Urteil vom Bundesverwaltungsgericht (6. Senat) - 6 A 6/11

Tatbestand

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Der Kläger wendet sich gegen ein Vereinsverbot des Bundesministeriums des Innern.

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Der Kläger, die Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige (HNG), wurde 1979 gegründet. Die Organisation verfolgt nach ihrer Satzung "ausschließlich karitative Zwecke, indem sie nationale politische Gefangene und deren Angehörige im Rahmen der ihr zur Verfügung stehenden Mittel unterstützt". Sitz des Klägers ist Frankfurt am Main. Der Kläger ist bundesweit tätig. Er hat im gesamten Bundesgebiet etwa 600 Mitglieder. Er gibt eine Zeitschrift heraus, die "Nachrichten der HNG". Sie erscheint einmal monatlich in einer Auflage von rund 700 Exemplaren. Der Kläger pflegt durch seine Vorstandsmitglieder den Briefwechsel mit inhaftierten Straftätern, die er dem Kreis der nationalen politischen Gefangenen zurechnet. Briefe an inhaftierte Straftäter und Briefe von ihnen, insbesondere an Vorstandsmitglieder des Klägers, werden in den "Nachrichten der HNG" abgedruckt. Der Kläger vermittelt zudem den Briefwechsel mit inhaftierten Straftätern. Die "Nachrichten der HNG" veröffentlichen dazu in einer festen Rubrik eine Liste von Inhaftierten, die um Briefkontakt bitten.

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Durch Verfügung vom 30. August 2011 stellte das Bundesministerium des Innern fest: Der Kläger richte sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung und laufe nach Zweck und Tätigkeiten den Strafgesetzen zuwider. Er sei deshalb verboten und werde aufgelöst. Das Bundesministerium des Innern gab zur Begründung an: Unter dem Motto "Drinnen wie draußen eine Front" rufe der Kläger zum aktiven Kampf gegen die verfassungsmäßige Ordnung auf. Hierzu vereine er unter dem Deckmantel einer vermeintlich karitativen Betreuung von strafgefangenen Rechtsextremisten nationalistischer Prägung mit dem Ziel, die rechtsextremistische Szene in Deutschland organisationsübergreifend zu stärken und auf deren Radikalisierung hinzuwirken. In diesem Sinne befürworte, propagiere und befördere der Kläger strafrechtswidriges Verhalten bis hin zum Einsatz von Gewalt als legitimem Mittel im Kampf gegen die verfassungsmäßige Ordnung. Der Kläger lehne die bestehende staatliche Ordnung der Bundesrepublik Deutschland grundlegend ab. Er stelle ihr ein nationalistisches Weltbild rassistischer und antisemitischer Prägung gegenüber. Zugleich verherrliche er den nationalen Kampf sowie das Soldatentum und glorifiziere Elemente nationalsozialistischer Vergangenheit. Er trete mit einer aktiv-kämpferischen, aggressiven Grundhaltung auf. Er eine nicht nur die rechtsextremistische Szene im Kampf gegen das bestehende System, sondern binde systematisch und gezielt rechtsextremistische Straftäter während und nach der Haft an diese Szene. Dabei bestärke er sie nicht nur in ihren nationalistischen Überzeugungen, sondern rechtfertige und glorifiziere das von ihnen begangene Unrecht. So untergrabe er gezielt staatliche Bemühungen um eine Resozialisierung der Täter und begünstige und befördere eine zukünftige Begehung von Straftaten, die auf dieser ideologischen Basis beruhten.

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Der Kläger hat gegen die Verfügung des Bundesministeriums des Innern Klage erhoben: Seine Zwecke und Tätigkeit liefen nicht den Strafgesetzen zuwider. Dass er oder seine Mitglieder im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit für den Verein Straftaten begangen oder ihnen Vorschub geleistet hätten, habe das Bundesinnenministerium nicht dargelegt. Die Straftaten der von ihm betreuten Gefangenen könnten ihm nicht zugerechnet werden. Sie seien überwiegend wegen Meinungsdelikten verurteilt worden. Er bestärke sie darin, dass ihnen aus moralischer und politischer Sicht nichts vorzuwerfen sei. Damit ziele er nicht darauf ab, dass die von ihm Betreuten weitere Straftaten begingen. Die Kritik an den politischen Sonderdelikten, insbesondere den sogenannten Propagandadelikten, sei nicht strafbar, zumal derartige Delikte den liberalen Demokratien des Westens weithin unbekannt seien. Durch diese Kritik werde nicht die Legalität der konkreten Verurteilung, sondern nur die moralische Legitimität der zugrunde gelegten Straftatbestände bestritten. Er - der Kläger - richte sich nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung. Dieses Tatbestandsmerkmal verlange die Anwendung von Gewalt oder die Bereitschaft hierzu. Nach Art. 87a Abs. 4 GG in Verbindung mit Art. 91 Abs. 2 GG könnten zur Abwehr einer Gefahr für die freiheitlich demokratische Grundordnung Streitkräfte zur Unterstützung eingesetzt werden, wenn die Polizeikräfte der Länder und des Bundes nicht ausreichten. Die strafrechtlichen Bestimmungen gegen den Hochverrat und Art. 143 GG in seiner ursprünglichen Fassung schützten den Bestand der Bundesrepublik Deutschland und die verfassungsmäßige Ordnung vor Angriffen unter Anwendung von Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt. Verfassungsmäßige Ordnung sei danach etwas, das durch Anwendung von Gewalt gefährdet werde. Verfassungsrechtlich legitimer Verfassungsschutz könne sich nur gegen diese Gewaltanwendung und eine ihr vorausgehende zumindest polizeirechtlich relevante Vorbereitungshandlung wenden. An einer Gewaltbereitschaft in diesem Sinne fehle es bei ihm. Eine aggressiv-kämpferische Haltung reiche dagegen nicht aus. Selbst sie liege nicht vor. In seiner Verbotsverfügung habe das Bundesinnenministerium kein einziges Prinzip der freiheitlich demokratischen Grundordnung benannt, gegen das er - der Kläger - sich ausspreche und dessen Abschaffung er anstrebe. Das Bundesinnenministerium habe ihm stattdessen aufgrund einer ideologischen Gesamtschau solche Bestrebungen unterstellt. Es kennzeichne aus seiner Sicht falsche Ansichten als rechtsextremistisch, um aus dieser Kennzeichnung wiederum eine aggressiv-kämpferische Verwirklichung der falschen Ansichten herzuleiten. Rechtsextremismus sei ein Begriff ohne rechtliche Qualität, vielmehr nur eine Kategorie des politischen Meinungskampfes. Mit ihm könne ein Vereinsverbot rechtsstaatlich nicht begründet werden. In den ihm vorgehaltenen Äußerungen trete im Übrigen lediglich ein Verbalradikalismus zutage. Er sei als defensiv-kämpferisch zu bewerten. Mit ihm werde lediglich auf die - auch amtlich verfolgte - Politik massiver Diskriminierung rechter, nationaler Einstellungen reagiert und auf eine Verfassungswirklichkeit hingewiesen, in der Meinungsfreiheit und politischer Pluralismus nur noch für bestimmte Auffassungen zugelassen würden. Mit dem Vereinsverbot sollten rechtsstaatswidrig aus allein ideologischen Gründen politisch unerwünschte Meinungen und Gesinnungen bekämpft werden. Das zeige sich auch daran, dass die "Rote Hilfe", sein Gegenstück im linksextremen politischen Spektrum, trotz ihrer Gewaltbereitschaft und Gewaltförderung nicht verboten werde. Ein Vereinsverbot, das allein wegen als falsch beurteilter politisch-weltanschaulicher Auffassungen ausgesprochen werde, richte sich gegen die grundlegende Konzeption des Rechtsstaats. Er müsse sich als Heimstatt aller seiner Bürger unter Einschluss von "Rechtsextremisten" verstehen. Entsprechend ihrer im Grundgesetz garantierten Menschenwürde komme auch ihnen das Recht zu, ihre weltanschaulich-politischen Auffassungen unter Einschluss von Irrtum selbst zu bestimmen. Das Bundesinnenministerium greife für die ihm - dem Kläger - vorgeworfenen Aussagen auf zahlreiche private Briefe zurück. Deren Inhalt könne ihm nicht notwendig zugerechnet werden. Teilweise unterlägen die Briefe einem Beweisverwertungsverbot, weil sie unter Verletzung des verfassungsrechtlich geschützten Briefgeheimnisses beschafft worden seien. Das Vereinsverbot verstoße gegen die Gewährleistung der Vereinigungsfreiheit in der Europäischen Menschenrechtskonvention. Es sei nicht im Sinne ihrer einschlägigen Bestimmung in einer demokratischen Gesellschaft notwendig. Die mangelnde Notwendigkeit ergebe sich bereits daraus, dass er - der Kläger - bereits seit 30 Jahren bestehe, ohne dass das Bundesinnenministerium früher ein Verbot in Erwägung gezogen oder jetzt dargelegt habe, was sich an seiner Tätigkeit geändert habe und nunmehr ein Verbot rechtfertige. Das Verbot sei jedenfalls unverhältnismäßig. Das Bundesinnenministerium habe es weder befristet noch die Voraussetzungen dargelegt, unter denen der Verein wieder zugelassen werden könne. Sollte das Vereinsgesetz eine Befristung ausschließen, sei es insoweit verfassungswidrig.

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Der Kläger beantragt,

die Verfügung des Bundesministeriums des Innern vom 30. August 2011 aufzuheben.

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Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

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Sie verteidigt das Vereinsverbot unter Hinweis auf von ihr beigebrachte Unterlagen, namentlich Briefe von Gefangenen und an Gefangene, die in den "Nachrichten der HNG" abgedruckt waren, oder andere Briefe, die im Zuge der Durchsuchungen bei Vereinsmitgliedern beschlagnahmt worden sind.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist unbegründet. Die Verfügung des Bundesministeriums des Innern vom 30. August 2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Bundesministerium des Innern hat zu Recht festgestellt, dass der Kläger verboten ist, und deshalb seine Auflösung angeordnet.

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Rechtsgrundlage hierfür ist § 3 Abs. 1 Satz 1 VereinsG in Verbindung mit Art. 9 Abs. 2 GG. Nach Art. 9 Abs. 2 GG sind Vereinigungen verboten, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 VereinsG darf ein Verein erst dann als verboten behandelt werden, wenn durch Verfügung der Verbotsbehörde festgestellt ist, dass der Verein einen der Verbotsgründe des Art. 9 Abs. 2 GG erfüllt; zugleich mit dieser Feststellung ordnet die Verbotsbehörde die Auflösung des Vereins an.

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Der Kläger ist nach Art. 9 Abs. 2 GG verboten. Er richtet sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung (1.). Seine Zwecke und seine Tätigkeit laufen den Strafgesetzen zuwider (2.). Die hierauf gerichtete Feststellung und die an sie anknüpfende Auflösung des Klägers verstoßen nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (3.). Die Verbotsverfügung ist mit der Gewährleistung der Vereinigungsfreiheit in Art. 11 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) vereinbar (4.).

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1. Der Kläger richtet sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung.

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a) Zur verfassungsmäßigen Ordnung im Sinne des Art. 9 Abs. 2 GG gehören vor allem die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten sowie das demokratische Prinzip mit der Verantwortlichkeit der Regierung, das Mehrparteienprinzip und das Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition. Gegen diese elementaren Verfassungsgrundsätze richtet sich eine Vereinigung, die in Programm, Vorstellungswelt und Gesamtstil eine Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus aufweist. Das ist namentlich bei einer Vereinigung der Fall, die sich zur ehemaligen Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) und zu deren maßgeblichen Funktionsträgern bekennt, die demokratische Staatsform verächtlich macht, eine mit dem Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 GG unvereinbare Rassenlehre propagiert und eine entsprechende Überwindung der verfassungsmäßigen Ordnung anstrebt (ständige Rechtsprechung des BVerwG, zuletzt Urteil vom 1. September 2010 - BVerwG 6 A 4.09 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 55 Rn. 13).

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Eine Vereinigung richtet sich im Sinne des Art. 9 Abs. 2 GG zwar nicht schon dann gegen die so umschriebene verfassungsmäßige Ordnung, wenn sie diese lediglich ablehnt und ihr andere Grundsätze entgegenstellt. Sie muss ihre verfassungsfeindlichen Ziele vielmehr kämpferisch-aggressiv verwirklichen wollen. Dazu genügt aber, dass sie die verfassungsmäßige Ordnung fortlaufend untergraben will, wie dies für eine mit dem Nationalsozialismus wesensverwandte Vereinigung kennzeichnend ist. Sie muss ihre Ziele hingegen nicht durch Gewaltanwendung oder sonstige Rechtsverletzungen zu verwirklichen suchen (Urteil vom 1. September 2010 a.a.O.).

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Zu Unrecht meint der Kläger, der Verbotstatbestand sei nur dann erfüllt, wenn die Vereinigung sich mit den Mitteln der Gewalt oder der Bereitschaft hierzu gegen die verfassungsmäßige Ordnung wendet. Die von ihm angeführten Straftatbestände und die Vorschriften der Notstandsverfassung geben für ein solches Verständnis der Verbotstatbestände des Art. 9 Abs. 2 GG nichts her. Die verfassungsmäßige Ordnung kann verfassungsrechtlich und einfachrechtlich mit unterschiedlichen Mitteln, denen des Strafrechts oder des vorbeugenden Verfassungsschutzes, gegen die wiederum unterschiedliche Intensität ihrer Gefährdung geschützt werden. Dass bestimmte qualifizierte Angriffe gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung, nämlich solche, die mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt unternommen werden, unter Strafe gestellt sind, lässt nicht den Schluss zu, Art. 9 Abs. 2 GG wolle die verfassungsmäßige Ordnung ebenfalls nur gegen solcherart qualifizierte Angriffe schützen. Dass das Schutzobjekt in allen diesen Bestimmungen dasselbe ist, bedeutet nicht, es sei nur durch dasselbe Mittel (Gewalt oder die Bereitschaft hierzu) verletzbar und dürfe deshalb auch nur gegen Angriffe geschützt werden, die mit diesen Mitteln vorgetragen werden.

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b) Dass der Kläger sich in dem dargelegten Sinne gegen die verfassungsmäßige Ordnung richtet, ergibt sich aus den Unterlagen, die die Beklagte im Klageverfahren vorgelegt hat. Namentlich sind dies Beiträge in den "Nachrichten der HNG", insbesondere dort abgedruckte Briefe von Gefangenen und Briefe an Gefangene, ferner andere Briefe, die im Zuge der Durchsuchungen bei Vereinsmitgliedern beschlagnahmt worden sind. Diese Unterlagen sind taugliche Beweismittel; ihr Inhalt ist dem Kläger zuzurechnen (aa). Ihrer Verwertung im Prozess steht kein Verbot entgegen (bb).

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aa) Die gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichteten Ziele einer Vereinigung lassen sich in der Regel weniger ihrer Satzung und ihrem Programm, sondern eher ihrem Auftreten in der Öffentlichkeit, ihren Publikationen sowie den Äußerungen und der Grundeinstellung ihrer Funktionsträger entnehmen. Vereinigungen suchen etwaige verfassungsfeindliche Bestrebungen erfahrungsgemäß zu verheimlichen. Der Verbotstatbestand wird sich deshalb in der Regel nur aus dem Gesamtbild ergeben, das sich aus einzelnen Äußerungen und Verhaltensweisen zusammenfügt. Dass diese Belege gegebenenfalls einer mehr oder weniger großen Zahl unverfänglicher Sachverhalte scheinbar untergeordnet sind, besagt allein nichts über ihre Aussagekraft (Urteil vom 1. September 2010 a.a.O. Rn. 14).

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Soweit es um mündliche oder schriftliche Äußerungen von Funktionsträgern der Vereinigung geht, kommt es nicht darauf an, ob diese Äußerungen im unmittelbaren Zusammenhang mit der Arbeit für die Vereinigung stehen. Dass eine Vereinigung sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richtet, kann unter anderem aus einer entsprechenden Grundeinstellung ihrer Funktionsträger geschlossen werden. Insoweit kann es eine trennscharfe Unterscheidung zwischen einer rein privaten und einer der Vereinigung zuzurechnenden Sphäre nicht geben. Stammen Texte und Äußerungen von leitenden Mitgliedern einer Vereinigung oder wird ihr Inhalt von ihnen erkennbar befürwortet, sind diese Äußerungen und Texte der Vereinigung auch dann zuzurechnen, wenn sie als solche nicht für die Vereinstätigkeit erstellt oder in ihr verwandt worden sind, jedoch den ideologischen Hintergrund kennzeichnen, vor dem die Verantwortlichen der Vereinigung handeln. Eine Zurechnung ist insbesondere dann gerechtfertigt, wenn ein solcher Text inhaltlich auf einer Linie mit anderen Beiträgen liegt, die der Vereinigung eindeutig zugeordnet werden können (Urteil vom 1. September 2010 a.a.O. Rn. 30).

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Dem Kläger sind auch Äußerungen zuzurechnen, die in Briefen von Strafgefangenen enthalten sind, die der Kläger in seiner Vereinszeitschrift abgedruckt hat, unabhängig davon, ob ein Strafgefangener zugleich Mitglied des Klägers ist.

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Wird eine Publikation, die keinen offenen Markt der Meinungen darstellt (vgl. dazu: BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 - 1 BvR 1072/01 - BVerfGE 113, 63 <83 f.>), im Auftrag einer Vereinsleitung herausgegeben, sind die dort erschienenen Beiträge in aller Regel der jeweiligen Vereinigung zuzuschreiben. Etwas anderes kommt in einer solchen Konstellation nur dann in Betracht, wenn es sich - wie beispielsweise bei Leserbriefen - um ersichtlich individuelle Meinungsäußerungen handelt und die Vereinigung derartige Äußerungen missbilligt oder sich jedenfalls von ihnen distanziert (Urteil vom 1. September 2010 a.a.O. Rn. 14).

21

Der Kläger hat mit den "Nachrichten der HNG" keinen offenen Markt der Meinungen eröffnet. Die abgedruckten Briefe von Strafgefangenen sind keine Leserbriefe im herkömmlichen Sinne, mit denen Leser auf einen Artikel in einer Zeitung reagieren und ihre eigene Meinung zu einem dort angesprochenen Thema äußern. Die in der Satzung des Klägers hervorgehobene Unterstützung "politischer Gefangener" besteht zu einem wesentlichen Teil in Briefwechsel mit ihnen. Er soll sie in der Richtigkeit ihrer politischen Auffassungen bestärken und ihnen das Gefühl vermitteln, mit ihren politischen Auffassungen nicht allein zu stehen, sondern Teil einer politischen Gemeinschaft zu sein. Demselben Zweck dient es, wenn derartige Briefe in den "Nachrichten der HNG" abgedruckt werden. Diese Vereinszeitschrift ist (auch) für Strafgefangene bestimmt. Die dort abgedruckten Briefe sind so ausgewählt, dass sie die Funktion erfüllen können, das Gefühl gemeinsamer politischer Überzeugungen zu stärken und diese politischen Überzeugungen zu bekräftigen. Die Auswahl der veröffentlichten Briefe und die Äußerungen in ihnen drücken deshalb aus, worum es dem Kläger selbst geht. Die "Nachrichten der HNG" spiegeln in ihrer Gesamtheit die Ziele des Klägers wider.

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bb) Ebenso verwertet werden dürfen Briefe von Strafgefangenen an Vorstandsmitglieder des Klägers und namentlich Briefe von führenden Persönlichkeiten des Klägers, die zwar nicht veröffentlicht, aber im Zuge von Durchsuchungen beschlagnahmt worden sind.

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Ihre Beschlagnahme und Verwertung verstößt entgegen der Auffassung des Klägers nicht gegen das Postgeheimnis des Art. 10 Abs. 1 GG. Diese Verfassungsbestimmung schützt nur den Kommunikationsvorgang von der Einlieferung eines Briefes bis zu seiner Auslieferung bei dem Empfänger gegen staatliche Eingriffe. Bei dem Schreiber noch vorhandene Briefe oder deren Abschriften und bei dem Empfänger aufbewahrte Briefe sind nicht durch das Postgeheimnis gegen staatlichen Zugriff geschützt. Sie können nach § 4 Abs. 4 Satz 1 VereinsG in Verbindung mit den einschlägigen Vorschriften der Strafprozessordnung beschlagnahmt werden, wenn sie als Beweismittel von Bedeutung sein können. Im Übrigen kann das Postgeheimnis durch Gesetz beschränkt werden. Eine solche Beschränkung enthält beispielsweise § 29 StVollzG für die Überwachung des Briefverkehrs von Gefangenen, ferner § 4 Abs. 4 Satz 1 VereinsG in Verbindung mit § 99 StPO.

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Die Verwertung beschlagnahmter Briefe zu Beweiszwecken kann zwar durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Art. 1 GG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG beschränkt sein. Das Bundesverfassungsgericht hat dies unter bestimmten engen Voraussetzungen für Tagebücher und ähnliche private Aufzeichnungen anerkannt, wenn sie einem letzten unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind (BVerfG, Kammerbeschluss vom 26. Juni 2008 - 2 BvR 219/08 - BVerfGK 14, 20). Dazu mögen auch nicht abgesandte, sondern beim Schreiber verbliebene Briefe gehören. Um derartige Sachverhalte geht es hier nicht. Die hier verwerteten Briefe entstammen nicht einem letzten unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung, sondern dienen nach Inhalt und Adressatenkreis der Funktion, den Zusammenhalt rechtsextremistisch motivierter Straftäter herzustellen und zu verfestigen.

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c) Nach den zulässigerweise herangezogenen Unterlagen richtet sich der Kläger gegen die verfassungsmäßige Ordnung, weil er nach seiner Programmatik, seiner Vorstellungswelt und seinem Gesamtstil eine Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus aufweist. Über diese Feststellung hinaus bedarf es keiner einzelnen Belege, in denen der Kläger sich konkret gegen ein bestimmtes, die Demokratie konstituierendes Grundprinzip ausgesprochen, gerade seine Abschaffung verlangt oder seine Beseitigung zum Programm erhoben hat, denn Programm, Vorstellungswelt und Gesamtstil einer mit dem Nationalsozialismus wesensverwandten Vereinigung sind mit den Grundsätzen unvereinbar, die die Demokratie in ihrem Kern ausmachen.

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aa) Für die Feststellung einer Wesensverwandtschaft des Klägers mit dem Nationalsozialismus hat das Bundesministerium des Innern zwar im Kläger verbreitetes Gedankengut als rechtsextremistisch und nationalsozialistisch bezeichnet. Es hat damit aber nicht unbestimmte, allenfalls politisch greifbare Kategorien herangezogen, auf die ein Vereinsverbot nicht gestützt werden dürfte. Für diesen Einwand des Klägers gibt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nichts her, die er in diesem Zusammenhang anführt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2010 - 1 BvR 1106/08 - EuGRZ 2011, 88). Ihr lässt sich nicht entnehmen, es sei dem Staat schlechthin versagt, Äußerungen, Vorstellungen oder Programme als rechtsextremistisch zu bewerten und an eine solche Bewertung rechtliche Folgerungen zu knüpfen.

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Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts befasst sich mit einer Weisung im Rahmen strafrechtlicher Führungsaufsicht. Gegenstand der Weisung war ein Verbot, rechtsextremistisches oder nationalsozialistisches Gedankengut publizistisch zu verbreiten. Der Verstoß gegen Weisungen während der Führungsaufsicht ist nach § 145a StGB mit Strafe bedroht. Mit Blick auf die Meinungsfreiheit, die grundsätzlich auch die Verbreitung rechtsextremistischer Meinungen schütze, hat das Bundesverfassungsgericht das konkret ausgesprochene strafbewehrte Publikationsverbot für zu unbestimmt gehalten und deshalb darin einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Meinungsfreiheit gesehen.

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Das Verbot des Klägers gründet sich hingegen nicht auf einen nur pauschalen Vorwurf, rechtsextremistisches Gedankengut zu pflegen, ohne dass dieses Schlagwort in einer rechtlich fassbaren Weise konkretisiert wäre. Vielmehr hat das Bundesministerium des Innern konkrete Publikationen und sonstige Äußerungen, die dem Kläger zuzurechnen sind, daraufhin bewertet, ob sie die rechtlichen Kriterien ausfüllen können, die den Verbotsgrund ausmachen. Es hat untersucht, ob sie ein Bekenntnis zur ehemaligen Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) und zu deren maßgeblichen Funktionsträgern enthalten, ob in ihnen die demokratische Staatsform verächtlich gemacht, eine mit dem Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 GG unvereinbare Rassenlehre propagiert und eine entsprechende Überwindung der verfassungsmäßigen Ordnung angestrebt wird, ob sich also mit Publikationen und Äußerungen des Klägers belegen lässt, er weise in Programm, Vorstellungswelt und Gesamtstil eine Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus auf. Hierfür einschlägige Publikationen und Äußerungen mögen ebenso wie der Kläger selbst als Ergebnis dieser Würdigung schlagwortartig auch als rechtsextremistisch bezeichnet werden. In diesem Schlagwort sind dann aber nur die konkreten Feststellungen zusammengefasst, die den Verbotstatbestand und die für ihn maßgeblichen rechtlichen Kriterien ergeben haben.

29

Das gegen den Kläger verhängte Vereinsverbot sanktioniert zudem nicht das bloße Haben und Äußern als rechtsextremistisch bewerteter Meinungen und Gesinnungen, sondern das darüber hinausgehende aktiv kämpferische Untergraben der verfassungsmäßigen Ordnung.

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bb) Der Kläger macht die demokratische Staatsform verächtlich. Er bekennt sich zur ehemaligen Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) und zu maßgeblichen ihrer Funktionsträger. Er propagiert eine mit dem Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 GG unvereinbare Rassenlehre und strebt eine entsprechende Überwindung der verfassungsmäßigen Ordnung an.

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(1) Der Kläger lehnt die demokratische Staatsform grundsätzlich und damit einschließlich der sie prägenden Prinzipien ab. Er macht die demokratische Staatsform verächtlich. Sie wird als System dargestellt, das die Besatzungsmächte Deutschland aufgezwungen haben, das von ihnen nach wie vor dominiert wird und von dem Deutschland deshalb befreit werden muss. Demokraten, demokratische Institutionen, aber auch gesellschaftliche Einrichtungen, die für die Demokratie konstituierend sind, wie die freie Presse, gelten ihm als undeutsch und werden deshalb herabgewürdigt. Sie bilden das Feindbild, dem nicht nur die Verachtung des Klägers, sondern der von ihm propagierte, auf Überwindung dieser Verhältnisse gerichtete Widerstand gilt.

32

Beispielhaft haben die Vorstandsmitglieder Ursula und Kurt M. in einem gemeinsam unterzeichneten Brief an das seinerzeitige Vorstandsmitglied der der NPD Holger A. die Bundesrepublik Deutschland als "korruptes und verkommenes democratisches Besatzerregime", als "von den Alliierten uns aufgezwungenen Schandsystem" geschmäht (Anlage B15 zur Klageerwiderung). In einem vom Kläger abgedruckten Brief äußert der Schreiber den Wunsch, dieses "Scheiß-System" solle untergehen und "ein neues freies Deutschland aus der Asche unserer Ahnen" auferstehen (Nachrichten der HNG Nr. 301 S. 6, Anlage B10 zur Klageerwiderung). Repräsentanten der Demokratie sind aus der Sicht des Klägers "Deutschsprechende Besatzerlakaien und schon immer Analspaltenlecker alles Fremden", wie in dem Bericht über eine seiner Jahreshauptversammlungen nachzulesen ist, der in den "Nachrichten der HNG" abgedruckt war (Nachrichten der HNG Nr. 301 S. 12, Anlage B10 zur Klageerwiderung). Die "anglo-usraelische Besatzerdemocratie" (oder - an anderer Stelle desselben Schreibens - das "Volks-Raum und rassefremde System der anglousraelischen Bestialdemocratie") wurde "dem ehrlichen und gutgläubigen Deutschen Volk aufvergewaltigt", wie das Vorstandsmitglied Kurt M. in einem Brief an einen Strafgefangenen schreibt (Anlage B20 zur Klageerwiderung). Das Grundgesetz gilt dem Kläger als "uns aufgezwungene Verfassung", die "jüdischen Hirnen" entsprungen ist (so in dem bereits erwähnten Brief an Holger A.), die Bundesrepublik Deutschland demnach als "Judenrepublik" (so in einem Brief des Vorstandsmitglieds Kurt M., Anlage B22 zur Klageerwiderung).

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Der demokratischen Staatsgewalt wird jede Legitimation abgesprochen. So hat sich die langjährige Vorsitzende des Klägers und jetzige 1. stellvertretende Vorsitzende Ursula M. in einem Interview mit dem Skinhead-Magazin "Der Nordmann" dahin eingelassen: Die Besatzungsmacht habe Geist und Körper vergiftet; um wieder gesund zu werden, müssten wir auf direkten Gegenkurs wider dieses "multikriminelle System der Hölle" gehen (Anlage B14 zur Klageerwiderung). Das Vorstandmitglied Kurt M. spricht von der "Satansdemocratie", der seine "absolute Verfluchung" gilt (Anlage B19 zur Klageerwiderung). In einem Brief an einen Strafgefangenen hat die frühere Vorsitzende Ursula M. "das ganze politische System bei uns als zutiefst antideutsch und korrupt" bezeichnet sowie die Demokratie als "Democrötie" und deren Vertreter als "Democröten" verunglimpft (Anlage B17 zur Klageerwiderung). Diese herabsetzende Bezeichnung für die Demokratie und ihre Repräsentanten, auch in Anspielung auf Ratten zu Democratten verballhornt (so beispielsweise in einem Brief des Vorstandsmitglieds Kurt M., Anlage B20 zur Klageerwiderung), findet sich auch sonst vielfach in Äußerungen, die dem Kläger zuzurechnen sind, wie die Beklagte in ihrer Klageerwiderung belegt hat.

34

Die Presse gilt als "gleichgeschaltete Besatzungsjournaille", als "judaeo-democratische Verhetzungsjournaille", die ARD als "Alliierter Rundfunk in Deutschland" und das ZDF als "Zionistische Denk Fabrik", so die Vorstandsmitglieder Ursula und Kurt M. in dem bereits erwähnten Brief an Holger A. (Anlage B15 zur Klageerwiderung).

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Zu Unrecht wendet der Kläger ein, bei diesen und den weiteren ihm vorgehaltenen Äußerungen handele es sich um bloßen Verbalradikalismus, der durch die auch staatlich betriebene Diskriminierung als rechts oder rechtsextremistisch geltender Auffassungen hervorgerufen sei. Der Kläger verwechselt zum einen Ursache und Wirkung. Zum anderen verlässt er in der Aggressivität der ihm zurechenbaren Äußerungen die Auseinandersetzung mit anderen Auffassungen. Er lässt eine grundsätzliche Ablehnung der Demokratie und ihrer Grundlagen erkennen, die es nach seiner Auffassung zu untergraben gilt.

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(2) Der Kläger bekennt sich zur ehemaligen Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) und zu maßgeblichen ihrer Funktionsträger.

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Das Vorstandsmitglied des Klägers Kurt M. rühmt in einem Brief "unsere großartige nationalsozialistische Weltanschauung" und seine "NS-Gesinnung" (Anlage B20 zur Klageerwiderung). In einem anderen Brief an einen Strafgefangenen, der wegen der Vorbereitung eines Anschlags auf das jüdische Kulturzentrum in München verurteilt worden war, lobt er ihn dafür, dass dieser bei seiner "Weltanschauung des Nationalsozialismus ... unbeirrt geblieben" ist (Anlage B35 zur Klageerwiderung).

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Ein Bekenntnis zu maßgeblichen Repräsentanten des Nationalsozialismus belegt eine Würdigung von Rudolf Heß als "Märtyrer des Friedens" und "Träger der geschändeten Wahrheit", die regelmäßig in den "Nachrichten der HNG" erschienen ist (vgl. hierzu: Urteil vom 1. September 2010 a.a.O. Rn. 32). In einer Grußadresse an den verurteilten Kriegsverbrecher Erich Priebke wird mit der SS eine wesentliche Stütze des NS-Regimes glorifiziert (Nachrichten der HNG Nr. 339, Anlage B12 zur Klageerwiderung; vgl. auch insoweit Urteil vom 1. September 2010 a.a.O. Rn. 23).

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Der Kläger bringt seine Übereinstimmung mit dem Nationalsozialismus ferner dadurch zum Ausdruck, dass er nationalsozialistisch geprägte Grußformeln übernimmt (vgl. hierzu Urteil vom 1. September 2010 a.a.O. Rn. 35). Er lehnt sich an die zentrale Grußformel ("Heil Hitler") an, wie die Beklagte mit zahlreichen Beispielen belegt hat.

40

Ebenfalls auf eine Übereinstimmung mit dem Nationalsozialismus läuft es hinaus, wenn der Kläger die Verbrechen des Dritten Reiches leugnet oder verharmlost, indem er etwa einen Brief abdruckt, in dem das Strafverfahren gegen John Demjanjuk aus dem Grund kritisiert wird, er habe nur seine Pflicht erfüllt (Nachrichten der HNG Nr. 335, Anlage B12 zur Klageerwiderung), oder die Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse als "antideutsche, anglo-usraelische Völkermordjustiz" bezeichnet (Nachrichten der HNG Nr. 342, Anlage B30 zur Klageerwiderung).

41

Der Kläger propagiert die Volksgemeinschaft als Gegenbild zu der von ihm abgelehnten Demokratie, wie sich teils aus den bereits zitierten Belegen ergibt, teils aus weiteren von der Beklagten angeführten Texten, beispielsweise in den "Nachrichten der HNG" abgedruckten Berichten über Jahreshauptversammlungen des Klägers und abgedruckten Briefen von Gefangenen (Nachrichten der HNG Nr. 301, Anlage B10 zur Klageerwiderung; Nachrichten der HNG Nr. 335 S. 7, Anlage B34 zur Klageerwiderung; Nachrichten der HNG Nr. 356 S. 10, Anlage B45 zur Klageerwiderung). Die Volksgemeinschaft stellt einen Kernbegriff der nationalsozialistischen Ideologie dar, der nicht nur die Ablehnung einer pluralistischen Gesellschaft und die bedingungslose Unterordnung des Einzelnen, sondern insbesondere auch die Ausgrenzung als "volksschädlich" und "volksfremd" definierter Personen zum Ausdruck bringt (Urteil vom 1. September 2010 a.a.O. Rn. 21).

42

(3) Mit der nationalsozialistischen Vorstellung der Volksgemeinschaft eng verbunden ist eine mit dem Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 GG unvereinbare Rassenlehre, die der Kläger ebenfalls propagiert. Die rassistische und fremdenfeindliche Grundhaltung durchzieht die Texte, die in den "Nachrichten der HNG" veröffentlicht sind, und andere von führenden Personen des Klägers herrührende Briefe, wie die Beklagte in ihrer Klageerwiderung eindrucksvoll dokumentiert hat. In einer typisch nationalsozialistischen Diktion wird als zu bekämpfendes Feindbild eine "Rassenmischung" aufgebaut, die auf "Völkermord" und auf eine "systematische Ausrottung des deutschen Volkes" ziele, wie beispielhaft in einem Beitrag in den "Nachrichten der HNG" mit der Aussage: "Zum Rassenmischmasch zu verleiten, ist Völkermord in großem Stil" (Nachrichten der HNG Nr. 345 S. 20, Anlage B46 zur Klageerwiderung).

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Nach einem Bericht über eine Jahreshauptversammlung des Klägers standen im Vordergrund des Rechenschaftsberichts der Führung des Klägers die "talmudischen Schandtaten des BRD-Regimes gegen gesund denkende und fühlende Deutsche" sowie die "unzähligen Mißhandlungen unserer Inhaftierten", die "der bestialisch-talmudischen Schächtung unserer Reichsregierung gleichkamen" (Anlage B44 zur Klageerwiderung). In dem bereits erwähnten Brief der Vorstandsmitglieder Ursula und Kurt M. an den NPD-Vorsitzenden Holger A. heißt es in einer auch für den Nationalsozialismus typischen Diktion, mit seinen "satanisch-genial-zerstörerischen Umerziehungsbestialitäten" habe "der Jude das bis 1945 ethisch-ethnisch höchststehende Volk der Erde sich selbst dermaßen angenähert, dass die Deutschen heute zu etwa 90% Kunstjuden" seien, "also nur noch Deutschsprachige", es also lediglich "10% wirklich Deutsche" noch gebe, die "sich der Verjudung entzogen" hätten (Anlage B15 zur Klageerwiderung). Einher geht dies mit der Beschimpfung demokratischer Kräfte als "Judaeo-Democraten", die eine "politpornographische Gesinnungsdiktatur" errichtet hätten. In einem Brief, den die "Nachrichten der HNG" veröffentlicht haben, heißt es bezogen auf Juden: "Solange mein Herz noch schlägt, werde ich diese Parasiten bekämpfen." (Nachrichten der HNG Nr. 340 S. 9, Anlage B29 zur Klageerwiderung).

44

Die rassistische Grundeinstellung des Klägers wird noch dadurch gesteigert, dass nicht nur vereinzelt der Holocaust und seine Opfer durch die verunstaltenden Wendungen "Holokotz" oder "holokotzen" verspottet werden. So äußert sich das Vorstandsmitglied Kurt M. in einem Brief dahin, "die Heucheldemocratten mit ihren pharisäischen Duckmäusertiraden verursachen stets auf's neue einen Holokotzartigen Auswurf" (Anlage B20 zur Klageerwiderung).

45

(4) Der Kläger lehnt die verfassungsmäßige Ordnung nicht lediglich ab, sondern nimmt ihr gegenüber eine kämpferisch-aggressive Haltung ein, wie sie einer dem Nationalsozialismus wesensverwandten Vereinigung eigen ist und wie sie namentlich auch hier ihren Ausdruck in der Art findet, in der der Kläger die Demokratie verächtlich macht und seine auf Ausgrenzung zielenden rassistischen Auffassungen propagiert.

46

Wie die Beklagte in ihrer Klageerwiderung zutreffend dargelegt hat, ist für den Kläger ein Weltbild bestimmend, das von der Vorstellung beherrscht wird, von Feinden, nämlich den als "Democröten" verunglimpften demokratischen Kräften, besetzt und unterdrückt zu sein, gegen die ein beständiger Kampf geführt werden muss. Der Kampf gegen diese Feinde und das von ihnen getragene demokratische System wird als Akt des Widerstandes gesehen. Krieg und Kampf sind die prägenden Begriffe, mit denen die Adressaten der Verlautbarungen des Klägers bewusst radikalisiert und hierdurch in ihrer aggressiv ablehnenden Haltung gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung bestärkt werden sollen, die in vielen Fällen sich bereits in einschlägigen Straftaten niedergeschlagen hat.

47

Aus den zahllosen Belegstellen, die die Beklagte angeführt hat, können als exemplarisch einige Briefe herausgegriffen werden, die in den "Nachrichten der HNG" veröffentlicht sind und in denen etwa das "Schaffen von nationalen Freiräumen" gefordert und die Hoffnung geäußert wird, dass "mehr Menschen aus ihrem brD-Traum aufwachen und Seit an Seit mit uns gegen dieses System kämpfen" (Nachrichten der HNG Nr. 349 S. 8, Anlage B58 zur Klageerwiderung), oder der Schreiber zwar "keine Hoffnung mehr auf eine politische Wende" hat, aber trotzdem "den Kampf gegen das Rattensystem" fortführen will, weil es "eine Kapitulation ... niemals geben" wird (Nachrichten der HNG Nr. 351 S. 6, Anlage B32 zur Klageerwiderung), oder der Schreiber darauf hinweist, "ohne Gewalt" sei "selbst die Weimarer Republik nicht zu überwinden" gewesen, um dann zu fragen, wie solle "man eine 'demokratische'-Diktatur mit demokratischen Mitteln überwinden", und am Ende die Antwort gibt, "was wir brauchen ist einen Knall, der alles lahm legt. Opfer müssen gemacht werden" (Nachrichten der HNG Nr. 361 S. 7, Anlage B13 der Klageerwiderung).

48

Die aggressiv-kämpferische Haltung des Klägers kommt ferner in einem Aufruf zum Ausdruck, der lange Zeit in jeder Ausgabe der "Nachrichten der HNG" enthalten war. Danach war der Kläger "bemüht, die Eingriffe des BRD-Regimes in die politischen Grundfreiheiten nationaldenkender Menschen möglichst lückenlos zu dokumentieren". "Um die Verantwortlichen später einmal zur Rechenschaft ziehen zu können", bat er um Informationen, insbesondere um "die Namen von Staatsanwälten, Einsatzleitern der Polizei oder Richtern". Darin liegt eine kaum verhüllte Drohung gegenüber den Amtsträgern des demokratischen Staates. In die gleiche Richtung geht ein in den "Nachrichten der HNG" abgedruckter Brief, in dem der Schreiber seiner Erwartung Ausdruck verleiht, er werde den "Machtwechsel der Nationalen" noch miterleben, dann werde "einigen das lachen noch vergehen" und sie würden "alle ihre gerechte Strafe bekommen" (Nachrichten der HNG Nr. 301 S. 6, Anlage B10 zur Klageerwiderung). In den "Nachrichten der HNG" sind weitere Briefe abgedruckt, die in dieselbe Richtung zielen, wie die Beklagte in ihrer Klageerwiderung belegt hat.

49

2. Die Zwecke und die Tätigkeit des Klägers laufen den Strafgesetzen zuwider.

50

a) Eine Vereinigung erfüllt diesen Verbotstatbestand grundsätzlich dann, wenn ihre Mitglieder oder Funktionsträger Straftaten begehen, die der Vereinigung zurechenbar sind und ihren Charakter prägen (hierzu Urteil vom 18. Oktober 1988 - BVerwG 1 A 89.83 - BVerwGE 80, 299 <306 ff.>). Darin erschöpft sich dieser Verbotstatbestand aber nicht. Er verlangt nach seinem Wortlaut nicht, dass Mitglieder oder Funktionsträger der Vereinigung gegen Strafgesetze verstoßen oder ihnen zuwiderhandeln. Er setzt vielmehr in einem darüber hinausweisenden Sinne Zwecke oder Tätigkeiten voraus, die den Strafgesetzen zuwiderlaufen. Den Strafgesetzen zuwiderlaufen Zwecke und Tätigkeiten nicht nur dann, wenn unmittelbar gegen Strafgesetze verstoßen wird, sondern auch dann, wenn Straftaten hervorgerufen, ermöglicht oder erleichtert werden.

51

Mit diesem Verbotsgrund soll nicht die Verletzung der Strafgesetze durch einzelne Personen zusätzlich vereinsrechtlich sanktioniert werden. Vielmehr soll einer besonderen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung begegnet werden, die sich daraus ergibt, dass Straftaten in einem vereinsmäßig organisierten Zusammenhang begangen werden. Diese Gefährdung geht von der Vereinigung als solcher aus. Nach dem Sinn und Zweck des Verbotsgrundes laufen ihre Zwecke und Tätigkeiten den Strafgesetzen zuwider, wenn sie die Gefahr einer Begehung von Straftaten bewusst hervorruft oder verstärkt oder diese Gefahr tatsächlich von ihr ausgeht. Werden durch die Vereinigung Straftaten hervorgerufen, ermöglicht oder erleichtert, ist unerheblich, ob diese Straftaten durch Funktionsträger, Mitglieder oder Anhänger der Vereinigung oder durch Dritte begangen werden.

52

b) In diesem Sinne werden durch den Kläger Straftaten hervorgerufen, ermöglicht oder erleichtert und laufen seine Zwecke und Tätigkeit den Strafgesetzen zuwider.

53

Der Kläger unterstützt nach seiner Satzung einen Kreis von Straftätern, die ihre Straftaten aufgrund einer bestimmten politischen Einstellung begangen haben. Diese Einstellung teilt der Kläger mit den verurteilten Straftätern nicht nur, sein Zweck und seine Tätigkeit sind darauf gerichtet, diese politische Einstellung bei den von ihm unterstützten Straftätern aufrechtzuerhalten und zu festigen. Die Unterstützung besteht nicht darin, durch allgemeine mitmenschliche Zuwendung den Strafgefangenen das Gefängnisleben erträglich zu machen und ihnen nach Verbüßung ihrer Strafe die Wiedereingliederung in das Leben außerhalb der Strafanstalt zu erleichtern. Sein Zweck und seine Tätigkeit sind vielmehr darauf gerichtet, die bereits einschlägig aktiv gewordenen Täter als Kämpfer für den von ihm propagierten Kampf gegen das demokratische System zu erhalten, wie die seinerzeitige Vorsitzende des Klägers in einem Beitrag für die "Nachrichten der HNG" schreibt: "Die Aufgabenstellung für die Kameradschaft lautet demnach: der Kampf geht weiter." (Nachrichten der HNG Nr. 264 S. 17, Anlage B37 zur Klageerwiderung). Deshalb glorifiziert er diese Straftäter als Widerstandskämpfer und ihre Straftaten als Akte des Widerstandes, wie es beispielhaft das Vorstandsmitglied Kurt M. in einem Brief an einen Strafgefangenen zum Ausdruck bringt, in dem er die Strafverbüßung als "nationale Ehrenhaft" bezeichnet (Anlage B25 zur Klageerwiderung). Der Kläger bewirkt dadurch geradezu eine Verkehrung von Recht und Unrecht, wie die Beklagte mit Recht bemerkt. Dabei geht es nicht nur um vom Kläger so bezeichnete Propagandadelikte, wie § 86 StGB (Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen), § 86a StGB (Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) und § 130 StGB (Volksverhetzung), sondern ebenso um Gewaltdelikte, wie Körperverletzung, Brandstiftung und Mordversuch, die aus politischer "nationaler" Gesinnung heraus begangen werden.

54

Die Briefe von Strafgefangenen, die von dem Verein unterstützt werden, belegen, dass die Aktivitäten des Vereins bei diesen Personen zur Verfestigung einer fanatisch-aggressiven Grundhaltung führen, die weitere einschlägige Straftaten erwarten lassen. So haben die "Nachrichten der HNG" einen Brief veröffentlicht, in dem ein Straftäter sich rühmt: "Mich können sie einkerkern, meine Gesinnung und meine Ideologie nicht, selbst hier im Knast, steht an erster Stelle der Kampf, für das Blut und die Ehre und unser Vaterland. ... werde ich diesen Polizei- und Überwachungsstaat, dieses Anti-Deutsche-System und die Pro usraelische Regierung bekämpfen, und am Ende wird der Sieg unser sein." (Nachrichten der HNG Nr. 332 S. 7, Anlage B26 zur Klageerwiderung). In einem weiteren Brief wird angekündigt, nach der Entlassung aus der Haft wieder "aktiv am Kampf gegen das antideutsche System" teilzunehmen und "unser Volk von dem antideutschen System und den Blutsaugern der Nation" zu befreien (Nachrichten der HNG Nr. 340 S. 9, Anlage B29 zur Klageerwiderung). Die begangenen Straftaten gehören zum Kampf gegen das abgelehnte System, den der Verein propagiert. Mit den begangenen Straftaten identifiziert er sich. Er bestärkt die Täter darin, dass sie nur legitimen Widerstand gegen ein illegitimes Regime, nämlich die von ihm geschmähte und verächtlich gemachte Demokratie, geleistet haben. Das Bundesverfassungsgericht hat demgemäß zu den "Nachrichten der HNG" festgestellt, sie seien nach Ziel und Inhalt auf die Herstellung und Verfestigung des Zusammenhalts rechtsradikal eingestellter Straftäter ausgerichtet, wie sich unter anderem aus der Verbreitung neonazistischer Hetzpropaganda gegen Ausländer sowie den Aufrufen zur Unterstützung verbotener rechtsextremistischer Organisationen und zum bewaffneten Kampf ergebe (BVerfG, Kammerentscheidung vom 29. Juni 1995 - 2 BvR 2631/94 - NStZ 1995, 613).

55

3. Das an die Feststellung des Verbotsgrundes anknüpfende Verbot des Klägers verletzt nicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

56

a) Richtet sich eine Vereinigung gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder laufen ihre Zwecke oder ihre Tätigkeit den Strafgesetzen zuwider und ist sie deswegen gemäß Art. 9 Abs. 2 GG verboten, ergibt sich unmittelbar aus der Verfassung, dass die dahin gehende Feststellung der Verbotsbehörde und die mit dieser nach § 3 VereinsG verknüpften weiteren Entscheidungen nicht unverhältnismäßig sind. Das Bundesministerium des Innern brauchte auf der Rechtsfolgenseite keine Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit des Verbots anzustellen. Die Verbotsverfügung hat nicht die Funktion zu erfüllen, der Verbotsbehörde auf der Rechtsfolgenseite der Norm die Ausübung von Ermessen unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu ermöglichen. Sie dient vielmehr - jedenfalls in der Regel - allein dazu, aus Gründen der Rechtssicherheit klarzustellen, dass eine Vereinigung einen oder mehrere Verbotsgründe erfüllt, und durch die entsprechende Feststellung die gesetzlich vorgesehene Sperre für ein Vorgehen gegen den Verein aufzuheben. Den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist deshalb bereits auf der Tatbestandsseite der Norm bei der Prüfung Rechnung zu tragen, ob die Voraussetzungen eines Verbotsgrundes vorliegen (Urteile vom 5. August 2009 - BVerwG 6 A 3.08 - BVerwGE 134, 275 = Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 50 und vom 18. April 2012 - BVerwG 6 A 2.10 - NVwZ-RR 2012, 648 ).

57

b) Der Ausspruch des Verbots gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 VereinsG unterliegt demnach gerichtlicher Kontrolle allein im Hinblick darauf, ob die Voraussetzungen des Vereinsverbots erfüllt sind. Demgemäß ist unerheblich, dass der Kläger seit dem Jahr 1979 besteht, das Bundesministerium des Innern aber erst jetzt und, wie er Kläger meint, aus allein politischen Gründen das Verbot durch eine Verfügung konkretisiert hat (vgl. Urteil vom 13. April 1999 - BVerwG 1 A 3.94 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 30 S. 15).

58

c) Der Gesetzgeber war verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, im Hinblick auf die Bedeutung der Vereinigungsfreiheit besondere Vorkehrungen für ein Wiederaufleben des verbotenen Vereins - etwa durch eine Befristung des Verbots - zu treffen (Urteil vom 27. November 2002 - BVerwG 6 A 4.02 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 35 S. 38). Mit dem Vereinsverbot wird der Verein aufgelöst; er erlischt mit dem Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verbots und der Anordnung über die Einziehung seines Vermögens (§ 3 Abs. 1 Satz 1, § 11 Abs. 2 Satz 1 und 3 VereinsG). Eine Befristung des Vereinsverbots aus Gründen der Verhältnismäßigkeit war nicht erforderlich. Die betroffenen Vereinsmitglieder können sich jederzeit zu einer neuen Vereinigung zusammenschließen, sofern diese die verfassungswidrigen Bestrebungen des verbotenen Vereins nicht weiterverfolgt (§ 8 Abs. 1 VereinsG).

59

4. Art. 11 EMRK und die dort gewährleistete Vereinigungsfreiheit gebieten keine abweichende Auslegung oder Anwendung des § 3 Abs. 1 VereinsG in Verbindung mit Art. 9 Abs. 2 GG. Das Verbot des Klägers ist vielmehr mit der Vereinigungsfreiheit aus Art. 11 EMRK vereinbar, und zwar auch, soweit das Bundesministerium des Innern das Verbot darauf gestützt hat, der Kläger richte sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung.

60

Nach Art. 11 Abs. 1 EMRK hat jede Person das Recht, sich frei mit anderen zusammenzuschließen. Die Ausübung dieses Rechts darf nach Art. 11 Abs. 2 Satz 1 EMRK nur Einschränkungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind für die nationale oder öffentliche Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung oder zur Verhütung von Straftaten, zum Schutze der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.

61

Das Verbot des Klägers ist zwar ein Eingriff in die Ausübung seines Rechts auf Vereinigungsfreiheit. Dieser Eingriff ist jedoch im Sinne des Art. 11 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt.

62

Die in der angefochtenen Verfügung konkretisierte Beschränkung der Vereinigungsfreiheit ist vom Gesetz, nämlich in § 3 Abs. 1 Satz 1 VereinsG in Verbindung mit Art. 9 Abs. 2 GG vorgesehen.

63

Sie war in einer demokratischen Gesellschaft zur Aufrechterhaltung der Ordnung, nämlich der verfassungsmäßigen Ordnung im Sinne des Grundgesetzes, notwendig (vgl. Urteil vom 13. April 1999 a.a.O. S. 16).

64

Diese Notwendigkeit kann nicht mit der Begründung in Abrede gestellt werden, ein Umsturz der demokratischen Ordnung gerade durch die Aktivitäten des Klägers habe nicht unmittelbar bevorgestanden. Sind die Bestrebungen einer Vereinigung gegen die Grundlagen der demokratischen Ordnung sowie die durch diese Ordnung garantierten Rechte anderer gerichtet und verfolgt sie diese Bestrebungen, wie dies für ein Vereinsverbot erforderlich ist, in einer aggressiv-kämpferischen Weise, ist der Staat nicht gehalten, erst dann gegen die Vereinigung vorzugehen, wenn sich Erfolge dieser Bestrebungen einstellen oder solche Erfolge unmittelbar bevorstehen. Vielmehr muss der Staat vernünftigerweise in der Lage sein, solchen Bestrebungen entgegenzutreten, bevor der Frieden in der Gemeinschaft und die Demokratie im Land konkret gestört sind. Der Kläger ist nicht mit einer politischen Partei vergleichbar, die sich nach den Regeln des demokratischen Prozesses an politischen Wahlen beteiligt und auf diese Weise an die Macht strebt, um erst mit der so gewonnenen Macht ihr politisches Programm umzusetzen und dann wesentliche Grundlagen der Demokratie zu beseitigen (vgl. hierzu EGMR (GK), Urteil vom 13. Februar 2003 - Nr. 41 340/98; Nr. 41 342/98; Nr. 41 343/98; Nr. 41 344/98, Refah Partisi u.a./Türkei - NVwZ 2003, 1489 Rn. 102). Für den Kläger stellt sich deshalb nicht die Frage, ob eine Übernahme der Macht durch ihn bevorsteht. Anders als eine politische Partei hat er nicht nur ein Programm, das er erst nach Gewinnung der politischen Macht verwirklichen will. Er untergräbt vielmehr durch seine Aktivitäten bereits jetzt ständig die Grundlagen der demokratischen Ordnung und stellt dadurch schon gegenwärtig eine unmittelbare Gefahr für diese Ordnung dar. Haben derartige Bestrebungen Erfolg, kann es für eine wirksame Verteidigung der freiheitlich demokratischen Grundordnung zu spät sein, zumal der Erfolg von Aktivitäten, mit denen die demokratische Ordnung untergraben werden soll, nicht in einer Weise messbar ist, aus der sich eine Schwelle für ein Einschreiten konkret bestimmen lässt. Dies haben die Erfahrungen mit dem Dritten Reich gezeigt. Sie haben den Verfassungsgeber deshalb bewogen, die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland auf den Grundsatz der wehrhaften Demokratie zu gründen (zur Bedeutung dieses Gesichtspunkts vgl. EGMR, Entscheidung vom 13. Februar 2007 - Nr. 30067/04, E./Deutschland - juris Rn. 33). Ihr Ausdruck ist auch Art. 9 Abs. 2 GG. Mit den Mitteln des vorbeugenden Verfassungsschutzes soll danach Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung rechtzeitig entgegengetreten werden können.

65

Zudem dürfte der Kläger durch Art. 17 EMRK gehindert sein, sich auf den Schutz der Konvention zu berufen. Zweck des Art. 17 EMRK ist es, soweit er sich auf Individuen und Gruppen bezieht, zu verhindern, dass diese aus der Konvention ein Recht herleiten, eine Tätigkeit auszuüben oder eine Handlung vorzunehmen, die darauf abzielt, die in der Konvention festgelegten Rechte und Freiheiten abzuschaffen (EGMR, Entscheidung vom 12. Juni 2012 - Nr. 31098/08, H. u.a./Deutschland - Rn. 72). Eine Vereinigung kann sich nicht auf den Schutz der Konvention berufen, wenn ihre Führung ein politisches Konzept vertritt, das die Demokratie nicht achtet oder deren Abschaffung sowie die Missachtung der in ihr anerkannten Rechte und Freiheiten zum Ziel hat (EGMR, Urteil vom 13. Februar 2003 a.a.O. Rn. 98). Propagiert eine Vereinigung - wie dies auf den Kläger zutrifft - unter anderem eine Rassenlehre, die mit dem Diskriminierungsverbot des Art. 14 EMRK unvereinbar ist, weist sie insbesondere eine mit dem Nationalsozialismus wesensverwandte antisemitische Grundhaltung auf, hindert Art. 17 EMRK die Vereinigung daran, sich auf das Recht der Vereinigungsfreiheit aus Art. 11 EMRK zu berufen, um das Verbot der Vereinigung anzufechten, das wegen eben dieser Bestrebungen ausgesprochen worden ist (EGMR, Entscheidung vom 12. Juni 2012 a.a.O. Rn. 72).

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