|
|
|
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
|
|
|
Die Klage ist zulässig. Der Streitgegenstand ist hinreichend gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO bestimmt. Die Klägerin begehrt für den Zeitraum vom 01.08.2006 bis 28.02.2007 die Bezahlung eines monatlichen Arbeitsentgelts in Höhe der Differenz zwischen der Tarifgruppe 5, 9. Berufsjahr und der Tarifgruppe 5, 11. Berufsjahr des Gehaltstarifvertrages für die Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie die genossenschaftlichen Zentralbanken vom 08.07.2004 (im folgenden: Gehaltstarifvertrag Volksbanken).
|
|
|
Die Klage ist nicht begründet. Die Eingruppierung der Klägerin in die Tarifgruppe 5, 9. Berufsjahr ist für den streitbetroffenen Zeitraum nicht zu beanstanden.
|
|
|
1. Das Vergütungssystem des § 2 Gehaltstarifvertrag Volksbanken knüpft zum einen an die Tätigkeit des Arbeitnehmers durch die Eingruppierung in Tarifgruppen und zum anderen an die Zahl der Berufsjahre an. Mit dem letztgenannten Kriterium meint der Tarifvertrag die Zeit, in denen der Arbeitnehmer tätig war, also Arbeitsleistungen erbracht wurden (vgl. § 8 Abs. 3 Manteltarifvertrag für die Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie die genossenschaftlichen Zentralbanken). Elternzeiten nach den §§ 15 ff. Bundeserziehungsgeldgesetz (in der bis zum 31.12.2006 geltenden Fassung) bzw. nach den §§ 15 ff. des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes vom 05.12.2006 sind keine Berufsjahre im Sinne des Tarifvertrages.
|
|
|
2. Die Nichtberücksichtigung der Elternzeiten bei der Ermittlung der Berufsjahre verstößt weder gegen die Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) noch gegen sonstiges Recht.
|
|
|
a.) Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts nach den §§ 1, 3 Abs. 1 AGG liegt nicht vor. Der Tarifvertrag differenziert nicht nach der Zugehörigkeit zu einem Geschlecht. Die Nichtberücksichtigung der Elternzeiten trifft sowohl Frauen als auch Männer, die dieses Recht in Anspruch nehmen.
|
|
|
b.) Allerdings führt die tarifvertragliche Regelung zu einer mittelbaren Ungleichbehandlung von Frauen gegenüber Männern. Es steht empirisch außer Zweifel, dass weitaus mehr Mütter die Möglichkeit der Elternzeit in Anspruch nehmen als Väter. Die Nichtberücksichtigung der Elternzeit bei der Ermittlung der Berufsjahre trifft daher überwiegend Frauen. Hierin liegt jedoch keine mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts nach den §§ 1, 3 Abs. 2 AGG. Denn diese unterschiedliche Behandlung ist aufgrund der beruflichen Anforderungen gemäß § 8 Abs. 1 AGG gerechtfertigt.
|
|
|
Nach § 8 Abs. 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 genannten Grundes (Geschlecht) zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist. Die Klägerin übt als Bankkauffrau und Basisberaterin für Privatkunden eine verantwortungsvolle Tätigkeit aus. Sie hat die Privatkunden bei Kapitalanlagen und bei der Vergabe von Krediten bis zu einer Darlehenssumme von EUR 50.000,00 zu beraten. Die Tarifvertragsparteien haben hinsichtlich dieses Tätigkeitsbildes, das nach der Tarifgruppe 5 bewertet wird, eine siebenstufige Staffelung nach Berufsjahren vorgesehen. Sie wollten damit die Berufserfahrung, die den Arbeitnehmer befähigt, seine Arbeit besser zu verrichten, honorieren. Der Europäische Gerichtshof hat das Modell der Gehaltssteigerung nach Berufsjahren als ein legitimes Ziel der Entgeltpolitik des Arbeitgebers akzeptiert (Urteil vom 03.10.2006 - C - 17/05, EuZW 2006, 693). Verwendet der Arbeitgeber ein Entgeltsystem, in welchem er die Berufserfahrung gehaltssteigernd berücksichtigt, so muss er nicht besonders darlegen, dass der Rückgriff auf das Kriterium der Berufserfahrung für den konkreten Arbeitsplatz geeignet ist. Vielmehr gilt die Regel, dass die Berufserfahrung den Arbeitnehmer befähigt, seine Arbeit besser zu verrichten.
|
|
|
Diese vom EuGH für einen einzelnen Arbeitgeber aufgestellten Grundsätze gelten erst recht für einen Tarifvertrag. Aufgrund dessen Richtigkeitsgewähr ist die Entscheidung der Tarifvertragsparteien, das Entgeltsystem u. a. an die Berufserfahrung anzuknüpfen, zu respektieren.
|
|
|
Die Klägerin hat keine Anhaltspunkte vorgetragen, die das Entgeltsystem des Gehaltstarifvertrags Volksbanken ernstlich in Frage stellen könnten. Die Beklagte muss daher nicht näher darlegen, weshalb die Berufserfahrung für die Tätigkeit der Klägerin von Bedeutung ist. Auch wenn die Anwendung der tarifvertraglichen Regelung tatsächlich die überwiegende Zahl der betroffenen Frauen gegenüber Männern nicht gleichbehandelt, so ist dies daher als Folge des Entgeltsystems hinzunehmen (EuGH, Urteil vom 03.10.2006, a.a.O.). Nach § 8 Abs. 1 AGG ist die Nichtberücksichtigung der Elternzeiten im Hinblick auf die auszuübende Tätigkeit und die Bedeutung der Berufserfahrung gerechtfertigt.
|
|
|
c.) Aus den vorgenannten Gründen kann auch kein Verstoß gegen den allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz oder Artikel 141 EG-Vertrag angenommen werden. Die Tarifvertragsparteien haben ein differenziertes Modell entwickelt, das nicht als unverhältnismäßig angesehen werden kann. Sie haben berücksichtigt, dass in den unteren Tarifgruppen andere Berufserfahrungszeiten vorhanden sind, als in höheren Tarifgruppen. Für die Tarifgruppe 5 haben sie sich dazu entschieden, nach dem 11. Berufsjahr keine weitere Differenzierung vorzunehmen. Für die Klägerin bedeutet dies, dass nach dem Erreichen des 11. Berufsjahres die Kindererziehungszeiten nicht mehr von Bedeutung sind.
|
|
|
3. Hinsichtlich der streitbefangenen Zeiträume war die Klägerin damit nach § 8 Ziff. 3 des Manteltarifvertrages für die Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie die genossenschaftlichen Zentralbanken (Bl. 7 d. A.) zutreffend eingruppiert.
|
|
|
Die Klage war daher abzuweisen.
|
|
|
4. Als unterliegende Partei trägt die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits (§§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 ZPO). Die Streitwertfestsetzung entspricht der Bezifferung der Klage (§§ 61 Abs. 1 ArbGG, 3 ZPO). Ein Grund zur Zulassung der Berufung, soweit sie nicht kraft Gesetzes statthaft ist, ist nicht gemäß § 64 Abs. 3 ArbGG gegeben. Die Kammer hat sich der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zu Art. 141 EG-Vertrag angeschlossen.
|
|