Urteil vom Amtsgericht Frankenthal (Pfalz) - 3a C 131/16

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Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 779,39 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 29.04.2016 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 37 % und die Beklagte zu 63 %.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Streitwert wird auf 1.234,92 € festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beklagte begehrt mit ihrer am 29.04.2016 zugestellten Klage die Zahlung restlichen Schadensersatzes aufgrund eines Verkehrsunfalls am 11.04.2014 auf der B9 vom Netzknoten 6416250 bis 6416207 bei Station 0,450 kurz vor der Ausfahrt Frankenthal Nord. Der bei der Beklagten haftpflichtversicherte Sattelschlepper Volvo, amtliches Kennzeichen G..... kam von der Fahrbahn ab und verursachte einen Gehölzschaden in Verbindung mit Flurschäden im Straßengraben. Daneben wurden zwei Leitpfosten und eine Entfernungsbake beschädigt sowie die Fahrbahn verunreinigt. Zur Absicherung der Unfallstelle und zur Unterstützung der Aufräumarbeiten wurden Mitarbeiter der Straßenmeisterei Grünstadt eingesetzt. Die Gesamtarbeitsstundenzahl des Einsatzes betrug 49 Stunden.

2

Die Klägerin stellte die Personalkosten für den Einsatz der Mitarbeiter der Straßenmeisterei zuzüglich eines anteiligen Gemeinkostenzuschlags von 50 % der Beklagten in Rechnung. Dabei lagen folgende Angaben zugrunde

3

Name des Mitarbeiters, Einsatzzeit (Stunden), Personalkosten im April:

4

S.... 

10    

    3.618,72 €

E.... 

16    

    4.407,40 €

W......

7       

    4.127,39 €

G.....

4,25   

    3.443,83 €

S......

6       

    3.669,92 €

K.....

0,25   

    3.757,20 €

W.....

5,5     

    4.270,48 €

5

Mit Schreiben vom 28.08.2014 wurden der Beklagten für die Reinigungsarbeiten Kosten in Höhe von insgesamt 4.536,67 € in Rechnung gestellt und wie folgt beziffert:

6

1.    

Fremdleistungen

        

106,62 €,

2.    

Stoffkosten

        

31,33 €,

3.    

Personalkosten

        

3.328,57 €,

4.    

Kosten für Fahrzeug und Geräteeinsatz

        

1.050,15 €,

5.    

Auslagenpauschale

        

20,00 €.

7

Die Beklagte regulierte außergerichtlich alle Schadenspositionen vollständig bis auf die Personalkosten, auf die lediglich 1.136,31 € gezahlt wurden. Die Beklagte legte hierbei 49 Arbeitsstunden mit einem Stundensatz von 23,19 € zugrunde.

8

Die Klägerin behauptet,

9

die Anzahl der Arbeitsstunden der eigenen Mitarbeiter sei für die Schadensbehebung erforderlich gewesen, einen Gemeinkostenzuschlag von 50 % sei nicht zu beanstanden.

10

Die Klägerin beantragt,

11

die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.234,92 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

12

Die Beklagte beantragt,

13

die Klage abzuweisen

14

und behauptet,

15

ein Zuschlag von 50 % gemäß 2. AVVFStr sei ebenso unbegründet wie die von der Klägerin geltend gemachten Personalkosten, deren Berechnung nicht nachvollziehbar ist, wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 20 der Akten verwiesen.

16

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

17

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

18

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen restlichen Schadensersatzanspruch in Höhe des zuerkannten Betrages gemäß §§ 7, 17, 18 StVG, 823 Abs. 1, 115 Abs. 1 VVG. Die Beklagte hat als Haftpflichtversicherer des Sattelzuges Volvo, amtliches Kennzeichen G... mit ihrer Abrechnung auf Grundlage der mitgeteilten Personalkosten und den von ihr unbeanstandeten 49 Arbeitsstunden den geltend gemachten Erstattungsanspruch dem Grunde nach insoweit anerkannt.

19

Ein deklaratorisches (bestätigendes) Schuldanerkenntnis liegt dann vor, wenn der in Frage stehende Anspruch nicht auf eine neuen Anspruchsgrundlage gestützt werde, dem Streit jedoch in bestimmten Beziehungen die Ungewissheit entzogen werden soll und der Anspruch insoweit endgültig festgelegt wird (BGH NJW 1995, 960 ff.). Soweit in Fällen wie dem vorliegenden über Notwendigkeit und Umfang von jeweils in Rechnung gestellten Leistungen und die abzurechnenden Personalkosten Streit besteht, gilt, dass die Beklagte den Umfang der geleisteten Arbeitsstunden mit 49 Stunden insoweit anerkannt hat. Dieses Verhalten kann bei der gebotenen Beachtung des Empfängerhorizontes und der beiderseitigen Interessen nur dahin verstanden werden, dass sich die Beklagte bezüglich ihrer Einstandspflicht dem Grunde nach streitvermeidend festgelegt hat (OLG Karlsruhe, Urteil vom 01.02.2013 - U 130/12). Durch die unter Bezugnahme auf die vorgelegten Personalkosten erfolgte Abrechnung hat die Beklagte zum Ausdruck gebracht, dass sie hinsichtlich der geleisteten Stunden in der weiteren Schadensabwicklung diese Position dem Streit entziehen will. Der Anerkennende ist bei allen anerkannten Positionen mit den Einwendungen ausgeschlossen, die ihm zum Zeitpunkt des Anerkenntnisses bekannt gewesen sind (BGH NJW 1973, 39 ff.). Nach dem Vorgenannten waren die berechneten Arbeitsstunden daher zur Schadensbeseitigung erforderlich. Die Klägerin kann indes nur den Ersatz der Eigenkosten verlangen, § 249 BGB. Das sind zunächst die Bruttolohnkosten. Um die Bruttolohnkosten für einen Mitarbeiter pro Stunde für den Monat April 2014 auszurechnen, sind daher die Monatsbruttolohnkosten durch die Anzahl der Arbeitsstunden in diesem Monat zu teilen. Die Berechnung hat sich dabei auf den Monat April zu beschränken, weil nur in diesem Monat die Kosten zur Schadensbehebung entstanden sind. Bei einer wöchentlichen (Tarif-)Arbeitszeit von 38,5 Stunden beträgt die Tagesarbeitszeit 7,7 Stunden. Der April 2014 hat in Rheinland-Pfalz 20 Arbeitstage, daher betrug die monatliche Arbeitszeit 154 Stunden. Gegen den Abzug durchschnittlicher Krankheits- und Urlaubstage bei der Berechnung der Arbeitstage spricht entscheidend, dass diese vom Arbeitgeber zu vergüten sind. Für die einzelnen Mitarbeiter ergeben sich danach folgende Bruttolohnkosten:

20

Name, Einsatzzeit (Stunden), Bruttolohnkosten im Monat/je Stunde, Kosten des Einsatzes

21

S.......

10

3.618,72

23,49

234,98

E......

16

4.407,40

28,61

457,91

W......

7

4.127,39

26,80

187,61

G......

4,25

3.443,83

22,36

95,04

S......

6

3.669,92

23,83

142,98

K.... 

0,25

3.757,20

24,39

6,10

W.....

5,5

4.270,48

27,73

152,51

Gesamtkosten

     

        

     

1.277,13

22

Daneben kann die Klägerin einen Lohnkostenzuschlag von 50 % verlangen gemäß § 19 der 2. AVVStr , wonach die Verwaltung dem Schädiger neben den tatsächlich angefallenen Kosten auch nach Absatz 2 a) einen Zuschlag von 50 % auf die Tariflöhne in Rechnung stellen kann. Damit sollen anteilig die Gemeinkosten vom Schädiger getragen werden. Zwar hat die Verwaltungsvorschrift keine Außenwirkung für den außerhalb der Verwaltung stehenden Bürger und ist somit keine taugliche Rechtsgrundlage, indes würde ein Schädiger unangemessen bevorzugt aufgrund des Umstandes, dass der Staat Arbeitskräfte für die Schadensbehebung vorhält und somit den Einsatz von regelmäßig teureren Fremdunternehmen entbehrlich macht, so dass der Gemeinkostenzuschlag in Höhe von 50 % auf die Tariflöhne unter Bezugnahme der durch die Klägerin zur Akte gereichten Bezügemitteilungen für den Monat April 2014 (Bl. 32 ff d. A.) gerechtfertigt ist unter Zugrundelegung des subjektiven Schadensbegriffes und des durch die Klägerin insoweit für erforderlich erachteten Gemeinkostenzuschlages (vgl. BGH Urteil vom 28.06.2011, VI ZR 184/10; BGH Urteil vom 09.12.2014 - VI ZR 138/14). Im Schadensersatzrecht ist im Rahmen der Vermutung nach § 252 BGB die Darlegung der erforderlichen Anknüpfungstatsachen durch den Geschädigten ausreichend (Münchener Kommentar zum BGB/Oetker, 7. Auflage 2016, Rn. 37 ff § 252 BGB m.w.N.) Dieser Zuschlag erhöht danach den erstattungsfähigen Schaden auf 1.915,70 €, so dass unter Berücksichtigung vorgerichtlich durch die Beklagte bereits regulierter 1.136,31 € und der insoweit eingetretenen Erfüllung, § 362 Abs. 1 BGB, die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung weiterer 779,39 € hat. Die Klägerin hat dabei einen Direktanspruch gegen den Haftpflichtversicherer des Schädigers, da sie Dritte im Sinne des § 115 VVG ist (OLG Zweibrücken, Urteil vom 13.08.2014 - 1 U 71/12 m.w.N.).

23

Die Zinspflicht folgt aus §§ 292, 288 Abs. 1 BGB, § 261 ZPO seit Zustellung der Klageschrift.

24

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

25

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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