Urteil vom Amtsgericht Köln - 137 C 263/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Von einem oder mehreren Internetanschlüssen wurde am 18. und 19. Mai 2012 das Computerspiel „Port Royale 3“ in einem Peer-to-Peer-Netzwerk im Wege des Filesharing anderen Nutzern dieses Netzwerkes zum kostenlosen Herunterladen angeboten.
3Hinsichtlich der folgenden Zeitpunkte und IP-Adressen führte die Klägerin vor dem LG Köln ein Auskunftsverfahren gegen den Accessprovider, die U. AG durch und nahm diese sodann auf Auskunft in Anspruch, wessen Internetanschluss diese IP-Adressen zu den jeweiligen Zeiten zugeordnet waren:
4Datum, Uhrzeit: IP-Adresse:
518.05.2012, 19:48:52 Uhr 00.000.000.00
618.05.2012, 21:36:49 Uhr 00.000.000.00
719.05.2012, 11:06:26 Uhr 00.000.000.000
819.05.2012, 18:39:16 Uhr 00.000.000.000
9Aus der Auskunft der U. AG ergab sich, dass diese IP-Adressen zu den jeweiligen Zeiten dem Internetanschluss der Beklagten zugeordnet waren.
10Mit anwaltlichem Schreiben ihrer nunmehrigen Prozessbevollmächtigten vom 20.12.2012 ließ die Klägerin die Beklagte wegen des vorbezeichneten Geschehens abmahnen. Dafür macht sie nun die Erstattung von Anwaltskosten in Höhe von 368,00 € geltend.
11Die Klägerin meint, sie habe außer dem Anspruch auf Erstattung der Anwaltskosten auch einen Schadensersatzanspruch nach Lizenzanalogie gegen die Beklagte in Höhe von mehr als 500,00 €, wovon sie mit der Klage einen Teilbetrag in Höhe von 500,00 € geltend macht.
12Die Klägerin behauptet, ihr stünden jedenfalls in Deutschland die exklusiven physischen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Computerspiel „Port Royale 3“ zu. Das Computerspiel sei am 18. und 19. Mai 2012 zu den oben genannten Zeiten unter den oben genannten IP-Adressen im Wege des Filesharing zum Herunterladen angeboten worden. Die Beklagte habe das streitgegenständliche Computerspiel zum Download angeboten. Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vortrages wird auf ihre Schriftsätze Bezug genommen.
13Die Klägerin beantragt,
14die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Teilschadensersatz von 500,00 € nebst jährlichen Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.10.2012 und weitere 368,00 € nebst jährlichen Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.10.2012 zu zahlen.
15Die Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Die Beklagte bestreitet, die Rechtsverletzung begangen zu haben. Am 18. und 19. Mai 2012 habe sie sich nicht zu Hause, sondern in Schweden aufgehalten. An diesen Tagen hätten ihre Söhne, die Zeugen O. S. und K.S., Zugang zu ihrem Internetanschluss gehabt. Diese seien zu dieser Zeit bereits volljährig gewesen. Sie habe diese nach Erhalt der Abmahnung zu der vorgeworfenen Rechtsverletzung befragt. Sie habe die Zeugen auch gebeten, ihre Computer auf das Vorhandensein von Filesharingsoftware und dem streitgegenständlichen Computerspiel zu überprüfen. Die Zeugen hätten ihr erklärt, die Rechteverletzung nicht begangen zu haben. Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vortrages wird auf ihre Schriftsätze Bezug genommen.
18Die Beklagte hat die örtliche Zuständigkeit des Gerichts gerügt. Mit Urteil vom 16.12.2013 hat das Gericht die Klage mangels örtlicher Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen. Dieses Urteil hat das Landgericht Köln mit Urteil vom 26.06.2014 aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverwiesen. Zur Begründung hat das Landgericht Köln ausgeführt, dass das Gericht örtlich zuständig sei.
19Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen O.S. und K.S. im Wege der Rechtshilfe durch das Amtsgericht N. und das Amtsgericht J. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll des Amtsgerichts N. vom 22.01.2015 und des Amtsgerichts J. vom 04.06.2015 Bezug genommen.
20Entscheidungsgründe:
21Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Gericht gem. § 32 ZPO örtlich zuständig. Das Gericht ist insoweit an die Auffassung des Landgerichts Kölns entsprechend § 563 Abs. 2 ZPO gebunden.
22Die Klage ist jedoch unbegründet.
23Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz nach Lizenzanalogie (§ 97 Abs. 2 S. 3 UrhG), da nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Beklagte das Computerspiel „Port Royale 3“ am 18. und 19. Mai 2012 in einem Peer-to-Peer-Netzwerk im Wege des Filesharing anderen Nutzern dieses Netzwerkes zum Herunterladen angeboten hätte.
24Ein derartiger Schadensersatzanspruch scheidet aus, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Beklagte die Rechtsverletzung begangen habe. Die durchgeführte Beweisaufnahme hat die entsprechende Behauptung der Klägerin nicht bestätigt. Im Einzelnen:
25Wird zugunsten der Klägerin ihr Vortrag zur Rechteinhaberschaft und zur Rechtsverletzung vom Internetanschluss der Beklagten aus als wahr unterstellt, so gilt eine tatsächliche Vermutung, dass die Beklagte die Rechtsverletzung begangen hat. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 08.01.2014 – I ZR 169/12 „Bearshare“) Folgendes zur tatsächlichen Vermutung ausgeführt (zitiert nach juris, dort Rn. 15 ff.):
26„[…] Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 Rn. 12 und 13 - Sommer unseres Lebens) oder - wie hier - bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde (BGH, GRUR 2013, 511 Rn. 33 f. - Morpheus).
27cc) Den Beklagten trifft als Inhaber des Internetanschlusses allerdings eine sekundäre Darlegungslast (vgl. BGHZ 185, 330 Rn. 12 - Sommer unseres Lebens); dieser hat er jedoch entsprochen.
28(1) Den Prozessgegner der primär darlegungsbelasteten Partei trifft in der Regel eine sekundäre Darlegungslast, wenn die primär darlegungsbelastete Partei keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachverhaltsaufklärung hat, während dem Prozessgegner nähere Angaben dazu ohne weiteres möglich und zumutbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2011 - I ZR 140/10, GRUR 2012, 602 Rn. 23 = WRP 2012, 721 - Vorschaubilder II, mwN). Diese Voraussetzung ist im Verhältnis zwischen den primär darlegungsbelasteten Klägerinnen und dem Beklagten als Anschlussinhaber im Blick auf die Nutzung seines Internetanschlusses erfüllt.
29(2) Die sekundäre Darlegungslast führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (vgl. OLG Hamm, MMR 2012, 40 f.; Beschluss vom 4. November 2013 - 22 W 60/13, juris Rn. 7; OLG Köln, GRUR-RR 2012, 329, 330; OLG Frankfurt am Main, GRUR-RR 2013, 246; LG Köln, ZUM 2013, 67, 68; LG München I, MMR 2013, 396). In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (vgl. zur Recherchepflicht beim Verlust oder einer Beschädigung von Transportgut BGH, Urteil vom 11. April 2013 - I ZR 61/12, TranspR 2013, 437 Rn. 31; insoweit aA OLG Hamm, MMR 2012, 40 f.; OLG Köln, GRUR-RR 2012, 329, 330; LG München I, MMR 2013, 396).“
30Das Gericht folgt diesen überzeugenden Ausführungen des Bundesgerichtshofes. Die Beklagte ist der sich daraus ergebenden sekundären Darlegungslast nachgekommen:
31Nach dem Vortrag der Beklagten hatten die zur Tatzeit volljährigen Zeugen O.S. und K.S. von eigenen Computern aus Zugriff auf den Internetanschluss der Beklagten. Ferner haben diese das Internet nach ihrem Vortrag insbesondere zur Nutzung sozialer Netzwerke genutzt. Damit ist die Beklagte ihrer Obliegenheit zum Vortrag, „ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu [ihrem] Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen“, nachgekommen. Die Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast dürfen nicht überspannt werden. Dies ergibt sich aus den einleitenden Satz des diesbezüglichen Absatzes des „Bearshare“-Urteils, in dem klargestellt wird, dass die „sekundäre Darlegungslast […] weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers [führt], dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen.“ Der Bundesgerichtshof hat sich zu dieser klarstellenden Einleitung veranlasst gesehen, obwohl in dem von ihm entschiedenen „Bearshare“-Fall feststand, welche Person der Täter war. Insbesondere darf dem Inhaber eines Internetanschlusses kein Vortrag abverlangt werden, von dem kein Erkenntnisgewinn zu erwarten ist. Demnach dürfen keine hohen Anforderungen an den Vortrag zum Internet-Nutzungsverhalten der Personen, die selbständigen Zugang zum Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen, gestellt werden. Es liegt auf der Hand, dass der Anschlussinhaber das Nutzungsverhalten anderer Personen mit selbständigem Zugang zum Internetanschluss nicht konkret beschreiben, sondern dazu nur vage Angaben machen kann, die sich auf Zufallsbeobachtungen und Angaben dieser anderen Personen stützen müssen. Insoweit ist der Anschlussinhaber im Rahmen seiner Nachforschungspflicht ohnehin gehalten, diese anderen Personen zu der Rechtsverletzung zu befragen. Darauf, ob ihm von diesen Personen zutreffende Auskünfte erteilt werden, hat er wenig bis keinen Einfluss. Sollten ihm bezüglich der Rechtsverletzung unwahre Angaben gemacht werden, ist nicht zu erwarten, dass die Angaben, die er hinsichtlich des sonstigen Nutzungsverhaltens erhielte, weiteren Erkenntnisgewinn versprächen. Darüber hinaus wäre auch der Erkenntnisgewinn aus zutreffenden und umfangreichen Angaben zum Nutzungsverhalten eines Dritten sehr gering bis nicht existent: Genauso wenig, wie sich der Anschlussinhaber damit entlasten kann, er käme wegen seines Internet-Nutzungsverhalten nicht als Täter in Betracht, können aus dem Internet-Nutzungsverhalten einer anderen Person zuverlässige Schlüsse auf dessen etwaige Täterschaft gezogen werden.
32Die Beklagte ist auch ihrer Nachforschungspflicht im Rahmen des Zumutbaren nachgekommen. Sie hat ihre Söhne zu der Rechtsverletzung befragt und mitgeteilt, dass diese bestritten hätten, die Rechtsverletzung begangen zu haben. Darüber hinaus hat sie ihre Söhne aufgefordert, nach Filesharing-Software und dem Computerspiel auf ihren Computern nachzuforschen. Mehr kann von der Beklagten nicht verlangt werden. Insbesondere kann nicht verlangt werden, dass sie die Computer volljähriger Familienangehöriger selbst durchsucht.
33Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass die Zeugen zur Tatzeit volljährig waren. Zur Sache haben die Zeugen nicht ausgesagt, sondern von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Daraus kann nicht der Schluss gezogen werden, dass die Beklagte die Rechtsverletzung begangen habe. Vielmehr bleibt es dabei, dass ihre Söhne als Täter in Betracht kommen.
34Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 13.10.2015 gerügt hat, dass ihr das Protokoll der Zeugenvernehmung des Amtsgerichts N. nicht übersandt worden sei, ist ein daraus sich etwaig ergebender Verfahrensmangel durch die rügelose Einlassung in der Verhandlung vom 28.09.2015 gem. § 295 ZPO geheilt.
35Soweit ungerecht erscheint, dass die Klägerin vorliegend und in gleichgelagerten Fällen, in denen alle Zeugen von einem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen, keine Möglichkeit hat, den Täter der Rechtsverletzung ausfindig zu machen, ist Folgendes zu bedenken: Allen Fällen, in denen eine sekundäre Darlegungslast des Anspruchsgegners angenommen wird, ist gemeinsam, dass der Anspruchssteller über den relevanten (Schadens-) Hergang keine eigene Kenntnis hat und ihm zur Verfügung stehende Zeugen typischerweise aus dem „Lager“ des Gegner kommen, was seine Erfolgschancen im Prozess auch dann erheblich vermindert, wenn er Dank der sekundären Darlegungslast Informationen aus dem gegnerischen „Lager“ erhält. Dennoch ist in diesen Fallgruppen nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht von einer Umkehr der Beweislast, sondern nur der sekundären Darlegungslast des Anspruchsgegners auszugehen. Zudem ist es ein Ausnahmefall, dass sämtlichen relevanten Zeugen ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht und wiederum ein Ausnahmefall, dass sämtliche Zeugen, denen ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht, von diesem auch Gebrauch machen.
36Die Klägerin hat auch keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung aus § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F.
37Ein derartiger Anspruch ergibt sich weder aus einer Täterschaft der Beklagten (s.o.) noch unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung. Da sich der Kostenerstattungsanspruch letztlich aus dem Unterlassungsanspruch nach § 97 Abs. 1 UrhG ableitet, kann auch der Störer auf Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch genommen werden. Zur Störerhaftung hat der Bundesgerichtshof in der „Bearshare“-Entscheidung Folgendes ausgeführt (zitiert nach juris, Rn. 22):
38„aa) Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt. Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der Inanspruchgenommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die weder als Täter noch als Teilnehmer für die begangene Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommen werden können, setzt die Haftung als Störer nach der Rechtsprechung des Senats die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfungspflichten, voraus.“
39Vorliegend ergibt sich eine Störerhaftung nicht daraus, dass die Beklagte ihren Internet-Anschluss ihren volljährigen Söhnen zur selbständigen Nutzung zur Verfügung gestellt hat, wobei dahinstehen mag, ob sie ihre Söhne vor der streitgegenständlichen Rechtsverletzung über die Rechtswidrigkeit der Teilnahme an Filesharing hinsichtlich urheberrechtlich geschützter Werke belehrt hat. Auch insoweit wird auf die Ausführungen des Bundesgerichtshofs a.a.O. Bezug genommen:
40„Ob und inwieweit dem als Störer Inanspruchgenommenen eine Verhinderung der Verletzungshandlung des Dritten zuzumuten ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (BGHZ 185, 330 Rn. 19 - Sommer unseres Lebens; BGH, GRUR 2013, 511 Rn. 41 - Morpheus; BGH, Urteil vom 16. Mai 2013 - I ZR 216/11, GRUR 2013, 1229 Rn. 34 = WRP 2013, 1612 - Kinderhochstühle im Internet II, mwN).
41[…]
42Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war es dem Beklagten nicht zuzumuten, seinen volljährigen Stiefsohn ohne konkrete Anhaltspunkte für eine bereits begangene oder bevorstehende Urheberrechtsverletzung über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen aufzuklären und ihm die rechtswidrige Nutzung entsprechender Programme zu untersagen. Der Inhaber eines Internetanschlusses ist grundsätzlich nicht verpflichtet, volljährige Familienangehörige über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen oder von sonstigen Rechtsverletzungen im Internet zu belehren und ihnen die Nutzung des Internetanschlusses zur rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen oder zu sonstigen Rechtsverletzungen im Internet zu verbieten, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für eine solche Nutzung bestehen. Da der Beklagte nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen keine Anhaltspunkte dafür hatte, dass sein volljähriger Stiefsohn den Internetanschluss zur rechtswidrigen Teilnahme an Tauschbörsen missbraucht, haftet er auch dann nicht als Störer für Urheberrechtsverletzungen seines Stiefsohnes auf Unterlassung, wenn er ihn nicht oder nicht hinreichend belehrt haben sollte.
43[…]“
44Das Gericht folgt der überzeugenden Begründung des Bundesgerichtshofes. Eine Belehrung ihrer volljährigen Söhne war mithin nicht erforderlich. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte vor dem streitgegenständlichen Geschehen Urheberrechtsverletzungen ihrer Söhne bei deren Internetnutzung zu befürchten hatte, sind nicht ersichtlich. Solche ergeben sich insbesondere nicht aus einem zeitlich späteren ähnlichen Vorwurf.
45Dahinstehen mag auch, ob das W-LAN der Beklagten ausreichend gesichert war. Sollte das W-LAN der Beklagten nicht hinreichend gesichert gewesen sein, stünde nicht fest, dass dies ursächlich für die Urheberrechtsverletzung gewesen wäre. Es wäre dann vielmehr gleichermaßen möglich, dass einer der Söhne der Beklagten die Rechtsverletzung begangen hätte oder ein unbekannter Dritter unter Missbrauch des etwaig nicht hinreichend gesicherten Anschlusses.
46In Ermangelung einer Hauptforderung steht der Klägerin auch keine Zinsforderung zu.
47Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
48Der Streitwert wird auf 868,00 EUR festgesetzt.
49Rechtsbehelfsbelehrung:
50egen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
511. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
522. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
53Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
54Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.
55Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
56Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
57Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Köln statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Köln, Luxemburger Str. 101, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
58Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
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Referenzen
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- ZPO § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung 1x
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- ZPO § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht 2x