Beschluss vom Bundesgerichtshof (12. Zivilsenat) - XII ZB 576/16

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 7. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Bamberg vom 23. August 2016 wird auf Kosten des Antragstellers verworfen.

Wert: bis 95.000 €

Gründe

I.

1

Die Ehe der Beteiligten wurde im Dezember 2003 rechtskräftig geschieden. Eine Hausratsteilung fand weder bei Trennung noch bei Scheidung statt. Im Jahre 2013 hat der Antragsteller von der Antragsgegnerin die Herausgabe verschiedener Gegenstände des früheren gemeinsamen Hausstands begehrt, deren Gesamtwert er mit 84.265 € beziffert hat. Für den Fall der Unmöglichkeit der Herausgabe hat er Auskunft über den Verbleib der Gegenstände und Schadensersatz verlangt.

2

Das Amtsgericht hat die Anträge abgewiesen. Gegen diesen ihm am 6. Mai 2016 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller fristgerecht Beschwerde eingelegt. Mit beim Oberlandesgericht am 6. Juli 2016 (einem Mittwoch) eingegangenem Schreiben hat die Rechtsfachwirtin G. für den Antragsteller gebeten, die Begründungsfrist für die Beschwerde bis zum 27. Juli 2016 zu verlängern. Der Senatsvorsitzende des Oberlandesgerichts hat dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers unter dem 7. Juli 2016 mitgeteilt, das Fristverlängerungsgesuch sei unwirksam, weil es nicht von einem Rechtsanwalt eingereicht worden sei und auch insoweit Anwaltszwang bestehe.

3

Am 8. Juli 2016 ist beim Oberlandesgericht ein vom Antragstellervertreter unterzeichneter Antrag auf Fristverlängerung eingegangen. Mit Verfügung vom 11. Juli 2016 hat der stellvertretende Senatsvorsitzende die "Fristverlängerung antragsgemäß bis 27.07.2016 genehmigt". Auf einen weiteren Fristverlängerungsantrag des Antragstellervertreters vom 25. Juli 2016, die Begründungsfrist nochmals bis 10. August 2016 zu verlängern, hat das Oberlandesgericht darauf hingewiesen, dass die Beschwerdebegründungsfrist nicht eingehalten worden sei. Mit Beschluss vom 23. August 2016 hat es die Beschwerde als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Rechtsbeschwerde.

II.

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Die gemäß § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG iVm §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die maßgeblichen Rechtsfragen sind durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geklärt und der Antragsteller vermag auch nicht aufzuzeigen, dass eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich wäre.

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1. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

6

Die Frist zur Begründung der Beschwerde habe am 6. Juli 2016 geendet, weil das an diesem Tag eingegangene Gesuch auf Fristverlängerung nicht von einem Rechtsanwalt unterschrieben gewesen und das von einem Rechtsanwalt unterschriebene Gesuch erst am 8. Juli 2016 und damit nach Fristablauf beim Oberlandesgericht eingegangen sei. Dass die Fristverlängerung mit Verfügung vom 11. Juli 2016 gleichwohl gewährt worden sei, bleibe rechtlich ohne Bedeutung, weil eine abgelaufene Frist grundsätzlich nicht verlängert werden könne. Die gewährte Fristverlängerung sei deswegen unwirksam. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung sei trotz der gerichtlichen Hinweise nicht gestellt worden.

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2. Die Ausführungen des Oberlandesgerichts halten sich im Rahmen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Das Oberlandesgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Frist zur Begründung der Beschwerde am 6. Juli 2016 endete und durch die Verfügung vom 11. Juli 2016 nicht wirksam verlängert wurde, weil der maßgebliche Verlängerungsantrag erst nach Fristablauf eingegangen ist.

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a) Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei der Prüfung, ob eine fehlerhafte Fristverlängerung wirksam ist, in erster Linie auf den allgemeinen Grundsatz der Wirksamkeit verfahrensfehlerhafter gerichtlicher Entscheidungen sowie insbesondere auf den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes abzustellen. Danach darf der Verfahrensbeteiligte, dem eine beantragte Verlängerung der Rechtsmittelbegründungsfrist gewährt worden ist, grundsätzlich darauf vertrauen, dass die betreffende richterliche Verfügung wirksam ist. Grenzen ergeben sich allerdings aus dem Gebot der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit (vgl. BGH Beschluss vom 19. Juli 2016 - II ZB 3/16 - NJW-RR 2016, 1529 Rn. 14 mwN). Verlängert der Vorsitzende die Rechtsmittelbegründungsfrist aufgrund eines vor deren Ablauf gestellten Antrags, ist seine Verfügung auch dann wirksam, wenn der Verlängerungsantrag verfahrensrechtlich nicht wirksam gestellt worden ist (vgl. etwa BGH Beschlüsse vom 18. November 2003 - VIII ZB 37/03 - NJW 2004, 1460 f. mwN und vom 8. Oktober 1998 - VII ZB 21/98 - NJW-RR 1999, 286, 287; BFH DB 2015, 2553 Rn. 17 mwN). Demgegenüber ist die Verlängerung der Frist zur Begründung eines Rechtsmittels durch den Vorsitzenden des Rechtsmittelgerichts nicht wirksam, wenn im Zeitpunkt des Eingangs des Verlängerungsantrags die Frist zur Rechtsmittelbegründung bereits abgelaufen war (vgl. Senatsbeschlüsse vom 9. November 2005 - XII ZB 140/05 - FamRZ 2006, 190, 191 und vom 24. Januar 1996 - XII ZB 184/95 - FamRZ 1996, 543, 544; BGHZ 116, 377 = NJW 1992, 842 und BGH Beschluss vom 12. Februar 2009 - VII ZB 76/07 - NJW 2009, 1149 Rn. 13; Keidel/Weber FamFG 19. Aufl. § 117 Rn. 36).

9

b) Nach diesen Grundsätzen war die dem Antragsteller gewährte Fristverlängerung nicht wirksam, weil sie erst auf den nach Fristablauf eingegangenen, entsprechend § 114 Abs. 1 FamFG vom Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers unterzeichneten Antrag hin erfolgt ist. Auf den am 6. Juli 2016, dem letzten Tag der Frist, beim Oberlandesgericht eingegangenen, von der nicht postulationsfähigen Rechtsfachwirtin unterschriebenen Verlängerungsantrag ist die Beschwerdebegründungsfrist hingegen nicht verlängert worden. Vielmehr hat das Oberlandesgericht den Antragsteller ausdrücklich auf die Unwirksamkeit dieses Gesuchs hingewiesen und die Fristverlängerung erst auf den - verspäteten - Antrag des Rechtsanwalts gewährt.

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Entgegen der von der Rechtsbeschwerde vertretenen Auffassung kommt es nicht darauf an, wann der Antragstellervertreter Kenntnis von dem Hinweis erhalten hat. Denn die verstrichene Beschwerdebegründungsfrist war unabhängig von Vertrauensgesichtspunkten keiner Verlängerung zugänglich. Bedeutung könnten solche allenfalls im Rahmen einer Wiedereinsetzung erlangen, die der Antragsteller aber nicht beantragt hat und deren amtswegige Gewährung schon mangels Nachholung der versäumten Verfahrenshandlung nicht in Betracht kam (§§ 112 Nr. 3, 117 Abs. 1 Satz 1 und 2 FamFG, § 236 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO). Aus dem Schriftsatz des Antragstellervertreters vom 28. Juli 2016 an das Oberlandesgericht ergibt sich zudem, dass ihm die Verfügung des Gerichts vom 7. Juli 2016 bei der eigenhändigen Unterzeichnung des Verlängerungsantrags vom 8. Juli 2016 bekannt war.

11

3. Im Übrigen gibt die erfolgte Beschwerdeverwerfung auch unabhängig davon, ob die hierfür gegebene Begründung des Oberlandesgerichts zutrifft, keinen Anlass zu rechtlichen Bedenken. Die Rechtsbeschwerde macht zwar geltend, durch die Verfügung vom 11. Juli 2016 sei die Begründungsfrist wirksam verlängert worden und das Oberlandesgericht hätte auch dem weiteren Fristverlängerungsantrag bis zum 10. August 2016 stattgeben müssen. Selbst wenn dies aber zutreffend wäre, hat der Antragsteller weder binnen dieser erbetenen Frist noch bis zur knapp zwei Wochen später ergangenen Entscheidung des Oberlandesgerichts seine Beschwerde begründet, so dass sein Rechtsmittel jedenfalls mangels Beschwerdebegründung gemäß § 117 Abs. 1 FamFG iVm § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu verwerfen war.

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