Urteil vom Anwaltsgerichtshof NRW - 1 AGH 42/21
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Streitwert wird auf 50.00,00 Euro festgesetzt.
1
Tatbestand:
2Bei der Klägerin handelt es sich um eine am 08.08.2019 zur Rechtsanwaltschaft zugelassene Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Gesellschafter waren nach dem notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrag vom 23.01.2019 ursprünglich der Steuerberater A sowie die Rechtsanwältin B. Als jeweils einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer wurden die beiden Gesellschafter sowie der Rechtsanwalt C bestellt. Mit weiterem notariellen Vertrag vom 25.05.2020 veräußerten und übertrugen die Gesellschafter A und B ihre Gesellschaftsanteile an Rechtsanwalt C, dieser wurde zugleich zum alleinigen Geschäftsführer bestellt.
3Mit Bescheid vom 30.06.2020 widerrief die Beklagte dem Gesellschafter/Geschäftsführer C die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft aus den Gründen des § 14 Abs.2 Nr.7 BRAO. Das vor dem Senat geführte Klageverfahren zu Az.: 1 AGH 20/20 blieb erfolglos. Der Senat hat die Klage mit Urteil vom 13.11.2020 abgewiesen. Das Urteil ist seit dem 13.02.2021 rechtskräftig.
4Mit Schreiben vom 05.03.2021 hörte die Beklagte die Klägerin zur Frage des Zulassungswiderrufs aus den Gründen des § 59h Abs.3 S.1 BRAO an. Sie wies die Klägerin darauf hin, dass Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft Rechtsanwälte oder Angehörige der in § 59a Abs.1 S.1 u. Abs.2 BRAO genannten Berufe (Patentanwälte/Angehörige steuerberatender Berufe/Wirtschafts- u. Buchprüfer) sein müssen und diese Voraussetzungen nach dem rechtskräftigen Entzug der Anwaltszulassung ihres Gesellschafters und Geschäftsführers nicht mehr gegeben seien. Eine Reaktion der Klägerin auf dieses Schreiben erfolgte nicht.Mit Bescheid vom 27.09.2021 hat die Beklagte der Klägerin die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft widerrufen.
5Gegen den am 07.10.2021 zugestellten Widerrufsbescheid hat die Klägerin, vertreten durch den Geschäftsführer, Herrn C, Klage erhoben. Die Klägerin hat ihre Klage nicht begründet.
6Sie beantragt,
7den angefochtenen Bescheid aufzuheben.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Sie hält die Klage wegen der fehlenden Postulationsfähigkeit des Geschäftsführers der Klägerin für unzulässig.
11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verfahrensakte, der Verwaltungsakte der Beklagten zur Mitglieds-Nr. (..) sowie auf die beigezogene Akte des AGH NRW, Az.: 1 AGH 20/20, verwiesen.
12Entscheidungsgründe:
13Die Klage hat keinen Erfolg, sie ist bereits unzulässig. Hierüber konnte der Senat auf den Verhandlungstermin vom 18.03.2022 entscheiden, obgleich keiner der Beteiligten zum Termin erschienen ist. Die Beteiligten sind unter Hinweis darauf, dass auch im Falle ihres Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs.2 VwGO), zum Termin geladen worden.
14Die Klage ist unzulässig, weil die Klägerin vor dem Anwaltsgerichtshof nicht ordnungsgemäß vertreten war und die Klageschrift nicht durch einen postulationsfähigen Bevollmächtigten erhoben worden ist.
15Vor dem Anwaltsgerichtshof besteht Anwaltszwang, § 112c Abs.1 S.2 BRAO i.V.m. § 67 Abs.4 VwGO (Weyland/Kilimann, BRAO, 10. Aufl., § 112c Rn.128). Die Klägerin vertritt sich in diesem Verfahren selbst. Postulationsfähig ist sie gem. § 59 lit.l S.3 BRAO allerdings nur, wenn die Voraussetzungen der Postulationsfähigkeit in der Person des für sie handelnden Organs vorliegen (vgl. Weyland/Brüggemann, BRAO, 10. Aufl., § 59 l Rn.3).
16Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, da dem alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der Klägerin die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft durch Bescheid der Beklagten vom 30.06.2020 – mittlerweile - rechtskräftig widerrufen wurde. Wegen der Einzelheiten wird auf das vor dem Senat geführte Klageverfahren zu Az.: 1 AGH 20/20 verwiesen.
17Die Klägerin ist durch Verfügung vom 04.02.2022 gesondert auf die Zulässigkeitsproblematik hingewiesen worden. Eine Reaktion der Klägerin ist nicht erfolgt.
18Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 112c BRAO, 154 VwGO und §§ 167 VwGO, 708 Nr.11, 711 ZPO. Ein Anlass, die Berufung nach §§ 112c BRAO, 124 VwGO zuzulassen, besteht nicht.
19Rechtsmittelbelehrung
20Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag ist bei dem Anwaltsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Heßlerstraße 53, 59065 Hamm, zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen,
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1. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
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2. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
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3. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
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4. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
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5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Vor dem Anwaltsgerichtshof und dem Bundesgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Das gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte und Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, zugelassen. Ferner sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein nach dem Vorstehenden Vertretungsberechtigter kann sich selbst vertreten; es sei denn, dass die sofortige Vollziehung einer Widerrufsverfügung angeordnet und die auf-schiebende Wirkung weder ganz noch teilweise wiederhergestellt worden ist. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammen-schlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
28Die Festsetzung des Streitwerts ist unanfechtbar.
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Referenzen
- BRAO § 14 Rücknahme und Widerruf der Zulassung 1x
- BRAO § 59h Erlöschen der Zulassung 1x
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- ZPO § 167 Rückwirkung der Zustellung 1x
- VwGO § 124 1x
- BRAO § 59 Ausbildung von Referendaren 1x
- VwGO § 154 1x
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- VwGO § 102 1x
- 1 AGH 20/20 3x (nicht zugeordnet)
- BRAO § 112c Anwendung der Verwaltungsgerichtsordnung 3x
- BRAO § 59a Berufliche Zusammenarbeit 1x