Urteil vom Amtsgericht Neuss - 78 C 5758/12
Tenor
Es wird festgestellt, dass der Kläger aus dem Darlehensvertrag mit der Beklagten vom 02.10.2008 mit der Darlehensvertragsnummer 410/3713443 87 zur Zahlung der Rate für Juli 2013 in Höhe von 376,47 € und zur Zahlung der Rate für August 2013 in Höhe eines Teilbetrags von 273,53 € nicht mehr verpflichtet ist.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten um die Rückerstattung von Bearbeitungskosten im Rahmen eines Darlehensvertrages.
3Der Kläger und seine Ehefrau schlossen als gemeinsame Darlehensnehmer am 02.10.2008 einen Darlehensvertrag mit der als Kreditinstitut tätigen Beklagten (Vertrag Nr. 410/3713443 87). Der Darlehensbetrag belief sich auf 65.000,00 €. Bestandteil des Darlehensvertrags waren Bearbeitungskosten, die unter dem Abschnitt II. „Darlehensdaten“ mit 1 % des Darlehensbetrags, entsprechend einem Betrag von 650,00 €, aufgeführt und bei Auszahlung des Darlehens von der Darlehenssumme in Abzug gebracht wurden. Vereinbart wurde eine monatliche Darlehensrate in Höhe von 376,47 €. Zu weiteren Einzelheiten des Darlehensvertrags wird auf dessen Ablichtung (Anlage L1, Bl. 8 ff d.A.) Bezug genommen.
4Die Ehefrau des Klägers trat sämtliche Ansprüche aus dem Darlehensvertrag sowie sämtliche bereits entstandenen Ansprüche aus dem hiesigen Rechtsstreit im Zusammenhang mit dem Darlehen an den Kläger ab.
5Der Kläger ist der Ansicht, die im Darlehensvertrag enthaltene Bestimmung über die Bearbeitungskosten sei als allgemeine Geschäftsbedingung unwirksam, weil sie den Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige. Er behauptet, er habe die Vereinbarung bezüglich der Bearbeitungsgebühr nicht beeinflussen können. Der Umstand, dass die Bearbeitungsgebühr aufgrund einer allgemeinen Geschäftsbedingung erhoben werde, sei ihm erst im Jahr 2012 durch seine Prozessbevollmächtigten bekannt geworden. Er ist daher der Meinung, der Anspruch auf Rückzahlung der Bearbeitungsgebühr sei nicht verjährt. Zudem sei der Verjährungsbeginn wegen unsicherer und zweifelhafter Rechtslage hinausgeschoben worden.
6Für den Fall, dass das Gericht von einer Verjährung des Anspruchs ausgehen sollte, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 05.06.2013 hilfsweise die Aufrechnung gegenüber den Forderungen der Beklagten auf Zahlung der Darlehensraten für die Monate Juli und August 2013 erklärt.
7Der Kläger hat nach Erweiterung der Klage zuletzt beantragt,
81. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 650,00 € nebst Zinsen in Höhe von 4 % aus 650,00 € vom 02.10.2008 bis zum 25.01.2013, nebst weiterer Zinsen aus 650,00 € in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 26.01.2013 zu zahlen,
92. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 147,56 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 26.01.2013 zu zahlen,
103. hilfsweise festzustellen, dass der Kläger für die Zukunft zur Zahlung der Rate für Juli 2013 in Höhe von 376,47 € aus dem Darlehensvertrag mit der Beklagten vom 02.10.2008 mit der Darlehensvertragsnummer 410/3713443 87 aufgrund der Aufrechnung nicht mehr verpflichtet ist und dass der Kläger für die Zukunft zur Zahlung der Rate für August 2013 in Höhe von 376,47 € aus dem vorgenannten Darlehensvertrag mit der Beklagten in Höhe von 273,53 € aufgrund der Aufrechnung nicht mehr verpflichtet ist.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Die Beklagte meint, die im Darlehensvertrag ausgewiesenen Bearbeitungskosten seien nicht als allgemeine Geschäftsbedingungen zu qualifizieren, sondern seien vielmehr mit den Darlehensnehmern individualvertraglich vereinbart worden. Jedenfalls sei sie als Preishauptabrede einer Inhaltskontrolle entzogen und stelle auch keine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 BGB dar. Im Übrigen erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das tatsächliche Vorbringen in der nachfolgenden rechtlichen Würdigung Bezug genommen.
15Entscheidungsgründe
16I.
17Die Klage ist im tenorierten Umfang zulässig und begründet. Im Übrigen hat sie indes keinen Erfolg.
181.
19Einem Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Rückzahlung der Bearbeitungsgebühr aus dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag steht die Einrede der Verjährung entgegen, §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 398, 214 BGB
20a)
21Die Aktivlegitimation des Klägers ist nach Vorlage der Abtretungserklärung seiner Ehefrau unstreitig gestellt worden.
22b)
23Der Kläger und seine Ehefrau haben durch ihre Leistung in Form der Entrichtung des Bearbeitungsentgelts – hier im Wege der Verrechnung mit der Darlehensvaluta – in Höhe von 650,00 € das Vermögen der Beklagten zielgerichtet gemehrt. Diese Leistung erfolgte ohne rechtlichen Grund. Denn die zugrundeliegende Bearbeitungsentgeltklausel stellt eine unwirksame allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) dar, die den Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB.
24aa)
25Die Klausel, in der das Bearbeitungsentgelt vereinbart wurde, ist als allgemeine Geschäftsbedingung anzusehen. Sie stellt sich im vorliegenden Fall nicht, wie die Beklagte meint, als individuell ausgehandelte Vertragsbedingung gemäß § 305 Abs. 1 S. 3 BGB, sondern als vorformulierte Vertragsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 S. 1 BGB dar.
26Vorformuliert sind Vertragsbedingungen, wenn sie für eine mehrfache Verwendung schriftlich aufgezeichnet oder in sonstiger Weise fixiert sind (vgl. Palandt/Grüneberg, 72. Aufl. 2013, § 305 Rn. 8. In vorliegenden Fall sind die Bearbeitungskosten zwar nicht in einem Preis- und Leistungsverzeichnis, einem Preisaushang oder sonstigen Geschäftsbedingungen beziffert. Dies ändert an der Qualifikation der entsprechenden Klausel als allgemeine Geschäftsbedingung jedoch nichts. So sind Vertragsbedingungen auch dann vorformuliert, wenn sie nicht schriftlich niedergelegt, sondern zum Zwecke künftiger Verwendung „im Kopf“ des AGB-Verwenders oder seiner Abschlussgehilfen oder als Textbausteine eines Computer-Programms gespeichert sind (vgl. Basedow, in MüKo/BGB, 6. Aufl. 2012, § 305 Rn. 13). Auch die Tatsache, dass der Darlehensvertrag ausfüllungsbedürftige Leerräume vorsah, in die unter anderem die Prozentzahl zur Berechnung der Bearbeitungskosten eingetragen wurde, steht einer Qualifikation als „vorformuliert“ nicht entgegen. Bestimmt die in Frage stehende Einfügung, wie im streitgegenständlichen Fall, den Regelungsgehalt mit, so stellt sich die Einfügung als vorformuliert dar, wenn dem Kunden hierüber nicht die freie Entscheidung überlassen ist, sondern der Verwender oder seine Mitarbeiter die Lücke in dem von dem Verwender gewünschten Sinne ausfüllen (vgl. Palandt/Grüneberg, 72. Aufl. 2013, § 305 Rn. 8 m.w.N.). Eine dahingehende Einflussmöglichkeit des Klägers oder seiner Ehefrau hat die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte nicht ausreichend substantiiert darzulegen vermocht. Sie trägt weder vor, nach welchen Kriterien über die Höhe der Bearbeitungskosten entschieden wird, noch inwieweit gegenüber den Darlehensnehmern Verhandlungsbereitschaft bestand oder tatsächliche Verhandlungen über diesen Punkt stattgefunden haben.
27bb)
28Die Bearbeitungsentgeltklausel unterliegt als Preisnebenabrede der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB.
29§ 307 Abs. 3 S. 1 BGB beschränkt die Inhaltskontrolle nach §§ 307 bis 309 BGB auf Bestimmungen, durch die Rechtsvorschriften ergänzende oder von diesen abweichende Regelungen getroffen werden. Nicht unter die Inhaltskontrolle fallen Klauseln, die unmittelbar den Preis der vertraglichen Hauptleistung regeln oder das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte, zusätzliche angebotene Sonderleistung bestimmen, sog. Preishauptabreden (vgl. BGH, Urteil vom 07.12.2010, XI ZR 3/10, Rn. 26, zitiert nach juris). Wälzt die Regelung hingegen allgemeine Betriebskosten oder Aufwand zur Erfüllung eigener Pflichten sowie für Tätigkeiten, die im eigenen Interesse liegen, auf den Kunden ab, ist sie anhand der §§ 307 bis 309 BGB als sog. Preisnebenabrede kontrollfähig (vgl. BGH, a.a.O.). Ob eine Klausel sich als Preishaupt- oder Preisnebenabrede darstellt, ist im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln. Ausgehend von dem objektiven Inhalt und typischen Sinn der Klausel sind die Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen und rechtlich nicht vorgebildeten Kunden zugrunde zu legen (vgl. BGH, Urteil vom 07.12.2010, XI ZR 3/10, Rn. 29, zitiert nach juris; Schmieder, WM 2012, 2358, 2360). Zweifel bei der Auslegung gehen nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders.
30Nach Auffassung des Gerichts sind die Bearbeitungskosten kein zinsähnliches Teilentgelt im Rahmen der Hauptleistungspflicht des Darlehensnehmers. Hauptleis-tungspflicht des Darlehensnehmers ist nach § 488 Abs. 1 S. 2 BGB – neben der Rückzahlung des Darlehensbetrages - die Zahlung des vertraglich vereinbarten Zinses. Diese steht im Gegenseitigkeitsverhältnis zur Pflicht des Darlehensgebers nach § 488 Abs. 1 S. 1 BGB, den Darlehensbetrag zur Verfügung zu stellen (vgl. Palandt/Weidenkaff, 72. Aufl. 2013, Vorb v § 488 Rn. 2). Die Zinszahlung ist damit Gegenleistung für die Verschaffung und Zurverfügungstellung des Geldbetrages. Die einmaligen Bearbeitungsgebühren sind indes kein Teil der Gegenleistung für die Überlassung des Darlehenskapitals. Entscheidend ist, wie bereits ausgeführt, welche Tätigkeiten aus Sicht eines durchschnittlichen, rechtlichen nicht vorgebildeten Kunden mit dem Bearbeitungsentgelt abgegolten werden sollen. Nach einem eher engen Verständnis deckt das Bearbeitungsentgelt lediglich die Kosten für die vor-geschaltete Prüfung, ob überhaupt ein Darlehen geschlossen werden soll, ab (so OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.02.2011, 6 U 162/10; OLG Dresden, Urteil vom 29.09.2011, 8 U 562/11). Unter Zugrundlegung eines weiten Verständnisses ist das Bearbeitungsentgelt für den gesamten, auch nach Vertragsschluss entstehenden Bearbeitungs- und Verwaltungsaufwand des Kreditinstituts zu zahlen (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 21.02.2011, 4 U 174/10; Bruchner/Krepold, in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl. 2011, § 78 Rn. 116 beziehen sich auf den „mit der Darlehensbearbeitung verbundenen betriebsinternen Verwaltungsaufwand“). In jedem Fall stellt sich die Bearbeitungsgebühr nicht als zinsähnliches Teilentgelt für die Kapitalüberlassung durch den Darlehensgeber dar. Das Bearbeitungsentgelt ist auch nicht als Preishauptabrede für eine rechtlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistung einzustufen. Vielmehr werden durch das Bearbeitungsentgelt sowohl nach engem als auch nach weitem Verständnis Kosten für Tätigkeiten auf den Darlehensnehmer abgewälzt, die das Kreditinstitut im eigenen Interesse erbringt.
31cc)
32Die formularmäßige Erhebung des Bearbeitungsentgelts stellt für den Kläger eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB dar. Die streitgegenständliche Klausel normiert einen Vergütungsanspruch der Beklagten für eine Tätigkeit, die sie überwiegend im eigenen Interesse wahrnimmt. Die Klausel ist daher nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB mit wesentlichen Grundgedanken der zugrundeliegenden gesetzlichen Regelung nicht vereinbar, da nach dem gesetzlichen Leitbild für solche Tätigkeiten ein Entgelt nicht beansprucht werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 07.06.2011, XI ZR 388/10 m.w.N.).
33dd)
34Die Bearbeitungsentgeltklausel verstößt zudem gegen das in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB normierte Transparenzgebot. Letzteres verpflichtet den Verwender, die von ihm gestellten Regelungen so klar und verständlich für den Vertragspartner zu formulieren, wie dies den Umständen nach nötig und möglich ist (vgl. BGH, NJW 1989, 222). Dass die aus der beantragten Kreditsumme berechnete Gebühr den im konkreten Einzelfall tatsächlich betriebenen Aufwand nicht widerspiegelt und damit für den Kunden nicht nachprüfbar ist, stellt einen Verstoß gegen Grundsatz des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB dar (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.02.2011, 6 U 162/10).
35c)
36Der Anspruch des Klägers auf Rückerstattung des berechneten Bearbeitungsentgelts in Höhe von 650,00 € ist verjährt, §§ 195, 199 BGB. Die insoweit maßgebliche dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (Nr. 1) und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (Nr. 2).
37Im vorliegenden Fall ist der Anspruch auf Rückzahlung des Bearbeitungsentgelts im Zeitpunkt der Auszahlung der Darlehensvaluta in Form des Nettokreditbetrages im Jahr 2008 entstanden. In der Person des Klägers und seiner Ehefrau lag zu diesem Zeitpunkt auch die nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB notwendige Kenntnis von der Person des Schuldners und der den Zahlungsanspruch begründenden Tatsachen vor. Einer zutreffenden rechtlichen Würdigung aller bekannten Tatsachen bedarf es für die Annahme der erforderlichen Kenntnis nicht (vgl. BGH, NJW-RR 2009, 547). Daher kommt es nicht darauf an, ob der Kläger und seine Ehefrau die Klausel, in der das Bearbeitungsentgelt vereinbart worden ist, bereits bei Vertragsschluss als allgemeine Geschäftsbedingung qualifiziert hatten. Ihnen war jedenfalls bekannt, dass sie sich vertraglich zur Entrichtung einer pauschalen Bearbeitungsgebühr von 1 % des Darlehensbetrags, also in Höhe von 650,00 €, verpflichtet hatten und diese vorformulierte Klausel nicht hatten beeinflussen können.
38Eine Klageerhebung wäre dem Kläger und seiner Ehefrau im Jahr 2008 auch zumutbar gewesen. Im vorliegenden Fall besteht kein Anlass für eine abweichende Bestimmung des Verjährungsbeginns. Die Rechtsunkenntnis des Gläubigers kann zwar im Einzelfall den Verjährungsbeginn hinausschieben, wenn eine derart unsichere und zweifelhafte Rechtslage besteht, dass selbst ein rechtskundiger Dritter diese nicht zuverlässig einzuschätzen vermag (vgl. BGH, Urteil vom 15.06.2010, XI ZR 309/09, NJW 2005, 429). Vorliegend ist die Rechtslage indes weder unübersichtlich noch zweifelhaft. Dies gilt unabhängig davon, dass zu der Frage der Wirksamkeit der Vereinbarung von Bearbeitungsgebühren in Kreditverträgen in der Rechtsprechung unterschiedliche Rechtsauffassungen vertreten werden und ein klärendes Urteil des Bundesgerichtshofs noch nicht vorliegt. Dies allein führt jedoch nicht dazu, dass eine Rechtssituation als besonders verwickelt bezeichnet werden muss. Die hier streitigen Rechtsfragen sind vielmehr konkret eingrenzbar und von überschaubarem Umfang. Würde es ausreichen, dass zu Rechtsfragen unterschiedliche Ansichten vertreten werden, so hätte das Vorliegen divergierender Entscheidungen, etwa der Oberlandesgerichte, stets die Unzumutbarkeit der Klageerhebung zur Folge. Dies erscheint nicht sachgerecht. Ein verbleibendes Prozessrisiko führt nämlich gerade nicht zur Unzumutbarkeit einer entsprechenden Klage. Dies würde auch dem Sinn und Zweck der Verjährungsvorschriften, Rechtsfrieden und Rechtssicherheit zu schaffen, entgegenlaufen. Der Verjährungsbeginn kann daher grundsätzlich nicht erst dann angenommen werden, wenn die entsprechenden Rechtsfragen in der Rechtsprechung unstreitig oder höchstrichterlich entschieden sind. Ebenso wenig ist Voraussetzung des Verjährungsbeginns, dass sich die Rechtsprechung nicht geändert haben darf. Bei anderer Betrachtungsweise wäre eine Verjährung von Ansprüchen in Bereichen, die im Wege der Rechtsfortbildung fortlaufend weiterentwickelt werden, gänzlich ausgeschlossen.
39Unabhängig davon besteht eine Unzumutbarkeit der Klageerhebung aufgrund einer unsicheren und zweifelhaften Rechtslage auch vor dem Hintergrund nicht, dass die Rechtsprechung zu der AGB-rechtlichen Zulässigkeit von Bearbeitungsgebühren in Darlehensverträgen bereits weit vor dem Zeitpunkt der Rücknahme der Revision gegen das Urteil des OLG Dresden vom 29.09.2011 (8 U 562/11) im Fluss und dies für einen Rechtskundigen auch ersichtlich war. Zudem hatte sich der Bundesgerichtshof bereits im Jahre 1999 zu einer ähnlichen Frage, nämlich der AGB-rechtlichen Zulässigkeit von Bankgebührenklauseln für die Bearbeitung und Überwachung von Pfändungsmaßnahmen gegenüber Bankkunden geäußert (vgl. BGH, NJW 1999, 2276). Angesichts der Rechtskundigen bekannten allgemeinen Rechtsproblematik der Zulässigkeit von Entgelterhebungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen von Banken kann von einer unsicheren und verwickelten Rechtslage nicht die Rede sein.
40Die dreijährige Verjährungsfrist, die mit der Kenntnis des Rückzahlungsanspruchs bei Auszahlung der Darlehensvaluta im Jahre 2008 zu laufen begonnen hat, ist daher mit Ablauf des Jahres 2011 abgelaufen. Die am 29.12.2012 eingereichte Klage hat somit keine Hemmungswirkung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB mehr entfalten können.
41Mangels Hauptanspruch scheiden auch die geltend gemachten Nebenforderungen aus.
422.
43Die im Wege der Klageerweiterung hilfsweise erhobenen Feststellungsanträge sind zulässig und begründet.
44Die Klageerweiterung, der die Beklagte nicht widersprochen hat, war gemäß §§ 264 Nr. 2, 263 ZPO aus Gründen der Prozessökonomie sachdienlich und damit zulässig. Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass er infolge der Aufrechnung nicht zur Entrichtung der Darlehensraten für Juli 2013 und eines Teils der Rate für August 2013 verpflichtet ist, § 256 ZPO.
45Aufgrund der mit Schriftsatz vom 05.06.2013 erklärten Hilfsaufrechnung mit dem Rückzahlungsanspruch in Höhe von 650,00 € schuldet der Kläger aus dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag die Zahlung der Rate für Juli 2013 vollständig nicht mehr und aus der Rate für August 2013 einen Teilbetrag in Höhe von 273,53 € nicht mehr.
46Eine Aufrechnung ist trotz der Verjährung des Gegenanspruchs gemäß § 215 BGB zulässig, wenn der Rückzahlungsanspruch des Klägers in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals hätte aufgerechnet werden können. Eine Aufrechenbarkeit mit einem gleichartigen Gegenanspruch besteht, sobald der Gläubiger einer Forderung die ihm obliegende gleichartige Leistung bewirken kann, § 387 BGB. Dies ist beim Verbraucherdarlehensvertrag im Hinblick auf die Verbindlichkeiten des Darlehensvertrags jederzeit vorzeitig möglich, § 500 Abs. 2 BGB. Auf eine Fälligkeit im Sinne von § 271 BGB kommt es insoweit nicht an. Die Zahlung der in Rede stehenden Darlehensraten für Juli und August 2013 konnte der Kläger daher bereits ab Vertragsschluss bewirken, so dass sich die gleichartigen Ansprüche zu diesem Zeitpunkt in unverjährter Zeit gegenüberstanden.
47II.
48Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
49Streitwert: 650,00 € bis zum 05.06.2013, 1.300,00 € ab dem 06.06.2013.
50K.
51Richterin am Amtsgericht
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- BGB § 307 Inhaltskontrolle 6x
- BGB § 305 Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag 2x
- BGB § 308 Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit 2x
- ZPO § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen 1x
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- 6 U 162/10 2x (nicht zugeordnet)
- Beschluss vom Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken (4. Zivilsenat) - 4 U 174/10 1x
- §§ 307 ff. BGB 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 309 Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit 2x
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- BGB § 488 Vertragstypische Pflichten beim Darlehensvertrag 2x
- BGB § 305c Überraschende und mehrdeutige Klauseln 1x
- XI ZR 309/09 1x (nicht zugeordnet)
- XI ZR 3/10 2x (nicht zugeordnet)
- 8 U 562/11 2x (nicht zugeordnet)
- BGB § 271 Leistungszeit 1x
- XI ZR 388/10 1x (nicht zugeordnet)