Urteil vom Amtsgericht Halle (Saale) - 93 C 1864/12

Tenor

1.) Die Klage wird abgewiesen.

2.) Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung, auch zu einem Teilbetrag, durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4.) Die Berufung wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 418,00 € festgesetzt.

Tatbestand

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Der Kläger verlangt Schadensersatz aus einem Mietvertrag.

2

Der Beklagte war am 19. November 2011 Veranstalter einer Veranstaltung im …. in H…. Bei dieser Veranstaltung war auch eine Musikanlage, die vom Kläger gestellt wurde, im Einsatz. Nach der Veranstaltung waren die Membranen der beiden Bassboxen beschädigt. Die Reparatur kostete 418,00 € netto. Wegen der Einzelheiten wird auf die Rechnung Bl. 16 d. A. verwiesen. Diesen Betrag samt vorgerichtlicher Anwaltskosten verlangt der Kläger mit der vorliegenden Klage.

3

Der Kläger behauptet, dass er mit dem Beklagten einen mündlichen Mietvertrag über die Musikanlage abgeschlossen habe. Er habe den Beklagten auch in die sachgemäße Bedienung der Musikanlage eingewiesen. Der Schaden sei dadurch entstanden, dass der Beklagte die zuvor unbeschädigte Musikanlage unsachgemäß bedient habe.

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Der Kläger beantragt,

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1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 418,00 € zzgl. Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2012 zu bezahlen.
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2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger vorgerichtlich entstandene Anwaltskosten in Höhe von 70,20 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit als Verzugsschaden zu zahlen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

9

Der Beklagte bestreitet, mit dem Kläger einen Mietvertrag über die Musikanlage abgeschlossen zu haben. Er behauptet, dass ihm diese vom Vermieter gestellt worden sei. Zudem bestreitet der Beklagte, dass die Musikanlage vor der Veranstaltung unbeschädigt war. Weiter bestreitet der Beklagte, dass der Kläger ihn vor der Veranstaltung in den Gebrauch der Musikanlage eingewiesen hat und dass die Musikanlage durch eine unsachgemäße Bedienung beschädigt wurde.

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Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28. Februar 2012 verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist unbegründet.

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Der Kläger konnte nicht nachweisen, dass der streitgegenständliche Schaden gerade in einer dem Beklagten zurechenbaren Weise, also insbesondere vom Beklagten selbst oder einem seiner Erfüllungsgehilfen gemäß § 278 BGB, verursacht wurde. Der Kläger konnte hierzu lediglich Vermutungen äußern, die zwar einer gewissen Plausibilität nicht entbehren, die aber anderweitige Geschehensabläufe, die eine Haftung des Beklagten nicht begründen würden, auch nicht ausschließen können.

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Im übrigen verkennt der Kläger die Rechtslage: Nicht muss der Beklagte nachweisen, dass er die Pflicht zur Rückgabe in unbeschädigtem Zustand schuldhaft nicht erfüllt hat. Vielmehr muss der Kläger eine Pflichtverletzung des Beklagten (Beschädigung) beweisen. Erst wenn diese bewiesen ist, müsste der Beklagte beweisen, dass er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB).

14

Die vom Kläger zitierte Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 10. September 2007 (Az. 24 U 97/07) betraf einen anderen Fall: Dort ging es um die Beweislast für den Diebstahl der Mietsache und die hierdurch verursachte Unmöglichkeit der Rückgabe der Mietsache. Vorliegend ist aber unstreitig die Mietsache, wenn auch beschädigt, zurückgegeben worden.

15

Es ist schief, wenn von einer Pflicht zur unbeschädigten Rückgabe die Rede ist. Es gibt vielmehr eine Pflicht, die Mietsache nicht zu beschädigen, und es gibt es die Pflicht, die Mietsache zurückzugeben. Beides darf nicht vermengt werden. Für die Rückgabe selbst bzw. die Frage, ob die Rückgabepflicht erfüllt ist, ist der Zustand der Mietsache ohne Bedeutung (Palandt-Weidenkaff, BGB, 72. Auflage, § 546 Rn. 5). Für die pflichtwidrige Beschädigung durch den Mieter trägt aber nach allgemeinen Regeln der Kläger die Beweislast. Es wenn diese feststünde, müsste der Vermieter beweisen, dass er sie nicht zu vertreten hat. Die Verletzung der „Pflicht zur unbeschädigten Rückgabe“ ist insoweit nur Reflex oder Fortsetzung der vorangegangenen - und nach allgemeinen Regeln vom Vermieter zu beweisenden - Verletzung der Pflicht des Mieters, die Mietsache nicht zu beschädigen.

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Die Ansicht, dass der Mieter zu beweisen hat, dass er die Verschlechterung der Mietsache nicht zu vertreten hat (so das vom Kläger zitierte Urteil des Amtsgerichts Köln vom 24. Mai 2011, Az. 120 C 676/09) kann nicht richtig sein, denn sie läuft materiell auf eine Zufallshaftung des Mieters entsprechend der dem deutschen Recht fremdem custodia-Haftung des Besitzers im klassischen römischen Recht oder zumindest auf eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung des Mieters hinaus. Die Folgen dieser Rechtsansicht wären gerade im Wohnungsmietrecht kaum abzusehen.

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Auf die Fragen, ob zwischen den Parteien überhaupt ein Mietvertrag zustandegekommen ist, ob die Musikanlage vor der Veranstaltung unbeschädigt war und ob der Beklagte in die sachgerechte Bedienung der Musikanlage eingewiesen wurde, kommt es daher nicht mehr an, sodass sie offenbleiben können.

18

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 ZPO ist wegen Abweichung von dem Urteil des AG Köln vom 24. Mai 2011 die Berufung zuzulassen.


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