Urteil vom Amtsgericht Neuss - 77 C 279/14

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.540,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.360,00 € seit dem 04.01.2014 sowie aus je 590,00 € seit dem 01.02.2014 und dem 01.03.2013 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 150,65 € zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Studiengebühren für die Monate Oktober 2013 bis Januar 2014.

Die Klägerin ist eine staatlich anerkannte private Fachhochschule mit Sitz in O. Die Beklagte schloss am 23.05.2012 mit der Klägerin ein Studienvertrag für den Studiengang „International Industry & Trade Management“, der einen Studienbeginn zum 01.10.2013 und eine Ausbildungsdauer von insgesamt 7 Semestern vorsah. Bei dem Studiengang handelt sich um einen sogenannten dualen Studiengang. Der Studienvertrag sieht vor, dass von der Beklagten eine Einschreibungsgebühr i.H.v. 190,00 € sowie monatliche Studiengebühren i.H.v. 590,00 € zu entrichten sind. Gemäß 2.1 des Studienvertrages war die Einschreibegebühr bei Abschluss des Studienvertrages fällig, die monatlichen Studiengebühren zum Ersten eines Monats ab dem 01.10.2013. Gemäß Ziffer 6. 2 des Studienvertrages kann dieser von beiden Parteien ordentlich mit einer Frist von 3 Monaten zum Ende eines Semesters gekündigt werden. Zu den Pflichten der Klägerin enthält der Studienvertrag folgende Regelung:

5.               Pflichten der HOCHSCHULE O.

5.1               Die HOCHSCHULE O. verpflichtet sich gegenüber der/dem Studierenden, fachlich qualifiziertes Personal zur Absolvierung der Lehrveranstaltungen zu stellen, solche in ausreichender Zahl zur notwendigen Vorbereitung auf den Studienabschluss anzubieten und das Studium im Rahmen ihrer sachlichen und personellen Möglichkeiten zu unterstützen.

5.2               Die HOCHSCHULE O. erlaubt ihrem Studierenden die Nutzung ihrer Multimedia-Einrichtungen innerhalb der dafür vorgesehenen Lesesäle und Serviceangebote.

Vor Studienbeginn kam es zwischen August 2012 und September 2013 zu einer umfangreichen E-Mail-Korrespondenz zwischen der Beklagten und der Mitarbeiterin der Klägerin Frau S. Gegenstand des E-Mail-Verkehrs war die Suche der Beklagten nach einem Praktikumsplatz zur Ableistung des dualen Studiums. Im Rahmen des E-Mail Verkehrs schlug die Klägerin der Beklagten mehrere Unternehmen vor, bei denen ein Praktikum absolviert werden konnte. Wegen der Einzelheiten des E-Mail-Verkehrs wird auf diesen (Bl. 47 – 70 d.A.) verwiesen.

Mit Schreiben vom 30.09.2013 kündigte die Beklagte über ihre nunmehrige Prozessbevollmächtigte den Studienvertrag fristlos und begründete dies damit, dass es der Klägerin nicht gelungen sei Die Beklagte erfolgreich in ein Praktikum zu vermitteln. Die Klägerin teilte der Beklagten unter dem 15.10.2013 mit, dass eine Kündigung nur zum Semesterende möglich sei und dass die Studiengebühren für diesen Zeitraum zu entrichten seien.

Die Beklagte trat das Studium nicht an und zahlte auch die Studiengebühren nicht. Sie wurde daraufhin mit Schreiben vom 25.10.2013 zur Zahlung der ersten fälligen Studiengebühr aufgefordert. Da Zahlungen nicht erfolgten, erklärte die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigten unter dem 03.01.2013 die fristlose Kündigung des Studienvertrages wegen Zahlungsverzuges und forderte die Beklagte zur Zahlung der Studiengebühren i.H.v. 3.540,00 € auf.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass eine fristlose Kündigung der Beklagten nicht möglich sei. Insbesondere habe sie (die Klägerin) sämtliche vertraglichen Pflichten erfüllt.

Die Klägerin beantragt,

Die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.540,00 € zu zahlen nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.01.2014 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 183,80 € zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

                            die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, sie sei aufgrund des fehlenden Praktikumsplatzes zur Kündigung berechtigt gewesen. Insbesondere habe sie aufgrund der Werbung der Klägerin mit dem dualen Studiensystem bei der Beschaffung von Praktikumsplätzen eine konstruktive Hilfestellung und/oder Vermittlung der Klägerin erwartet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die von den Parteien überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die tatsächlichen Feststellungen in den nachfolgenden Entscheidungsgründen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage hat bis auf einen Teil der Nebenforderung Erfolg.

1.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der Studiengebühren für Oktober 2013 bis März 2014 in Höhe von 3.540,00 € aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Studienvertrag.

a)

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Studienvertrag nicht vorzeitig durch die fristlose Kündigung vom 30.09.2013 beendet worden. Der von der Beklagten angeführte Umstand, dass sie kein Praktikumsplatz erlangt hat, führt nicht zu einem Sonderkündigungsrecht. Auch ist die Klägerin nicht darauf zu verweisen, sie habe der Beklagten einen geeigneten Praktikumsplatz bereitstellen müssen.

Aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Studienvertrag ergibt sich keine Verpflichtung der Klägerin, der Beklagten einen Praktikumsplatz zur Verfügung zu stellen. Die Klägerin ist lediglich verpflichtet, die erforderlichen Lehrveranstaltungen durchzuführen und das Studium im Rahmen der sachlichen und personellen Möglichkeiten zu unterstützen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin sich außerhalb des schriftlichen Vertrages verpflichtet hätte, der Beklagten einen Praktikumsplatz zu vermitteln. Soweit die Beklagte hierüber falsche Vorstellungen hatte, geht dies nicht zu Lasten der Klägerin. Auch dem Vortrag der Beklagten zu einer nicht näher dargelegten Werbung der Klägerin lässt sich nicht entnehmen, dass die Klägerin mit der Bereitstellung von Praktikumsplätzen und nicht bloß mit der Gewährung von Hilfestellungen geworben hat und so die Beklagte getäuscht hat. Nach alledem oblag es der Klägerin allein, die Studierenden bei dem Bewerbungsprozess nachhaltig zu unterstützen, ihnen geeignete Kooperationspartner zu benennen, geeignetes Bewerbungsmaterial zur Verfügung zu stellen und in problematischen Fällen ein gezieltes Bewerbungstraining anzubieten. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass das Studium als duales Studium angeboten wird, bei dem ein enger Bezug der Praxis zum Hochschulstudium gegeben ist. Auch wenn aufgrund der Verknüpfung von Studium und Praxis ein Praktikumsplatz erforderlich ist, stellt es sich nicht als unangemessen dar, dass die Beschaffung des Praktikumsplatzes in der Risikosphäre des jeweiligen Studenten liegt (vgl. LG Köln, Urteil vom 07.10.2010, Az.: 37 O 153/10). Ihrer Verpflichtung zur Unterstützung der Beklagten bei der Suche nach einem Praktikumsplatz ist die Klägerin auch in ausreichendem Maße nachgekommen. Aus der unstreitigen E-Mail Korrespondenz ergibt sich, dass der Beklagten mehrere Unternehmen genannt wurden, bei denen Praktikumsplätze zur Verfügung standen und die Klägerin auch das Profil der Beklagten an Unternehmen übersandte. Zudem wurden seitens der Klägerin auch die Bewerbungen der Beklagten auf Wunsch überprüft und es wurde ihr auch die Möglichkeit gegeben, Bewerbungsgespräche zu üben. Warum es der Beklagten trotz dieser Bemühungen der Klägerin nicht möglich war, ein Praktikumsplatz zu finden, ist nicht näher dargelegt worden. Insbesondere lässt sich dem Vortrag der Beklagten auch nicht entnehmen, ob sich die Beklagte überhaupt mit (allen) von der Klägerin genannten Unternehmen wegen eines Praktikumsplatzes in Verbindung gesetzt hat und woran der Erhalt eines Praktikumsplatzes scheiterte.

b)

Eine Kündigung nach § 627 BGB kommt nicht in Betracht. Die Vorschrift findet nur Anwendung, wenn der Verpflichtete nicht in einem dauernden Dienstverhältnis mit festen Bezügen steht. Das ist hier jedoch der Fall. Der Vertrag ist vorliegend auf die gesamte Ausbildungsdauer von 42 Monaten mit festgelegten Studiengebühren angelegt.

c)

Im übrigen ist die Kündigungsmöglichkeit erst zum Ende eines Semesters bzw. die Verpflichtung zur Zahlung der Gebühren für ein gesamtes Semester im Falle einer fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzuges durch die Klägerin auch nicht unwirksam.

Bei der Kündigungsregelung handelt es sich um eine allgemeine Geschäftsbedingung. Die Regelung verstößt nicht gegen § 309 Nr.9a) BGB. Der Vertrag ist zwar für die Dauer der Ausbildung und damit für mehr als zwei Jahre eingegangen, durch die Einräumung einer zweimaligen Kündigungsmöglichkeit während eines Studienjahres besteht jedoch keine bindende Laufzeit von zwei Jahren. Die getroffene Kündigungsregelung ist auch gemessen am Maßstab des § 307 BGB wirksam. Nach dieser Bestimmung ist von einer Unwirksamkeit dann auszugehen, wenn die betroffene Allgemeine Geschäftsbedingung den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Unangemessen ist eine formularmäßige Vertragsbestimmung, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein die Interessen seines Partners hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (BGH NJW 1993, 326, 329). Insoweit ist eine beiderseitige Interessenabwägung vorzunehmen. Auf Klägerseite ist dabei das Interesse an einer verlässlichen Kalkulationsgrundlage und an der Ausschöpfung ihrer wirtschaftlichen Kapazitäten zu berücksichtigen. Das Interesse der Beklagten besteht demgegenüber darin, sich ohne erhebliche finanzielle Einbußen vom Vertrag lösen zu können. Das Interesse des Einzelnen an der Auswahl des für ihn richtigen Berufes und der dafür geeigneten Ausbildung sowie daran, etwaige Fehlentscheidungen ohne gravierende Einbußen korrigieren zu können, ist im Rahmen einer privatrechtlichen Interessenabwägung besonders schützenswert (BGH, Urteil vom 15.7.2009, VIII ZR 307/08). Diesem Vertragsrisiko muss durch eine angemessene Vertragsgestaltung Rechnung getragen werden. Das ist hier der Fall. Dadurch, dass sich die Beklagte bereits nach einem Semester von dem Studienvertrag lösen kann, ist der Zeitraum, für den Studiengebühren zu zahlen sind, angemessen überschaubar. Dass keine jederzeitige Kündigung möglich ist, rechtfertigt sich dadurch, dass es der Klägerin nicht ohne weiteres möglich ist, einen nicht wahrgenommenen Studienplatz kurzfristig zu vergeben. Auch insoweit erscheint eine Laufzeit von einem Semester nicht unangemessen lang. In Abwägung all dieser Umstände überwiegen die Interessen des Studierenden hier nicht gegenüber den Interessen der Klägerin, so dass die Klausel keine unangemessene Benachteiligung darstellt.

2.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 286 BGB. Zum Zeitpunkt des von der Klägerin beantragten Beginns der Verzinsung war der Beklagte mit der Zahlung der Studiengebühren für Oktober 2013 bis Januar 2014 in Verzug. Die weiteren Zahlungen waren noch nicht fällig. Bei einer Kündigung aus wichtigem Grund durch die Klägerin enthält der Studienvertrag zwar die Verpflichtung des Beklagten, die Gebühren bis zum Zeitpunkt der nächstmöglichen ordnungsgemäßen Kündigung weiter zu entrichten. Eine Klausel, nach der der noch ausstehende Gesamtbetrag sofort zur Zahlung fällig ist, enthält das Vertragswerk jedoch nicht, so dass es für die Zahlungen ab Februar 2014 bei der in Ziff. 2.2 vereinbarten Fälligkeitsregelung zum Monatsersten im Voraus bleibt.

3.

Da sich die Beklagte in Zahlungsverzug befand, hat sie auch die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten als Verzugsschaden gemäß §§ 280 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB zu erstatten. Da sich die Beklagte zum Zeitpunkt der Kündigung jedoch nur mit den Studiengebühren für Oktober 2013 bis Januar 2014 in Verzug befand, besteht der Anspruch nur i.H.v. 150,65 € (entspricht einer 0,65 Gebühr zuzüglich Auslagen beim maßgeblichen Streitwert von 2.360,00 €).

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2, 709 S. 1, 2 ZPO.

Streitwert: 3.540,00 €

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder

b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Düsseldorf zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

B.

Richterin am Amtsgericht


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