Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (3. Senat) - 3 B 70/15, 3 B 70/15 (3 B 46/14)

Gründe

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Der Kläger begehrt, im Wege der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand das Verfahren seiner zurückgewiesenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision fortzuführen und die Revision wegen Divergenz zuzulassen.

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Das Oberverwaltungsgericht hat in dem zugrunde liegenden Urteil vom 16. Dezember 2013 seine Klage abgewiesen, mit der er eine Ausgleichszulage zur Förderung von landwirtschaftlichen Unternehmen in benachteiligten Gebieten begehrt. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Zulage, weil er absichtlich falsche Angaben gemacht habe. Seine gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts erhobene und fristgerecht mit einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und mit Verfahrensrügen begründete Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 29. Juni 2015 zurückgewiesen. Auch eine Zulassung wegen der nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist mit Schriftsatz vom 13. Februar 2015 geltend gemachten nachträglichen Divergenz komme nicht in Betracht, weil der Kläger nicht die Klärung einer Grundsatzfrage angestrebt habe, die zwischenzeitlich abweichend von dem angefochtenen Urteil geklärt worden sei.

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Der Antrag hat keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die von ihm begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 60 VwGO).

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Ist die Frist zur Begründung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision (§ 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO) schuldlos versäumt worden, so ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 60 Abs. 1 VwGO). Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 60 Abs. 2 Satz 1 Teils. 2 VwGO) und die versäumte Rechtshandlung nachzuholen; ist sie fristgerecht nachgeholt, so kann die Wiedereinsetzung ohne Antrag gewährt werden (§ 60 Abs. 2 Satz 3 und 4 VwGO).

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Dem Begehren der Wiedereinsetzung steht nicht von vornherein entgegen, dass das Beschwerdeverfahren mit Ablehnung der Beschwerde, hier dem Beschluss vom 29. Juni 2015, seinen Abschluss gefunden hat und damit das angefochtene Urteil rechtskräftig geworden ist (§ 133 Abs. 5 Satz 3 VwGO). Das Institut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erlaubt nicht nur die Durchbrechung der Rechtskraft einer Entscheidung, wenn die Frist für einen gegen sie gegebenen Rechtsbehelf ohne Verschulden versäumt wurde, sondern im Einzelfall auch dann, wenn der Rechtsbehelf erfolglos geblieben ist. Das kommt etwa in Betracht, wenn der Rechtsbehelf zwar innerhalb der Frist eingelegt wurde, sich seine Einlegung aber als nicht ordnungsgemäß erwiesen hatte, weil der Vertretungszwang nicht beachtet oder eine Begründung des Rechtsbehelfs versäumt und er deshalb verworfen worden war (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 3. Januar 1961 - 3 ER 414.60 - BVerwGE 11, 322 <323> m.w.N., vom 14. März 1957 - 3 ER 409.56 - NJW 1957, 804 und vom 4. Februar 2002 - 4 B 51.01 - juris Rn. 3 f.).

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Der Kläger macht hier allerdings nicht geltend, umfassend daran gehindert gewesen zu sein, die Frist zur Begründung seiner Beschwerde einzuhalten. Jenseits seiner fristgerecht geltend gemachten Zulassungsgründe beruft er sich nur darauf, dass er objektiv gehindert gewesen sei, den Zulassungsgrund einer Divergenz fristgerecht geltend zu machen. Die Divergenz beruhe auf dem Urteil des Senats vom 1. Oktober 2014 (3 C 31.13 - Buchholz 451.500 Landw BetrPrämien Nr. 7), also einer Entscheidung, die erst nach Ablauf der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde am 9. Juli 2014 ergangen sei.

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Die damit verbundene Frage, inwieweit für einzelne Zulassungs- oder Rechtsbehelfsgründe eine Wiedereinsetzung überhaupt in Betracht kommen kann, ist nicht abschließend geklärt; sie bedarf aber auch hier keiner Vertiefung (allgemein im Zusammenhang mit einem Verfahrensfehler verneinend: BVerwG, Urteil vom 28. September 1967 - 8 C 44.65 - BVerwGE 28, 18 <21 f.>; offenlassend: BVerwG, Beschlüsse vom 4. Februar 2002 - 4 B 51.01 - juris Rn. 4 und vom 15. Juli 2010 - 4 BN 13.10 - juris Rn. 5 f.; näher und differenzierend: BGH, Beschluss vom 18. November 1999 - III ZR 87/99 - NJW 2000, 364 f. m.w.N.). Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen einer Divergenz, die wie hier durch ein Divergenzurteil begründet sein soll, das erst nach Ablauf der Frist zur Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde ergangen ist, ist unabhängig davon nicht möglich. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand schafft nur Raum dafür, eine schuldlos versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Das setzt voraus, dass diese in dem gerichtlichen Verfahren bis zum Ablauf der zu beachtenden Frist objektiv hätte vorgenommen werden können. Später eintretende Gründe, die eine Entscheidung zweifelhaft machen können, erlangen Bedeutung nur gemäß den hierfür geltenden Vorschriften (wie etwa § 153 VwGO). Einen Fall danach denkbarer Säumnis macht der Kläger nicht geltend.

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Ob etwas anderes gilt, wäre die geltend gemachte Divergenz während der Begründungsfrist entstanden, bedarf hier keiner Vertiefung. Allerdings spricht dagegen, dass die Divergenzrüge ein Unterfall der Grundsatzrüge, jedenfalls eng verwandt mit ihr ist (vgl. Kraft, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 132 Rn. 30 m.w.N.), und diese unabhängig von einem Divergenzurteil geltend gemacht werden kann (vgl. zu einer solchen Fallkonstellation: Beschlüsse vom 19. Februar 2010 - 3 BN 2.09 - juris Rn. 8 f. und vom 6. April 2009 - 10 B 62.08 - juris Rn. 5).

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Die Zulassung einer Revision wegen einer nachträglich, nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist entstandenen Divergenz, kommt daher nur auf der Grundlage des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO in Betracht. Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 29. Juni 2015 ausgeführt hat, hätte der Kläger dazu fristgerecht eine Grundsatzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) erheben müssen, die durch das divergierende Urteil geklärt worden wäre. Dabei geht die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Ansatz davon aus, dass es für die Frage, ob eine Revision wegen Divergenz zuzulassen ist, auf den Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung ankommt (BVerwG, Beschlüsse vom 16. Juli 1954 - 5 B 45.54 - MDR 1954, 652 und vom 22. Januar 1960 - 8 B 37.59 - NJW 1960, 594). Das ist insoweit nicht zweifelhaft, als sich die Durchführung eines Revisionsverfahrens nur rechtfertigt, wenn die Divergenz zum Zeitpunkt der Beschwerdeentstehung fortbesteht. Für den Fall, dass ein divergenzfähiges Urteil erst nach dem angefochtenen Urteil ergeht, beantwortet sich daraus allerdings noch nicht, ob und unter welchen Voraussetzungen damit eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO begründet werden kann. Bereits in seinem Beschluss vom 24. Mai 1965 (3 B 10.65 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 49) hat der Senat eine fristgerecht auf eine grundsätzliche Bedeutung gestützte Revision wegen Divergenz zugelassen, weil einem Beschwerdeführer kein Nachteil daraus erwachsen dürfe, dass auf Grund eines nach dem Ablauf der Beschwerdefrist ergangenen Urteils des Bundesverwaltungsgerichts die zuvor gegebene grundsätzliche Bedeutung entfalle, das Berufungsurteil aber (nunmehr) zum Nachteil des Beschwerdeführers davon abweiche. Wurde die Beschwerde mit der Grundsatzrüge frist- und formgerecht begründet, so wäre es auch verfassungsrechtlich bedenklich, die Zulassung der Revision wegen einer nachträglichen Divergenzentscheidung abzulehnen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163 <1165> m.w.N.). Es entspricht der seit dem Beschluss vom 24. Mai 1965 gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass sich die Zulassung der Revision wegen einer nachträglichen Divergenz nur unter den genannten Voraussetzungen in Betracht kommt (BVerwG, Beschlüsse vom 20. März 1985 - 3 B 83.84 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 230, vom 7. Januar 1993 - 4 NB 42.92 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 74, vom 9. April 1999 - 9 B 21.99 - juris Rn. 3, vom 8. Juni 2007 - 8 B 101.06 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 15 und vom 21. April 2015 - 4 B 8.15 - juris Rn. 5).

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Im Übrigen würde eine Wiedereinsetzung hier auch schon deshalb ausscheiden, weil der Wiedereinsetzungsantrag erst am 31. Juli 2015 und damit nicht innerhalb eines Monats nach Wegfall des geltend gemachten Hindernisses am 12. Januar 2015 gestellt wurde. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass sich der Kläger darauf beruft, er habe die von ihm versäumte Rüge einer Divergenz schon mit seinem Schriftsatz vom 13. Februar 2015 nachgeholt. Falls er damit eine Wiedereinsetzung von Amts wegen in Anspruch nehmen möchte (§ 60 Abs. 2 Satz 3 und 4 VwGO), bezieht er sich auf einen Umstand, der bereits Gegenstand des mit Beschluss vom 29. Juni 2015 abgeschlossenen Beschwerdeverfahrens gewesen ist. Folglich wäre er gehalten gewesen, eine Anhörungsrüge zu erheben, sollte er meinen, der Senat habe sein damaliges Vorbringen insoweit übergangen. Entsprechende Darlegungen fehlen (§ 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO). Ungeachtet dessen käme eine Wiedereinsetzung unverändert nicht in Betracht, weil auch danach die Monatsfrist nicht eingehalten ist. Der Kläger, vertreten durch seine Bevollmächtigte, war nach dem Vortrag in seinem Wiedereinsetzungsantrag mit der Übermittlung des zur Begründung einer Divergenz herangezogenen Urteils des Senats vom 1. Oktober 2014 (3 C 31.13 - Buchholz 451.500 Landw BetrPrämien Nr. 7) am 12. Januar 2015 in der Lage, die Rüge zu erheben. Er hätte die Wiedereinsetzungsfrist nur gewahrt, hätte er die Rüge spätestens im Laufe des 12. Februar 2015 erhoben (§ 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB). Abgesehen davon hätte die Einhaltung dieser Frist ohne weiteres erkennbar sein müssen. In seinem Schriftsatz vom 13. Februar 2015 nimmt der Kläger jedoch lediglich auf die "kürzlich erfolgte Veröffentlichung der Entscheidung" Bezug, auf die "ergänzend vorgetragen" werde.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, da Gerichtskosten nicht erhoben werden.

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