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Der Firma Auto G... wurde durch die Klägerin der Streit verkündet, diese trat daraufhin dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin bei.

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Die Einzelheiten des Reinigungseinsatzes stehen zwischen den Parteien in Streit.

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Die Klägerin behauptet, die in Rechnung gestellten 10.918,67 € der Firma Auto G... seien zur Schadensbeseitigung erforderlich gewesen.

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Die Autobahnmeisterei habe aufgrund einer vereinbarten Preisliste das am nächsten gelegene Spezialreinigungsunternehmen beauftragt. Die Beklagte sei auch zur Erstattung der Mehrwertsteuer verpflichtet.

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Die Klägerin beantragt,

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die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.969,36 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 9.11.2012 zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen

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und begründet dies damit, dass entsprechend der Einschätzung des Sachverständigen vorgerichtlich zur Klaglosstellung ein Betrag von insgesamt 9.700,00 € -die angemessenen Eigenleistungen der Klägerin in Höhe von 2.740,69 € vollständig und die Rechnung der Firma G... in Höhe von 6.959,31 €- ausreichend ausgeglichen worden seien.

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Die inhaltliche Richtigkeit der Rechnung vom 28.3.2012 werde mit Nichtwissen bestritten.

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Auch die Erforderlichkeit hinsichtlich der mit Nichtwissen bestrittenen Kontaminationsflächen.

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Die Rechnungsbegleichung werde bestritten, ebenso dass keine günstigeren Preise der Beklagten zugängig gewesen seien. Die Mehrwertsteuer sei nicht zu erstatten.

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Die Klägerin sei zur Erforderlichkeit der Schadensbeseitigung darlegungs- und beweisbelastet, hierzu gehöre auch, eine marktübliche Vergütung zu prüfen.

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Die Nebenintervenientin schließt sich dem Antrag der Klägerin an unter Ergänzung und Vertiefung des klägerischen Vorbringens, wegen dessen Einzelheiten auf den Schriftsatz vom 24.6.2014 (Blatt 238 ff der Akten) Bezug genommen wird.

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Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist begründet.

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Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen restlichen Schadensersatzanspruch in Höhe des zuerkannten Betrages gemäß §§ 7, 17, 18 StVG, 823 Abs. 1, 115 VVG.

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Die Beklagte hat als Haftpflichtversicherer des Lkw Mercedes Benz GER-…-… mit ihrer Abrechnung auf Grundlage des Prüfberichts über in Rechnung gestellte Aufwendungen beim Ölschaden an der BAB 61, Km 354,90, den gegen die Beklagte geltend gemachten Erstattungsanspruch dem Grunde nach anerkannt.

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Ein deklaratorisches (bestätigendes) Schuldanerkenntnis liegt dann vor, wenn der infrage stehende Anspruch nicht auf eine neue Anspruchsgrundlage gestützt werde, dem Streit jedoch in bestimmten Beziehungen die Ungewissheit entzogen werden soll und der Anspruch insoweit endgültig festgelegt wird (BGH NJW 995, 960 ff). Soweit in Fällen wie dem Vorliegenden über Notwendigkeit und Umfang von jeweils in Rechnung gestellten Leistungen und über die abzurechnenden Preise Streit besteht, gilt Folgendes :

23

Nach Prüfung der Rechnung der Nebenintervenientin vom 28.3.2012 durch das von der Beklagten am 14.5.2013 beauftragte Büro ENSA erstattete die Klägerin unter Spezifizierung mit Schriftsatz vom 20.3.2014 insgesamt 9.700,00 €, wobei ausdrücklich das beauftragte Gutachten zugrunde gelegt wird. Dieses Verhalten kann bei der gebotenen Beachtung des Empfängerhorizonts und der beiderseitigen Interessenlage nur dahin verstanden werden, dass sich die Beklagte bezüglich ihrer Einstandspflicht sowohl dem Grunde nach, als auch hinsichtlich einzelner Schadenspositionen, denen einzelne Beträge in dem erstatteten Gutachten zugeordnet worden sind, streitvermeidend festgelegt hat (OLG Karlsruhe, Urteil vom 1.2.2013 -1 U 130/12).

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Durch die unter Bezugnahme auf das Gutachten erfolgte Abrechnung hat die Beklagte zum Ausdruck gebracht, dass sie in der weiteren Schadensabwicklung diese Positionen dem Streit entziehen will. Der Anerkennende ist bei allen anerkannten Positionen mit den Einwendungen ausgeschlossen, die ihm zum Zeitpunkt des Anerkenntnisses bekannt gewesen sind (BGH, NJW 1973, 39 ff).

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Danach sind die dem Prüfbericht zugrunde gelegten Anknüpfungstatsachen dem Streit entzogen, sodass sowohl über das Ausmaß der Kontamination, als auch den Umfang der Tätigkeiten insoweit kein Beweis zu erheben war.

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Soweit die Parteien über die Erforderlichkeit der Schadensbeseitigung streiten, muss die Klägerin sich nicht auf von gegebenenfalls durch Sachverständigengutachten ermittelten Stundenverrechnungssätze und Reinigungskosten verweisen lassen.

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Vielmehr stellt der seitens der Nebenintervenientin in Rechnung gestellte Betrag den zur Schadensbeseitigung erforderlichen Aufwand im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB dar. Danach kann der Geschädigte statt der Herstellung den zur Schadensbeseitigung erforderlichen Geldbetrag verlangen, er kann mithin die Instandsetzungskosten beanspruchen. Diese bestehen in den Aufwendungen, die ein verständiger wirtschaftlich Handelnder in der besonderen Lage des Geschädigten zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes machen würde. Dabei hat er im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlichsten Weg zu wählen. Dieses Wirtschaftlichkeitsgebot verlangt vom Geschädigten allerdings nicht, zugunsten des Schädigers unter allen Umständen zu sparen oder sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte (BGHZ 115, 364 ff). Denn im letzteren Falle wird der Geschädigte nicht selten überobligatorische Anstrengungen zugunsten des Schädigers machen, die dieser vom Geschädigten nicht verlangen kann. Bei dem Bemühen um eine wirtschaftlich vernünftige Objektivierung des Restitutionsbedarfs darf nämlich im Rahmen von § 249 Abs. 2 BGB nicht Sinn und Zweck der Vorschrift verkannt werden, dass dem Geschädigten bei voller Haftung des Schädigers ein möglichst vollständiger Schadensausgleich zukommen soll. Gerade im Hinblick darauf stellt der BGH auf eine subjektbezogene Betrachtung ab, indem er Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnisse und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten nimmt (BGHZ 115, 364 ff). Der Geschädigte leistet dem Gebot der Wirtschaftlichkeit im Allgemeinen genüge und bewegt sich durchweg innerhalb der für die Schadensberechnung gezogenen Grenzen, wenn er sich auf den für ihn örtlich und zeitlich relevanten Markt begibt und die ihm dort offenstehenden Angebote in Anspruch nimmt. Ausschlaggebend ist vorliegend für die Beauftragung der Nebenintervenientin durch die Autobahnmeisterei R. einerseits, dass eine Auswahlmöglichkeit im Interesse einer zügigen Schadensbeseitigung wie im vorliegenden Fall bereits per se nur eingeschränkt besteht und sich regelmäßig auf das dem Unfallort nächstgelegene einsatzbereite Unternehmen beschränkt. Marktforschungsmaßnahmen können von der Klägerin in dieser aktuellen Gefahrensituation auch vor diesem Hintergrund nicht gefordert werden. Eine vorläufige Einschätzung der Kostenseite konnte durch die beauftragende Autobahnmeisterei R. durch die dort vorliegende Preisliste vorgenommen werden. Die Leichtigkeit des fließenden Verkehrs unter Beachtung der sich hieraus ergebenden Sicherheitsbestimmungen ist oberstes Maß, das die Klägerin zu beachten hat. Eine Obliegenheitspflicht der Klägerin im Sinne einer allgemeinen Erkundigungspflicht bzw. Pflicht zur Marktforschung im Interesse der Überprüfung der in Rechnung gestellten Preise besteht nach dem Vorgenannten daher vorliegend nicht. Eine solche kann jedenfalls so lange nicht angenommen werden, wie sich eine günstigere Wiederherstellungsmöglichkeit dem Geschädigten nicht aufdrängt, § 254 BGB. Eine Verletzung der der Klägerin obliegenden Schadensminderungspflicht kann im konkreten Fall nicht erkannt werden, allein deshalb, weil, bezogen auf den konkreten Zeitpunkt, eine Erkundigung vorverlagert wäre, sodass gegebenenfalls im Sinne eines Rahmenvertrages unter Berücksichtigung europarechtlicher Vorgaben nach Durchführung der bei Überschreitung der Schwellenwerte erforderlichen Ausschreibung ein Unternehmen zu ermitteln wäre, das die streitgegenständlichen Leistungen erbringen kann unter Beachtung der zu fordernden Schadensnähe.

28

Inwieweit hier die Vorschriften der Vergabeordnung greifen, insbesondere ein öffentlicher Auftraggeber nicht-offene Ausschreibungsverfahren gegebenenfalls europaweit durchzuführen hätte, lässt sich mangels entsprechender Anknüpfungstatsachen nicht beurteilen, zudem ist zu berücksichtigen, dass für die gerichtliche Überprüfung der Vergabe öffentlicher Aufträge, auf die gemäß § 100 GWB die §§ 97 ff GWB nicht anwendbar sind, gemäß § 40 Abs. 1 VwGO der Verwaltungsrechtweg gegeben ist (OVG Münster, Beschluss vom 11.8.2006 -15 E 880/06).

29

Handelt es sich um Vergabeverfahren unter der Schwellenwerte, ist der Rechtsweg zu den Zivilgerichten eröffnet (Bundesverwaltungsgericht Vergaberecht 2007, 337). Hinreichend substantiierter Vortrag durch die insoweit darlegungsbelastete Beklagte erfolgte nicht. Eine Verpflichtung der öffentlichen Hand zum Abschluss von Rahmenvereinbarungen erscheint zwar sinnvoll, begründet für sich genommen jedoch nicht den Einwand eines Verstoßes gegen § 254 BGB, sofern eine solche Rahmenvereinbarung unterbleibt (LG Karlsruhe, Urteil vom 20.12.2013 -9 S 671/09).

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Die Klägerin ist an der Geltendmachung der Umsatzsteuer nicht durch § 19 Abs. 3 Satz 2 2. Allgem. Verwaltungsvorschrift für die Auftragsverwaltung der Bundesfernstraßen vom 11. Februar 1956, Beilage zum Bundesanzeiger Nr. 38 vom 23. Februar 1956, gehindert. Diese Bestimmung sieht zwar vor, einem ersatzpflichtigen Dritten keine Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen, wenn Leistungen zur Beseitigung von Schäden durch Fremdunternehmer ausgeführt werden. Hierauf kann sich die Beklagte aber nicht berufen (BGH Urteil vom 18. März 2014 -VI ZR 10/13), ebenso handelt es sich um einen ersatzfähigen Schaden gemäß § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB als zur Herstellung erforderlicher Geldbetrag im Falle der Beschädigung einer Sache, auch wenn Geschädigte die Bundesrepublik Deutschland ist (BGH Urteil vom 14. September 2004 -VI ZR 97/04).

31

Der Klägerin war daher in tenoriertem Umfang restlicher Schadensersatz über die von der Beklagten bereits gezahlten 9.700,00 € zuzusprechen.

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Die geltend gemachten Zinsen sind dem Grunde und der Höhe nach gemäß §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB begründet.

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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 101 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 709 Satz 1, Satz 2 ZPO.

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Beschluss

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Der Streitwert wird auf 3.959,36 € festgesetzt.

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