Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (3. Senat) - 3 B 20/14

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 13. Dezember 2013 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

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Der Kläger begehrt das Wiederaufgreifen eines Verwaltungsverfahrens auf berufliche und verwaltungsrechtliche Rehabilitierung.

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Er fuhr seit Mitte der 1960er Jahre für den VEB Fischfang Rostock zur See. Erstmals 1994 beantragte er seine Rehabilitierung, weil ihm 1983 aus ihm nicht bekannten Gründen das Seefahrtsbuch entzogen worden sei. Dieser Antrag wurde abgelehnt, weil politische Gründe für die Entziehung nicht glaubhaft gemacht worden seien und auch nicht hätten ermittelt werden können. Die hiergegen gerichtete Klage nahm der Kläger 1999 zurück. Im Dezember 2009 stellte er einen neuen Antrag und legte Erklärungen von Mitgliedern des ehemaligen Gerechtigkeitsausschusses der Stadt Rostock vor und benannte fünf weitere Personen, die mit den damaligen Vorgängen befasst gewesen seien. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 26. Oktober 2011 ab, weil Gründe für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nicht vorlägen. Nach wie vor würden bloße Vermutungen über den Grund für die Entziehung des Seefahrtsbuches angestellt. Aus den benannten Beweismitteln ergäbe sich nichts anderes. Die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht als unbegründet abgewiesen. Ein Antrag auf Wiederaufgreifen nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG M-V sei nur dann zulässig, wenn das neue Beweismittel in Verbindung mit dem Antragsvorbringen geeignet erscheine, dem Antrag zum Erfolg zu verhelfen. Der Kläger habe die Eignung aber nicht schlüssig dargetan. Er habe weder im behördlichen noch im gerichtlichen Verfahren dargetan, dass die benannten Beweismittel eine günstigere Entscheidung herbeiführen könnten. Die Beurteilung, ob die Entziehung oder Vorenthaltung des Seefahrtsbuches oder des Sichtvermerks im Sinne des § 1 Abs. 1 des Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes (VwRehaG) mit tragenden Grundsätzen eines Rechtsstaats schlechthin unvereinbar sei, erfordere eine Kenntnis der Umstände, die zu dieser Entscheidung geführt hätten. Weitergehende Erkenntnisse gegenüber dem Erstverfahren lägen jedoch nicht vor. Insbesondere habe weder der Kläger einen konkreten Grund für die Maßnahme nennen noch der Beklagte einen solchen ermitteln können. Deshalb seien auch die in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge abzulehnen gewesen. Auf die unter Beweis gestellten Tatsachen komme es nicht an, ein Sachverständigengutachten sei zudem nicht geeignet darzutun, dass ausnahmslos politische Gründe für die Entziehung des Seefahrtsbuches ursächlich gewesen seien, wenn eine finanzielle Wiedergutmachung gezahlt worden sei.

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Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Weder hat die Rechtssache die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung noch liegt ein Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

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1. Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt die Formulierung einer bestimmten, jedoch fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts voraus, deren noch ausstehende höchstrichterliche Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14).

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a) Die Frage,

„welche Indizien ausreichen, um als sichere Kenntnis für die Voraussetzungen in § 1 VwRehaG zu gelten",

führt schon deshalb nicht zur Zulassung der Revision, weil sie sich nicht allgemeingültig beantworten lässt. Es kann vielmehr nur im Einzelfall auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung des jeweiligen Sachverhalts entschieden werden, welche Indizien (Hilfstatsachen) hinreichendes Gewicht besitzen, um den Beweis für eine politische Verfolgung oder eine der weiteren Voraussetzungen des § 1 VwRehaG (Haupttatsache) zu erbringen. Die Beschwerde legt nicht dar, dass der Fall des Klägers insofern die Möglichkeit zur Klärung von verallgemeinerungsfähigen Grundsätzen bietet.

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b) Die weitere Frage,

„inwieweit die gesetzlich normierte Beweiserleichterung in § 13 Abs. 2 VwRehaG und § 25 Abs. 2 des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes (BerRehaG) in solchen Fällen Anwendung findet, in denen der Unerweislichkeit der maßgeblichen Umstände nur durch die Anhäufung von starken Indizien entgegengewirkt werden kann",

ist nicht entscheidungserheblich, weil die Vorschriften nicht eingreifen. Nach § 13 Abs. 2 VwRehaG ebenso wie nach § 25 Abs. 2 BerRehaG können Angaben des Antragstellers, die sich auf anspruchsbegründende Umstände beziehen, wenn Beweismittel nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder desjenigen, von dem er seine Rechte herleitet, verlorengegangen sind, der Entscheidung zugrunde gelegt werden, soweit sie glaubhaft erscheinen. Die Anwendung dieser Vorschrift setzt neben der Beweisnot voraus, dass der Antragsteller Tatsachen behauptet, die - ihre Richtigkeit unterstellt - die Rechtsstaatswidrigkeit einer Maßnahme (§ 1 oder § 1a VwRehaG) oder eine politische Verfolgung (§ 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1 BerRehaG) ergeben. Nach der nicht entkräfteten Bewertung des Verwaltungsgerichts können der Kläger wie auch die bezeichneten Zeugen aber lediglich Vermutungen über den Grund anstellen, der zur Entziehung seines Seefahrtsbuches geführt hat. Zwar stützt sich der Kläger zum Beleg des Verfolgungscharakters bzw. der Rechtsstaatswidrigkeit der Entziehung auf den Umstand, dass ihm eine Wiedergutmachung gezahlt worden ist. Diesen - als wahr angenommenen - Umstand hat das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Tatsachenwürdigung aber als mehrdeutig eingeordnet, sodass es an einem schlüssigen Tatsachenvortrag fehlt, der für die Anwendung der Beweiserleichterung zugrunde gelegt werden könnte.

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2. Ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist nicht dargetan.

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Die Beschwerde rügt insofern eine Verletzung der Aufklärungspflicht, des rechtlichen Gehörs und des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung.

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a) Die Ablehnung der Beweisanträge in der mündlichen Verhandlung war fehlerfrei. Die Ablehnung eines (unbedingt gestellten) Beweisantrags ist nur dann verfahrensfehlerhaft, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (vgl. § 86 Abs. 2 VwGO, § 244 StPO). Das Verwaltungsgericht hat die Anträge aber, wie erforderlich, noch in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich und begründet beschieden. Es ist dabei zu Recht davon ausgegangen, dass Beweisanträgen nicht nachzugehen ist, wenn die bezeichneten Beweistatsachen ungeeignet sind oder es auf die zu beweisende Tatsache nicht ankommt (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO entsprechend; stRspr; vgl. BVerwG, Urteile vom 6. Februar 1985 - 8 C 15.84 - BVerwGE 71, 38 <41> und vom 15. März 1994 - 9 C 510.93 -NVwZ 1994, 1119 f.). In diesem Sinne hat das Verwaltungsgericht die Beweisanträge des Klägers als nicht erheblich oder untauglich bewertet. Dass diese Bewertung aktenwidrig, gegen Denkgesetze verstoßen oder sonst von objektiver Willkür geprägt sein könnte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. Februar 2008 - 9 B 70.07 - juris Rn. 2 m.w.N.), legt die Beschwerde nicht dar und ist auch nicht ersichtlich.

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Es ist nicht nachvollziehbar, wenn sie die Nichterhebung des schriftsätzlich angebotenen Zeugenbeweises als Verletzung des rechtlichen Gehörs bezeichnet. Das Verwaltungsgericht hat sich in seinem Urteil mit dem angekündigten Inhalt der Zeugenaussagen eingehend auseinander gesetzt und ist dabei zu dem Schluss gelangt, die Erklärungen seien vage und ohne Substanz und könnten deshalb nichts am Ergebnis des Erstverfahrens ändern. Damit hat das Verwaltungsgericht lediglich den engen Rahmen beachtet, der ihm in einem Wiederaufgreifensverfahren nach § 51 Abs. 1 VwVfG gesetzt ist, in dem sich ein Antragsteller auf neue Beweismittel stützt. Zutreffend hebt das Verwaltungsgericht einleitend hervor, dass der Antrag auf Wiederaufgreifen in solchen Fällen nur zulässig ist, wenn der Betroffene die Eignung des von ihm benannten Beweismittels für eine ihm günstigere Entscheidung schlüssig darlegt (BVerwG, Urteil vom 21. April 1982 - 8 C 75.80 - NJW 1982, 2204). Das Verwaltungsgericht ist im Falle einer negativen Beurteilung schon der Eignung nicht gehalten, die angebotenen Beweise zu erheben oder gar von sich aus weitergehende Beweismöglichkeiten aufzuzeigen. Vielmehr ist es allein Sache des Antragstellers, neue Beweise vorzulegen. Durch diese Vorgaben werden zugleich die Sachaufklärungspflichten des Gerichts im Wiederaufgreifensverfahren begrenzt. Schon deshalb war es nicht geboten, ein Sachverständigengutachten einzuholen, das vom Verwaltungsgericht überdies mit nachvollziehbarer Begründung als untauglich bezeichnet worden ist.

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b) Das Verwaltungsgericht hat auch nicht den Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 VwGO) verletzt. Eine solche Verletzung kann darin liegen, dass das Gericht von einem unzutreffenden, für die Entscheidung erheblichen Sachverhalt ausgeht. Der entscheidungserhebliche Sachverhalt wird hier aber, wie bereits ausgeführt, durch die Beweismittel begrenzt, auf die sich der Kläger berufen hat. Soweit die Beschwerde geltend macht, dass aus Beschlüssen des Präsidiums des Ministerrats der DDR unzutreffende Schlüsse gezogen worden seien, wird dieser Rahmen überschritten. Zudem lassen die Beschlüsse hinreichend klare Rückschlüsse auf die Verhältnisse im Fall des Klägers nicht zu, wie die Beschwerde mit dem Satz, die Unerweislichkeit der Eingriffe müsse zu einer Beweislastumkehr führen, der Sache nach einräumt.

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Von einer weiteren Begründung seines Beschlusses sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.

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