Urteil vom Arbeitsgericht Halle (5. Kammer) - 5 Ca 1112/13 NMB
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.885,00 € festgesetzt.
Tatbestand
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Die Prozessparteien streiten über Zahlungsansprüche der Klägerin gegenüber der Beklagten. Dabei handelt es sich um Rückforderungen von überzahltem Entgelt. Die Beklagte ist seit dem 01. Oktober 1992 im Öffentlichen Dienst des Landes Sachsen-Anhalts tätig. Ihre Personaldienststelle ist das Technische Polizeiamt A-Stadt. Mit Schreiben vom 04. Oktober 2007 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie rückwirkend ab dem 01. Januar 2007 in die Entgeltgruppe 9 des TVL eingruppiert wird (vgl. Blatt 68 d. A.). Ebenfalls unter dem 04. Oktober 2007 schlossen die Prozessparteien rückwirkend zum 01. Januar 2007 einen Änderungsvertrag. Für den Monat Oktober 2007 erhielt die Beklagte von der Klägerin noch eine Gehaltsabrechnung auf der Grundlage der Entgeltgruppe 6 des TVL (vgl. Blatt 70 d. A.). Für den Monat November 2007 erhielt die Beklagte von der Klägerin eine umfangreiche Gehaltsabrechnung, mit Gehaltsnachzahlungen seit dem Januar 2007, auf der Basis der nunmehr festgelegten Entgeltgruppe 9 des TVL (vgl. Blatt 69 Vor- und Rückseite d. A.). Für den Monat Dezember 2007 erhielt die Beklagte von der Klägerin erstmals eine Gehaltsabrechnung auf der Basis der Entgeltgruppe 9 TVL, die zusätzlich ein Leistungsentgelt enthielt. Darüber hinaus enthielt diese Abrechnung folgenden Passus: „SV-AG-2006 … 120,11“ (dies ist ein ausgewiesener Bruttobetrag). Gleichzeitig wurde auf dieser Abrechnung der Klägerin ein Nettobetrag in Höhe von 120,11 Euro abgezogen (vgl. insgesamt die Gehaltsabrechnung für den Monat Dezember 2007 Blatt 25 d. A.). Vom Monat Januar 2008 bis zum Monat Juli 2012 erhielt die Beklagte von der Klägerin monatlich die Zulage in Höhe von 120,11 Euro brutto. Dieser Betrag soll in den Monaten, in denen die Beklagte von der Klägerin eine Gehaltsabrechnung erhielt, jeweils unter der Bezeichnung „SV-AG-2006“ ausgewiesen worden sein. Zwischen den Prozessparteien besteht darüber Einigkeit, dass die Beklagte von der Klägerin im Zeitraum Januar 2008 bis Juli 2012 nicht monatlich eine Gehaltsabrechnung erhielt, sondern im Durchschnitt drei Abrechnungen jährlich. Die fehlerhafte Bezahlung des Betrages in Höhe von 120,11 Euro brutto wurde von der Beklagten persönlich telefonisch am 03. August 2012 bei der zuständigen Sachbearbeiterin Frau … in der Bezügestelle A-Stadt angezeigt. Mit Schreiben vom 08. August 2012 hat die Klägerin die Rückzahlungsansprüche der Klägerin gegenüber der Beklagten geltend gemacht (vgl. Blatt 72 d. A.).
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Die Klägerin macht nunmehr gerichtlich gegenüber der Beklagten Rückzahlungsansprüche für 49 Monate in Höhe von jeweils 120,11 Euro brutto geltend. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Beklagte im Zeitraum von Januar 2008 bis Juli 2012 eine Zulage in Höhe von 120,11 Euro brutto ohne Rechtsgrund erhalten habe. Einen Anspruch auf diese Zahlung habe für die Beklagte in keinem Monat bestanden. Die Buchung sei auf Grund eines Erfassungsfehlers der Klägerin erfolgt. Eine interne Buchung im Dezember 2007 habe es für die Nachentrichtung von SV-Beiträgen des Jahres 2006 durch den Arbeitgeber gegeben. Der Erfassungsfehler habe zu einer bruttowirksamen monatlichen Zahlung an die Beklagte geführt. Ab dem Monat August 2012 seien die Zahlungen eingestellt worden. Die Beklagte habe den Anspruch mit Schreiben vom 31. August 2012 zurückgewiesen und auf die Ausschlussfristen des § 37 TVL verwiesen. Mit Schreiben vom 10. Oktober 2012 habe die Klägerin der Beklagten im Vergleichswege angeboten auf 30 Prozent der Gesamtforderung zu verzichten. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Berufung auf die Ausschlussfristen des § 37 TVL rechtsmissbräuchlich sei. Die Beklagte habe es pflichtwidrig unterlassen die Klägerin auf die Überzahlung hinzuweisen. Die Beklagte könne sich auch nicht auf den Wegfall der Bereichung des § 818 Abs. 3 BGB berufen. Eine solche Berufung setzt Unkenntnis der Überzahlung voraus. Die monatliche Überzahlung sei unübersehbar ausgewiesen worden. Die Beklagte habe gewusst, dass monatlich 120,11 Euro brutto zu viel bezahlt wurden. Die Zeile „SV-AG-2006“ lässt sich für den verständigen Arbeitnehmer dahingehend verstehen, dass es sich um SV-Beiträge für das Jahr 2006 handele, meint die Klägerin. Die Berechnungen der Bezüge werden bei der Klägerin elektronisch vorgenommen. Für jede Mitarbeiterin bzw. Mitarbeiter gebe es eine Bezügeakte. Die Eingaben, die die zuständige Mitarbeiterin bzw. Mitarbeiter vornehmen, werden nur sehr unregelmäßig und selten etwa alle fünf bis zehn Jahre überprüft.
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Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 5.885,39 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozent über den jeweiligen Basiszinssatz der Bundesbank gemäß § 288 Abs. 1 BGB ab dem 30. August 2012 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte verweist zunächst darauf, dass es in den Monaten Oktober 2007, November 2007 und Dezember 2007 jeden Monat teilweise erheblich unterschiedliche Gehaltsabrechnungen gegeben habe. Den Gehaltsbestandteil „SV-AG-2006“ habe sie nicht als problematisch wahrgenommen. Der Beklagten sei nicht bekannt, dass es eine interne Buchung im Monat Dezember 2007 für die Sozialversicherungsbeiträge des Jahres 2006 gegeben habe. Ebenfalls sei ihr nicht bekannt, dass dies zu höheren Bruttoeinkommen für die Beklagte geführt habe. Erst im Jahre 2012 habe sie die Abrechnungen selbst überprüft, dabei sei sie auf die Zeile „SV-AG-2006’“ gestoßen. Sie habe dann auch gleich in der Bezügestelle A-Stadt bei der zuständigen Mitarbeiterin Frau … angerufen. Diese konnte ihr am Telefon trotz intensiver Suche keine Auskunft geben, wie es zu dieser Zahlung gekommen sei und was diese Zahlung darstelle. Erst einige Tage später habe sie dann das Schreiben vom 08. August 2012 erhalten. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Rückzahlung von 5.885,39 Euro brutto, für den Zeitraum von Januar 2007 bis Juli 2012. Die Beklagte ist der Auffassung, dass alle eventuell bestehenden Ansprüche, unter Berücksichtigung von § 37 TVL, vor dem Februar 2012 verfallen seien. Der Klägerin seien die Berechnungsgrundlagen bekannt gewesen. Der aufgetretene Eingabefehler falle in die Sphäre der Klägerin. Diese könne diesen Eingabefehler eher erkennen, als die Beklagte als betroffene Arbeitnehmerin. Die Beklagte ist der Auffassung, die Klägerin hätte bei eventuellen Kontrollen den Fehler viel eher erkennen können. Die Fehlerhaftigkeit der Eingabe sei auch nicht offensichtlich. Die Beklagte kenne die Abrechnungsmodalitäten der Klägerin nicht. Sie kenne auch nicht die Abkürzungen oder Zahlungscode der Klägerin. Die Berufung auf § 37 TVL sei auch nicht rechtsmissbräuchlich, nach § 242 BGB. Die Beklagte habe die Zahlung in Höhe von 120,11 Euro im Monat nicht für fehlerhaft gehalten. Sie habe auch nicht böswillig die Klägerin von der Geltendmachung abgehalten. Mit Erkennen des Abrechnungsfehlers habe sie sofort die Klägerin telefonisch informiert.
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Mit Antrag vom 27. März 2013, eingegangen beim Arbeitsgericht Halle am 02. April 2013, hat die Klägerin beim Arbeitsgericht Halle den Erlass eines Mahnbescheides beantragt. Dieser Mahnbescheid ist am 05. April 2013 erlassen worden und der Beklagten am 09. April 2013 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 12. April 2013, eingegangen beim Arbeitsgericht Halle am gleichen Tag per Fax, hat die Beklagte gegen den Mahnbescheid des Arbeitsgerichtes Halle Widerspruch eingelegt. In der Güteverhandlung am 27. Juni 2013 haben die Prozessparteien einen Teilvergleich abgeschlossen. Zwischen den Prozessparteien besteht darüber Einigkeit, dass die Beklagte ihre Verpflichtung aus diesem gerichtlichen Teilvergleich gegenüber der Klägerin vollständig erfüllt hat.
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Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen der Parteien sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 27. Juni 2013 und vom 16. Januar 2014 verwiesen.
Entscheidungsgründe
1.
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Die Klage der Klägerin ist zulässig. Insbesondere ist das angerufene Gericht örtlich zuständig und der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist gegeben (§ 2 Abs. 1 Ziff. 3 a) ArbGG, § 2 Abs. 1 Ziff. 2 des Gesetzes über die Gerichte für Arbeitssachen des Landes Sachsen-Anhalt i. V. m. § 17 ZPO).
2.
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Die Klage der Klägerin ist unbegründet. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten keine Rückzahlungsansprüche für den Zeitraum von Januar 2008 bis Januar 2012.
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Im Änderungsvertrag vom 04. Oktober 2007 haben die Prozessparteien unter § 1 Abs. 2 Nachfolgendes geregelt:
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„Der Wortlaut zu § 2 erhält – folgende Fassung:
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„Für das Arbeitsverhältnis geltend
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- der Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst der Länder (TVL)
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- der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TVL und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder) sowie
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- die Tarifverträge die den TVL und den TVÜ-Länder ergänzen, ändern oder ersetzen in der Fassung die für den Bereich der Tarifgemeinschaft Deutscher Länder und für das Land jeweils gilt, solange der Arbeitgeber hieran gebunden ist“…“.
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Nach § 1 Abs. 1 TVL gilt dieser Tarifvertrag für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in einem Arbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber stehen, der Mitglied der Tarifgemeinschaft Deutscher Länder (TDL) oder eines Mitgliedsverbandes der TDL ist. Gemäß § 39 Abs. 1 TVL trat dieser Tarifvertrag am 01. November 2006 in Kraft. Nach § 24 Abs. 1 Satz 2 TVL erfolgt die Zahlung des monatlichen Entgelt am letzten Tag des Monats für den laufenden Kalendermonat bzw. wenn dieser Tag auf einen Samstag oder auf einen Wochenfeiertag fällt, am jeweils vorhergehenden Werktag. Nach § 37 Abs. 1 TVL verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit von den Beschäftigten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden. Die erste schriftliche Geltendmachung der Klägerin, auf eventuelle Rückzahlungsansprüche gegenüber der Beklagten, erfolgte unstreitig mit Schreiben vom 08. August 2012. Alle eventuellen Überzahlungen, die die Klägerin gegenüber der Beklagten vor dem Monat Februar 2012 vorgenommen hat, sind nach § 37 Abs. 1 TVL verfallen. Die Berufung der Beklagten auf diese Ausschlussfrist verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben. Der Klägerin steht keine Forderung aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative BGB (ungerechtfertigte Bereicherung), betreffend der Überzahlungen von Vergütungen für den Zeitraum von Januar 2008 bis Januar 2012, mehr zu. Dieser Anspruch ist zwar unstreitig in Höhe von 120,11 Euro brutto monatlich entstanden. Die Beklagte hat in diesem Umfang Vergütung ohne Rechtsgrund im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB erhalten.
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Der Anspruch für den Zeitraum vom 01. Januar 2008 bis zum 31. Januar 2012 ist gemäß § 37 Abs. 1 TVL erloschen. Nach dieser Bestimmung verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb von sechs Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Die von der Klägerin rechtswirksam vorgenommene Geltendmachung erfasst erst Ansprüche auf Rückzahlung überzahlter Vergütung beginnend mit dem Monat Februar 2012. Die Fälligkeit der Bereichungsansprüche aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative BGB tritt, sofern die eingetretene Überzahlung nicht auf unterlassene Informationen des Arbeitnehmers über die Veränderung seiner persönlichen Verhältnisse beruht, regelmäßig mit Vornahme der Zahlung ein. Die sechsmonatige Verfallfrist des § 37 Abs. 1 TVL für die letzte hier streitgegenständliche Überzahlung im Monat Januar 2012 lief mithin zum 31. Juli 2012 ab. Bis zu diesem Zeitpunkt ist eine wirksame Geltendmachung seitens des beklagten Landes nicht erfolgt. Geltendmachung in diesem Sinne setzt voraus, dass der Gläubiger die ihm seiner Auffassung nach zustehenden Ansprüche nach Grund und Höhe spezifiziert. Eine Schätzung reicht nicht aus. Angaben zur Höhe einer Forderung sind ausnahmsweise nur dann entbehrlich, wenn bei umfangreichen Schadenersatzansprüchen diese nur der Schuldner der Forderung selbst kennt. Die Anforderung einer ordnungsgemäßen Geltendmachung im Sinne von § 37 TVL sind mit dem Anschreiben der Klägerin an die Beklagte vom 08. August 2012 erfüllt. Mit diesem Schreiben konnte die Klägerin jedoch erst Ansprüche auf Rückzahlung überzahlter Vergütung für den Zeitraum vom 01. Februar 2012 bis zum 31. Juli 2012 wahren.
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Die Berufung der Klägerin auf den Ablauf der Ausschlussfristen verstößt nicht gegen die Grundsätze des § 242 BGB (Treu und Glauben). Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes ist die Berufung eines Arbeitnehmers auf den Ablauf von tariflichen Ausschlussfristen dann treuwidrig, wenn der Arbeitnehmer den Arbeitgeber aktiv oder durch pflichtwidriges Unterlassen von der Geltendmachung seiner Ansprüche abgehalten hat. Ein pflichtwidriges Unterlassen liegt wiederum vor, wenn der Arbeitnehmer positive Kenntnis von der Zahlung hatte oder aber wenn für ihn, auf Grund konkreter Anhaltspunkte, Anlass zur Überprüfung der Bezügeabrechnung bestand und er trotz der sich ergebenen Zweifel an der Richtigkeit einer Information seines Arbeitgebers unterlassen hat. Der der Berufung auf die Ausschlussfristen entgegenstehende Einwand der Treuwidrigkeit entfällt jedoch dann wieder, wenn der Arbeitgeber auf andere Weise, von den einen Anspruch begründenden Tatsachen, Kenntnis erlangt. In diesem Fall ist der Arbeitgeber gehalten auf Wegfall der die Treuwidrigkeit begründenden Umstände, die die Ausschlussfrist unterliegenden Ansprüche, innerhalb einer kurzen Überlegungsfrist, geltend zu machen. Die Ausschlussfrist wird nicht erneut in vollem Umfang in Lauf gesetzt (vgl. Urteil des LAG Sachsen-Anhalt vom 17. Oktober 2006, Az.: 11 (5) Sa 276/06 E mit der dort weiter angegebenen umfangreichen Rechtsprechung). Unter Anwendung dieser Grundsätze der Rechtsprechung des LAG Sachsen-Anhalt und des BAG, verstößt die Berufung auf die tariflichen Ausschlussfristen durch die Beklagte nicht gegen Treu und Glauben. Zum Einen sind die monatlichen Gehalts- bzw. Lohnabrechnungen der Klägerin erfahrungsgemäß sehr unübersichtlich. Dies zeigen allein die von der Beklagten vorgelegten Gehaltsabrechnungen für die Monate Oktober 2007, November 2007 und Dezember 2007. Für eine Angestellte wie die Beklagte, ist nicht auf den ersten Blick erkennbar, dass, wenn auch aus Versehen in den bruttowirksamen Entgelten, ein monatlicher Betrag in Höhe von 120,11 Euro mit dem Vermerk „SV-AG-2006“ enthalten ist. Auch ist es lebensfremd, dass eine Angestellte wie die Beklagte, die übersandten Gehaltsabrechnungen in den Monaten, in den die Beklagte eine Abrechnung erhält, jeweils mit den Gehaltstabellen der jeweiligen Tarifverträge vergleicht, um eventuelle Fehler feststellen zu können. Da es sich, verglichen mit ihrem Gesamtgehalt auch um einen relativ geringen Betrag handelt, war die fehlerhafte Abrechnung durch die Beklagte nach Auffassung der Kammer nicht sofort durch die Beklagte zu erkennen. Im Übrigen ist der Beklagten zu Gute zu halten, dass sie in dem Augenblick, in dem sie diese für sie rätselhafte Zahlung erkannt hat, die zuständige Mitarbeiterin der Klägerin über diese Zahlung informiert hat. Aber selbst die zuständige Mitarbeiterin der Klägerin konnte nicht sofort erkennen, dass es sich um eine fehlerhafte Zahlung der Klägerin an die Beklagte gehandelt hat. Wenn selbst dies für die zuständige Mitarbeiterin der Bezügestelle der Klägerin nicht sofort erkennbar ist, dann kann dies erst recht nicht für die Beklagte gelten, die keinerlei Erfahrungen über die Durchführung von Lohn- bzw. Gehaltsabrechnungen hat. Darüber hinaus hatte die Kammer bei ihrer Entscheidung aber zu beachten, dass die vorgenommenen Überzahlungen durch die Klägerin an die Beklagte, auch auf ein nicht unerhebliches Organisationsverschulden der Klägerin beruht. Nach Auffassung der Kammer ist es nicht Aufgabe der Beklagten die ihr zuständigen Bezüge korrekt zu ermitteln. Die Klägerin hält dafür vielmehr eine mit umfassender Technik versehene Fachbehörde vor. Wenn die Klägerin im Rahmen ihrer Organisation davon absieht, turnusmäßig die Vergütungszahlungen der Mitarbeiter auf Richtigkeit hin zu überprüfen, insbesondere bei tatsächlichen Veränderungen, so kann dies nicht der Beklagten angelastet werden. Dabei war zu berücksichtigen, dass der Vertreter der Klägerin in der Kammerverhandlung am 16. Januar 2014 erklärt hat, eine Kontrolle der laufenden Bezüge, insbesondere der vorgenommenen Eingaben, wird turnusmäßig nicht vorgenommen. Eine solche Überprüfung durch die Klägerin findet nur alle fünf bis zehn Jahre bzw. überhaupt nicht statt. Bei einer derartigen Verwaltungsorganisation der Klägerin kommt es dann, wie im vorliegenden Fall, zu einer mehrjährigen Überzahlung. Dies kann nicht zu Lasten der Beklagten gehen. Vielmehr wäre die Klägerin gehalten, um gegebenenfalls die Ausschlussfristen des § 37 TVL wahren zu können, ihre Bezügestelle so zu organisieren, dass innerhalb der Ausschlussfristen des § 37 TVL intern Überprüfungen der vorgenommenen Eingaben, bezüglich der Gehaltszahlungen, vorgenommen werden. Darüber hinaus war auch zu berücksichtigen, dass es der Beklagten gar nicht möglich ist, monatlich die vorgenommenen Gehaltszahlungen zu überprüfen. Es ist allgemein bekannt, dass unter Berücksichtigung von § 108 Abs. 2 Gewerbeordnung, die Klägerin Gehaltsabrechnungen an ihre Angestellten nur noch übersendet, wenn es Änderungen bezüglich der Höhe der Auszahlungen gegeben hat. Es ist völlig lebensfremd anzunehmen, dass Angestellte wie die Beklagte in Monaten, in denen sie keine Gehaltsabrechnung bekommt, jeweils die letzte Gehaltsabrechnung vornimmt, um die Überweisungen der Klägerin an ihre Angestellten zu überprüfen. Auch hier hat die Klägerin das Risiko zu tragen, dass eventuelle Überzahlungen nicht festgestellt werden können. Hierzu wäre es erforderlich, dass die Klägerin, wie in früheren Jahren üblich, ihren Angestellten monatlich eine Gehaltsabrechnung übersendet. Im Übrigen könnte man die Vorschrift des § 37 TVL aus dem Tarifvertrag streichen, wenn sich betroffene Arbeitnehmerin, wie die Beklagte im vorliegenden Fall, in der hier vorliegenden Fallkonstellation, nicht auf diese Vorschrift berufen könnten. Das Risiko nicht erkannter Überzahlungen, könnte die Klägerin verringern, wenn sie wie schon dargestellt ihre Organisations- und Kontrollstruktur in der jeweils zuständigen Bezügestelle ändern würde.
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Aus den dargelegten Gründen war die Klage der Klägerin abzuweisen.
3.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Danach hat die Klägerin als unterlegene Prozesspartei die Kosten des Rechtstreites zu tragen, wobei kein Anspruch der Beklagten auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und der Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten besteht. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 61 Abs. 1 ArbGG i. V. m. den §§ 3 ff. ZPO. Dabei war von der Höhe des nunmehr gestellten Zahlungsantrages in der Kammerverhandlung auszugehen. Eine Wertfestsetzung für das Verfahren insgesamt, gemäß § 63 GKG, erfolgt außerhalb der mündlichen Verhandlung.
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- §§ 3 ff. ZPO 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden 1x
- § 63 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 242 Leistung nach Treu und Glauben 2x
- ZPO § 17 Allgemeiner Gerichtsstand juristischer Personen 1x