Urteil vom Amtsgericht Tostedt - 1 C 123/08
Tenor
1. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über seine Einkünfte in den Jahren 2006 und 2007 zu erteilen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerin - wegen deren Kosten - gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht diese vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Der Streitwert wird auf bis zu 300,00 € festgesetzt.
Tatbestand
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Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Die Klägerin begehrt Auskunft über die Einkünfte des Beklagten, da die Parteien ein eheliches Kind, R., haben. Dieser bereits seit 2006 volljährige Sohn wohnte und wohnt bei der Klägerin und wird von dieser allein unterhalten. Der Beklagte hat als Kindesvater erklärt, er könne zum Unterhalt von R. nichts beitragen. Die Klägerin hat daraufhin bei ihrem Arbeitgeber die Zahlung eines Familienzuschlages der Stufe I wegen der Aufnahme des Sohnes in ihren Haushalt beantragt. Grundsätzlich steht der Klägerin dieser Zuschlag zu, wenn sie ein Kind in Ausbildung mit Wohnraum und Unterhalts versorgt. Nach der Antragstellung erhielt die Klägerin ein Schreiben des Nds. Landesamtes für Bezüge und Versorgung vom 19.10.2006 mit der Anfrage, warum für R. kein Unterhalt gezahlt werde. Die Klägerin beantwortete dieses Schreiben mit Hinweis darauf, dass der Beklagte erklärt habe, dass er nicht leistungsfähig sei. Diese Auskunft genügte dem Nds. Landesamt für Bezüge und Versorgung nicht, so dass mit Bescheid vom 15.11.2006 der Antrag abgelehnt und von der Klägerin Widerspruch erhoben wurde. Auch im Rahmen des Widerspruchsverfahrens, dass noch nicht abgeschlossen ist, wurde von Seiten des Nds. Landesamtes für Bezüge und Versorgung weiterhin Auskunft darüber erbeten, warum für R. kein Unterhalt gezahlt wird. Gleichzeitig wurde die Klägerin aufgefordert, die angeblich fehlende Leistungsfähigkeit des Beklagten nachzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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wie erkannt.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er trägt vor, dass der er allenfalls R. zur Auskunft verpflichtet sein könnte. Etwaige Auskunftsansprüche müssten von diesem geltend gemacht werden, wobei in diesem Zusammenhang allerdings zum einen darauf hinzuweisen sei, dass der Beklagte erst vor einem Jahr Auskunft über sein Einkommen erteilt habe und dass zum anderen R. über eigene Einkünfte in Höhe von ca. 450,00 € Ausbildungsvergütung und Kindergeld verfüge. Die Klägerin sei erwerbstätig und verfüge somit über eigenes Einkommen. Es sei keinerlei unterhaltsrechtliche Anspruchsgrundlage für etwaige Unterhaltsansprüche der Klägerin ersichtlich. Deshalb sei der Beklagte nicht bereit, seine Einkommensverhältnisse zur Weiterleitung an eine Institution zu offenbaren, mit der er in keinerlei rechtlichem Verhältnis stehe.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 313 Abs. 2 S. 2 ZPO auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist begründet.
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Die Klägerin hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Auskunftserteilung. Dieser ergibt sich zwar nicht aus § 1605 BGB, denn dessen Voraussetzungen sind nicht gegeben.
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Jedoch kann im Zusammenhang mit dem Kindesunterhalt ein Elternteil vom anderen Auskunft über dessen Einkünfte und Vermögen verlangen, wenn er bei beiderseitiger Barunterhaltspflicht von einem gemeinschaftlichen Kind auf Barunterhalt in Anspruch genommen wird und ohne diese Auskunft sein Haftungsanteil nach § 1606 Abs. 3 BGB nicht errechnen kann. Dies folgt aus § 242 BGB als Folge der besonderen Rechtsbeziehung der Eltern, die gegenüber gemeinschaftlichen Kindern gleichrangig unterhaltspflichtig sind (Dose in Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., § 1 Randnr. 666).
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Nichts anderes kann gelten, wenn der Unterhaltsgläubiger zur Inanspruchnahme eines Familienzuschlages auf die Auskunft des Auskunftsschuldners angewiesen ist, denn die Interessenlage ist insoweit vergleichbar. Ohne die in der Sphäre des Beklagten liegenden Informationen müsste die Klägerin Nachteile bei ihrem Einkommen und damit auch ihre Leistungsfähigkeit gegenüber dem gemeinsamen Sohn der Parteien hinnehmen. Die Verweigerung der Auskunft durch den Beklagten verstößt deshalb zur Überzeugung des Gerichts gegen Treu und Glauben, zumal der damit verbundene Aufwand minimal und eine Beachtung der Datenschutzvorschriften durch das Nds. Landesamts für Bezüge und Versorgung gewährleistet ist. Da es sich um einen Auskunftsanspruch aus § 242 BGB handelt, kann auf sich beruhen, ob die Voraussetzungen des § 1605 Abs. 2 BGB gegeben sind. Würde man der Klägerin den Auskunftsanspruch gegenüber dem Beklagten verweigern, würde dies zu einem schlechthin unerträglichen Ergebnis führen, da der Beklagte sich nicht nur jeglicher Beteiligung an der Unterhaltsleistung für R. verweigert, sondern die Klägerin neben ihrer Bar- und Naturalunterhaltsleistung für R. darüber hinaus durch das Verhalten des Beklagten auch noch Nachteile bei ihrem Einkommen hinnehmen müsste. Die Tatsache, dass R. eine Ausbildungsvergütung erhält, steht dem Auskunftsanspruch nicht entgegen, da die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat, dass ihr im Falle einer Auskunft durch den Beklagten ein Anspruch auf Familienzuschlag zustehen könnte.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre gesetzliche Grundlage in §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Von einer Anwendung des § 713 ZPO hat das Gericht Abstand genommen, denn es ist nicht völlig auszuschließen, dass vom Rechtsmittelgericht eine Beschwer angenommen wird, die den Berufungsrechtszug eröffnet.
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