Beschluss vom Bundessozialgericht (1. Senat) - B 1 KR 6/17 C

Tenor

Die Gegenvorstellung des Klägers gegen den Beschluss des Bundessozialgerichts vom 23. März 2017 wird zurückgewiesen, die Anhörungsrüge des Klägers gegen diesen Beschluss wird als unzulässig verworfen.

Gründe

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I. Der Kläger streitet als Sonderrechtsnachfolger seiner bei der beklagten Krankenkasse versichert gewesenen, am 8.9.2010 verstorbenen Mutter (Versicherte) um Erstattung von 2292,80 Euro Restkosten für von der Versicherten in Spanien in Anspruch genommene Krankenbehandlung. Das Begehren ist bei der Beklagten, dem SG und dem LSG ohne Erfolg geblieben (LSG-Urteil vom 30.8.2016, zugestellt am 19.9.2016). Der erkennende Senat hat den Antrag des Klägers abgelehnt, ihm einen Notanwalt beizuordnen (§ 202 S 1 SGG iVm § 78b Abs 1 ZPO), weil er den Antrag (2.11.2016) erst nach Ablauf der Frist zur Einlegung der Beschwerde (19.10.2016) gestellt hat und keine Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vorgelegen haben (BSG Beschluss vom 23.3.2017).

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Der Kläger wendet sich mit seiner "Gegenvorstellung (§ 160 SGG) / Beschwerde" gegen den BSG-Beschluss.

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II. Die Gegenvorstellung bleibt ohne Erfolg (dazu 1.), die Anhörungsrüge ist zu verwerfen (dazu 2.).

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1. Eine Gegenvorstellung kann nur gegen eine - vorliegend insoweit nicht gegebene - abänderbare Entscheidung des Gerichts erhoben werden (vgl BFH Beschluss vom 6.12.2011 - IX S 19/11 - BFH/NV 2012, 438, RdNr 1; BVerfGE 122, 190, 203 = Juris RdNr 39). Die Gegenvorstellung ist nämlich kein gesetzlich geregelter Rechtsbehelf. Es ist ausgeschlossen, gesetzlich geregelte Bindungen des Gerichts an seine eigenen Entscheidungen, wie insbesondere die Innenbindung während des laufenden Verfahrens nach § 202 S 1 SGG iVm § 318 ZPO, ohne gegenläufige gesetzliche Grundlage zu übergehen (vgl BVerfGE 122, 190, 203 = Juris RdNr 39; BSG Beschluss vom 19.3.2013 - B 1 KR 6/13 C - RdNr 5). Der ablehnende Beschluss, einen Notanwalt beizuordnen, entfaltet nach seinem Sachgehalt Innenbindung des Gerichts. Grundsätzlich unterliegt er der Beschwerde (zur Beschwerde vgl §§ 172 Abs 1, 202 S 1 SGG iVm § 78b Abs 2 ZPO). Anders als bei der erneuten Beantragung von Prozesskostenhilfe (vgl dazu BGH Beschluss vom 3.3.2004 - IV ZB 43/03 - Juris RdNr 8 ff = NJW 2004, 1805, 1806; BFHE 226, 109, 114) gibt es keine Gründe, von einer Innenbindung abzusehen (iE ebenso - nur noch Anhörungsrüge - Vollkommer in Zöller, ZPO, 31. Aufl 2016, § 78b RdNr 9; Toussaint in MünchKomm zur ZPO, 5. Aufl 2016, § 78b RdNr 15; vgl auch Jacoby in Stein/Jonas, ZPO, Bd 2 §§ 78 - 147, 23. Aufl 2016, § 78b RdNr 25; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 75. Aufl 2017, § 78b RdNr 7; ohne ausdrückliche Positionierung BGH Beschluss vom 20.6.2006 - VI ZR 255/05 - Juris RdNr 3 = VersR 2007, 132 RdNr 3; BGH Beschluss vom 17.10.2013 - V ZR 1/13 - Juris RdNr 4; BGH Beschluss vom 13.3.2013 - V ZR 1/13 - Juris RdNr 4).

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Die Gegenvorstellung des Klägers kann auch in der Sache keinen Erfolg haben, wenn man sie für zulässig erachtet. Zu Recht hat es der erkennende Senat abgelehnt, dem Kläger einen Notanwalt beizuordnen. Der Kläger hat seinen Beiordnungsantrag erst nach Ablauf der Frist zur Einlegung der Beschwerde (19.10.2016) gestellt. Es hat nicht für den Fristenlauf an der dafür erforderlichen ordnungsgemäßen Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 30.8.2016 gefehlt, wie der Kläger meint. Die Urteilsverkündung des LSG ist in der von der Vorsitzenden und der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle unterschriebenen Niederschrift wirksam protokolliert (§ 122 SGG iVm § 160 Abs 3 Nr 6 und 7, § 163 Abs 1 S 1 ZPO). Entgegen der Auffassung des Klägers bedarf die Protokollierung der Verkündung des Urteils nicht der Genehmigung der Beteiligten (§ 122 SGG iVm § 162 Abs 1 S 1 ZPO). Gründe für eine Wiedereinsetzung sind vom Kläger weder dargetan noch sonst ersichtlich. Wer die Beiordnung eines Notanwalts nach Ablauf der Rechtsmittelfrist erfolglos beantragt, kann nicht besser stehen als derjenige, der eine Rechtsmittelfrist hat verstreichen lassen. Soweit keine Wiedereinsetzungsgründe vorliegen, darf sich das Beschwerde- und Revisionsgericht nicht über die eingetretene Rechtskraft hinwegsetzen.

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2. Die Anhörungsrüge gegen die Ablehnung der Beiordnung eines Rechtsanwalts ist als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger legt die Voraussetzung einer entscheidungserheblichen Verletzung rechtlichen Gehörs durch das Gericht (vgl § 178a Abs 1 S 1 Nr 2 SGG) nicht dar (§ 178a Abs 2 S 5 SGG). Er bezeichnet keine derartige Verletzung, sondern greift - wie oben dargelegt - bloß die vermeintliche Unrichtigkeit des Beschlusses des erkennenden Senats vom 23.3.2017 an.

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3. Der Beschluss über die Anhörungsrüge ist unanfechtbar (§ 178a Abs 4 S 3 SGG). Der Senat weist daraufhin, dass er vergleichbare Eingaben des Klägers zukünftig nicht mehr verbescheidet. Macht ein Beteiligter wiederholt mit im Kern gleichen Begründungen Eingaben, bedarf es auf Dauer nicht mehr der Entscheidung hierüber (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 17 RdNr 7).

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