Beschluss vom Bundesgerichtshof (3. Zivilsenat) - III ZB 76/16

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 18. Oktober 2016 - 4 U 1695/16 - wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf bis 3.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

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Der Kläger macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche aus Amtshaftung geltend. Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 13. Juli 2016, welches den vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers am 14. Juli 2016 zugestellt worden ist, abgewiesen. Hiergegen hat der Kläger mit am Dienstag, den 16. August 2016 bei dem Oberlandesgericht Nürnberg eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Am Gerichtsort Nürnberg ist Montag, der 15. August 2016 (Mariä Himmelfahrt) kein Feiertag, wohl aber am Kanzleisitz der Prozessbevollmächtigten des Klägers in A.   .

2

Das Oberlandesgericht hat den Kläger mit am 24. August 2016 bei seinen Prozessbevollmächtigten eingegangenem Schreiben darüber informiert, dass die Berufungsfrist nicht eingehalten worden sei. Mit Schriftsatz vom 30. August 2016 - am selben Tag bei Gericht eingegangen - hat der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung hat er - unter Vorlage eidesstattlicher Versicherungen - vorgetragen, die Versäumung der Frist beruhe auf einem Versehen der berufserfahrenen und zuverlässigen Rechtsfachwirtin und Bürovorsteherin O.     . Montag, der 15. August 2016 sei auf dem Wandkalender, anhand dessen die Frist berechnet worden sei, als Feiertag grün gekennzeichnet gewesen. Aufgrund der Fehleinschätzung, dass es sich um einen bayernweit geltenden gesetzlichen Feiertag handele, habe sie das Fristende auf den 16. August 2016 berechnet. Da die Berufungseinlegung im Falle der Kostenübernahme durch den Rechtschutzversicherer bereits abgesprochen gewesen sei, sei die Rechtsfachwirtin angewiesen worden, eigenverantwortlich eine Kostenübernahme durch den Rechtschutzversicherer einzuholen. Nach Eingang der Deckungszusage habe sie die Berufungsschrift im Entwurf vorbereitet und diese erst am 16. August 2016 der Vertreterin der sachbearbeitenden Rechtsanwältin zur Unterschrift vorgelegt.

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Das Berufungsgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.

II.

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Die nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte sowie rechtzeitig eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Der Kläger hat weder Gründe aufgezeigt, aus denen sich eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergeben könnte, noch erfolgreich dargetan, dass die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 ZPO).

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1. Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, es könne dahinstehen, ob die Prozessbevollmächtigten des Klägers die Berechnung der Berufungsfrist der Rechtsfachwirtin O.     hätten überlassen dürfen, da sich der Sachverhalt wegen des nicht bayernweit geltenden Feiertages nicht als einfach zu beurteilen dargestellt habe. Jedenfalls falle ihnen deshalb ein eigenes Verschulden zur Last, weil sie ihren Angestellten für die Fristberechnung einen Wandkalender zur Verfügung gestellt hätten, der die erforderliche Unterscheidung, dass Mariä Himmelfahrt nicht in ganz Bayern Feiertag sei, nicht treffe. Darüber hinaus liege anwaltliches Verschulden auch darin, dass der Anwalt, der seiner Angestellten die Einholung der Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung eigenverantwortlich übertragen habe, keine Vorsorge dafür getroffen habe, dass ihm die Akten erneut vorgelegt würden. Zwar sei die Notierung einer Vorfrist für die Frist zur Berufungseinlegung nicht zwingend erforderlich. Etwas anderes gelte aber, wenn von der Angestellten noch weitere Maßnahmen zu treffen seien. Dies sei hier der Fall gewesen, da gegebenenfalls noch eine Rücksprache mit der Rechtschutzversicherung erforderlich gewesen sei. Wäre eine Vorfrist notiert worden, wäre die Akte dem zuständigen Rechtsanwalt spätestens am 11. August 2016 vorgelegt worden; die fehlerhafte Berechnung der Frist hätte rechtzeitig überprüft werden können und müssen.

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2. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde verletzt der angefochtene Beschluss weder den Justizgewährungsanspruch des Klägers aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip noch sein Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG.

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a) Insbesondere ist die Würdigung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, ein dem Kläger gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes eigenes Verschulden seiner Prozessbevollmächtigten liege darin, dass sie ihren Angestellten zur Berechnung von Fristen einen hierfür nicht geeigneten Wandkalender zur Verfügung stellten.

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aa) Dabei ist der erstmals mit der Rechtsbeschwerde vorgebrachte Umstand nicht zu berücksichtigen, dass entgegen der Feststellung des Berufungsgerichts der zur Fristenberechnung verwendete Wandkalender einen Vermerk hinsichtlich der uneinheitlichen Geltung des 15. August als Feiertag enthalten habe. Neben dem grün gedruckten Datum habe sich der Zusatz "Mariä Himmelf.*)" befunden. Als Erläuterung des "*)" sei am Ende der Kalenderübersicht auf der rechten Seite ausgeführt: "*) Feiertag im Saarland und teilweise in Bayern".

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Nach § 234 Abs. 1 Satz 1, § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO hat ein Beschwerdeführer alle Tatsachen, die für die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Bedeutung sein können, innerhalb der zweiwöchigen Antragsfrist vorzutragen. Lediglich erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung nach § 139 BGB geboten gewesen wäre, dürfen noch nach Fristablauf erläutert oder vervollständigt werden (Senatsbeschlüsse vom 24. Juni 2010 - III ZB 63/09, juris Rn. 14 und vom 20. Dezember 2012 - III ZB 47/12, juris Rn. 9; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 6. Mai 1999 - VII ZB 6/99, NJW 1999, 2284; vom 4. März 2004 - IX ZB 71/03, BeckRS 2004, 06830 und vom 10. Mai 2006 - XII ZB 42/05, NJW 2006, 2269 Rn. 10). Jedenfalls nachdem der gegnerische Prozessbevollmächtigte darauf hingewiesen hatte, bei Verwendung der berufsständischen Fristenkalender hätte der Kanzleiangestellten bei Eintragung der Frist der dort typischerweise befindliche Hinweis auf die nicht einheitliche Geltung des Feiertages auffallen müssen, und das Berufungsgericht die Prozessbevollmächtigten des Klägers zur ergänzenden Stellungnahme aufgefordert hatte, hätten diese zu der genauen Gestaltung des Wandkalenders vortragen können und müssen. Eines weiteren Hinweises durch das Berufungsgericht bedurfte es nicht.

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Ohne Berücksichtigung des ergänzenden Vortrags ist der Entscheidung die Feststellung des Berufungsgerichts zugrunde zu legen, dass der in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigen des Klägers zur Berechnung von Fristen verwendete Kalender keinen Hinweis auf die nur teilweise Geltung von Mariä Himmelfahrt in Bayern enthielt. Ein solcher Kalender ist zur Berechnung von Fristen ungeeignet, so dass es ein anwaltliches Organisationsverschulden darstellt, ihn für diesen Zweck verwenden zu lassen.

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bb) Ungeachtet dessen würde selbst bei Berücksichtigung des neuen Vortrags in der Beschwerdebegründung dieser Vorwurf nicht entfallen, denn der vorgetragene und mit der Vorlage des Kalenderblatts in Originalgröße und -farbe belegte Verweis auf die nur für Teile Bayerns geltende Feiertagsregelung für Mariä Himmelfahrt ist nicht hinreichend deutlich, um nicht übersehen zu werden. Der Hinweis besteht aus einem winzigen, im Durchmesser maximal einen halben Millimeter großen Sternchen mit einer entsprechend kleinen Klammer an der senkrecht zur Leserichtung neben der Zahl 15 angebrachten abgekürzten, in etwa zwei Millimeter großen Buchstaben gehaltenen Bezeichnung des Feiertags. Das Sternchen verweist auf den unten auf dem Kalenderblatt, ebenfalls nur in etwa zwei Millimeter Schriftgröße gehaltenen Vermerk zur nicht bayernweiten Geltung des Feiertags. Es liegt auf der Hand, dass ein solch unauffälliger Hinweis - insbesondere auf einem Wandkalender, der üblicherweise aus einer größeren Leseentfernung als ein Tischkalender betrachtet zu werden pflegt - leicht zu übersehen ist, woraus sich das auch in diesem Fall verwirklichte erhebliche Risiko ergibt, dass bei der Fristberechnung eine Orientierung allein anhand der farblichen Hervorhebung des Tages als Feiertag erfolgt.

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b) Auf die Frage, ob das Berufungsgericht ein eigenes Verschulden der Prozessbevollmächtigten des Klägers zu Recht auch daraus gefolgert hat, dass keine Vorfrist zur Aktenvorlage an die sachbearbeitende Rechtsanwältin notiert wurde, kommt es hiernach nicht mehr an.

Herrmann     

       

Tombrink     

       

Remmert

       

Reiter     

       

Pohl     

       

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