Urteil vom Amtsgericht Wuppertal - 391 C 177/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Der Kläger ist bei dem Beklagten seit dem 1.11.2011 im Tarif „easyflex clinicPlus“ privat krankenvollversichert. Laut Ziffer 1.9 der Kurzübersicht wird von den tariflichen Leistungen ein Jahresselbstbehalt von 200,00 € abgezogen. Zu Beginn der Kurzübersicht wird erläutert, dass diese einen „groben Überblick“ über den Versicherungsschutz gebe. Die erstattungsfähigen Aufwendungen und die Höhe der Leistungen „im Detail“ ergäben sich aus den Allgemeinen Versicherungsbedingungen. Auf der Mitte der Seite steht, dass der Tarif als Teil III der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung nur gültig ist in Verbindung mit Teil I, Musterbedingungen (MB/KK 09) und mit Teil II, Allgemeine Tarifbedingungen der C Krankenversicherung a. G. (TB/KK 11). In § 6 Nr. 1.1 der MB/KK 09 ist geregelt, dass Aufwendungen jeweils dem Kalenderjahr zugerechnet werden, in dem die Behandlung erfolgte. Nachweise sollen spätestens bis zum 31.03. des auf die Heilbehandlung folgenden Jahres eingereicht werden.
3Mit Schreiben vom 4.01.2014 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Erstattung von ihm gezahlter Honorare für ärztliche Behandlungen aus dem Jahr 2013. Der Beklagte behielt mit Leistungsabrechnung vom 21.01.2014 von dem erstattungsfähigen Betrag einen Selbstbehalt von 200,00 € ein. Mit Schreiben vom 19.06.2014 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Erstattung von ihm gezahlter Honorare für ärztliche Behandlungen aus 2013 und 2014. Der Beklagte behielt von dem erstattungsfähigen Betrag mit Leistungsabrechnung vom 4.07.2014 wiederum einen Selbstbehalt von 200,00 € ein. Mit Schreiben vom 9.07.2014 beanstandete der Kläger diese Vorgehensweise. Nachdem der Beklagte an seiner Auffassung festhielt, erteilte sich der Kläger selbst ein anwaltliches Mandat und forderte den Beklagten mit Telefax vom 18.07.2014 zur Auszahlung eines Selbstbehaltes und der Zahlung des angefallenen Honorars in Höhe von 83,54 € auf.
4Der Kläger ist der Ansicht, Ziffer 1.9 der Tarifübersicht sei gem. § 305c Abs. 2 BGB wegen Mehrdeutigkeit dahingehend auszulegen, dass der Selbstbehalt nur für die Kalenderjahre in Abzug gebracht werden können, in denen der Beklagte Leistungen für den Kläger erbringe.
5Der Kläger beantragt,
6den Beklagten zu verurteilen, an ihn 200,00 € und Nebenkosten i. H. v. 83,54 € jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung des Mahnbescheides zu zahlen sowie
7festzustellen, dass der in dem zwischen den Parteien seit dem 01.01.2011 bestehende Krankenversicherungsvertrag im Tarif easyflex clinicPlus enthaltene Selbstbehalt des Klägers in der Weise Anwendung findet, dass die Leistungen des Beklagten nur in den Jahren um den Selbstbehalt gekürzt werden, in denen der Beklagte Leistungen für den Kläger erbringt.
8Der Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Der Mahnbescheid wurde am 1.08.2014 zugestellt.
11Entscheidungsgründe
12Die Klage ist unbegründet.
13Der Beklagte hat zu Recht den Selbstbehalt jeweils für die Jahre abgezogen, für die er Leistungen erbracht hat.
14Bereits aus dem Wort „Jahresselbstbehalt“ in der Kurzübersicht wird der verständige Versicherungsnehmer schließen, dass dies auf das Behandlungsjahr bezogen ist. Ein Jahresselbstbehalt würde in Bezug auf den Zeitpunkt der Rechnungseinreichungen keinen Sinn machen.
15Erst Recht ergibt sich dies aus § 6 Nr. 1.1 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen. Danach werden Aufwendungen dem Kalenderjahr zugerechnet, in dem die Behandlung erfolgte. Dann ist auch der Selbstbehalt, der von diesen Aufwendungen in Abzug gebracht wird, in Bezug auf das Behandlungsjahr zu sehen. Auf die Versicherungsbedingungen wird auf der Seite der Kurzübersicht gleich zweimal verwiesen. Deswegen darf sich der Versicherungsnehmer nicht ausschließlich über den Inhalt der Kurzübersicht informieren.
16Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
17Die Berufung wird nicht zugelassen, da Gründe für eine solche Zulassung nicht ersichtlich sind. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch kommt vorliegend die Fortbildung des Rechts bzw. die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung in Betracht, § 511 Abs. 4 ZPO.
18Der Streitwert wird auf bis 600,00 € festgesetzt. In den nächsten Jahren wird ein Selbstbehalt von 200,00 € auch nach der Ansicht des Klägers jeweils bei Einreichung anfallen. Zudem hängen die tatsächlich streitigen Selbstbehalte auch von den eingereichten Arztrechnungen und den Zeitpunkten der Einreichung ab. Es geht daher – bei Einreichung erst im vierten Jahr - nicht um wiederkehrende Leistungen i. S. v. § 9 ZPO. Zudem ist ein Abschlag von 20 % bei dem Feststellungsantrag vorzunehmen, sodass der Feststellungsantrag einen Wert von bis 400 € hat.
19Die Beschwerde gegen den Streitwertbeschluss wird nicht zugelassen, da die entschiedene Frage nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist.
20Rechtsbehelfsbelehrung:
21A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
22a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
23b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
24Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Wuppertal, Eiland 1, 42103 Wuppertal, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
25Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Wuppertal zu begründen.
26Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Wuppertal durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
27Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
28B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Wuppertal statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Wuppertal, Eiland 2, 42103 Wuppertal, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
29Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
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Referenzen
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- ZPO § 713 Unterbleiben von Schuldnerschutzanordnungen 1x
- BGB § 305c Überraschende und mehrdeutige Klauseln 1x
- ZPO § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht 1x
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- ZPO § 511 Statthaftigkeit der Berufung 1x
- ZPO § 9 Wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen 1x