Beschluss vom Amtsgericht Sangerhausen - 2 F 432/11 AD
Tenor
Der Antrag der Beteiligten zu 1) und 2) auf Annahme des Beteiligten zu 1) an Kindes statt wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens (Auslagen und Gebühren) werden den Beteiligten zu 1) und 2) zu gleichen Teilen auferlegt.
Der Verfahrenswert wird auf 50.000,- € festgesetzt.
Gründe
I.
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Der Beteiligte zu 1) ist ledig und deutscher Staatsangehöriger.
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Er wurde am 24.11.1987 in N. geboren. Er lebt bei seinen leiblichen Eltern, den Beteiligten zu 5). Die Mutter des Beteiligten zu 1) ist die Schwester des Beteiligten zu 2), der Annehmende demzufolge sein Onkel. Der Beteiligte zu 1) ist von Beruf Landschaftsgärtner und hat am 16.6.2010 erfolgreich die Meisterschule abgeschlossen. Seit dem 10.3.2009 ist er selbständig tätig. Sein vorläufiger Gewinn im Monat Dezember 2011 betrug 10.368,00 €.
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Der am 22.11.1953 in R. geborene Beteiligte zu 2) ist ebenfalls deutscher Staatsangehöriger.
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Aus seiner vor dem Standesamt R. am 3.6.1989 geschlossenen Ehe mit Frau J. M., geborene W., welche durch Urteil des Amtsgerichts Sangerhausen vom 7.3.2003 – Az.: 2 F 153/02- geschieden worden ist, ist am 12.5.1991 das Kind M. M. (Beteiligter zu 4) hervor gegangen.
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Der Beteiligte zu 2) ist Vater eines weiteren Kindes namens R. H., geboren am 23.12.1977. Der Annehmende ist von Beruf Diplomingenieur für Gartenbau und seit 1991 in der Selbständigkeit. Im Jahre 2011 hat er einen vorläufigen Gewinn in Höhe von 86.529,00 € erzielt.
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Die Beteiligten zu 1) und 2) haben am 8.12.2011 zur Urkunde des Notars J. Hr. in B. (UR-Nr. 446/2011) beantragt, die Annahme als Kind auszusprechen. Anzunehmender und Annehmender haben zugleich beantragt, dass der Anzunehmende seinen Geburtsnamen behält.
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Die Beteiligten zu 1) und 2) sehen ihre Beziehung als Vater- Kind- Verhältnis an, welches schon seit Jahren bestehen würde. Sie hätten die gleichen Interessen und würden auch einen erheblichen Teil der Freizeit miteinander verbringen.
II.
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Das Amtsgericht - Familiengericht - Sangerhausen ist zum Ausspruch der Annahme als Kind sachlich und örtlich ausschließlich zuständig, denn der Annehmende hat im Bezirk des Gerichtes seinen gewöhnlichen Aufenthalt (§§ 1752 BGB; 187 FamFG).
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Der Antrag auf Annahme war zurückzuweisen, denn die Beteiligten zu 1) und 2) haben eindeutig in dem Anhörungstermin vom 30.8.2012 erklärt, dass die Annahme nur unter der Bedingung erfolgen solle, dass der Beteiligte zu 1) seinen bisherigen Geburtsnamen beibehalte. Da der Antrag unter der Bedingung auf eine nicht mögliche Namensführung –nämlich der Beibehaltung des bisherigen Geburtsnamens des Anzunehmenden- gerichtet ist, ist er ohne Erfolg und zwar insgesamt, denn letztendlich kann ein unerwünschtes Annahmeverhältnis nicht aufgedrängt werden (Kaiser/Schnitzler/Friederici, BGB, Familienrecht, Bd. 4, § 1757 Rn. 1).
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Die Änderung des Geburtsnamen mit der Annahme an Kindes statt beruht auf § 1767 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1757 Abs. 1 BGB.
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Gemäß § 1767 Abs. 2 Satz 1 BGB gelten für die Annahme Volljähriger die Vorschriften über die Annahme Minderjähriger sinngemäß, soweit sich aus den nach § 1767 BGB folgenden Vorschriften (§§ 1768- 1772 BGB) nichts anderes ergibt. Für die Namensführung erhalten die genannten Vorschriften keine Sonderregelung, so dass § 1757 BGB uneingeschränkt -auch bei der Annahme Volljähriger- zur Anwendung kommt. Gemäß § 1757 Abs. 1 S. 1 BGB erhält der Angenommene zwingend als Geburtsnamen den Familiennamen des Annehmenden (Müller/Sieghörtner/Emmerling de Oliveira, Adoptionsrecht in der Praxis, 2. Auflage, Rn. 364 ff.; ). Der bisherige Familienname kann nur unter den Voraussetzungen des § 1757 Abs. 4 S.1 Nr. 2 BGB dem neuen Familiennamen vorangestellt oder angefügt werden, aber nur dann, wenn dies aus schwerwiegenden Gründen zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Das aber haben die Beteiligten zu 1) und 2) nicht verlangt und hierzu auch nichts vorgetragen. Vielmehr wünschen sie die Fortführung des bisherigen Geburtsnamens des Anzunehmenden, welche im Gesetz nicht vorgesehen ist (BayObLG FamRZ 2003, 1869; OLG Karlsruhe FamRZ 2000, 115; OLG Celle FamRZ 1997, 115; OLG Celle, Beschluss vom 3.7.1996, 17 W 15/96).
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Zwar haben das Amtsgericht Leverkusen in zwei Entscheidungen (FamRZ 2008, 2058; RNotZ 2009; 544) sowie vereinzelte Gerichte (AG Halberstadt Beschluss vom 22.12.2011, 8 F 661/10 AD) die Adoption eines Volljährigen auch ohne Namensänderung für zulässig erachtet. Das Gericht schließt sich dieser Auffassung aber nicht an. Denn das Gesetz ist eindeutig. Eine ausfüllungsbedürftige Regelungslücke ist nicht ersichtlich. Die in § 1757 Abs. 2 und 4 BGB aufgeführten Gestaltungsmöglichkeiten zur Namensführung sind abschließend (Kaiser/Schnitzler/Friederici, Familienrecht, Anwaltskommentar, Bd. 4, 2.Auflage, Rn.1). Jeder davon abweichende Beschluss ist ein Gesetzesverstoß und deshalb nichtig (vgl. OLG Karlsruhe StAZ 1999,, 372 f., Maurer FamRZ 2009, 440; Maurer, Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage, § 1757 Rn. 41 ). Denn der Gesetzgeber hat trotz häufiger Änderungen der weiteren in § 1757 BGB getroffenen Regelungen an den namensrechtlichen Konsequenzen der Adoption festgehalten. Er hat also bewusst keine Möglichkeit im Gesetz eröffnen wollen, an der bisherigen Namensführung festhalten zu können. Denn die Schaffung einer solchen Norm liefe Sinn und Zweck einer Annahme an Kindes statt zuwider (BGH, 12. ZS, Beschluss vom 17.8.2011, XII ZB 656/10; vgl. auch BayObLG FamRZ 2003,1869; Heinrich/ Wagenitz/ Bornhofen, Deutsches Namensrecht; § 1757 Rn. 23). Im Falle einer Adoption wollen die Beteiligten ihrer inneren (seelisch – geistige) Verbundenheit, welche der natürlichen Eltern- Kind- Beziehung sehr nahe kommt, rechtlichen Ausdruck verleihen. Deshalb verlangt auch der Gesetzgeber im Falle einer Volljährigenadoption, dass sie sittlich gerechtfertigt ist. Sittlich gerechtfertigt ist die Annahme dann, wenn ein Eltern- Kind- Verhältnis bereits vorliegt oder ein solches in Zukunft zu erwarten ist. Mit der Annahme soll der Anzunehmende voll in seine neue Familie integriert werden. Zu den rechtlichen Wirkungen der Annahme gehört deshalb auch die geänderte Namensführung, um damit die namensrechtliche Eingliederung des Adoptierten in die Familie des Annehmenden nach außen zu demonstrieren (Maurer FamRZ 2009, 440). Zwar wird der Verzicht auf einen früher geführten Namen grundsätzlich als Identitätseinbuße erlebt. Der Name ist nicht nur seinem Träger, sondern auch dessen Berufs- und Lebenskreis vertraut; mit ihm verbindet sich ein Abschnitt des bisherigen Lebensweges (BGH, a.a.O.). Der Name des Beteiligten zu 1) ist ebenso Ausdruck seiner Identität und Individualität, denn mit ihm sind oft Teile der Lebensgeschichte seines Trägers für Dritte verbunden. Andererseits gibt es kein Recht auf uneingeschränkte Beibehaltung des bisher geführten Namens. Mit fast jeder Eheschließung erlebt ein Ehepartner den Verlust seiner bisherigen Namensführung. Auch hier sind die sozialen Bezüge schon altersbedingt sehr intensiv und teilweise sehr verfestigt. Die Entscheidung, den Namen des Partners anzunehmen und als Familiennamen zu führen, erfolgt dabei freiwillig und wird in der Regel als vollkommen unproblematisch empfunden. Es ist deshalb nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen es sich bei einer Adoption hinsichtlich der Namensführung anders verhalten soll. Das Gericht bewertet deshalb die durch die Adoption herbeigeführte rechtliche Integration in die Familie des Annehmenden höher als die Beibehaltung des bisherigen Geburtsnamens. Dass die Namensänderung kurzzeitig zu Irritationen in der Umgebung führt ist nachvollziehbar und verständlich, liegt aber in der Natur der Sache, die man hinzunehmen hat.
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Wünschen die Beteiligten eine solche Änderung der Namensführung ausdrücklich, wie im vorliegenden Fall, nicht, so erheben sich erhebliche Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Adoptionswillens und den sittlichen Rechtfertigungsgründen.
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Auch verfassungsrechtliche Bedenken liegen nicht vor. Eine Verletzung des verfassungsrechtlich geschützten Persönlichkeitsrechts ist nicht gegeben, denn die namensrechtliche Wirkung der Annahme dient der Integration des Angenommenen in seine neue Familie. Hierzu hat das BayerObLG (FamRZ 2003,1869) ausgeführt: „Zwar wird der Geburtsname vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG) umfasst, weshalb der Namensträger verlangen kann, dass die Rechtsordnung seinen Namen respektiert und schützt. Dem Gesetzgeber ist jedoch erlaubt, diesen Anspruch im Hinblick auf die Funktion des Namens einzuschränken. Der Name hat als Unterscheidungsmerkmal nicht nur für den Namensträger Bedeutung, sondern erfüllt auch eine gesellschaftliche Funktion. Dazu gehört u.a. der Zweck, die Zusammengehörigkeit der Familienmitglieder äußerlich sichtbar zu machen (BVerfG FamRZ 1988, 587/589). Auch bei der Erwachsenenadoption wird der Anzunehmende in die Familie des Annehmenden aufgenommen. Dem entspricht, dass er als Geburtsnamen den Familiennamen des/der Annehmenden erhält. Zwar führt eine Volljährigenadoption nicht gleichzeitig zu einer vollständigen Herauslösung des Angenommenen aus seinem bisherigen Familienverband, vielmehr bleiben die Rechtsbeziehungen zu leiblichen Verwandten bestehen (§ 1770 Abs. 2 BGB), so dass in einem solchen Falle auch andere namensrechtliche Regelungen als die des § 1757 Abs. 1 Satz 1 BGB denkbar wären. Von Verfassungswegen ist es nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber im Namensrecht der Verbindung des volljährigen Adoptierten zur neuen Familie den Vorrang gegeben hat. Der Senat schließt sich insoweit den im Beschluss des OLG Karlsruhe vom 23.12.1998 (FamRZ 2000, 115) im Anschluss an OLG Celle (FamRZ 1997, 115) dargelegten Gründen an.“
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Sonstige Gründe, die dem Antrag zum Erfolg verhelfen können, sind dem Gericht nicht ersichtlich.
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Im Übrigen gibt das Gericht noch Folgendes zu bedenken. Da der Annehmende das Kind seiner Schwester annehmen will, kommt § 1756 Abs. 1 BGB in Abweichung von § 1770 Abs. 1 BGB zur Anwendung mit der Folge, dass das Verwandtschaftsverhältnis des Anzunehmenden im Falle der Annahme gegenüber seinen leiblichen Eltern erlischt. Dagegen bleiben die Rechtsbeziehungen zu allen übrigen Verwandten bestehen. Weiterhin würde der Angenommene nicht Erbe 2. Ordnung seiner leiblichen Eltern (§1925 Abs. 4 BGB), denn er wäre ausschließlich der Adoptivfamilie zugeordnet. Jede erbrechtliche Beziehung in der 1. und 2. Ordnung zur alten Familie entfällt. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beteiligten zu 1, 2 und 5) diese Folgen bedacht und gewollt haben.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1, Abs. 3 FamFG i. V. m. KV Teil 1, Hauptabschnitt 3, Abschnitt 2, Vorbem. 1.2.2. Abs.1 Nr.2.
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Die Festsetzung des Wertes folgt aus § 42 Abs. 2 FamGKG unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles, insbesondere der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten nach billigem Ermessen (OLG München, Beschluss vom 10.1.2011, 33 UF 988/10; OLG Düsseldorf FamRZ 2010,1937; OLG Bamberg, Beschluss vom 18.10.2011, 2 UF 234/11; OLG Bamberg FamRZ 2012, 737). Das Gericht hat sich an den Wert in der notariellen Urkunde angelehnt.
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Referenzen
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- FamGKG § 42 Auffangwert 1x
- BGB § 1767 Zulässigkeit der Annahme, anzuwendende Vorschriften 2x
- 2 UF 234/11 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 1752 Beschluss des Familiengerichts, Antrag 1x
- BGB § 1770 Wirkung der Annahme 2x