Urteil vom Arbeitsgericht Dortmund - 4 Ca 4134/14
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
3. Der Streitwert wird festgesetzt auf 17.298,28 €.
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T a t b e s t a n d:
2Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung zum 30.9.2014 sein Ende gefunden hat sowie über die Weiterbeschäftigung der Klägerin.
3Die 1966 geborene Klägerin ist seit dem 1.10.2008 für die Beklagte tätig. Bei der Beklagten handelt es sich um ein außeruniversitäres Forschungsinstitut, das sich im Sinne strategischer Forschung mit der aktuellen und künftigen Entwicklung von Städten und ihrer Einbindung in interregionale, nationale und internationale Zusammenhänge befasst. Bei der Beklagten handelt es sich um eine Forschungseinrichtung im Sinne des § 5 WissZeitVG.
4Die Klägerin wurde mit Arbeitsvertrag vom 25.9.2008 befristet für den Zeitraum 1.10.2008 bis 31.12.2009 als „wissenschaftliche Mitarbeiterin für die Forschungskoordination“ eingestellt (Bl. 11 ff d. A.), und zwar im Rahmen einer Teilzeitbeschäftigung. Am 10.11.2009 schlossen die Parteien einen Änderungsvertrag dahingehend, dass die Klägerin für den Zeitraum 1.1.2010 bis 30.9.2011 weiterbeschäftigt wird (Bl. 16 d. A.). Mit weiterem Änderungsvertrag vom 5.9.2011 vereinbarten die Parteien eine befristete Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bis zum 31.12.2012 (Bl. 17 d. A.). Mit weiterem Änderungsvertrag vom 10.9.2012 vereinbarten die Parteien eine befristete Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bis zum 30.9.2014 (Bl. 18 d. A.). Mit Änderungsvertrag vom 27.11.2013 vereinbarten die Parteien, dass die Arbeitszeit der Klägerin ab dem 1.12.2013 bis zum 28.2.2014 wöchentlich 40 Stunden beträgt. Die Bruttomonatsvergütung erhöhte sich auf 4.324,57 € (Bl. 19 d. A.). Mit Änderungsvertrag vom 12.2.2014 vereinbarten die Parteien, dass die Arbeitszeit weiterhin, mithin bis zum 30.9.2014, wöchentlich 40 Stunden bei einer Bruttomonatsvergütung von 4.324,57 € beträgt (Bl. 20 d. A.).
5Bei der Forschungskoordination handelt es sich um eine Stabsstelle, die sowohl dem wissenschaftlichen Direktor T als auch dem kaufm. Geschäftsführer Q zugeordnet ist. Hauptaufgaben der Stabsstelle Forschungskoordination sind insbesondere die Erarbeitung von Strategien und Programmen der Forschungs- und Aufgabenplanung für die Beklagte, die Konzeption und Durchführung von Maßnahmen der Qualitätssicherung, die Vorbereitung, Organisation und Begleitung der internen und externen Evaluationen, das Fortentwickeln eines Netzwerks von Kooperationspartnern und Unterstützung der Zusammenarbeit mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen, die regelmäßige Organisation von wissenschaftlichen Veranstaltungen und die Bearbeitung von Aufgaben des Forschungsmanagements und der Forschungsförderung. Aus der Tätigkeitsdarstellung der Klägerin, die seinerzeit von der Personalreferentin der Beklagten in Zusammenarbeit mit dem damaligen kaufmännischen Geschäftsführer erstellt und vom zuständigen Ministerium genehmigt worden war, ergibt sich, dass der Schwerpunkt der Aufgaben der Klägerin das Forschungsmanagement (Anteil der gesamten Arbeitszeit: 65%) war. Weitere 20% der Arbeitszeit war die Klägerin mit der internen und externen Kommunikation und Koordination befasst und zu 15% mit Weiterbildung/Grundlagenarbeit. Diese drei Aufgaben sind in der Tätigkeitsdarstellung unter der Rubrik „Tätigkeitsmerkmal“ weiter aufgegliedert und definiert (vgl. Bl. 53 f. d. A.).
6Im Rahmen ihres Aufgabenbereichs „Einführung und Sicherung von Standards des Qualitätsmanagements“ war die Klägerin im Rahmen des internen wissenschaftlichen Audits durch den wissenschaftlichen Beirat damit betraut, den wissenschaftlichen Aufbau des Auditberichts zu konzipieren. So hat sie einen entsprechenden Ablaufplan erstellt und an der Auswahl der zu präsentierenden Forschungsprojekte und -inhalte mitgewirkt. Weiter hat die Klägerin regelmäßig stattfindende interne Forschungskonferenzen konzipiert und dokumentiert. Im Rahmen ihrer Teilaufgabe „Bearbeitung von Sonderaufgaben des Forschungsmanagements und der Forschungsförderung“ hat die Klägerin (externe) Veranstaltungen durchgeführt und selbständig Besuchergruppen geführt, wobei ein aktiver Austausch mit Wissenschaftlern aus dem In- und Ausland im Zusammenhang mit den Instituten stattfindet. Beispielsweise hat die Klägerin einen Besuch einer japanischen Delegation im Juni 2012 koordiniert. Im Vorfeld des Besuchs hat die Klägerin in Abstimmung mit dem Delegationsleiter der japanischen Besuchsgruppen die wissenschaftliche Einbettung der verschiedenen Wünsche der Besucher mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen der Beklagten vorgenommen und den Austausch mit der japanischen Delegation geleitet. Zudem hat sie die Forschungsstrategie und die Projekte der Beklagten im Rahmen eines Powerpoint-Vortrags vorgestellt. Weiter hat die Klägerin einen Antrag auf Forschungsförderung beim Nordrhein-Westfälischen Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung mit koordiniert und war für die wissenschaftliche Konzeption von Modulen des Projekts federführend verantwortlich. Weiter hat die Klägerin in einzelnen Forschungsfeldern mitgewirkt und Vorträge auf nationaler und internationaler Ebene zu den Leistungen der Beklagten, auch im Zusammenhang und im Hinblick auf wissenschaftliche Zusammenarbeit, gehalten.
7Im Rahmen des Themenfeldes „interne und externe Kommunikation und Koordination“ hat die Klägerin insbesondere Netzwerke mit Kooperationspartnern und die Förderung von Zusammenarbeit mit Hochschulen sowie nationalen und internationalen Forschungseinrichtungen weiterentwickelt. So hat die Klägerin in dem Projekt „Forum Stadtbaukultur E“, wichtiger Bestandteil der Stadtentwicklungsdiskussion und Medium der Eer Planungskultur, die Beklagte inhaltlich selbständig vertreten. In dem Projekt „Masterplan Wissenschaft“, ein Gemeinschaftsprodukt zahlreicher Einrichtungen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Kultur und Stadtgesellschaft, hat die Klägerin die Beklagte und deren wissenschaftlichen Beitrag in einer der Arbeitsgruppen des Masterplanprozesses selbständig inhaltlich vertreten. Das Projekt „X“, ein Netzwerk der universitären und außeruniversitären Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen in E, hat die Klägerin in Vertretung der Beklagten aktiv mitgestaltet. Ferner hat die Klägerin Beiträge publiziert, die in ihrer Eigendarstellung auf der Internet-Homepage der Beklagten aufgeführt sind (vgl. Bl. 72 d. A.).
8Mit ihrer am 17.10.2014 beim Arbeitsgericht Dortmund eingegangenen Klage macht die Klägerin die Unwirksamkeit der Befristung des Arbeitsvertrages geltend und nimmt die Beklagte auf Weiterbeschäftigung in Anspruch.
9Nach Auffassung der Klägerin ist eine Befristung nach dem WissZeitVG nicht möglich, denn sie gehöre nicht zum wissenschaftlichen Personal im Sinne von § 1 Abs. 1 WissZeitVG. Sie arbeite nicht als Wissenschaftlerin, sondern sei für die Forschungskoordination eingestellt worden. Sie werde mit Forschungskoordinationsaufgaben betraut, nämlich im Wesentlichen mit der abteilungsübergreifenden Forschungsplanung, Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement. Zudem sei sie mit der Betreuung interner Gremien sowie der Netzwerkarbeit befasst, was keine Arbeiten des in § 1 WissZeitVG genannten Personals seien. Die Hauptaufgaben, mit der die Stabsstelle Forschungskoordination betraut sei, seien nicht von Wissenschaftlichkeit geprägt oder gekennzeichnet. Sie hätten nichts mit dem ernsthaften, planmäßigen Versuch zur Ermittlung der Wahrheit zu tun, sondern seien Sachbearbeitertätigkeiten und organisatorische Tätigkeiten. Auch die in der Tätigkeitsdarstellung der Klägerin genannten Tätigkeitsmerkmale hätten mit der Erkenntnisgewinnung, Erkenntnissicherung und dem ernsthaften planmäßigen Versuch zur Ermittlung der Wahrheit überhaupt nichts gemein. Zudem sei die Stellenbeschreibung nicht arbeitsvertraglich vereinbart worden. Es komme zudem ausschließlich auf die nach dem Arbeitsvertrag zu erbringende Dienstleistung bzw. die arbeitsvertraglich auszuführenden Tätigkeiten an und nicht auf ggf. zufällige spätere Entwicklungen der Beschäftigung. So schulde die Klägerin lediglich Tätigkeiten der „Forschungskoordination“, was keine Tätigkeit des wissenschaftlichen Personals sei.
10Aufgaben, die der Sicherung des Erkenntnisstandes einer Forschungseinrichtung dienen sollen, seien keine wissenschaftlichen Aufgaben. Auch wenn die Klägerin in Bezug auf den Audit-Tag auch an der Auswahl der zu präsentierenden Forschungsprojekte und -inhalte beteiligt war, so sei dies keine wissenschaftliche Tätigkeit - wer auswähle, was auf einer Tagung präsentiert werde, forsche nicht. Die Klägerin sei lediglich organisierend und koordinierend tätig gewesen. Die Konzeption und Dokumentation von regelmäßig stattfindenden Konferenzen habe mit der Gewinnung von Kenntnissen nichts zu tun. Auch das Führen von Besuchergruppen habe keinen Wissenschaftscharakter. Der Besuch der japanischen Delegation im Juni 2012 falle zudem nicht in den letzten Befristungszeitraum. Auch die Mitkoordinierung eines Antrags auf Forschungsförderung sei nicht wissenschaftlich. Wer ein Antragsformular ausfülle, handele nicht wissenschaftlich. Auch sei Vortragstätigkeit nicht von Wissenschaftlichkeit geprägt. Wer vortrage, was in einem Institut erbracht werde, stelle vor und forsche nicht. Auch arbeite nicht wissenschaftlich, wer ein Netzwerk zu Kooperationspartnern weiterentwickle. Hier handele es sich ausschließlich um verwaltungstechnische Arbeiten. Schließlich sei die Mitwirkung der Klägerin in dem „Forum Städtebau Kultur E“, „Masterplan Wissenschaft“ und Netzwerk „X“ nicht wissenschaftlich geprägt.
11Soweit die Beklagte ausführe, dass für die Befristung sogar ein Sachgrund bestünde, bestreitet die Klägerin, dass sie die Kollegin Q1 vertreten habe.
12Die Klägerin beantragt:
13- 14
1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung in den Arbeitsverträgen vom 10.9.2012, 27.11.2013 und 12.2.2014 mit Ablauf des 30.9.2014 geendet hat.
- 15
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen über den 30.9.2014 hinaus weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Nach Auffassung der Beklagten ist der personelle Geltungsbereich des WissZeitVG eröffnet, da die Klägerin wissenschaftliche Dienstleistungen für die Beklagte erbringe und mithin zum wissenschaftlichen Personal der Beklagten gehöre.
19Die Klägerin sei wissenschaftliche Mitarbeiterin der Forschungskoordination gewesen, und zwar mit dem Aufgabenschwerpunkt Forschungsmanagement. Entgegen der Auffassung der Klägerin habe es sich dabei nicht um Verwaltungs- oder einfache Managementaufgaben gehandelt. Die Aufgaben des Forschungsmanagements seien vielmehr wissenschaftlich, dienten also der Erkenntnisgewinnung bzw. der unmittelbaren Unterstützung der Erkenntnisgewinnung bzw. Erkenntnissicherung. Die in der Tätigkeitsdarstellung im Einzelnen aufgelisteten Aufgaben seien jeweils in ihrem Schwerpunkt wissenschaftlicher Natur. Sämtliche von der Klägerin ausgeübten Tätigkeiten erforderten wissenschaftlichen Sachverstand und wissenschaftliche Expertise. Auch in dem Aufgabenfeld „Weiterentwicklung des Netzwerks von Kooperationspartnern“ habe die Klägerin selbständige wissenschaftliche Beiträge eingebracht und die Beklagte wissenschaftlich vertreten.
20Schließlich führe die zeitlich befristete Aufstockung der Arbeitszeit der Klägerin auf 40 Stunden seit dem 1.12.2013 nicht zu einer Unwirksamkeit der Befristung. Denn diese Regelung sei eigenständig befristet durch Vereinbarung vom 27.11.2013 und sodann noch einmal verlängert für den Zeitraum 1.3. bis 30.9.2014 durch die Vereinbarung vom 12.2.2014. Es gelten die Grundsätze, die an eine befristete Veränderung der Arbeitsbedingungen zu stellen seien. Zudem bestünde hierfür sogar ein Sachgrund im Sinne des § 14 Abs. 1 TzBfG, da die Klägerin im fraglichen Zeitraum die Vertretung der Kollegin Q1, die sich in Elternzeit befand, übernommen habe.
21Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle verwiesen.
22E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
23Die zulässige Klage ist unbegründet.
24I.
25Der Feststellungsantrag zu Ziff. 1 ist zulässig, aber unbegründet.
26Die Klägerin hat ihre Klage rechtzeitig im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 5 WissZeitVG in Verbindung mit § 17 Satz 1 TzBfG erhoben. Die im Arbeitsvertrag bzw. Änderungsvertrag vom 10.9.2012 vereinbarte Befristung ist jedoch nach dem WissZeitVG wirksam und hat das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 30.9.2014 beendet.
271.
28Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG gelten für den Abschluss von Arbeitsverträgen für eine bestimmte Zeit (befristete Arbeitsverträge) mit wissenschaftlichem und künstlerischem Personal mit Ausnahme der Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer an Einrichtungen des Bildungswesens, die nach Landesrecht staatliche Hochschulen sind, die §§ 2 und 3 WissZeitVG. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG ist die Befristung von Arbeitsverträgen des in § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG genannten Personals, das nicht promoviert ist, bis zu einer Dauer von sechs Jahren zulässig.
29Der zeitliche Geltungsbereich gem. § 2 Abs. 1 WissZeitVG ist eröffnet. Die Klägerin ist seit dem 1.10.2008 aufgrund mehrerer befristeter Arbeitsverträge für die Beklagte tätig. Der streitgegenständliche letzte Änderungsvertrag vom 10.9.2012 sieht eine Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zum 30.9.2014 vor. Der in § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG vorgesehene maximale Befristungszeitraum von sechs Jahren ist somit nicht überschritten. Auch der betriebliche Geltungsbereich des WissZeitVG ist eröffnet. Hierüber besteht zwischen den Parteien kein Streit.
302.
31Entgegen der Auffassung der Klägerin ist auch der personelle Geltungsbereich für die Vorschriften über die Zulässigkeit der Befristung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG eröffnet. Denn die Klägerin gehört nach Auffassung der erkennenden Kammer zum wissenschaftlichen Personal der Beklagten.
32a)
33Der Begriff des „wissenschaftlichen und künstlerischen Personals“ nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG ist eigenständig und abschließend, insbesondere kommt es nicht auf Begriffsbezeichnungen oder Zuordnungsdefinitionen nach den landeshochschulrechtlichen Regelungen an (BAG vom 1.6.2011, NZA 2011, 1280). Der Begriff des „wissenschaftlichen Personals“ bestimmt sich inhaltlich–aufgabenbezogen und knüpft an die Art der zu erbringenden Dienstleistung an. Auf die formelle Bezeichnung des Arbeitnehmers kommt es nicht an, sondern auf den wissenschaftlichen Zuschnitt der von ihm auszuführenden Tätigkeit. Bei Mischtätigkeiten ist erforderlich, dass die wissenschaftlichen Dienstleistungen zeitlich überwiegen oder zumindest das Arbeitsverhältnis prägen (LAG Hamm vom 02.10.2014, 11 Sa 384/14, Juris).
34Wissenschaftliche Tätigkeit ist alles, was nach Inhalt und Form als ernsthafter, planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist (BVerfG vom 29.5.1973, BVerfGE 35,79, 113; BAG vom 19.3.2008, NZA 2009, 84). Sie ist nach Aufgabenstellung und anzuwendender Arbeitsmethode darauf angelegt, neue Erkenntnisse zu gewinnen und zu verarbeiten, um den Erkenntnisstand der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplin zu sichern oder zu erweitern (BAG vom 27.5.2004, BAGE 111,8). Dabei umfasst die Freiheit der Forschung insbesondere die Fragestellung und die Grundsätze der Methodik sowie die Bewertung des Forschungsergebnisses und seine Verbreitung (BAG vom 19.3.2008, a.a.O.). Abzugrenzen ist die wissenschaftliche Tätigkeit von lediglich administrativen, rein verwaltenden Tätigkeiten (LAG Hamm vom 02.10.2014, a.a.O).
35Wissenschaftliche Dienstleistung erbringt auch, dessen Tätigkeit darauf angelegt ist, an wissenschaftlichen Projekten mitzuwirken. Es genügt, dass die dem Mitarbeiter übertragenen Aufgaben auf eine wissenschaftliche Dienstleistung angelegt und geeignet waren, zur Forschung und Lehre beizutragen (LAG Baden-Württemberg vom 24.2.2014, 1 Sa 8/13, Juris; LAG Hamburg vom 31.10.2012, 3 Sa 66/12, Juris). Somit kann die Unterstützung einer Forschungstätigkeit, die sich nicht auf reine Organisationstätigkeit beschränkt, durchaus als wissenschaftliche Tätigkeit einzuordnen sein.
36b)
37Nach oben stehenden Grundsätzen gehört die Klägerin zum wissenschaftlichen Personal im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz WissZeitVG, denn sie erbringt wissenschaftliche Dienstleistungen. Nach Überzeugung der erkennenden Kammer überwiegen ihre wissenschaftlichen Dienstleistungen bzw. geben ihrer Tätigkeit das Gepräge.
38aa)
39Zunächst kommt es entgegen der Auffassung der Klägerin nicht auf die formelle Bezeichnung des Arbeitnehmers im Arbeitsvertrag an. Der Begriff des wissenschaftlichen Personals bestimmt sich vielmehr inhaltlich-aufgabenbezogen. Somit sind zur Bewertung, ob die Klägerin wissenschaftliches Personal im Sinne des WissZeitVG ist oder nicht, die von ihr tatsächlich ausgeübten Aufgaben maßgebend.
40Unstreitig hat die Klägerin die in der Tätigkeitsdarstellung einer „wissenschaftlichen Mitarbeiterin in der Forschungskoordination“ aufgeführten Aufgaben tatsächlich ausgeübt. Die Beklagte erläutert die in den jeweiligen Spiegelstrichen vorgesehenen Tätigkeitsmerkmale mit einzelnen Beispielen (Auditbericht, Führung von Besuchergruppen, Antrag auf Forschungsförderung beim Ministerium, Darstellung einzelner Projekte im Rahmen der Weiterentwicklung von Netzwerken). Die Klägerin bestreitet nicht, entsprechende Aufgaben/Tätigkeiten tatsächlich durchgeführt zu haben. Sie bestreitet lediglich, dass diese Tätigkeiten wissenschaftliches Gepräge haben.
41bb)
42Nach Auffassung der erkennenden Kammer sind die von der Klägerin – unstreitig – durchgeführten Tätigkeiten zumindest geeignet, zur Forschung beitragen, sodass die der Klägerin übertragenen Aufgaben auf wissenschaftliche Dienstleistungen angelegt waren. Jedenfalls hat die Klägerin mit den von ihr durchgeführten Tätigkeiten an wissenschaftlichen Projekten mitgewirkt.
43So hat die Klägerin bei der Einführung und Sicherung von Standards des Qualitätsmanagements, wozu auch die Konzeption eines Auditberichts und die Auswahl der zu präsentierenden Forschungsprojekte im Rahmen des Audits gehören, zumindest bei einer wissenschaftlichen Tätigkeit mitgewirkt und hierauf Einfluss genommen. Allein die Tatsache, dass die Klägerin die zu präsentierenden Forschungsprojekte auswählte, setzt zwingend wissenschaftlichen Sachverstand voraus. Selbst wenn es sich um das Audit vorbereitende Tätigkeiten handelte, war ihre Tätigkeit nicht auf eine bloße Organisationstätigkeit mit administrativem Charakter beschränkt. Hierzu fehlt auch jeglicher substantiierte Vortrag der Klägerin. Gleiches gilt für die Konzeption und Dokumentation der Forschungskonferenzen. Forschungskonferenzen sollen der Erkenntnisgewinnung dienen. Die Konzeption und Dokumentation dieser Konferenzen stellt zumindest eine Mitwirkung an der Gewinnung von Erkenntnissen und der Sicherung von wissenschaftlichen Erkenntnissen dar.
44Auch die Bearbeitung von Sonderaufgaben des Forschungsmanagements und der Forschungsförderung, insbesondere die Koordination eines Besuchs einer japanischen Delegation, stellt eine wissenschaftliche Tätigkeit dar. Die Leitung und Vorbereitung eines entsprechenden Austauschs, bei dem die Klägerin zudem die Forschungsstrategie und Projekte der Beklagten im Rahmen eines Powerpoint-Vortrags vorgestellt hat, setzt selbstverständlich wissenschaftlichen Sachverstand voraus. Ohne diesen Sachverstand könnte die Klägerin die Projekte und die Strategien der Beklagten, verbunden mit den entsprechenden wissenschaftlichen Erkenntnissen, nicht hinreichend professionell darstellen. Auch hier fehlt jeglicher Vortrag der Klägerin dazu, dass sie im Rahmen der Führung der japanischen Delegation lediglich administrative und untergeordnete Organisationstätigkeiten vorgenommen haben will.
45Die Erstellung eines Antrags auf Forschungsförderung beim Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung setzt naturgemäß wissenschaftlichen Sachverstand voraus und ist darauf ausgerichtet, wissenschaftliche Erkenntnisse zu erlangen. Gleiches gilt für die Mitwirkung der Klägerin in einzelnen Forschungsfeldern und für Vortragstätigkeit auf nationaler und internationaler Ebene. Aus dem Vortrag der Klägerin sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass all dies nicht der Gewinnung und der Sicherung von Erkenntnissen dient.
46Auch bezüglich des Aufgabenbereichs „interne und externe Kommunikation und Koordination“ ist die Tätigkeit der Klägern wissenschaftlich geprägt. Beispielhaft führt die Beklagte die Mitwirkung der Klägerin in den Netzwerken „Forum Stadtbaukultur E“, „Masterplan Wissenschaft“ und „X“ an. Hier hat die Klägerin die Beklagte, mithin ein Forschungsinstitut, selbständig vertreten. In diesem Rahmen musste die Klägerin Forschungsziele, Projekte und Strategien der Beklagten sachgemäß darstellen können. Dies ist nur mit einem wissenschaftlich geprägten Wissen und Hintergrund möglich. So hat die Klägerin im Rahmen von Ringvorlesungen öffentlich bzgl. des Themenfelds Wissenschaftsmanagement diskutiert, an Podiumsdiskussionen teilgenommen, Vorträge gehalten und nicht zuletzt an der Erstellung des „Masterplan Wissenschaft E“ vom 15.2.2013 als Autorin mitgewirkt. Eine Mitwirkung an wissenschaftlichen Projekten, mithin Gewinnung und Sicherung von Erkenntnissen, ist offensichtlich. Auch hier trägt die Klägerin nicht hinreichend substantiiert vor, dass sie diesbezüglich lediglich organisatorisch vorbereitende und rein unterstützende Tätigkeiten geleistet haben will.
47Schließlich hat die Klägerin selbst in den Jahren 2009 und 2010 wissenschaftliche Publikationen herausgebracht, was zudem für eine wissenschaftliche Tätigkeit spricht.
48c)
49Die Befristung ist auch nicht deshalb unwirksam, weil die Parteien mit Änderungsvertrag vom 27.11.2013 die wöchentliche Arbeitszeit zunächst befristet bis zum 28.2.2014 auf wöchentlich 40 Stunden erhöht haben und diese Erhöhung der Arbeitszeit befristet bis zum 30.9.2014 mit Änderungsvertrag vom 12.2.2014 nochmals verlängert haben. Hierbei handelt es sich (lediglich) um die Befristung einzelner Vertragsbedingungen, für die die Bestimmungen des § 14 TzBfG nicht gelten. Eine Überprüfung erfolgt gem. § 307 BGB lediglich auf Angemessenheit. Dass die befristete Erhöhung der Arbeitszeit nicht der Angemessenheitskontrolle standhalten könnte, ist weder ersichtlich noch von der Klägerin im Ansatz vorgetragen. In diesem Zusammenhang bestreitet die Klägerin lediglich, dass sie die Kollegin Q1 vertreten habe. Dies reicht nicht aus, um eine Unwirksamkeit der befristeten Veränderung der Arbeitsbedingungen (hier Arbeitszeit) gem. § 307 BGB annehmen zu können.
503.
51Zusammenfassend lässt sich damit festhalten, dass die Klägerin zum wissenschaftlichen Personal der Beklagte gehörte und die Befristung des Arbeitsverhältnisses gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG ohne Sachgrund zulässig ist. Damit endete das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 30.9.2014.
52II.
53Da das Arbeitsverhältnis aufgrund wirksamer Befristung mit Ablauf des 30.9.2014 geendet hat, hat die Klägerin keinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen über den 30.9.2014 hinaus. Der Klageantrag zu Ziff. 2 war somit ebenfalls abzuweisen.
54III.
55Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 ZPO. Die Kosten des Rechtsstreits waren der Klägerin als unterliegende Partei aufzuerlegen.
56Der Streitwert wurde gem. §§ 61 Abs. 1 ArbGG, 42 Abs. 2 GKG, 3 ff. ZPO auf 17.298,28 € festgesetzt. Dabei war der Feststellungsantrag zu Ziff. 1 mit drei Bruttomonatsgehältern der Klägerin (Bruttomonatsentgelt: 4.324,57 € ) und der Weiterbeschäftigungsantrag mit einem Bruttomonatsgehalt in Ansatz zu bringen.
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Referenzen
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- BGB § 307 Inhaltskontrolle 2x
- ArbGG § 46 Grundsatz 1x
- § 2 Abs. 1 WissZeitVG 1x (nicht zugeordnet)
- § 1 WissZeitVG 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht 1x
- §§ 2 und 3 WissZeitVG 2x (nicht zugeordnet)
- §§ 61 Abs. 1 ArbGG, 42 Abs. 2 GKG, 3 ff. ZPO 1x (nicht zugeordnet)
- 11 Sa 384/14 1x (nicht zugeordnet)
- § 14 Abs. 1 TzBfG 1x (nicht zugeordnet)
- § 1 Abs. 1 Satz 5 WissZeitVG 1x (nicht zugeordnet)
- § 1 Abs. 1 Satz WissZeitVG 1x (nicht zugeordnet)
- § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG 5x (nicht zugeordnet)
- § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG 3x (nicht zugeordnet)
- § 14 TzBfG 1x (nicht zugeordnet)
- 3 Sa 66/12 1x (nicht zugeordnet)
- § 5 WissZeitVG 1x (nicht zugeordnet)
- § 17 Satz 1 TzBfG 1x (nicht zugeordnet)
- § 1 Abs. 1 WissZeitVG 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 61 Wirkung der Streitgenossenschaft 1x
- 1 Sa 8/13 1x (nicht zugeordnet)