Beschluss vom Amtsgericht Nürtingen - 1 M 1611/09

Tenor

Die Erinnerung der Gläubigervertreter gegen die Weigerung des OGV P., den Zwangsvollstreckungsauftrag zu erledigen, wird zurückgewiesen.

Gründe

 
I.
Zum Sachverhalt:
Das Vollstreckungsgericht unterstellt, dass die Gläubigerin im Besitz eines Titels ist, der sie berechtigt, zwangsvollstreckungsweise gegen den Schuldner vorzugehen.
Einen entsprechenden Vollstreckungsauftrag hat die Fa. F. dem Gerichtsvollzieher erteilt.
Mit Schreiben vom 13.05.2009, vgl. Bl. 4 der Gerichtsakten, hat sich der Gerichtsvollzieher an die F. gewandt und folgendes ausgeführt: „Aufgrund neuer gesetzlicher Vorschriften werden Sie gebeten, eine Inkassovollmacht im Original vorzulegen. Das Vollstreckungsgericht beim Amtsgericht Nürtingen fordert für die Durchführung des Zwangsvollstreckungs(-auftrages) sowie Verfahrens zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung die Vorlage einer Originalvollmacht für jeden neuen Vollstreckungsantrag.“
Mit Schreiben vom 18.05.2009, vgl. Bl. 3 der Gerichtsakten, hat sich die Fa. F. an den Obergerichtsvollzieher gewandt und folgendes ausgeführt: „Aufgrund Ihres Schreibens vom 13.05.2009 teilen wir mit, dass der Inkassoauftrag vom Gläubiger unterschrieben und uns am 11.03.2002 (richtig wohl 2009) per Telefax übersandt wurde. Die Vorlage des Originals ist daher nicht möglich, weil uns dieses nie zugegangen ist. Es ist inzwischen herrschende Meinung in der Rechtsprechung, dass jegliche Art von Auftrag - somit auch ein Inkassoauftrag - per Telefax erteilt werden kann. Es kann dann aber nicht verlangt werden, dass das Auftragsschreiben im Original vorgelegt wird. Sofern Sie an Ihrer Rechtsauffassung festhalten, bitten wir um rechtsmittelfähige Zurückweisung unseres Antrages.“
Mit Schreiben vom 26.05.2009 hat der Obergerichtsvollzieher reagiert und sich wie folgt erklärt: „In oben genannter Sache erhalten Sie die Vollstreckungsunterlagen zurück, nachdem die angeforderte Originalvollmacht nicht vorgelegt worden ist. Ihre Auffassung im Schreiben vom 18.05.2009 kann ich leider nicht teilen. Sollten Sie anderer Meinung sein, stelle ich anheim, Erinnerung beim Vollstreckungsgericht des Amtsgerichts Nürtingen einzulegen. In der Anlage übersende ich die Vollstreckungsunterlagen. Die entstandenen Kosten bitte ich auf mein Dienstkonto zu überweisen.“
Mit Schriftsatz vom 05.06.2009, vgl. Bl. 1 der Gerichtsakten haben die im Rubrum aufgeführten Rechtsanwälte mitgeteilt, dass sie sowohl die Gläubigerin als auch das von dieser mit dem Forderungseinzug beauftragte Inkassounternehmen F. vertreten. Ordnungsgemäße Bevollmächtigung wurde versichert. Gegen die beigefügte (gemeint ist das Schreiben vom 26.05.2009) Entscheidung des Gerichtsvollziehers Ulrich P. wird hierdurch Erinnerung eingelegt.
Zur Sachverhaltsdarstellung wurde folgendes ausgeführt: „Der Gerichtsvollzieher verweigert die Durchführung eines Zwangsvollstreckungsauftrages mit der Begründung, dass die Vollmacht (in Form eines dem Inkassounternehmen erteilten Auftrages) nicht im Original, sondern als Telefaxauszug vorgelegt wurde.
Es ist jedoch inzwischen herrschende Meinung in der Rechtsprechung, dass nahezu jede Art von Vertragsschluss auch per Telefax erfolgen kann. Dementsprechend begnügt sich das Inkassounternehmen damit, dass ihm Aufträge von Gläubigern lediglich per Telefax übermittelt werden.
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Selbst Gerichtsvollzieher führen in der Regel bestimmte Aufträge durch, wenn diese per Telefax erteilt wurden. So werden oftmals Zahlungsverbote gem. § 845 ZPO wegen der Eilbedürftigkeit lediglich per Telefax an den zuständigen Gerichtsvollzieher übermittelt, welcher dann die Zustellung an den Drittschuldner vornimmt. Auch werden Antragsrücknahmen oder Erweiterungen laufender Vollstreckungsaufträge stets akzeptiert, wenn die Übersendung per Telefax erfolgt “.
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Es wird daher beantragt, den Gerichtsvollzieher anzuweisen, den ihm erteilten Auftrag auszuführen und hierbei die bereits in Ansatz gebrachten Kosten anzurechnen.
II.
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Aus dem dargestellten Sachverhalt geht hervor, dass die anwaltlichen Prozessbevollmächtigten der Gläubigerin nicht etwa beschieden haben wollen, dass der Gerichtsvollzieher tätig werden muss, wenn sich Rechtsanwälte für den titelmäßig ausgewiesenen Gläubiger durch anwaltliche Versicherung legitimieren, ohne eine schriftliche Vollmacht vorzulegen, vielmehr soll die Frage beschieden werden, ob ein nichtanwaltlicher Bevollmächtigter durch Vorlage der Kopie eines Telefax-Auftragsschreibens oder des Originals eines Telefax-Auftragsschreibens ausreichend legitimiert ist.
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Die Erinnerung war zurückzuweisen, da der Gerichtsvollzieher zu Recht die Durchführung des Vollstreckungsauftrages ablehnte, nachdem der nichtanwaltliche behauptete Verfahrensbevollmächtigte der Gläubigerin die angeforderte Originalvollmacht nicht vorgelegt hat und auch nicht angekündigt hat, diese vorzulegen.
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Es entspricht ganz allgemeiner Meinung, dass die Vorschriften der Zivilprozessordnung über Bevollmächtigte und Beistände, vgl. §§ 78 ff ZPO auch auf das Zwangsvollstreckungsverfahren Anwendung finden. Außerhalb eines Anwaltsprozesses kann gem. § 83 Abs. 2 ZPO eine Vollmacht für einzelne Prozesshandlungen erteilt werden. So etwa für die Vornahme von Zwangsvollstreckungsanträgen, vgl. hierzu Zöller ZPO, 26. Aufl., § 83 Randnr. 4.
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Wenn das eingeschaltete Inkassounternehmen eine registrierte Person nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes ist, vgl. hierzu auch § 79 Abs. 2 Nr. 4 ZPO, in der ab 01.07.2008 geltenden Fassung, ist das Inkassounternehmen prinzipiell als Bevollmächtigter vertretungsbefugt.
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§ 80 ZPO verlangt ebenso prinzipiell, dass die Vollmacht schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen ist. Sie kann nachgereicht werden, hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen.
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Gem. § 88 Abs. 2 ZPO hat das Gericht (im Vollstreckungsverfahren der Gerichtsvollzieher) den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt.
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So liegt es hier, das Inkassounternehmen ist kein Rechtsanwalt.
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Wie sich aus § 89 Abs. 2 ZPO ergibt, kann die Vollmacht, ohne an eine besondere Form gebunden zu sein, erteilt werden.
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Damit ist jedoch der Vorschrift des § 80 ZPO noch nicht genüge getan. Der Nachweis der Vollmacht kann lediglich durch Einreichung der schriftlichen Vollmacht geführt werden. Dies entspricht der unangefochten gebliebenen Auffassung des Bundesgerichtshofs, vgl. Urteil vom 07.03.2002, Aktenzeichen VII ZR 193/01.
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Nachdem das für die Gläubigerin tätig gewesene Inkassobüro eine derartige Vollmacht nicht vorzulegen sich im Stande sah, hat der Gerichtsvollzieher seine Tätigkeit zu Recht abgelehnt.
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Die Ausführungen in der Erinnerungsschrift vom 05.06.2009, soweit auf die Praxis abgestellt wurde, wie der Vollstreckungsauftrag erteilt werden kann, sind zutreffend, wie sich ohne weiteres aus der Lektüre des § 754 ZPO ergibt.
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Davon jedoch ist strikt zu unterscheiden der Nachweis der Vollmacht eines nicht anwaltlichen Vertreters, der für den im Titel ausgewiesenen Gläubiger handelt.
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Im Ergebnis stellt sich die gesetzliche Regelung als eine erkennbare Privilegierung des anwaltlichen Verfahrensvertreters dar, der im Hinblick auf § 88 ZPO eben nicht von vorn herein eine schriftliche Vollmacht zu seiner Legitimation vorzulegen hat. Vielmehr wird die Frage der Bevollmächtigung eines auftretenden Anwalts nur aufgeworfen, wenn der Gegner den Mangel der Vollmacht rügt.
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Bei nichtanwaltlichen Bevollmächtigten ist jedoch in jedem Falle die Vollmacht im Original zu den Gerichtsakten einzureichen. Telefax-Vollmachten reichen hierzu nicht aus.
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Das erkennende Gericht ist allerdings der Auffassung, dass zur Erleichterung von Massenverfahren Gläubiger bei einem Gericht für einen bestimmten nicht anwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten allgemein eine schriftliche Vollmacht hinterlegen kann. Dies ist im hier strittigen Verfahren jedoch nicht geschehen.
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Nach allem war daher die Erinnerung zurückzuweisen.

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