Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (1. Senat) - 1 VR 3/17, 1 VR 3/17 (1 A 4/17)
Gründe
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I
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Der Antragsteller, ein am ... geborener russischer Staatsangehöriger, begehrt vorläufigen Rechtsschutz im Hinblick auf die Anordnung seiner Abschiebung in die Russische Föderation.
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Er wurde am 14. März 2017 in der Wohnung seiner Eltern verhaftet. Dabei wurde ihm eine Verfügung des Senators für Inneres vom 13. März 2017 ausgehändigt, mit der dieser - gestützt auf § 58a AufenthG - die Abschiebung des Antragstellers in die Russische Föderation angeordnet hatte. Der Senator begründete seine Entscheidung damit, nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden sei anzunehmen, dass der Antragsteller, der dem radikal-islamistischen Spektrum in Deutschland zuzurechnen sei und mit der terroristischen Vereinigung "Islamischer Staat" (IS) sympathisiere, einen Anschlag verüben oder bei der Verübung eines Anschlags mitwirken werde, bei dem gemeingefährliche Waffen genutzt würden und das Leben Dritter angegriffen werde. Hierzu habe sich der Antragsteller in einem "Chat" bereit erklärt. Daraus ergebe sich die auf Tatsachen gestützte Prognose, dass vom Antragsteller eine terroristische Gefahr ausgehe. Angesichts der vom Antragsteller ausgehenden Gefahr überwiege bei der Ermessensentscheidung auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass er sich bereits seit dem Kleinkindalter in Deutschland aufhalte, hier den Hauptschulabschluss erlangt habe und über soziale Bindungen an seine Familie und seine religiös angetraute Ehefrau verfüge, das Interesse an einer Ausreise das private Interesse am Verbleib. Gegen den Antragsteller wurde Abschiebungshaft bis einschließlich 13. April 2017 angeordnet, die nachfolgend mehrfach verlängert wurde. Seine Abschiebung in die Russische Föderation war ursprünglich für den 11. April 2017 geplant.
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Am 21. März 2017 hat der Antragsteller beim Bundesverwaltungsgericht Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt. Am 24. März 2017 hat er Klage erhoben. Er hält § 58a AufenthG für formell und materiell verfassungswidrig. Zudem seien die Voraussetzungen dieser Vorschrift hier nicht erfüllt. Er sei in Deutschland integriert, seine Familie lebe hier, und er spreche kein Russisch. Außerdem befürchte er, in Russland inhaftiert und gefoltert zu werden.
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Die Antragsgegnerin verteidigt die angegriffene Verfügung.
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Der Senat hat eine Liste von Erkenntnismitteln über die abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation erstellt und ergänzend zwei Auskünfte des Auswärtigen Amtes (AA) eingeholt.
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II
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Der Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Abschiebungsanordnung der Antragsgegnerin vom 13. März 2017 anzuordnen (Antrag zu 1.), ist zulässig (§ 58a Abs. 4 Satz 2 AufenthG, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO), auch ist das Bundesverwaltungsgericht als Gericht der Hauptsache zuständig (§ 50 Abs. 1 Nr. 3 VwGO). Für den zusätzlichen Antrag festzustellen, dass die Abschiebungsanordnung wegen eines in der Person des Antragstellers liegenden zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 1 bis 8 AufenthG nicht vollzogen werden darf (Antrag zu 2.), besteht demgegenüber im Eilverfahren kein Rechtsschutzbedürfnis. Bei Vorliegen eines derartigen Abschiebungsverbots wäre dem Antrag zu 1. stattzugeben und der Antragsteller dadurch vorläufig ausreichend geschützt.
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Der Antrag zu 1. ist aber unbegründet. Bei der gebotenen Abwägung zwischen dem Interesse des Antragstellers, bis zum Abschluss des Klageverfahrens in Deutschland zu bleiben, und dem öffentlichen Interesse an einer sofortigen Aufenthaltsbeendigung überwiegt das öffentliche Interesse. An der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Abschiebungsanordnung bestehen keine ernstlichen Zweifel (1.). Zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote, die einer Abschiebung des Antragstellers in die Russische Föderation entgegenstehen könnten, liegen nicht vor, soweit der Antragsteller nicht in den Nordkaukasus (insbesondere nach Dagestan) abgeschoben wird (2.).
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1. An der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Abschiebungsanordnung bestehen keine ernstlichen Zweifel. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 58a Abs. 1 AufenthG. Danach kann die oberste Landesbehörde gegen einen Ausländer aufgrund einer auf Tatsachen gestützten Prognose zur Abwehr einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ohne vorhergehende Ausweisung eine Abschiebungsanordnung erlassen.
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Diese Regelung ist - wie der Senat in seinem Beschluss vom 21. März 2017 im Einzelnen dargelegt hat - formell und materiell verfassungsgemäß (BVerwG, Beschluss vom 21. März 2017 - 1 VR 1.17 - juris Rn. 5 ff.). Die hiergegen erhobenen Einwände des Antragstellers geben keinen Anlass, von dieser Bewertung abzurücken. Ein evidenter Fehler des Gesetzgebungsverfahrens, der zur Nichtigkeit der Norm führen würde, liegt auch unter Berücksichtigung der vom Antragsteller hervorgehobenen Besonderheiten der Abschiebungsanordnung nach § 58a AufenthG nicht vor. Die gegen die materielle Verfassungsmäßigkeit der Norm erhobenen Bedenken greifen ebenfalls nicht durch. Der Gefahrenbegriff und die geschützten Rechtsgüter des § 58a AufenthG sind in der Auslegung des Senats im Beschluss vom 21. März 2017 - 1 VR 1.17 - hinreichend konturiert. Gegen die Konkretisierung der Eingriffsschwelle durch den Senat (vgl. ebenda Rn. 15 ff.) bestehen auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit keine Bedenken. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber eine terroristische Gefahr bzw. eine besondere Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zum Anlass für eine - im Vergleich zur Ausweisung nach §§ 53 ff. AufenthG, die in einem weiteren Schritt zu vollziehen ist - in den Rechtsfolgen einschneidendere und in einem verkürzten Verfahren mit formellen Rechtsschutzeinschränkungen zu erlassende Abschiebungsanordnung genommen hat, die aber eine Gewährung effektiven, auch in der Sache wirksamen Rechtsschutz nicht beeinträchtigen. Die Dimension insbesondere terroristischer Gefahren übersteigt bei typisierender Betrachtung diejenige der in den §§ 53, 54 AufenthG erfassten Ausweisungsgründe. Dass einzelne schwere Ausweisungsgründe auf vergleichbare Gefahren zugeschnitten sind (etwa § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG), hindert den Gesetzgeber nicht, zu deren Abwehr bei erkanntem Bedarf ein zusätzliches effektiveres Instrumentarium zu schaffen. Die Tatbestände des § 54 AufenthG setzen im Übrigen anders als § 58a AufenthG nicht zwingend die Gefahr voraus, dass der Ausländer selbst eine schwere terroristische Gewalttat begeht, sondern greifen schon bei Unterstützertätigkeiten auch finanzieller Art (BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2017 - 1 C 3.16 - juris) oder verbalen Aufrufen zu Gewalttätigkeiten oder Hass ein.
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Straftaten mit dem Gepräge des Terrorismus zielen auf eine Destabilisierung des Gemeinwesens und umfassen hierbei in rücksichtsloser Instrumentalisierung anderer Menschen für politische oder ideologische Zwecke Angriffe auf Leib und Leben beliebiger Dritter. Sie richten sich gegen die Grundpfeiler der verfassungsrechtlichen Ordnung und das Gemeinwesen als Ganzes (vgl. BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 - 1 BvR 966/09 u.a. - BVerfGE 141, 220 Rn. 96). Eingriffsmaßnahmen bei terroristischen Straftaten, die oft durch lang geplante Taten von bisher nicht straffällig gewordenen Einzelnen an nicht vorhersehbaren Orten und in ganz verschiedener Weise verübt werden, können daher schon dann erlaubt werden, wenn zwar noch nicht ein seiner Art nach konkretisiertes und zeitlich absehbares Geschehen erkennbar ist, jedoch das individuelle Verhalten einer Person die konkrete Wahrscheinlichkeit begründet, dass sie solche Straftaten in überschaubarer Zukunft begehen wird (vgl. BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 - 1 BvR 966/09 u.a. - BVerfGE 141, 220 Rn. 112; siehe ferner unten b) aa).
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Verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 58a AufenthG bestehen auch nicht deshalb, weil die Vorschrift anders als § 53 AufenthG n.F. (Ausweisung) keine Verhältnismäßigkeitsprüfung auf Tatbestandsebene enthält, sondern als Ermessensentscheidung ausgestaltet ist. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist dies nicht mit einer Verkürzung des Rechtsschutzes verbunden. Denn die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme ist auch im Rahmen einer Ermessensentscheidung voll gerichtlich zu überprüfen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit stellt bei der Ermessensausübung für die Behörde eine gesetzliche Ermessensgrenze dar, deren Überschreiten der gerichtlichen Überprüfung nach § 114 Satz 1 VwGO unterliegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2017 - 1 C 27.16 - juris Rn. 24, zu § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG).
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Die angegriffene Abschiebungsanordnung ist bei der hier gebotenen umfassenden Prüfung (BVerwG, Beschluss vom 21. März 2017 - 1 VR 1.17 - juris Rn. 13) nicht zu beanstanden.
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a) Der formellen Rechtmäßigkeit steht nicht entgegen, dass der Antragsteller vor Erlass der Verfügung möglicherweise nicht hinreichend angehört worden ist.
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aa) Nach nationalem Verfahrensrecht war eine Anhörung hier entbehrlich.
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§ 58a AufenthG schreibt eine Anhörung weder ausdrücklich vor noch verbietet er eine solche, so dass § 28 BremVwVfG anzuwenden ist. Nach dieser Regelung ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern (Abs. 1). Nach § 28 Abs. 2 BremVwVfG kann von der Anhörung abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, etwa wenn Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen (Nr. 5) oder wenn eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint (Nr. 1). Es kann offenbleiben, ob vor der Übergabe der Abschiebungsanordnung eine hinreichende Anhörung durch die für deren Erlass zuständige Behörde stattgefunden hat; denn jedenfalls durfte hier auf eine Anhörung zwar nicht nach § 28 Abs. 2 Nr. 5 BremVwVfG, wohl aber nach § 28 Abs. 2 Nr. 1 BremVwVfG verzichtet werden.
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Eine Anhörung war nicht schon nach § 28 Abs. 2 Nr. 5 BremVwVfG entbehrlich. Denn eine Abschiebungsanordnung nach § 58a AufenthG ist keine Maßnahme allein der Verwaltungsvollstreckung im Sinne dieser Regelung. Sie birgt materiellrechtliche Elemente eines Grundverwaltungsakts, weil sie zugleich auch zum Erlöschen des Aufenthaltstitels (§ 51 Abs. 1 Nr. 5a AufenthG) führt, der die gesetzliche Ausreisepflicht (§ 50 Abs. 1 AufenthG) erst bewirkt (nicht vergleichbar daher BVerwG, Urteil vom 29. April 1983 - 1 C 5.83 - Buchholz 402.241 2. AsylBeschlG Nr. 3). Mit ihrem Erlass wird somit in einem verkürzten Verfahren uno actu zunächst wie mit einer Ausweisung der legale Aufenthalt beendet und zugleich die Abschiebung als Vollstreckungsmaßnahme angeordnet, was verwaltungsvollstreckungsrechtlich der Festsetzung eines Zwangsmittels entspricht. Die Abschiebungsanordnung bildet mithin zum einen eine notwendige Voraussetzung und Grundlage für die Verwaltungsvollstreckung (vgl. Bauer, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl. 2016, § 58a AufenthG Rn. 9), zum anderen leitet sie diese Vollstreckung bereits ein.
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Von einer Anhörung konnte hier indes abgesehen werden, weil eine sofortige Entscheidung zumindest im öffentlichen Interesse notwendig war (§ 28 Abs. 2 Nr. 1 BremVwVfG). § 58a AufenthG zielt auf die Bewältigung von beachtlichen Gefahren für hochrangige Rechtsgüter. Bei der mit einer Anhörung verbundenen "Vorwarnung" bestünde regelmäßig die Gefahr, dass sich der Betroffene durch Untertauchen der Abschiebung entzieht oder sonst den mit der kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Abschiebungsanordnung verfolgten Zweck vereitelt. Der Gesetzgeber selbst anerkennt dies in § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1a AufenthG, nach dem ein Ausländer zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen ist, wenn eine Abschiebungsanordnung nach § 58a AufenthG ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann; auch ist bei einer Abschiebungsanordnung eine freiwillige Ausreise nicht zu ermöglichen. Unabhängig davon war eine sofortige Entscheidung auch deshalb im öffentlichen Interesse notwendig, weil vom Antragsteller eine terroristische Gefahr ausgeht, die sich jederzeit aktualisieren kann (siehe näher unten b) bb). Die Anordnung von Abschiebungshaft ist erst möglich, wenn die Abschiebungsanordnung bereits ergangen ist (§ 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1a AufenthG). Besondere, atypische Umstände, die hier vor Erlass der Abschiebungsanordnung eine umfassende Anhörung ohne Gefährdung des Zwecks der Abschiebungsanordnung oder zumindest eine eingehendere Begründung der Ermessensentscheidung für den Verzicht auf eine Anhörung erfordert hätten, liegen nicht vor.
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bb) Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist das Vorgehen der Behörde auch mit den Vorgaben des Unionsrechts, wie sie vor dem Erlass einer Rückkehrentscheidung im Sinne der Richtlinie 2008/115/EG zu beachten sind, vereinbar.
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Die Richtlinie 2008/115/EG enthält selbst nicht ausdrücklich ein Anhörungsgebot vor Erlass einer Rückkehrentscheidung. Dieses gilt aber als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts (vgl. näher EuGH, Urteil vom 5. November 2014 - C-166/13 [ECLI:EU:C:2014:2336], Mukarubega - Rn. 40 - 45). Das Recht auf Anhörung garantiert jeder Person die Möglichkeit, im Verwaltungsverfahren, bevor ihr gegenüber eine für ihre Interessen nachteilige Entscheidung erlassen wird, sachdienlich und wirksam ihren Standpunkt vorzutragen. Die Regel, wonach der Adressat einer beschwerenden Entscheidung in die Lage versetzt werden muss, seinen Standpunkt vorzutragen, bevor die Entscheidung getroffen wird, soll der zuständigen Behörde erlauben, alle maßgeblichen Gesichtspunkte angemessen zu berücksichtigen. Werden - wie hier - mit der Beendigung der Legalität des Aufenthalts, die die Verpflichtung zum Verlassen Deutschlands begründet (§ 51 Abs. 1 Nr. 5a i.V.m. § 50 Abs. 1 AufenthG), der Rückkehrentscheidung und der Entscheidung über die Abschiebung drei verschiedene Regelungen in einer Entscheidung zusammengefasst (zur Zulässigkeit dieses Vorgehens vgl. Art. 6 Abs. 6 Richtlinie 2008/115/EG), muss dem Betroffenen nicht ermöglicht werden, speziell und gesondert zur Rückkehrentscheidung Stellung zu nehmen. Ausreichend ist vielmehr, wenn der Betroffene die Möglichkeit hatte, seinen Standpunkt zur Rechtswidrigkeit seines Aufenthalts und solche Gründe sachdienlich und wirksam vorzutragen, die es nach dem nationalen Recht rechtfertigen können, dass die Behörde vom Erlass einer Rückkehrentscheidung absieht (vgl. EuGH, Urteil vom 5. November 2014 - C-166/13).
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Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind Grundrechte wie das Recht auf Beachtung der Verteidigungsrechte aber nicht schrankenlos gewährleistet, sondern können Beschränkungen unterworfen werden, sofern diese tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen entsprechen, die mit der fraglichen Maßnahme verfolgt werden, und keinen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen und untragbaren Eingriff darstellen, der die so gewährleisteten Rechte in ihrem Wesensgehalt antastet (EuGH, Urteil vom 11. Dezember 2014 - C-249/13 [ECLI:EU:C:2014:2431], Boudjlida - Rn. 43). Dabei ist auch das Ziel der Richtlinie, nämlich die wirksame Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger in ihr Herkunftsland, zu berücksichtigen (ebenda, Rn. 45).
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Danach bedurfte es hier auch unionsrechtlich nicht zwingend einer Anhörung des Antragstellers vor Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung. Mit der grundsätzlichen Entbehrlichkeit einer Anhörung vor Erlass einer Abschiebungsanordnung nach § 58a AufenthG wird u.a. bezweckt zu verhindern, dass sich die vorausgesetzte besondere Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder terroristische Gefahr (die hier auch tatsächlich besteht, s.u.), in der Zwischenzeit realisiert. Dies wäre bei Durchführung einer vorherigen Anhörung durch die zuständige Behörde wie oben ausgeführt nicht hinreichend sicher gewährleistet.
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cc) Dahinstehen kann, ob angesichts des Gewichts des mit einer kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Abschiebungsanordnung einhergehenden Grundrechtseingriffes und zur Wahrung der Verteidigungsrechte des Ausländers eine Anhörung zwar nicht zwingend vor, aber zumindest im zeitlichen Zusammenhang mit der Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung durchgeführt werden muss, um auf diese Weise sicherzustellen, dass berechtigte Einwände des Ausländers der Erlassbehörde zeitnah zur Kenntnis gebracht werden und sie so gezwungen wird, ihre Verfügung umgehend einer ergebnisoffenen Überprüfung zu unterziehen und zu entscheiden, ob sie weiterhin an der Abschiebungsanordnung festhält, diese aufhebt oder ihre Ermessenserwägungen sachgerecht ergänzt. In diesem Sinne ist dem Antragsteller hier Gelegenheit gegeben worden, zu der Abschiebungsanordnung und ihrem Vollzug Stellung zu nehmen. Denn er ist anlässlich seiner Inhaftnahme dem Migrationsamt vorgeführt worden, das ihm in Verwaltungshilfe für den Senator für Inneres vor Aushändigung der Verfügung Gelegenheit gegeben hat, sich zu den beabsichtigten Maßnahmen zu äußern. Dabei hat der Antragsteller allerdings keine substantiierten Einwände erhoben, die in der Verfügung noch nicht hinreichend berücksichtigt waren und dem Senator Anlass zu einer Überprüfung seiner Entscheidung hätten geben können.
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b) Die Verfügung ist auch materiell nicht zu beanstanden. Die Abschiebungsanordnung nach § 58a AufenthG ist gegenüber der Ausweisung nach §§ 53 ff. AufenthG eine selbstständige ausländerrechtliche Maßnahme der Gefahrenabwehr. Sie zielt auf die Abwehr einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und/oder einer terroristischen Gefahr.
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aa) Der Begriff der "Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland" ist - wie die wortgleiche Formulierung in § 54 Abs. 1 Nr. 2 und § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG - nach der Rechtsprechung des Senats enger zu verstehen als der Begriff der öffentlichen Sicherheit im Sinne des allgemeinen Polizeirechts. Die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland umfasst die innere und äußere Sicherheit und schützt nach innen den Bestand und die Funktionstüchtigkeit des Staates und seiner Einrichtungen. Das schließt den Schutz vor Einwirkungen durch Gewalt und Drohungen mit Gewalt auf die Wahrnehmung staatlicher Funktionen ein (BVerwG, Urteil vom 15. März 2005 - 1 C 26.03 - BVerwGE 123, 114 <120> = juris Rn. 17). In diesem Sinne richten sich auch Gewaltanschläge gegen Unbeteiligte zum Zwecke der Verbreitung allgemeiner Unsicherheit gegen die innere Sicherheit des Staates (BVerwG, Beschluss vom 21. März 2017 - 1 VR 1.17 - juris Rn. 17).
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Der Begriff der "terroristischen Gefahr" knüpft an die neuartigen Bedrohungen an, die sich nach dem 11. September 2001 herausgebildet haben. Diese sind in ihrem Aktionsradius nicht territorial begrenzt und gefährden die Sicherheitsinteressen auch anderer Staaten. Im Aufenthaltsgesetz findet sich zwar keine Definition, was unter Terrorismus zu verstehen ist, die aufenthaltsrechtlichen Vorschriften zur Bekämpfung des Terrorismus setzen aber einen der Rechtsanwendung fähigen Begriff des Terrorismus voraus. Auch wenn bisher die Versuche, auf völkerrechtlicher Ebene eine allgemein anerkannte vertragliche Definition des Terrorismus zu entwickeln, nicht in vollem Umfang erfolgreich gewesen sind, ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts doch im Grundsatz geklärt, unter welchen Voraussetzungen die - völkerrechtlich geächtete - Verfolgung politischer Ziele mit terroristischen Mitteln anzunehmen ist. Wesentliche Kriterien können insbesondere aus der Definition terroristischer Straftaten in Art. 2 Abs. 1 Buchst. b des Internationalen Übereinkommens zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus vom 9. Dezember 1999 (BGBl. 2003 II S. 1923), aus der Definition terroristischer Straftaten auf der Ebene der Europäischen Gemeinschaft im Beschluss des Rates Nr. 2002/475/JI vom 13. Juni 2002 (ABl. L 164 S. 3) sowie dem gemeinsamen Standpunkt des Rates Nr. 2001/931/GASP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus vom 27. Dezember 2001 (ABl. L 344 S. 93) gewonnen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. März 2005 - 1 C 26.03 - BVerwGE 123, 114 <129 f.>). Trotz einer gewissen definitorischen Unschärfe des Terrorismusbegriffs liegt nach der Rechtsprechung des Senats eine völkerrechtlich geächtete Verfolgung politischer Ziele mit terroristischen Mitteln jedenfalls dann vor, wenn politische Ziele unter Einsatz gemeingefährlicher Waffen oder durch Angriffe auf das Leben Unbeteiligter verfolgt werden (BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2011 - 1 C 13.10 - BVerwGE 141, 100 Rn. 19 m.w.N.). Entsprechendes gilt bei der Verfolgung ideologischer Ziele. Eine terroristische Gefahr kann nicht nur von Organisationen, sondern auch von Einzelpersonen ausgehen, die nicht als Mitglieder oder Unterstützer in eine terroristische Organisation eingebunden sind oder in einer entsprechenden Beziehung zu einer solchen stehen (Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand Januar 2017, § 58a AufenthG Rn. 15). Erfasst sind grundsätzlich auch Zwischenstufen lose verkoppelter Netzwerke, (virtueller oder realer) Kommunikationszusammenhänge oder "Szeneeinbindungen", die auf die Realitätswahrnehmung einwirken und die Bereitschaft im Einzelfall zu wecken oder zu fördern geeignet sind.
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Das Erfordernis einer "besonderen" Gefahr bei der ersten Alternative bezieht sich allein auf das Gewicht und die Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie das Gewicht der befürchteten Tathandlungen des Betroffenen, nicht auf die zeitliche Eintrittswahrscheinlichkeit (Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand Januar 2017, § 58a AufenthG Rn. 11; Bauer, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl. 2016, § 58a AufenthG Rn. 27; Hailbronner, AuslR, Stand Dezember 2016, § 58a AufenthG Rn. 7; a.A. Erbslöh, NVwZ 2007, 155 <160>, wonach eine Abschiebungsanordnung nur in Fällen außergewöhnlich hoher Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts, mit dem in naher Zukunft zu rechnen ist, in Betracht kommt). In diesem Sinne muss die besondere Gefahr für die innere Sicherheit aufgrund der gleichen Eingriffsvoraussetzungen eine mit der terroristischen Gefahr vergleichbare Gefahrendimension erreichen (Hailbronner, AuslR, Stand Dezember 2016, § 58a AufenthG Rn. 7). Dafür spricht auch die Regelung in § 11 Abs. 5 AufenthG, die die Abschiebungsanordnung in eine Reihe mit Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit stellt (s.a. Eckertz-Höfer, in: Barwig u.a.
, Perspektivwechsel im Ausländerrecht?, 1. Aufl. 2007, S. 105 <117>). Geht es um die Verhinderung schwerster Straftaten, durch die im "politischen/ideologischen Kampf" die Bevölkerung in Deutschland verunsichert und/oder staatliche Organe der Bundesrepublik Deutschland zu bestimmten Handlungen genötigt werden sollen, ist regelmäßig von einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und jedenfalls von einer terroristischen Gefahr auszugehen. Da es um die Verhinderung derartiger Straftaten geht, ist nicht erforderlich, dass mit deren Vorbereitung oder Ausführung in einer Weise begonnen wurde, die einen Straftatbestand erfüllt und etwa bereits zur Einleitung strafrechtlicher Ermittlungen geführt hat.
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Die für § 58a AufenthG erforderliche besondere Gefahrenlage muss sich aufgrund einer auf Tatsachen gestützten Prognose ergeben. Aus Sinn und Zweck der Regelung ergibt sich, dass die Bedrohungssituation unmittelbar vom Ausländer ausgehen muss, in dessen Freiheitsrechte sie eingreift. Ungeachtet ihrer tatbestandlichen Verselbstständigung ähnelt die Abschiebungsanordnung in ihren Wirkungen einer für sofort vollziehbar erklärten Ausweisung nebst Abschiebungsandrohung. Zum Zwecke der Verfahrensbeschleunigung ist sie aber mit Verkürzungen im Verfahren und beim Rechtsschutz verbunden. Insbesondere ist die Abschiebungsanordnung kraft Gesetzes sofort vollziehbar (§ 58a Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 AufenthG). Da es keiner Abschiebungsandrohung bedarf (§ 58a Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 AufenthG), erübrigt sich auch die Bestimmung einer Frist zur freiwilligen Ausreise. Zuständig sind nicht die Ausländerbehörden, sondern grundsätzlich die obersten Landesbehörden (§ 58a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 AufenthG). Die Zuständigkeit für den Erlass einer Abschiebungsanordnung begründet nach § 58a Abs. 3 Satz 3 AufenthG zugleich eine eigene Zuständigkeit für die Prüfung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 1 bis 8 AufenthG ohne Bindung an hierzu getroffene Feststellungen aus anderen Verfahren. Die gerichtliche Kontrolle einer Abschiebungsanordnung und ihrer Vollziehung unterliegt in erster und letzter Instanz dem Bundesverwaltungsgericht (§ 50 Abs. 1 Nr. 3 VwGO), ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes muss innerhalb einer Frist von sieben Tagen gestellt werden (§ 58a Abs. 4 Satz 2 AufenthG). Die mit dieser Ausgestaltung des Verfahrens verbundenen Abweichungen gegenüber einer Ausweisung lassen sich nur mit einer direkt vom Ausländer ausgehenden terroristischen und/oder dem gleichzustellenden Bedrohungssituation für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland rechtfertigen (BVerwG, Beschluss vom 21. März 2017 - 1 VR 1.17 - juris Rn. 18).
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Die vom Ausländer ausgehende Bedrohung muss aber nicht bereits die Schwelle einer konkreten Gefahr im Sinne des polizeilichen Gefahrenabwehrrechts überschreiten (Hailbronner, AuslR, Stand Dezember 2016, § 58a AufenthG Rn. 14 f.; a.A. Bauer, in: Bergmann/Dienelt, 11. Aufl. 2016, AuslR, § 58a AufenthG Rn. 28; Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand Januar 2017, § 58a AufenthG Rn. 18), bei der bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Verletzung des geschützten Rechtsguts zu erwarten ist. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut der Vorschrift, die zur Abwehr einer besonderen Gefahr lediglich eine auf Tatsachen gestützte Prognose verlangt. Auch Sinn und Zweck der Regelung sprechen angesichts des hohen Schutzguts und der vom Terrorismus ausgehenden neuartigen Bedrohungen für einen abgesenkten Gefahrenmaßstab, weil seit den Anschlägen von 11. September 2001 damit zu rechnen ist, dass ein Terroranschlag mit hohem Personenschaden ohne großen Vorbereitungsaufwand und mit Hilfe allgemein verfügbarer Mittel jederzeit und überall verwirklicht werden kann. Eine Abschiebungsanordnung ist daher schon dann möglich, wenn aufgrund konkreter tatsächlicher Anhaltspunkte ein beachtliches Risiko dafür besteht, dass sich eine terroristische Gefahr und/oder eine dem gleichzustellende Gefahr für die innere Sicherheit der Bundesrepublik in der Person des Ausländers jederzeit aktualisieren kann, sofern nicht eingeschritten wird (BVerwG, Beschluss vom 21. März 2017 - 1 VR 1.17 - juris Rn. 19).
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Diese Auslegung steht trotz der Schwere aufenthaltsbeendender Maßnahmen im Einklang mit dem Grundgesetz. Der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen nicht von vornherein für jede Art der Aufgabenwahrnehmung auf die Schaffung von Eingriffstatbeständen beschränkt, die dem tradierten sicherheitsrechtlichen Modell der Abwehr konkreter, unmittelbar bevorstehender oder gegenwärtiger Gefahren entsprechen. Vielmehr kann er die Grenzen für bestimmte Bereiche der Gefahrenabwehr mit dem Ziel schon der Straftatenverhinderung auch weiter ziehen, indem er die Anforderungen an die Vorhersehbarkeit des Kausalverlaufs reduziert. Dann bedarf es aber zumindest einer hinreichend konkretisierten Gefahr in dem Sinne, dass tatsächliche Anhaltspunkte für die Entstehung einer konkreten Gefahr bestehen. Hierfür reichen allgemeine Erfahrungssätze nicht aus, vielmehr müssen bestimmte Tatsachen im Einzelfall die Prognose eines Geschehens tragen, das zu einer zurechenbaren Verletzung gewichtiger Schutzgüter führt. Eine hinreichend konkretisierte Gefahr in diesem Sinne kann schon bestehen, wenn sich der zum Schaden führende Kausalverlauf noch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorhersehen lässt, aber bereits bestimmte Tatsachen auf eine im Einzelfall drohende Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut hinweisen. In Bezug auf terroristische Straftaten, die oft von bisher nicht straffällig gewordenen Einzelnen an nicht vorhersehbaren Orten und in ganz verschiedener Weise verübt werden, kann dies schon dann der Fall sein, wenn zwar noch nicht ein seiner Art nach konkretisiertes und zeitlich absehbares Geschehen erkennbar ist, jedoch das individuelle Verhalten einer Person die konkrete Wahrscheinlichkeit begründet, dass sie solche Straftaten in überschaubarer Zukunft begehen wird. Angesichts der Schwere aufenthaltsbeendender Maßnahmen ist eine Verlagerung der Eingriffsschwelle in das Vorfeldstadium dagegen verfassungsrechtlich nicht hinnehmbar, wenn nur relativ diffuse Anhaltspunkte für mögliche Gefahren bestehen, etwa allein die Erkenntnis, dass sich eine Person zu einem fundamentalistischen Religionsverständnis hingezogen fühlt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Mai 2017 - 1 VR 4.17 - juris Rn. 20, unter Hinweis auf BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 - 1 BvR 966/09 u.a. - BVerfGE 141, 220 Rn. 112 f.).
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Für diese "Gefahrenprognose" bedarf es - wie bei jeder Prognose - zunächst einer hinreichend zuverlässigen Tatsachengrundlage. Der Hinweis auf eine auf Tatsachen gestützte Prognose dient der Klarstellung, dass ein bloßer (Gefahren-)Verdacht oder Vermutungen bzw. Spekulationen nicht ausreichen (Hailbronner, AuslR, Stand Dezember 2016, § 58a AufenthG Rn. 15; Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand Januar 2017, § 58a AufenthG Rn. 8; Bauer, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl. 2016, § 58a AufenthG Rn. 31). Zugleich definiert dieser Hinweis einen eigenen Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Abweichend von dem sonst im Gefahrenabwehrrecht geltenden Prognosemaßstab der hinreichenden Eintrittswahrscheinlichkeit mit seinem nach Art und Ausmaß des zu erwartenden Schadens differenzierenden Wahrscheinlichkeitsmaßstab muss für ein Einschreiten nach § 58a AufenthG eine bestimmte Entwicklung nicht wahrscheinlicher sein als eine andere. Vielmehr genügt angesichts der besonderen Gefahrenlage, der § 58a AufenthG durch die tatbestandliche Verselbstständigung begegnen soll, dass sich aus den festgestellten Tatsachen ein beachtliches Risiko dafür ergibt, dass die von einem Ausländer ausgehende Bedrohungssituation sich jederzeit aktualisieren und in eine konkrete terroristische Gefahr und/oder eine dem gleichzustellende Gefahr für die innere Sicherheit der Bundesrepublik umschlagen kann.
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Dieses beachtliche Eintrittsrisiko kann sich auch aus Umständen ergeben, denen (noch) keine strafrechtliche Relevanz zukommt, etwa wenn ein Ausländer fest entschlossen ist, in Deutschland einen mit niedrigem Vorbereitungsaufwand möglichen schweren Anschlag zu verüben, auch wenn er noch nicht mit konkreten Vorbereitungs- oder Ausführungshandlungen begonnen hat und die näheren Tatumstände nach Ort, Zeitpunkt, Tatmittel und Angriffsziel noch nicht feststehen. Eine hinreichende Bedrohungssituation kann sich aber auch aus anderen Umständen ergeben. In jedem Fall bedarf es einer umfassenden Würdigung der Persönlichkeit des Ausländers, seines bisherigen Verhaltens, seiner nach außen erkennbaren oder geäußerten inneren Einstellung, seiner Verbindungen zu anderen Personen und Gruppierungen, von denen eine terroristische Gefahr und/oder eine Gefahr für die innere Sicherheit der Bundesrepublik ausgeht sowie sonstiger Umstände, die geeignet sind, den Ausländer in seinem gefahrträchtigen Denken oder Handeln zu belassen oder zu bekräftigen. Dabei kann sich - abhängig von den Umständen des Einzelfalls - in der Gesamtschau ein beachtliches Risiko, das ohne ein Einschreiten jederzeit in eine konkrete Gefahr umschlagen kann, auch schon daraus ergeben, dass sich ein im Grundsatz gewaltbereiter und auf Identitätssuche befindlicher Ausländer in besonderem Maße mit dem radikal-extremistischen Islamismus in seinen verschiedenen Ausprägungen bis hin zum ausschließlich auf Gewalt setzenden jihadistischen Islamismus identifiziert, über enge Kontakte zu gleichgesinnten, möglicherweise bereits anschlagsbereiten Personen verfügt und sich mit diesen in "religiösen" Fragen regelmäßig austauscht.
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Der obersten Landesbehörde steht bei der für eine Abschiebungsanordnung nach § 58a AufenthG erforderlichen Gefahrenprognose aber keine Einschätzungsprärogative zu. Als Teil der Exekutive ist sie beim Erlass einer Abschiebungsanordnung - wie jede andere staatliche Stelle - an Recht und Gesetz, insbesondere an die Grundrechte, gebunden (Art. 1 Abs. 3, Art. 20 Abs. 3 GG) und unterliegt ihr Handeln nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG der vollen gerichtlichen Kontrolle (Hailbronner, AuslR, Stand Dezember 2016, § 58a AufenthG Rn. 17; Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand Januar 2017, § 58a AufenthG Rn. 12; Bauer, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl. 2016, § 58a AufenthG Rn. 37 ff.). Weder Wortlaut noch Sinn und Zweck der Vorschrift sprechen für einen der gerichtlichen Überprüfung entzogenen behördlichen Beurteilungsspielraum. Auch wenn die im Rahmen des § 58a AufenthG erforderliche Prognose besondere Kenntnisse und Erfahrungswissen erfordert, ist sie nicht derart außergewöhnlich und von einem bestimmten Fachwissen abhängig, über das nur oberste (Landes-)Behörden verfügen. Vergleichbare Aufklärungsschwierigkeiten treten auch in anderen Zusammenhängen auf. Der hohe Rang der geschützten Rechtsgüter und die Eilbedürftigkeit der Entscheidung erfordern ebenfalls keine Einschätzungsprärogative der Behörde.
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bb) In Anwendung dieser Grundsätze ist davon auszugehen, dass vom Antragsteller derzeit aufgrund einer auf Tatsachen gestützten Prognose ein beachtliches Risiko im Sinne des § 58a AufenthG ausgeht, auch wenn den Sicherheitsbehörden kein konkreter Plan des Antragstellers zur Ausführung einer terroristischen Gewalttat bekannt geworden ist. Es besteht ein zeitlich und sachlich beachtliches Risiko, dass er einen terroristischen Anschlag begeht oder sich an einem solchen beteiligt, bei dem Unbeteiligte ums Leben kämen.
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Für die Beurteilung des Senats, dass vom Antragsteller eine terroristische Gefahr ausgeht, sind vor allem folgende Umstände maßgeblich, die sich aus der Ausländerakte des Antragstellers (AA), dem Verwaltungsvorgang des Senators (VV), den Akten des 62. Kommissariats der Polizei Bremen (6 Bände, P1 bis P6 und ein Hefter, Polizei K 62), den beigezogenen Akten verschiedener familiengerichtlicher Verfahren (Amtsgericht Bremen 71 F 172/17 SO, 71 F 212/17 EAUB, 71 F 211/17 EASO, 71 F 134/17 EAUB) sowie dem Vorbringen des Antragstellers und der Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren ergeben:
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(1) Der Antragsteller hat sich bereits seit dem Alter von 15 Jahren islamistisch radikalisiert. Ende 2014 war er häufiger Besucher des - inzwischen verbotenen - Kultur- und Familienvereins in Bremen, der die "F. Moschee" betrieb und sich durch eine stark extremistische Auslegung des Islam auszeichnete. Die F. Moschee besuchte er, obwohl ihm in einer anderen Moschee mit der Begründung davon abgeraten worden war, dass er sonst "in zwei Wochen in Syrien" landen werde (P1 Bl. 35). Nach dem Freitagsgebet am 5. Dezember 2014 erfolgten dort Durchsuchungen aufgrund vereinsrechtlicher Verbotsmaßnahmen. Der anwesende Antragsteller wurde dabei polizeilich erfasst (AA Bl. 185). Bei anschließenden Internetrecherchen wurde ein mit großer Wahrscheinlichkeit dem Antragsteller zuzuordnendes ask.fm-Profil eines "C. J." aufgefunden, das die Flagge des sogenannten Islamischen Staates zeigte und weitere salafistische Inhalte aufwies. Der Nutzer gab an, dass es sein Ziel sei, "die höchste Stufe im Paradies zu bekommen", die nach jihadistischer Vorstellung den Märtyrern vorbehalten ist, und bezeichnete Kritiker des "IS" als "Medien-Opfer" (AA Bl. 179 ff., 186). Am 4. Dezember 2014 hatte der Antragsteller sich als Facebook-Nutzer "C. aus F." nach Möglichkeiten erkundigt, wie er als Minderjähriger allein über die Türkei nach Syrien ausreisen könne. Drei seiner Freunde seien kürzlich ausgereist; außerdem halte sich seine ältere Schwester seit einem Monat in Raqqa/Syrien auf und stehe über Skype mit ihm in regelmäßigem Kontakt. Als Grund für seine Ausreiseabsicht gab er familiäre Probleme an, insbesondere die ablehnende Haltung seiner Eltern gegenüber seiner strenggläubigen Sicht. Kurze Zeit später traf sich der Antragsteller mit einem Bekannten, der schon einmal Richtung Syrien ausgereist, aber wieder zurückgekehrt war, und der sich bereit erklärt habe, ihm ein Flugticket zu besorgen sowie ein Formular, das ihm die Ausreise ohne seine Eltern ermögliche (AA Bl. 184 ff.). Das Bundesamt für Verfassungsschutz schätzte die Ausreiseabsicht als glaubhaft ein und hielt fest, die Internetauftritte des Antragstellers und die Abkehr von seinem Bruder, der den "IS" ablehne, ließen eine Sympathie mit dem "IS" vermuten (AA Bl. 187). Aufgrund der für den 12. Dezember 2014 konkret geplanten Ausreise wurde die Wohnung des Antragstellers und seiner Eltern durchsucht; dabei wurden sein Reisepass, ein Laptop und ein Smartphone sichergestellt (P1 Bl. 31). Auf dem Smartphone wurden u.a. Videos mit Syrien- und "IS"-Bezug (u.a. Kriegsszenen, Bombenattentate, "IS"-Flagge) sowie sogenannte Nasheeds (Musik mit islamisch-religiösem Inhalt, P1 Bl. 67) gefunden.
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Mit Verfügung vom 11. Dezember 2014 untersagte die Stadt Bremen dem Antragsteller unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland (AA Bl. 189). Bei seiner polizeilichen Befragung hatte der Antragsteller auf die Frage, warum so viele Menschen nach Syrien gehen, angegeben: "Um Shahid zu werden. Also ein Märtyrer. Man kommt sofort ins Paradies. Allah zeigt dann deren Häuser, sie kriegen nicht zwei, sondern 70 Frauen. Und wenn die Eltern des Gläubigen im Leben zu viele Sünden begangen haben und in der Hölle landen, können die Märtyrer sie aus der Hölle befreien. Das steht so im Koran." Ein Märtyrer sei für ihn "einer, der keine Muslime tötet." Er habe eigentlich nicht nach Syrien gewollt, sondern im Internet nur damit angeben wollen. Seine Schwester wohne in O. (was zutrifft) und nicht in Syrien; er habe nicht mal die Pässe seiner Eltern (P1 S. 39). Sein Bekannter habe ihm auch gesagt, dass er sich noch gedulden und erstmal seine Religion lernen solle. Und dass "man für den Jihad auch eine Elternerlaubnis braucht". Er habe sich umentschieden und wolle das nun wegen seiner Eltern und seiner Zukunftspläne nicht (P1 S. 41). Im Februar 2015 stellten seine Lehrer im Gespräch mit einem Mitarbeiter des Beratungsnetzwerks "k.", der den Antragsteller regelmäßig betreute, fest, dieser sei ernsthaft gefährdet, nach Syrien auszureisen und sich dort den Kämpfern des" IS" anzuschließen. Er werde derzeit falsch beschult und wolle nach Syrien, "um dort seine Ruhe zu haben".
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(2) Ab Juli 2015 war der Antragsteller wegen eines angespannten Verhältnisses zu seinen Eltern vorübergehend freiwillig durch das Jugendamt in einer Pflegefamilie untergebracht (P1 S. 71). Kurz nach Rückkehr in sein Elternhaus teilte seine Mutter der Polizei mit, ihr älterer Sohn, der "Wahhabit" sei, übe einen starken Einfluss auf den Antragsteller aus. Der Antragsteller trage seither lange Gewänder, suche regelmäßig eine Moschee in Hamburg auf und beteilige sich dort an den Koranverteilungsständen (P1 Bl. 77). Nach einem Vermerk einer Lehrerin des Antragstellers berichtete dieser im November 2015, dass er vor zwei Monaten in Köln ein Mädchen in einer Moschee geheiratet habe. Sie trage Burka; er kenne sie aus dem Internet und werde sie in einem Jahr nach Bremen holen. Er werde ihr erlauben zu arbeiten, und sie dürfe auch an Sportveranstaltungen nur mit Mädchen teilnehmen. Nach deutschen Gesetzen werde er nicht heiraten, da ihm seine Religion das verbiete. Er vermeide alle deutschen Gesetze, soweit dies einigermaßen möglich sei. Er würde lieber in einem islamischen Land wohnen. Ein Schüler, der im Fach Kunst zum Thema "Karikatur" das "Kopftuchtragen" karikieren wollte, habe der Lehrerin nach Schulschluss gesagt, er traue sich nicht, wenn der Antragsteller in der Klasse sei. Er wolle nicht enden wie bei "Charlie Hebdo" (AA Bl. 242). Der Polizei gelangte zur Kenntnis, dass der Antragsteller das von den Sicherheitsbehörden überwachte Islamische Kulturzentrum aufsuchte (AA Bl. 236, 260) und sich zudem im August 2015 an mehreren Infoständen der Koranverteilungsaktion "Siegel der Propheten" (SdP) in Hamburg beteiligt hatte, die der salafistischen Szene um Pierre Vogel und Sven Lau angehöre. Unter den Facebook-Freunden des Antragstellers befänden sich viele SdP-Anhänger, die der salafistischen Szene zuzurechnen seien (VV Bl. 34; AA Bl. 236). Der Antragsteller nahm Arabisch-Unterricht bei einem T. H., der der salafistischen Szene zuzurechnen ist und Kontakte zu Personen pflegte, die nach Syrien ausgereist waren oder dies versucht hatten. Inwieweit der Antragsteller auch Kontakt zur "IS"-Szene pflegt, war der Polizei seinerzeit nicht bekannt (AA Bl. 260).
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Am 14. April 2016 fand an der Wohnanschrift des Antragstellers im Beisein seiner Mutter und seines Erziehungsbeistandes eine Gefährderansprache statt, nachdem er zuvor nur noch mit langem Gewand und Bart zur Schule gekommen war und dort mehrmals behauptet hatte, mit dem Leben abgeschlossen und vor dem Tod keine Angst zu haben (AA Bl. 258, VV Bl. 57). Ein Antrag auf Aufhebung der Ausreiseuntersagung wurde mit Bescheid vom 28. Juni 2016 abgelehnt (AA Bl. 269).
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Im November 2016 schrieb der Antragsteller über einen Instagram-Account einen nach Syrien ausgereisten 19-Jährigen an, von dessen Ausreise er wusste (P1 Bl. 92). Im Dezember 2016 wurde der Antragsteller zum Zweck einer Befragung und Gefährderansprache von der Polizei aufgesucht (Polizei K 62 Bl. 75).
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(3) Im Januar 2017 wurde dem Landeskriminalamt Bremen ein Vermerk des Bundesamtes für Verfassungsschutz nebst einem 30-seitigen Chatverlauf (P2 Bl. 10 ff.) übermittelt, nach dem sich ein "M. M." aus E. - nach gescheiterter Ausreise zum "IS" - gegenüber einem unbekannten Chatpartner gedanklich mit der Umsetzung eines Anschlagsvorhabens in Deutschland mittels eines Sprengstoffgürtels oder einer Schusswaffe auseinandersetzte ("Vllt. Mache ich hier eine Operation") und dafür um Unterstützung suchte. Er gab an, bereits mit zwei weiteren "Brüdern" in Kontakt zu stehen, darunter dem Antragsteller. Weiter bat er um Unterstützung seines Vorhabens und erkundigte sich bei jenem nach Möglichkeiten zur Herstellung eines Sprengstoffgürtels. Als Anschlagsort hatte M. das Centro Oberhausen ins Auge gefasst, da es "[d]er meist besuchteste Ort Europas" sei und sich dort viele "kuffar" aufhielten. Auf einer sog. Fake-News-Seite wurde ein - vom Antragsteller eingestellter - Eintrag über einen "K. C." gefunden, der angeblich nach Syrien ausgereist sei und zum Jihad aufruft (P2 Bl. 44 f., 173 ff.).
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Bei der anschließenden Durchsuchung der Wohnung des Antragstellers und seiner Eltern wurden diverse mobile Endgeräte und Speicherkarten sichergestellt und der Antragsteller befragt (Polizei Bremen K 62 Bl. 48 ff., 53 ff.). Er gab u.a. an, der M. habe ihm über seinen Account erzählt, dass er eine Operation in Deutschland machen wolle und ihn gefragt, ob er mitmachen wolle. Er habe dann Ja gesagt. Warum, wisse er selber nicht ganz genau. Aber dann habe der andere gesagt, dass er alle Zivilisten, auch Frauen und Kinder töten wolle, was er - der Antragsteller - nicht gut gefunden habe. Er habe dies aber nicht gesagt, sondern sei bei "ja" geblieben. Er wisse aber nicht, was genau geplant sei. Erst sei von "Gürtelbombe", dann von "Pistole" und dann von beidem die Rede gewesen. Er - der Antragsteller - wolle eigentlich keinen Anschlag in Deutschland begehen, sondern eine Ausbildung machen. Der "IS" übertreibe zwar, er finde diesen aber besser als die Ex-Nusra. Was Anis Amri gemacht habe, sei nicht gut. Es seien alles unschuldige Menschen auf dem Weihnachtsmarkt gewesen. Die Aufrufe zu Attentaten missbillige er auch beim "IS". Auf die Frage, wann ein Mensch einen anderen töten dürfe, antwortete er:
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"Wenn der einen mit einem Messer angreift oder so. Oder wenn die Muslime bekämpft werden. Oder einen Soldaten, der einen Krieg gegen die Muslime führt. Alle unschuldigen Menschen sind raus. Man darf nur die töten, die mit Messer oder Waffe gegen die Muslime kämpfen. Oder hier in Deutschland: wenn ein Nichtmoslem einen Moslem tötet und andere Muslime sehen das, dann dürfen sie den auch töten. Das sagt der Koran. So wie Rache."
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Auf die Frage, warum er denn so einer Operation zustimme:
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"Ich wusste ja nicht, was er machen will. Gegen Zivilisten will ich ja nicht. Hätte ja auch sein können, dass es zum Beispiel gegen ein Justizgebäude geht, wo Muslime gefangen sind. Da hätte ich dann anders drüber gedacht. Oder ein Soldatenstützpunkt. Da hätte ich auch anders drüber nachgedacht." Vom Antragsteller handschriftlich ergänzt: "Anders nachgedacht drüber hätte ich es, aber es nie getan."
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"Polizei nicht. Aber für den IS wäre eine Polizeistation schon okay."
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Sein Glaube sage, dass ein Anschlag auf einen Soldatenstützpunkt okay wäre. Aber sein Herz tue dabei weh.
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Auf die Frage, ob er bereit wäre, sich selbst zu opfern, gab der Antragsteller an:
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"Das will ich nicht. Das habe ich dem aus E. aus gesagt. Das will ich gar nicht. Den Gelehrten, denen ich glaube, sagen alle, dass der Selbstmord nicht mit den Gesetzen Allahs vereinbar ist. Also kann ich zum Beispiel nie einen Anschlag mit Sprengstoffgürtel machen, weil das ja Selbstmord wäre. Das habe ich ihm auch gesagt. Da wollte ich dann nämlich nicht mitmachen. Aber da kam er mit seinem Scheinargument, dass man dann bei der Operation sowieso noch erschossen wird." Vom Antragsteller handschriftlich geändert: "vorstellen soll, was passiert, wenn man nicht erschossen wird, weil das Ziel ist, zu sterben."
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Auf die Frage nach der Art der Operation:
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"Ich habe ihn erstmal gefragt, wo er das machen will. Da meinte er, auf alle. Das fand ich dann ja nicht gut. Also einfach laufen und schießen und erschossen werden. Auf keinen Fall Selbstmord. Ich weiß aber ehrlich nicht, was genau mein Ziel ist. Ich bin mit meinem Glauben noch nicht so weit. Ich habe Angst ins Höllenfeuer zu kommen. Deswegen weiß ich auch nicht, warum ich ja gesagt habe. Vielleicht weil ich früher unbedingt nach Syrien wollte, um dort eine Waffe zu tragen.(...)"
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Abschließend gab er an:
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"Also gut finde ich Anschläge nicht. Ich stimme vielleicht am Anfang zu, bin mir aber sicher, dass ich am Ende nicht mitmache. Kurz vorm Ende würde ich dann sagen, dass ich nicht mitmache. Er meinte zu mir, dass wenn ich austrete, dass ich dann ein Heuchler bin. Meine Religion erlaubt es, aber ich finde es nicht gut und würde es nie mitmachen. Für mich ist ja Deutschland kein Land, was die Muslime angreift. So wie die Nazis halt. Deswegen würde ich hier keinen Anschlag machen."
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Er habe seinem Gesprächspartner dann noch seinen Namen zur Kontrolle geschickt. Die wüssten ja über viele Muslime in der Welt Bescheid und könnten das prüfen. Jetzt bereue er das. Er habe nicht gewusst, dass es so weit komme, und alles für ein Spiel gehalten. Seinen Namen habe er nur gegeben, um zu erfahren, was der "IS" über ihn wisse. Er habe bei der ganzen Sache eigentlich nur den Exfreund seiner Freundin an den M. vermitteln wollen, um ihn loszuwerden. Von ihm gehe keine Gefahr aus. Er habe bei der Operation ja auch gar nicht mitmachen wollen, sondern eher daran gedacht, dass es Spaß machen könne, mit einer Waffe rumzulaufen und zu schießen, also nicht auf Menschen, sondern zum Beispiel als Sport auf Zielscheiben. Er wolle aber gar keine Menschen töten. Die Fake-News betreffend seine Ausreise nach Syrien habe er selbst erstellt, so als Scherz. Das sei nur von jemand anderem kopiert gewesen (P2 Bl. 58).
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Im Nachgang der Befragung brach der Antragsteller plötzlich zusammen und berichtete dem ihn begleitenden Polizeibeamten von Depressionen und Suizidgedanken:
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"Ich habe seit drei bis vier Jahren Depressionen und Selbstmordgedanken. Meine Eltern haben mich früher geschlagen und es geht mir schon lange sehr schlecht. Ich habe diese Kontakte in das radikale Milieu mit der Religion und diesen Anschlagsplanungen nur, weil ich eigentlich einfach sterben will und nicht mehr hier sein möchte. Es geht bei diesen Kreisen viel um das Leben nach dem Tod und den Tod und deswegen beschäftige ich mich damit. Einfach weil ich sterben will. Ich habe noch nie mit jemandem darüber gesprochen.
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Letztes Jahr wollte ich mich eigentlich schon vor einen Zug werfen und hatte einen Abschiedsbrief fertig geschrieben. Ich habe dann aber kurz vorher abgebrochen, weil ich nach Allahs Gesetzen ja ins Höllenfeuer komme, wenn ich Selbstmord begehe. Ich will unbedingt sterben und deswegen suche ich immer den Kontakt zu solchen radikalen Leuten. Die Religion ist da eigentlich gar nicht so im Vordergrund.
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Ich will einfach ins Paradies kommen und nicht im Höllenfeuer landen. Ich halte es hier nicht mehr aus. Ich kann mit niemandem darüber sprechen. Ich hatte erst heute, ca. zwei Stunden bevor sie bei mir zuhause waren, Selbstmordgedanken. Ich denke sehr viel darüber nach und will einfach weg hier. Ich weiß einfach nicht weiter. Deswegen habe ich zu dem Plan des Anschlags in Deutschland auch 'Ja' gesagt. Ich will unbedingt sterben, aber darf nach meinem Glauben nicht durch Selbstmord sterben."(P2 Bl. 64).
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Der Antragsteller wurde sodann zunächst nach § 16 PsychKG, anschließend gemäß § 1631b BGB zwecks Erstellung eines Gutachtens zur Fremd- und Eigengefährdung im Klinikum B. untergebracht, wo er sich vom 14. Januar bis 2. März 2017 aufhielt (AA Bl. 428). Dem anordnenden Richter gegenüber erklärte er bei seiner Anhörung: Er könne sich niemals vorstellen, Selbstmord zu begehen, auch keinen Selbstmordanschlag. Das verbiete ihm der Islam. Die Kontaktperson aus E. habe ihm gegenüber geäußert, er wolle sich mit einem Sprengstoffgürtel in die Luft sprengen und dabei auch Zivilisten mit in den Tod reißen. Er, der Antragsteller, habe ihn dann gefragt, ob er Beweise dafür habe, dass das nach islamischem Recht erlaubt sei, die Beweise habe dieser ihm aber nicht nennen können. Der Mann aus E. wolle jedenfalls einen Anschlag durchführen, wobei es geeignete Ziele überall in Europa gebe. Die Gelehrten des sogenannten "Islamischen Staates", die Selbstmordanschläge billigten oder dazu aufrufen, seien selbsternannte Gelehrte. Die richtigen Gelehrten, nach denen er sich richte, die vor mehreren hundert Jahren gelebt hätten, und die heutigen richtigen Gelehrten (etwa der Großmufti von Saudi-Arabien) würden den Suizid verbieten, auch Selbstmordanschläge, bei denen "Ungläubige" getötet würden. Jeder, der sich umbringt, komme ins Höllenfeuer. Daran glaube er, deshalb würde er sich nicht umbringen. Es sei von Anfang an nicht ernst gemeint gewesen, sich an Anschlägen zu beteiligen. Man dürfe Ungläubige nicht töten. Etwas anderes könne gelten, wenn zum Beispiel jemand ein Land besetze, dann dürfe man sich wehren (Polizei K 62 Bl. 73 f.).
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Bei der Auswertung des sichergestellten Smartphones des Antragstellers wurden insgesamt ca. 42 000 Bilddateien mit Enthauptungsszenen und anderen Gewaltdarstellungen, Anschlagsszenarien, "IS"-Propagandamaterial, Abbildungen und Bedienungsanweisungen von Kurzwaffen etc. aufgefunden (Polizei K 62 am Ende; P3 Bilder). Eine Vielzahl der ca. 1 000 Videodateien enthielten Bezüge zum sog. "Islamischen Staat" (religiöse Lehrvideos, Märtyrerverherrlichungen, Propagandavideos des "IS", militärische Ausbildung von Kindern für den "IS") sowie brutale Gewalt- bzw. Folterdarstellungen oder entstellte Leichname (P2 Bl. 129). Ein Video, auf das zuletzt am 28. Dezember 2016 zugegriffen worden war, enthielt eine konkrete Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Herstellung einer Splitterbombe mit einfachsten Mitteln. Eine weitere Videosequenz zeigte einen Kurzfilm, in dem eine vermummte Person erklärt, wie ein Mensch mit einem einfachen Messer zu töten ist (P3 Videodateien). Aufgrund dieser Funde wurde gegen den Antragsteller ein Strafverfahren gemäß § 91 Abs. 1 Nr. 2 StGB eingeleitet (Staatsanwaltschaft Bremen 508 Js 9347/17 - Akten P5 und P6).
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Weiter wurde ein Chatverlauf gefunden, in dem der Antragsteller einem "C. U." bestätigt, er wolle mitmachen und habe mit einem "C. W." (M. aus E., vgl. P2 Bl. 130) bereits über eine "Op" gesprochen. Dieser habe ihm gesagt, dass die "Op von höchste abteilung von Dawla kommt", dass "wir nen wagen brauchen", und dass "jeder für die glock 2 monition bekommt". Auf Nachfrage des Chatpartners, ob er schon mal mit anderen Brüdern über eine Operation nachgedacht habe, erklärte der Antragsteller, er habe drei oder vier gefragt, einer überlege, die anderen wollten nicht und seien "Weicheier". Auf die Frage des Chatpartners, ob sie schon konkretere Planungen hätten, antwortete der Antragsteller: "Von C. W. nicjt • Er meinte wenn du der bist dass du es iwie planst • Er weiss nicht mal weöche stadt". Sein Chatpartner erwiderte, dies sei ein Missverständnis, er könne "von hier aus nichts planen", sondern sei nur um Rat gefragt worden. Der Antragsteller gab nunmehr an, er kenne sich in Bremen gut aus, wisse, wo die Polizeistationen, Justiz oder viele Menschen seien. Es gebe "hier auch kurdendemo usw". Schlussendlich erklärte er: "Ich plane dann mit C. W. • Aber woher das geld fpr sacjen kaufen • Und woher die sachen zum bomben bauen? • Und woher die GLOCK?" (Akte Polizei K 62, nicht nummeriert).
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Nach einer Gefährderansprache am 13. Januar 2017 ging die Polizei von der Einschätzung aus, zum jetzigen Zeitpunkt bestehe keine unmittelbar bevorstehende Gefährdungslage, der Sachverhalt sei jedoch ernst zu nehmen (siehe auch VV Bl. 70: "hohe Gefahr, jedoch keine unmittelbare konkrete Gefahr"). Der Antragsteller stehe grundsätzlich für die Durchführung von Attentaten zur Verfügung. Er habe jedoch keinen eigenen Plan zur Durchsetzung, mithin keinen Tatentschluss. Es seien keine Vorbereitungshandlungen festgestellt worden. Hinweise auf direkte Kontakte zur terroristischen Organisation "Islamischer Staat" lägen derzeit nicht vor (P2 Bl. 60).
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In seiner Beschuldigtenvernehmung im Strafverfahren am 7. Februar 2017 erklärte der Antragsteller, dass er wisse, um welches Video mit einer Bombenbauanleitung es gehe. Er habe sich dieses nur zum Teil angeschaut. Dieses und weitere Videos habe er aus einer Telegram-Chatgruppe, in welcher Werbung für den "Islamischen Staat" gemacht werde, heruntergeladen, um sie teilweise später anzuschauen. Zu dem Chatverkehr erläuterte er die dort erwähnten Personen. Er habe ein paar Leute gefragt, ob sie mitmachen wollen, einen aus Br. und einen aus S., den er nicht persönlich kenne und der gleich abgelehnt habe (P2 Bl. 130, 136).
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Der Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie Dr. K. führte in seinem Gutachten vom 16. Februar 2017 u.a. aus: Der Antragsteller habe noch zum Aufnahmezeitpunkt im Klinikum konkrete Suizidgedanken benannt, die er eigenen Angaben zufolge bereits längere Zeit und wiederholt gehabt habe; von Anschlagsgedanken zumindest auf nicht-zivile Ziele habe er sich nicht ausreichend distanzieren können. Die verbale Einstellungsänderung könne aufgrund des kurzen Klinikaufenthalts kaum das Resultat einer intensiven therapeutischen Einflussnahme sein. Ob wegen der salafistisch-religiösen Einstellung eine konkrete Fremdgefährdung bestehe, könne er - der Sachverständige - nicht differenziert beurteilen. Allerdings sei der Salafismus identitätsstiftend und fördere das Zusammengehörigkeitsgefühl. Der Antragsteller verfüge über eine beeinträchtigte Empathie. Durch die Kontakte zur radikal-islamistischen Szene habe er sich wohl deutlich aufgewertet. Eine gesicherte psychiatrische Diagnosestellung sei zum Untersuchungszeitpunkt nicht möglich. Die Reife des - leicht beeinflussbaren - Antragstellers entspreche ohne Zweifel dem Stand eines Jugendlichen und nicht dem eines Erwachsenen.
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Zusammenfassend kam der Sachverständige zu dem Ergebnis, es bestehe derzeit weiterhin die Gefahr bzw. ein "mittleres Risiko", dass der Antragsteller gravierende gewalttätige Handlungen unter Einschluss einer Eigen- und Fremdgefährdung bis hin zur Tötung begehe. Diese Gefährdung sei jedoch nicht als akut einzuschätzen (d.h. innerhalb von Stunden oder Tagen). Um mittel- und langfristig eine Gefahr für das Wohl des Betroffenen auszuschließen, sei ein Aufenthalt von zumindest einem halben Jahr in einer geschlossenen Jugendhilfeeinrichtung erforderlich, der nach Eintritt der Volljährigkeit allerdings seine Zustimmung voraussetze.
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(4) Die Bedenken des Antragstellers gegen die Verwertung dieses Gutachtens im Rahmen der Gefahrenprognose greifen nicht durch. Dass das Gutachten in einem anderen Kontext und mit einer anderen Zielrichtung erstellt worden ist, steht der - nur ergänzenden und inhaltlich wertenden - Heranziehung im Rahmen der vorliegend anzustellenden Gefahrenprognose nach der ergänzenden Stellungnahme des Gutachters vom 22. Mai 2017 nicht entgegen (Gerichtsakte - GA - Bl. 319). Der Gutachter räumt ein, dass die Manuale HCR 20 und SAVRY, nach denen die Prognosebeurteilung vorgenommen worden ist, für Personen entwickelt worden sind, die bereits durch gewalttätige Straftaten in Erscheinung getreten sind. Auch wenn daher keine 1:1-Übersetzung vorgenommen werden könne, seien die Kriterien dieser Prognoseinventare in einer gesamtkontextuellen Bewertung dennoch zweckmäßig anzuwenden. Grundsätzlich würden zum Teil auch bei Personen, die noch keine strafrechtlich relevanten Taten begangen hätten, die in den genannten Prognosemanualen angeführten Kriterien überprüft. Er habe die Prognoseinventare als orientierende Leitlinie genutzt und sei sich dabei deren eingeschränkter Anwendbarkeit bewusst gewesen. Elemente der Begutachtung könnten daher durchaus für die vorliegende Fragestellung Verwendung finden. Jedenfalls beruht das Ergebnis des Gutachtens auf einer umfassenden Auswertung des dem Gutachter zur Verfügung gestellten Aktenmaterials, aus dem der Gutachter Schlüsse zieht, die auch unabhängig von den dem Senat im Einzelnen nicht bekannten Prognosemanualen nachvollziehbar erscheinen und im Einklang mit der ordnungsrechtlichen Gefahrenbewertung stehen, wie sie auch nach dem Akteninhalt im Übrigen veranlasst ist. Die Einschränkung des Sachverständigen, er könne nicht differenziert beurteilen, ob aus Gründen salafistischer Einstellungen eine Fremdgefährdung bestehe, da er Kinder- und Jugendpsychiater und kein Islamforscher sei (GA Bl. 320), begründet ebenfalls keine grundsätzlichen Zweifel an der nur ergänzenden, die Prognose im Übrigen stützenden Heranziehung dieses Gutachtens.
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Entgegen der Auffassung des Antragstellers (GA Bl. 365) begründet die Übermittlung des Schriftsatzes seiner Prozessbevollmächtigten an den Sachverständigen durch die Antragsgegnerin zwecks Stellungnahme zu der dort angeführten Kritik an seinem Gutachten jedenfalls im Ergebnis kein Verbot, diese im gerichtlichen Verfahren zu verwerten. Es ist auch nicht ersichtlich, dass das Fehlen einer Entbindung des Gutachters von der Schweigepflicht seitens des Antragstellers - dessen sich der Gutachter im Übrigen bewusst war - den von diesem gegebenen, lediglich abstrakten und die zugrunde gelegten Prognosemaßstäbe betreffenden Antworten entgegenstehen könnte. Auch sonst begegnet die Verwertung der ergänzenden Stellungnahme des Gutachters ebenso wie die Verwertung des Gutachtens als solches, das bereits von der Antragsgegnerin für die angefochtene Anordnung herangezogen und ausgewertet worden war, ohne dass dies beanstandet worden wäre, und auf das vom vormaligen Prozessbevollmächtigten des Antragstellers selbst Bezug genommen worden ist, im vorliegenden Verfahren mit Blick auf den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) nach Vorlage der entsprechenden Akten jedenfalls im Ergebnis keinen durchgreifenden Bedenken (s.a. § 98 VwGO i.V.m. § 411a ZPO
).
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Unerheblich ist, ob die - z.T. vorstehend wiedergegebenen - mündlichen Angaben, die der Antragsteller bei verschiedenen Befragungen u.a. durch die Polizei gemacht hat, in einem Strafverfahren verwertbar wären, was er bezweifelt (GA Bl. 238, 244). Ungeachtet dessen ist aber anhand der wenig substantiierten Einwände des Antragstellers und unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Polizei vom 12. Mai 2017 (VV Bl. 447) nicht erkennbar, dass die Befragungen rechtsstaatlichen Anforderungen nicht genügt haben könnten und hieraus ggf. ein Verwertungsverbot im gefahrenabwehrrechtlichen Kontext erwachsen könnte.
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(5) Dieser Sachverhalt rechtfertigt die Bewertung, dass vom Antragsteller ein beachtliches Risiko ausgeht, dass er einen terroristischen Anschlag begeht oder sich an einem solchen beteiligt, bei dem Unbeteiligte ums Leben kämen. Nach den Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden ist er der radikal-islamistischen Szene in Deutschland zuzurechnen und pflegt Kontakte mit Personen aus diesem Umfeld. Er sympathisiert mit der terroristischen Vereinigung "Islamischer Staat" sowie deren Märtyrerideologie und billigt die Anwendung von Gewalt bis hin zur Tötung von Menschen unter bestimmten, selbstdefinierten Voraussetzungen. Die von ihm gemachten Einschränkungen (keine Zivilisten/unschuldigen Menschen) schließen zum einen terroristische Anschläge, etwa auf Soldatenstützpunkte oder Justizgebäude, nicht aus. Zum anderen sind sie nicht ohne Weiteres glaubhaft, weil der Antragsteller in dem erwähnten Chat mit der "C. U." genannten Person auch geäußert hat, er wisse, wo sich in Bremen "viele Menschen" oder eine "Kurdendemo" befänden. Auch der M. wollte nach Angaben des Antragstellers einen Anschlag auf Zivilisten planen; hierzu erklärte sich der Antragsteller ohne Einschränkungen bereit. Warum er in diesem Zusammenhang nicht widersprach, wenn er dies eigentlich nicht billigte, konnte er nicht erklären. Die Schädigung auch und vor allem von Zivilisten entspricht im Übrigen dem typischen Bild der in den letzten Jahren in Europa verübten, dem "IS" zugerechneten Terroranschläge. Dies ist auch dem Antragsteller bekannt, auf dessen Smartphone u.a. Bildmaterial zu dem Terroranschlag am Berliner Breitscheidplatz aufgefunden worden ist. Seine Hinwendung zu einer gewaltbejahenden, jihadistischen Ausrichtung des Salafismus kommt schließlich in der von ihm ins Internet gestellten Fake-News zum Ausdruck, in der er offen zum Jihad aufruft: "Wenn ihr schon nicht auswandert und kämpft, dann macht es hier. Allah gibt euch die Möglichkeit, den Jihad auch hier zu führen". Sie wird weiter bestätigt durch die Menge und insbesondere den Inhalt des auf seinem Smartphone aufgefundenen "IS"-Propagandamaterials. Inwieweit er dieses bereits angesehen hat, spielt dabei keine Rolle. Denn jedenfalls ist davon auszugehen, dass er im Wesentlichen wusste, was er dort herunterlud, und die Dateien irgendwann auch ansehen wollte. Der Einwand, kriminologisch bestehe kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Konsum medialer Gewalt und deren Anwendung in der außervirtuellen Realität, führt ebenso wenig zu einer günstigeren Prognose wie der Umstand, dass nicht alles, was der Antragsteller im Internet gepostet hat, eine Entsprechung in der Realität hat. Denn die im Verhalten des Antragstellers jedenfalls nicht nur punktuell oder vorübergehend zum Ausdruck kommende gewaltbejahende Haltung ist vorliegend nur ein Element im Rahmen einer vom Senat vorgenommenen umfassenden Persönlichkeitsbewertung.
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Der Antragsteller hat sich auch nicht nur passiv abwartend verhalten oder auf Anstöße Dritter lediglich positiv reagiert. Er hat vielmehr eigenen Angaben zufolge bereits mehrere andere Personen gefragt, ob sie sich an einem Anschlag beteiligen würden. Nicht zuletzt das Herunterladen einer konkreten Schritt-für-Schritt-Anleitung zum Bau einer Splitterbombe mit einfachen Mitteln dokumentiert, dass der Antragsteller ernsthaft mit dem Gedanken eines Anschlags spielt. Dies bestätigte er in dem aus der Abschiebehaft heraus gegebenen Interview, in dem er angesprochen auf das Bombenbau-Video erklärte, dieses aus Interesse heruntergeladen zu haben.
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Die Einschätzung, dass ein Terroranschlag unter Beteiligung des Antragstellers in überschaubarer Zukunft hinreichend wahrscheinlich ist, wird auch durch die von ihm selbst gegenüber verschiedenen Adressaten (Schule, Polizei) geäußerten Suizidgedanken bestätigt. Seine spätere Distanzierung hiervon rechtfertigt keine andere Beurteilung, weil sie Ausdruck der vielfältigen Stimmungs- und Meinungsschwankungen des Antragstellers und im Übrigen nicht glaubhaft ist. In einem Vermerk der Polizei ist festgehalten, dass der Antragsteller "in der damaligen Situation seine Depression und Suizidgedanken sehr eindringlich und überzeugend darstellte. Zu Beginn sackte er vor KOK B. zu Boden und schilderte in Folge über einen längeren Zeitraum immer wieder unter Tränen gegenüber der Polizei sowie dem Sozialpsychiatrischen Dienst seine Suizidgedanken". Noch im Gespräch mit dem Sachverständigen Anfang dieses Jahres hat sich der Antragsteller von Suizidgedanken nicht eindeutig distanziert, sondern diese letztlich bestätigt. So hat der Antragsteller ausweislich des Gutachtens von Dr. K. angegeben: "Die Selbstmordgedanken seien erst nach der Razzia gekommen, das sei so gewesen wie nach der ersten Razzia vor etwa drei Jahren. Sonst habe er niemals Selbstmordgedanken gehabt. Er habe auch niemals ein Attentat machen wollen. Das Ziel des Sterbens sei doch lediglich, ins Paradies zu kommen, das wolle er." Der Sachverständige geht von einer zum Zeitpunkt der stationären Einweisung akuten suizidalen Gefährdung aus. Bezogen auf den Zeitpunkt der Gutachtenerstellung erkannte er weiterhin die - lediglich nicht (mehr) akute - Gefahr, dass der Betroffene sich selber tötet oder erheblichen Schaden zufügt oder aber in diesem Zusammenhang auch andere tötet oder diesen erheblichen Schaden zufügt (VV Bl. 183). Dies erscheint auch angesichts des vergleichsweise kurzen Klinikaufenthalts und der vom Antragsteller selbst geschilderten, bereits wiederholt aufgetretenen Suizidgedanken für den Senat nachvollziehbar.
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Gegen eine vom Antragsteller ausgehende Gefahr eines Terroranschlags spricht auch nicht, dass er immer wieder betont, ein Selbstmord sei mit seinem Glauben nicht zu vereinbaren. Selbst wenn man die Glaubensüberzeugung als verfestigte annimmt, hindert dies nicht die Begehung eines Anschlags, bei dem er in Kauf nimmt, selbst getötet zu werden ("Also einfach laufen und schießen und erschossen werden", s.o.).
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Bei der Gefährdungseinschätzung ist weiter zu berücksichtigen, dass der Antragsteller als naiv, leicht beeinflussbar und seine Meinungen rasch ändernd beschrieben wird, was durch zahlreiche seiner Aussagen bestätigt wird. Soweit er durch seine bei Anhörungen und Vernehmungen und in den in der Haft verfassten Briefen getätigten Aussagen den Eindruck vermittelt, einem "friedlichen" Zweig des Salafismus zuzuneigen, wonach ein Selbstmordanschlag verboten sei, und denjenigen "Gelehrten" zu vertrauen, die dies ablehnen, handelt es sich erkennbar auch um verfahrensangepassten Vortrag. Überdies weist es nicht auf eine hinreichend gefestigte Meinungs- und Einstellungsänderung, weil an anderer Stelle angegeben wird, er sei ein "Suchender" und wisse "ehrlich nicht, was genau mein Ziel ist. Ich bin mit meinem Glauben noch nicht so weit" (AG Bremen 71 F 134/17 EAUB Bl. 57, 58). Er oszilliert zwischen einer gemäßigten und einer klar jihadistischen Ausrichtung seiner religiösen Vorstellungen jedenfalls verbal hin und her und hat auch für letztere deutliche Sympathien gezeigt. Zu den nicht hinreichend stabilen und zudem verfahrensangepassten Äußerungen rechnet auch seine jetzige Distanzierung von jihadistischen Vorstellungen. So bezeichnet er nunmehr C. Y. und weitere distanzierend als "Hassprediger, die zum IS aufrufen. Die radikalisierten lernen ALLE von den" (VV Bl. 353). Dabei lässt er aber unerwähnt, dass er laut einem Chat mit seiner Freundin von Dezember 2016 die "gleiche aqidah" (Glaubensüberzeugung, Fundament) wie C. Y. hat und zu diesem auch persönlich Kontakt hatte (P6 Chatverlauf U. G.).
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Angesichts seiner von vielen Beobachtern - darunter auch seiner Mutter - beschriebenen Leichtgläubigkeit und Beeinflussbarkeit brauchte es nach der Einschätzung des Senats selbst dann, wenn er derzeit von der Begehung eines Terroranschlags noch nicht überzeugt sein sollte, nur eines geringen Anstoßes durch "Freunde" bzw. "IS"-Kontakte, um ihn zu einem solchen Schritt zu bewegen. Dazu kann etwa ausreichen, dass ihn jemand davon überzeugt, Deutschland sei ein Land, das die Muslime "angreift". Von eben dieser Ideologie gehen seiner Meinung nach die "Hassprediger, die zum IS aufrufen", aus, und er räumt in einem handschriftlichen Brief ein, diesen bis vor kurzem auch gefolgt zu sein. Erst vor drei Wochen habe er sich von diesen Leuten abgewandt und sich von dieser Ideologie distanziert. Gründe für diesen plötzlichen Sinneswandel benennt er jedoch nicht. Auch der Sachverständige hat in seinem Gutachten ausgeführt, dass ein Mangel an tiefgreifender Einsicht bestehe und die vorgegebenen Einsichten eher oberflächlicher Natur seien. Dessen Einschätzung, die gezeigte plötzliche Reue und Einsicht könne kaum die Folge eines reflektierten Prozesses in dieser Kürze der Zeit sein, sondern dürfte lediglich unter dem Eindruck der eingeleiteten Maßnahmen entstanden seien und sei insofern nicht als ausreichend tiefgreifend und stabil anzusehen (Gutachten S. 48), ist für den Senat ohne Weiteres nachvollziehbar und wird durch die beigezogenen Verwaltungsvorgänge bestätigt.
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Der Antragsteller kann einer weiteren Einflussnahme durch Internetkontakte und schnell als Freunde betrachtete Bekannte aus der salafistischen Szene etwa in dem von ihm frequentierten Islamischen Kulturzentrum aus seiner Persönlichkeit heraus, aufgrund familiärer Einbindung oder Betreuung durch die Jugendhilfe auch nichts (hinreichendes) entgegensetzen (siehe auch Gutachten S. 49). Wie ein Polizeibeamter festgestellt hat und sich auch aus seinen zur Akte gelangten handschriftlichen Schreiben ergibt, kreist sein ganzes Denken praktisch ausschließlich um den Islam und die Frage, was die Religion ihm gebietet. Trotz mehrerer Gefährderansprachen und einer ihm zur Seite gestellten Erziehungsbeistandschaft hat er sich von der radikalen islamistischen Szene nicht lösen können. Noch nach Erlass der angefochtenen Verfügung suchte er aus der Abschiebehaft heraus Kontakt zu einer der Personen, die er zwecks Teilnahme an einem Attentat angefragt hatte, sowie zu dem M. aus E., der nach Angaben des LKA D. eine psychische Erkrankung/Schizophrenie aufweisen soll. Letzterer sowie zwei weitere Personen, die zwecks Ausreise nach Syrien in die Türkei gereist und dort festgenommen worden waren, hätten nach Einschätzung des Antragstellers ihre Ansichten nunmehr geändert und seien nicht mehr radikal. Dem M. vertraue er jetzt (P2 Bl. 220). Schließlich unterhält der Antragsteller weiterhin Kontakt zu seinem Freund und Arabisch-Lehrer T. H., der - u.a. als Besucher des IKZ - der salafistischen Szene in Bremen zuzurechnen ist (vgl. AA Bl. 260) und ihn in der Abschiebehaft besuchen wollte (GA Bl. 360, 379 ff.). Dies verdeutlicht - auch nach polizeilicher Einschätzung -, dass der Antragsteller auch zukünftig nicht in der Lage sein wird, sich aus der radikal salafistischen Szene zu lösen, und dass er aufgrund seiner bereits tiefen Verstrickung in diese und seinen absolut überzeugten religiösen Ansichten zeitnah wieder an einen Punkt gelangen kann und wird, an welchem er terroristischen Handlungen zuneigt (P2 Bl. 226).
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Für eine weiter fortschreitende Empfänglichkeit für radikales Gedankengut und eine dieses umsetzende Gewaltbereitschaft spricht auch, dass der Antragsteller in den radikal-salafistischen Kreisen eine Aufwertung und ein Gefühl des Dazugehörens erfährt, die ihm im sonstigen Leben angesichts weitgehenden schulischen Versagens und den daraus resultierenden Konflikten mit seinen Eltern nicht zuteil werden. Zahlreiche Einschätzungen etwa von Lehr- und Betreuungspersonen, Polizeibeamten sowie des Pflegepersonals im Klinikum weisen auf eine schwierige Zukunftsperspektive hin. So hat etwa ein Polizeibeamter seine Eindrücke dahin geschildert, dass sich die Interessen des Antragstellers ganz auf den Islam fokussierten: "Der Betroffene wirkte sehr schlicht und naiv. Er weist keine seinem Alter entsprechende Intelligenz auf. Sein Wissen dreht sich nur über den Islam. Dadurch wird das Allgemeinwissen komplett in den Hintergrund gedrängt. Viele ihm gestellte Fragen, konnte der Betroffene nicht beantworten oder er gab eine Antwort, die keinen Sinn ergab" (AA Bl. 259). Ebenso wenig kann darauf vertraut werden, dass eine stabile Beziehung zu seiner Freundin/islamisch angetrauten Ehefrau im Ernstfall geeignet sein könnte, ihn von der Begehung eines Terroranschlags abzuhalten. Diese bewegt sich in den gleichen islamistischen Kreisen wie der Antragsteller. Ihr früherer Lebensgefährte soll ihr geraten haben, den Antragsteller in der Haftanstalt mit einem Bombengürtel zu besuchen. Mit diesem früheren Lebensgefährten U. C. hat entgegen dem Antragsvorbringen auch der Antragsteller Kontakte gepflegt. Er ist eine der Personen, die der Antragsteller für die Beteiligung an einem Anschlag angefragt hat ("S"), und auch in einem Chat mit seiner Freundin tauschten beide sich umfangreich über U. C. und dessen Ausreisepläne aus (Antragsteller: "Er lösst dich vllt hier - Und geht mit mir"
). Unabhängig davon ist die Beziehung des Antragstellers zu seiner Freundin nach dem Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 11. Juni 2017 (S. 13) aber auch inzwischen beendet und kommt schon deshalb als mögliches "Korrektiv" nicht mehr in Betracht.
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Aus den vorstehend genannten Gründen hält der Senat es - tatsachengestützt - für hinreichend wahrscheinlich, dass der Antragsteller in überschaubarer Zukunft einen - ohne großen Vorbereitungsaufwand möglichen - Terroranschlag in Deutschland begeht, bei dem auch Unbeteiligte ums Leben kommen. Die von ihm ausgehende Bedrohungssituation kann sich jederzeit aktualisieren und in eine konkrete terroristische Gefahr und/oder eine dem gleichzustellende Gefahr für die innere Sicherheit der Bundesrepublik umschlagen. Der Senat verkennt nicht, dass auch andere Deutungen der festgestellten Tatsachen und Äußerungen möglich sind. So lässt sich nicht ausschließen, dass der Antragsteller zu einem solchen Anschlag, bei dem er auch sein Leben aufs Spiel setzen würde, in letzter Konsequenz nicht bereit wäre und bei einem Konkretwerden entsprechender Planungen durch andere Beteiligte einen Rückzieher machen würde; eine mögliche Deutung ist - zumal in Ansehung des Alters und des Entwicklungsstandes des Antragstellers -, dass die - dann vorgegebene - Bereitschaft zu derartigen "Operationen" allein durch Prahlerei, Neugier, ein jugendtypisches Ausloten von Grenzen oder das Genießen der in den entsprechenden Kreisen erfahrenen Aufwertung und Anerkennung zu erklären ist. Ebenso ist nicht auszuschließen, dass der Antragsteller mangels Kontakten zu ernsthaft anschlagsbereiten und -fähigen Personen in überschaubarer Zukunft keine Gelegenheit für die Realisierung eines Anschlagsvorhabens, zu der er kaum allein in der Lage sein dürfte, haben wird. Die für einen in überschaubarer Zukunft drohenden Terroranschlag sprechenden tatsächlichen Anhaltspunkte und Gründe sind aber mindestens ebenso gewichtig wie die möglicherweise für eine gegenteilige Prognose sprechenden Gründe. Dies reicht nach den oben dargelegten Maßstäben für das im Rahmen von § 58a AufenthG erforderliche, aber auch ausreichende beachtliche Risiko aus.
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Der Senat kann zu dieser bewertenden Gesamtschau gelangen, ohne auf das vom Bundeskriminalamt entwickelte Risikobewertungsinstrument RADAR-iTE (Regelbasierte Analyse potentiell destruktiver Täter zur Einschätzung des akuten Risikos - islamistischer Terrorismus - dazu Pressemitteilung des Bundeskriminalamts vom 2. Februar 2017) oder vergleichbare Instrumente zur Risiko- bzw. Gefährlichkeitseinschätzung (s. dazu Rettenberger, Die Einschätzung der Gefährlichkeit bei extremistischer Gewalt und Terrorismus, Kriminalistik 2016, 532) zurückgreifen zu müssen. Derartige Instrumente können bei Beachtung ihrer methodischen Anwendungsvoraussetzungen und unter Berücksichtigung der Grenzen ihrer Aussagekraft für eine erste Risikoeinschätzung nützlich und hilfreich sein und etwa die sicherheitsbehördliche Entscheidung über das Ob und den Umfang zu treffender Maßnahmen unterstützen; es handelt sich aber nicht um Instrumente, deren Einsatz notwendige Voraussetzung der gebotenen gerichtlichen Gesamtschau sind.
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Anders als der Antragsteller meint, bedarf es für diese - auf einer breiten Tatsachengrundlage beruhende - Gesamtschau nicht der Einholung eines konkret auf die Gefahreneinschätzung im Sinne des § 58a AufenthG bezogenen Sachverständigengutachtens. Im Gegensatz zur Sicherungsverwahrung hat der Gesetzgeber vor dem Erlass einer Abschiebungsanordnung nach § 58a AufenthG die vorherige Einholung eines Gutachtens nicht vorgesehen. Ein solches ist auch nicht von Verfassungs wegen erforderlich. Mit einer Abschiebungsanordnung steht zwar ebenfalls ein schwerwiegender Grundrechtseingriff in Rede, die Auswirkungen einer langfristigen Freiheitsentziehung auf die selbstbestimmte Lebensführung des Betroffenen sind im Vergleich dazu aber noch gewichtiger. Bei Ausweisungen entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass die Behörde bzw. das Gericht die Gefahrenprognose aus eigener Kompetenz treffen können, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte für eine psychische Erkrankung bestehen (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 11. September 2015 - 1 B 39.15 - Buchholz 402.261 § 6 FreizügG/EU Nr. 3 Rn. 12). Das Vorliegen einer psychischen Erkrankung ist hier zuletzt mit forensisch-psychiatrischer Stellungnahme zur Frage der Haftfähigkeit vom 4. Mai 2017 (AA Bl. 593 ff.) verneint worden. Der Gutachter Dr. K. hatte eine definierte psychiatrische Störung zum Zeitpunkt der Gutachtenerstellung ebenfalls nicht erkennen können, wenngleich ihm eine gesicherte psychiatrische Diagnosestellung nicht möglich war.
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cc) Die Abschiebungsanordnung ist als Rückkehrentscheidung mit der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348 S. 98) zu vereinbaren. Insbesondere musste dem Antragsteller keine Frist zur freiwilligen Ausreise eingeräumt werden, da von ihm eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und die nationale Sicherheit ausgeht (Art. 7 Abs. 4 Richtlinie 2008/115/EG). Dem steht nicht die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union entgegen, wonach nicht automatisch auf normativem Weg oder durch die Praxis davon abgesehen werden darf, eine Frist für die freiwillige Ausreise zu gewähren, wenn die betreffende Person eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellt (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - C-554/13 [ECLI:EU:C:2015:377] - Rn. 70). Denn in den Fällen des § 58a AufenthG liegt bereits in der einzelfallbezogenen Prüfung und Feststellung des Tatbestandes die vom Gerichtshof der Europäischen Union (ebenda Rn. 50, 57) verlangte einzelfallbezogene Beurteilung, ob das persönliche Verhalten des betreffenden Drittstaatsangehörigen eine tatsächliche und gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellt, die so gravierend ist, dass von einer Fristsetzung zur freiwilligen Ausreise ganz abgesehen werden muss.
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Ob und inwieweit die Regelung in § 11 Abs. 5 AufenthG, wonach das mit der Abschiebung nach § 11 Abs. 1 AufenthG kraft Gesetzes verbundene Einreise- und Aufenthaltsverbot nicht befristet werden kann, solange die oberste Landesbehörde nicht im Einzelfall eine Ausnahme zulässt, mit Art. 11 Abs. 2 Richtlinie 2008/115/EG zu vereinbaren ist, bedarf im vorliegenden Verfahren keiner abschließenden Entscheidung. Allein aufgrund einer gesetzgeberischen Entscheidung kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach der Richtlinie jedenfalls, soweit es an eine Abschiebung anknüpft, schon nicht wirksam eintreten; vielmehr bedarf es dafür einer behördlichen Entscheidung.
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Die Richtlinie definiert das Einreiseverbot, das bei Fehlen einer Frist für eine freiwillige Ausreise mit einer Rückkehrentscheidung gemäß Art. 11 Abs. 1 Buchst. a Richtlinie 2008/115/EG obligatorisch einhergeht, als "die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der die Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten und der dortige Aufenthalt für einen bestimmten Zeitraum untersagt wird und die mit einer Rückkehrentscheidung einhergeht" (Art. 3 Nr. 6 Richtlinie 2008/115/EG). Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsbehelf zu ermöglichen, über den auch belehrt werden muss (Art. 12 Abs. 1, Art. 13 Abs. 1 Richtlinie 2008/115/EG). Eine damit geforderte Einzelfallentscheidung über die Verhängung eines Einreiseverbots von bestimmter Dauer wird in unionsrechtskonformer Auslegung des Aufenthaltsgesetzes regelmäßig in einer behördlichen Befristungsentscheidung gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG gesehen werden können. Im vorliegenden Fall ist eine behördliche Einzelfallentscheidung über die Verhängung eines Einreiseverbots und dessen Dauer indes bisher nicht erfolgt. In der angefochtenen Verfügung ist lediglich unter "Hinweise" vermerkt: "Im Falle einer Abschiebungsanordnung nach § 58a AufenthG erfolgt gemäß § 11 Absatz 5 Satz 1 AufenthG keine Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes". Dies ist - wie auch das Fehlen einer auf ein Einreiseverbot bezogenen Rechtsbehelfsbelehrung verdeutlicht - keine behördliche Einzelfallentscheidung, sondern lediglich ein (aufgrund des Auslassens von § 11 Abs. 5 Satz 2 AufenthG überdies unvollständiger) Hinweis auf die - nicht am Maßstab des Unionsrechts überprüfte - deutsche Rechtslage. Ob § 11 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 AufenthG in Fällen des § 58a AufenthG eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage für die behördliche Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots darstellt und dieses in unionsrechtskonformer Weise ggf. auch unbefristet angeordnet werden darf, lässt der Senat ebenso offen wie die Frage, ob sich die Zuständigkeit der obersten Landesbehörde für den Erlass der Abschiebungsanordnung hierauf erstreckt. Das Fehlen einer Einzelfallentscheidung über ein Einreiseverbot und dessen Dauer beschwert den Antragsteller nicht und kann daher auch nicht zur Rechtswidrigkeit oder mangelnden Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung führen. Der Senat folgt nicht der Auffassung, wonach ein wirksames Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebung allein aufgrund der gesetzlichen Anordnung in § 11 Abs. 1 AufenthG entsteht, eine Abschiebung aber rechtswidrig ist, wenn nicht vor ihrem Vollzug eine Einzelfallentscheidung über die Dauer des Verbots getroffen wurde (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27. Oktober 2016 - OVG 12 B 18.15 - InfAuslR 2017, 126 = juris Rn. 24 ff. [nicht rechtskräftig]; Beschlüsse vom 21. März 2014 - OVG 12 S 113.13 - juris und vom 29. November 2016 - OVG 12 S 84.16 - juris).
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dd) Die Abschiebungsanordnung ist auch nicht ermessensfehlerhaft und insbesondere verhältnismäßig. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin dem öffentlichen Interesse an der Abwehr der vom Antragsteller ausgehenden terroristischen Gefahr ein höheres Gewicht beimisst als dessen Interesse am Verbleib in Deutschland. Der Schutz der Allgemeinheit vor Terroranschlägen gehört zu den wichtigsten öffentlichen Aufgaben und kann auch sehr weitreichende Eingriffe in die Rechte Einzelner rechtfertigen (vgl. BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 - 1 BvR 966/09 u.a. - BVerfGE 141, 220 Rn. 96, 132; Beschluss vom 18. Juli 1973 - 1 BvR 23/73 und 1 BvR 155/73 - BVerfGE 35, 382 = juris Rn. 57).
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Mildere, zur Gefahrenabwehr gleich geeignete Mittel sind nicht verfügbar. Eine stationäre, geschlossene Jugendhilfemaßnahme von zumindest einem halben Jahr, die der Sachverständige Dr. K. als die am besten geeignete Maßnahme bezeichnet hat, um das Wohl des Antragstellers und der Allgemeinheit zu sichern, scheitert an der seit Volljährigkeit erforderlichen Zustimmung des Antragstellers, die dieser ungeachtet seiner Bereitschaft, an anderweitigen Maßnahmen mitzuwirken, gerade nicht erteilt hat. Auch im Verlauf des vorliegenden gerichtlichen Verfahrens ist diese Entscheidung - trotz Hinweises der Antragsgegnerin - nicht revidiert worden. Auf die Frage, ob ausreichende Bemühungen entfaltet worden sind, einen entsprechenden Platz für den Antragsteller zu finden, kommt es vor diesem Hintergrund nicht an. Die Unterbringung in einer offenen Jugendhilfeeinrichtung ist zu einer effektiven Abwehr der in Deutschland drohenden Anschlagsgefahren demgegenüber nicht gleich geeignet wie eine Abschiebung in die Russische Föderation. Gleiches gilt umso mehr für ambulante Maßnahmen der Betreuung, etwa durch die "k.", die schon in der Vergangenheit eine fortschreitende Radikalisierung des Antragstellers nicht verhindern konnten.
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Polizeirechtliche Maßnahmen der Gefahrenabwehr hat die Antragsgegnerin ermessensfehlerfrei als nicht hinreichend effektiv angesehen. Auf wiederholte Gefährderansprachen hat der Antragsteller nicht reagiert. Die vom AG Bremen durch Beschlüsse vom 17. Januar 2017 (nicht umgesetzt aufgrund der Unterbringung des Antragstellers) und vom 27. Februar 2017 auf Antrag der Polizei jeweils für einen Monat getroffenen Anordnungen längerfristiger verdeckter Observation nach § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 BremPolG (P2 Bl. 100 und 139) sind nicht gleichermaßen geeignet wie eine Abschiebung, eine Realisierung der vom Antragsteller ausgehenden terroristischen Gefahr in Deutschland zu verhindern. Nichts anderes gilt für denkbare andere polizeirechtliche Maßnahmen wie die elektronische Fußfessel, eine Überwachung der Internetkommunikation oder gar die dem Antragsteller durch Verfügung vom 24. Februar 2017 auferlegte Meldepflicht (vgl. P2 Bl. 146).
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Die Abschiebungsanordnung erweist sich auch im Übrigen als verhältnismäßig und mit Art. 8 EMRK vereinbar. Die oberste Landesbehörde hat bei ihrer Entscheidung gewürdigt, dass sich der ...-jährige Antragsteller seit fünfzehn Jahren im Bundesgebiet aufhält und somit faktischer Inländer ist, den Hauptschulabschluss erlangt hat, bis zu seiner Verhaftung weiter die Schule besuchte und über soziale Bindungen an Eltern und Geschwister verfügt, in deren Haushalt er lebt, sowie an Freunde und die nach religiösem Ritus angetraute deutsche Ehefrau, die in einem getrennten Haushalt lebt. Dabei ist die Antragsgegnerin zutreffend davon ausgegangen, dass die Ehe jedoch nicht dem Schutz des Art. 6 GG unterfällt (zur fehlenden aufenthaltsrechtlichen Anerkennung vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 2009 - 1 C 40.07 - BVerwGE 133, 72 Rn. 16). Im Übrigen ist diese Beziehung nach den Angaben im Schriftsatz des Antragstellers vom 11. Juni 2017 zwischenzeitlich beendet und kann einer Abschiebung schon deshalb nicht mehr entgegenstehen. Trotz der vorhandenen Bindungen ist die beabsichtigte Aufenthaltsbeendigung unter den hier gegebenen Umständen auch mit Blick auf Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 GG sowie Art. 8 EMRK nicht unverhältnismäßig.
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Eine Integration in die Lebensverhältnisse seines Herkunftslandes ist dem Antragsteller auch unter Berücksichtigung der damit verbundenen Schwierigkeiten möglich und zumutbar. Mit der Antragsgegnerin ist dabei davon auszugehen, dass der Antragsteller zumindest über einfache russische Sprachkenntnisse verfügt, da er in einem russischen Haushalt aufgewachsen ist; auch hat seine Mutter bei Befragungen durch die Polizei stets Russisch gesprochen. Den Besitz grundlegender Russischkenntnisse hat der Antragsteller mit der schlichten Behauptung, er sei lediglich der kumykischen, nicht aber der russischen Sprache mächtig (GA Bl. 2 und 257), nicht substantiiert in Abrede gestellt. Die Abschiebung ist nicht deshalb unverhältnismäßig, weil der Antragsteller wegen der ihm dort drohenden Gefahren (siehe unten 2. a) nicht in seine Herkunftsregion Dagestan zurückkehren kann. Auch ohne die Unterstützung durch Verwandte oder Bekannte, die die Integration in die russischen Lebensverhältnisse zweifellos erleichtern würde, ist es dem volljährigen und arbeitsfähigen Antragsteller zuzumuten, sich in der Russischen Föderation eine Existenz aufzubauen. Daran ändert der Umstand nichts, dass er von seiner Persönlichkeitsentwicklung und Reife noch einem Jugendlichen entsprechen mag. Dies bedeutet nicht, dass ihm ein Leben ohne familiäre Unterstützung unter Berücksichtigung der hier bestehenden hohen Zumutbarkeitsschwelle nicht möglich ist. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass er die einzige Maßnahme der Jugendhilfe - eine solche stationärer Art -, die mit Aussicht auf Erfolg erzieherisch auf ihn hätte einwirken können, abgelehnt hat.
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Angesichts der vom Antragsteller ausgehenden Gefahr eines jederzeit möglichen Terroranschlags führt es nicht zur Unverhältnismäßigkeit der verfügten Aufenthaltsbeendigung und ihres sofortigen Vollzugs, dass die oberste Landesbehörde den privaten und familiären Belangen nicht den Vorzug gegeben hat.
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Soweit die Antragsgegnerin ihrer Ermessensentscheidung darüber hinaus - offensichtlich ausgehend von einer Rückkehr nach Dagestan - zugrunde gelegt hat, der Antragsteller werde bei seinem Einleben durch Verwandte, zu denen die Familie Kontakt habe, unterstützt, führt ein etwa hierin liegender Ermessensfehler, soweit er auf die Ermessensbetätigung insgesamt durchschlüge, jedenfalls nicht zur unheilbaren Rechtswidrigkeit der Ermessensentscheidung, sondern kann im Verlauf des Hauptsacheverfahrens ohne Weiteres noch durch ergänzende Ermessenserwägungen korrigiert werden (§ 114 Satz 2 VwGO) und rechtfertigte hier nicht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung.
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Ohne Erfolg rügt der Antragsteller, die Antragsgegnerin habe sich nicht mit dem Umstand auseinandergesetzt, dass die von ihm innegehabte Aufenthaltserlaubnis auf § 25 Abs. 5 AufenthG beruhe; sie habe insbesondere nicht mitgeteilt, welches Abschiebungshindernis mit Erlass der Abschiebungsanordnung weggefallen sein solle. Dies begründet keinen Ermessensfehler, zumal der Antragsteller nicht mitteilt, auf welches - vorliegend nicht geprüftes - Abschiebungshindernis er sich mit diesem Vortrag berufen will.
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Die Abschiebungsanordnung ist schließlich nicht deshalb ermessensfehlerhaft, weil die Abschiebung von Terrorverdächtigen das internationale Ansehen Deutschlands schädigen würde. Die Auswirkungen derartiger Abschiebungsanordnungen auf das internationale Ansehen der Bundesrepublik Deutschland sind in § 58a AufenthG mit berücksichtigt. Es ist nicht Aufgabe der rechtsanwendenden Behörden oder Gerichte, die damit vom Gesetzgeber vorgenommene Bewertung zu korrigieren. Dass § 58a AufenthG oder seine Anwendung auf den vorliegenden Einzelfall gegen bindendes Völkerrecht verstoßen könnte (GA Bl. 270 ff.), vermag der Senat ebenfalls nicht zu erkennen.
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2. Dem Vollzug der Abschiebungsanordnung stehen auch keine zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote entgegen, sofern der Antragsteller nicht in den Nordkaukasus abgeschoben wird. Das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 1 bis 8 AufenthG steht dem Erlass einer Abschiebungsanordnung nicht entgegen, es führt aber dazu, dass der Betroffene nicht in diesen Staat abgeschoben werden darf (§ 58a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 59 Abs. 2 und 3 AufenthG in entsprechender Anwendung). Aus diesem Grund hat die zuständige Behörde beim Erlass einer Abschiebungsanordnung in eigener Verantwortung zu prüfen, ob der beabsichtigten Abschiebung ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 1 bis 8 AufenthG entgegensteht. Dies umfasst sowohl die Frage, ob die Voraussetzungen für die Gewährung von Abschiebungsschutz als Flüchtling (§ 60 Abs. 1 AufenthG) oder als subsidiär Schutzberechtigter (§ 60 Abs. 2 AufenthG) vorliegen, als auch die Prüfung nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG.
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Auf der Grundlage des dem Senat im Eilverfahren zur Verfügung stehenden Akten- und Erkenntnismaterials spricht einiges dafür, dass hinsichtlich Dagestan bzw. der nordkaukasischen Teilrepubliken der Russischen Föderation die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK gegeben sind (a). Das hindert jedoch nicht die Vollziehung der Abschiebungsanordnung in andere Teile der Russischen Föderation, in denen dem Antragsteller eine zumutbare interne Ausweichmöglichkeit zur Verfügung steht (b). Es liegt auch kein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot wegen Suizidgefahr vor (c).
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a) Der Senat sieht zumindest gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller angesichts des anzunehmenden Bekanntwerdens der Gründe seiner beabsichtigten Abschiebung in der Russischen Föderation (dazu aa) bei einer Rückkehr nach Dagestan mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit durch die dortigen Sicherheitsbehörden einer menschenrechtswidrigen Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK ausgesetzt würde (§ 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK, dazu bb).
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aa) Die Gründe und Hintergründe der beabsichtigten Abschiebung des Antragstellers (Gefahr eines radikal-islamistisch motivierten Terroranschlags, salafistisch-religiöse Einstellung mit grundsätzlicher Billigung der Aktionen des sogenannten Islamischen Staates, früher beabsichtigte Ausreise nach Syrien) dürften den russischen staatlichen Stellen nach der Einschätzung des Senats aller Voraussicht nach bekannt werden. Hiervon ist vor allem aufgrund der öffentlichen Berichterstattung in den Medien bzw. im Internet unter Nennung zur Identifizierung hinreichender Daten (K. C. aus B., geboren im ... in Dagestan) auszugehen. Hinzu kommt im vorliegenden Fall das im russischen Pass eingetragene, zwischenzeitlich aufgehobene Ausreiseverbot, das gegen den Antragsteller im Dezember 2014 angeordnet worden war und die Aufmerksamkeit der russischen Behörden zusätzlich auf sich ziehen wird.
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bb) Unter Berücksichtigung dieses Bekanntwerdens der Abschiebegründe besteht voraussichtlich die tatsächliche Gefahr, dass der Antragsteller bei einer Rückkehr nach Dagestan durch die dortigen Sicherheitsbehörden der Folter oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK, Art. 4 GRC ausgesetzt würde (vgl. § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK).
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(1) Dabei geht der Senat von folgender Lagebeurteilung aus: Teile des Nordkaukasus und insbesondere Dagestan sind nach Einschätzung von Menschenrechtsorganisationen der regionale Schwerpunkt der Menschenrechtsverletzungen in Russland. Hintergrund sind die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und islamistischen Extremisten (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Russischen Föderation, Stand: Dezember 2016, S. 13).
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Der "IS" wird in der Russischen Föderation und speziell im Nordkaukasus in den letzten Jahren zunehmend als echte Bedrohung wahrgenommen, auf die seitens der Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden vor allem im Nordkaukasus mit großer Härte reagiert wird: In diesem Landesteil gehen die Behörden gegen tatsächliche oder mutmaßliche Islamisten mit teils gewaltsamer Repression vor. Es kommt zu Razzien in Moscheen, Festnahmen, Zerstörung von Wohnhäusern angeblicher Islamisten, Misshandlungen, Entführungen und Fällen von "Verschwindenlassen" sowie "außergerichtlichen" Tötungen. Im Nordkaukasus wenden die lokalen Polizeibehörden sowie die nationalen Sicherheitsbehörden auch Folter an (vgl. Österreichisches Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Russische Föderation, Gesamtaktualisierung am 1. Juni 2016, S. 40; Schweizerische Flüchtlingshilfe/A. Baudacci, Tschetschenien: Aktuelle Menschenrechtslage, Update vom 13. Mai 2016, S. 6 und 7; zu den o.g. Maßnahmen siehe auch Accord, ecoi.net-Themendossier zur Russischen Föderation: Sicherheitslage in Dagestan & Zeitachse von Angriffen). Salafisten werden von Angehörigen des Militärs und der Geheimdienste verdächtigt, den bewaffneten Aufstand zu unterstützen oder daran beteiligt zu sein und nicht selten entführt und in der Folge getötet (Accord, ecoi.net-Themendossier zur Russischen Föderation: Sicherheitslage in Dagestan & Zeitachse von Angriffen). Aktionen von Sicherheitskräften nehmen auch die Familienangehörigen von bewaffneten Untergrundkämpfern ins Visier. Menschenrechtsorganisationen beklagten ein Klima der Straflosigkeit für Täter aus den Reihen der Sicherheitskräfte (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Russischen Föderation, Stand: Dezember 2016, S. 13 - 15). Mitarbeiter der Sicherheitsbehörden - ihrer Straflosigkeit gewiss - missbrauchten ihre Macht, um im "Krieg gegen den Terror" Erfolgsquoten zu liefern oder gar um Geld von den Angehörigen der Verhafteten zu erpressen (Accord, Anfragebeantwortung zur Russischen Föderation: Dagestan: Korruption bei der Polizei, 12. Oktober 2016).
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Salafistische Organisationen bzw. Muslime, die religiösem Extremismus nahe stehen oder unter ausländischem Einfluss stehen sollen, werden in Dagestan als Wahhabiten bezeichnet und teilweise pauschal mit Terroristen gleichgesetzt (Schweizerische Flüchtlingshilfe/A. Schuster, Russland: Verfolgung von Verwandten dagestanischer Terrorverdächtiger ausserhalb Dagestans, Auskunft vom 25. Juli 2014, S. 1 f.; Österreichisches Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Russische Föderation, Gesamtaktualisierung am 1. Juni 2016, S. 52, 65). Sie müssen in Tschetschenien und Dagestan bereits ohne Hinzutreten weiterer Handlungen oder konkreter Verdächtigungen befürchten, von den Sicherheitsbehörden als "Extremisten" verhaftet zu werden. Auch das Tragen langer Bärte oder salafistischer Kleidung kann bereits zu Verhaftungen und Misshandlungen führen (Schweizerische Flüchtlingshilfe/A. Baudacci, Tschetschenien: Aktuelle Menschenrechtslage, Update vom 13. Mai 2016, S. 15).
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(2) Ausgehend von dieser Erkenntnislage spricht viel dafür, dass der Antragsteller bei einer Rückkehr nach Dagestan dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit der Folter oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung durch die lokalen oder föderalen Sicherheits- bzw. Strafverfolgungsbehörden ausgesetzt würde, selbst wenn er sich dort einer salafistischen Betätigung, soweit diese die Grenzen der geschützten Religionsfreiheit überschreitet, enthält.
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Die Angaben des Auswärtigen Amtes in der Auskunft vom 29. Mai 2017 vermögen diese Gefahr nicht hinreichend zu entkräften. Darin wird zu Frage 1a ausgeführt, nach Aussage von Mitarbeitern der russischen Nichtregierungsorganisation "Komitee zur Verhinderung von Folter" gegenüber der Botschaft Moskau am 16. Mai 2017 sei anzunehmen, dass russische Sicherheitsbehörden einen aus Deutschland abgeschobenen russischen Staatsangehörigen dagestanischer Herkunft, der in Deutschland einen islamistisch motivierten Terroranschlag geplant haben soll, befragen und überwachen würden; es erscheine jedoch nahezu ausgeschlossen, dass er "präventiv" gefoltert oder einer anderen Art. 3 EMRK verletzenden Behandlung ausgesetzt werden würde. Bei dieser Antwort wird nicht hinreichend deutlich, dass sich diese Einschätzung auch auf die lokalen und föderalen Behörden in Dagestan beziehen würde, zumal das Auswärtige Amt zu Frage 1b u.a. mitgeteilt hat, die Botschaft verfüge über keine eigenen Erkenntnisse zum Verhalten der Sicherheitsbehörden in den im Nordkaukasus gelegenen Teilrepubliken, da in Auslieferungsfällen bei regulärem Gerichtsstand in einer der Teilrepubliken ergänzende Zusicherungen darüber verlangt und abgegeben würden, dass der Betroffene nur in einem anderen Teil der Russischen Föderation inhaftiert und vor Gericht gestellt werde.
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b) Dem Antragsteller stehen auf der Grundlage der dem Senat derzeit zur Verfügung stehenden Erkenntnisse jedoch Ausweichmöglichkeiten in sonstigen Bereichen der Russischen Föderation außerhalb der Teilrepubliken des Nordkaukasus (etwa in der Umgebung des voraussichtlichen Abschiebeziels P.) zur Verfügung. Hinsichtlich dieser Bereiche liegen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG nicht vor. Sie erfüllen zugleich die Voraussetzungen des internen Schutzes im Sinne von § 3e Abs. 1, § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG. Daher steht dem Antragsteller auch kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG als subsidiär Schutzberechtigter zu, ohne dass entschieden werden muss, ob dieses Abschiebungsverbot nicht auch wegen der vom Antragsteller ausgehenden Gefahren ausgeschlossen ist (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AsylG).
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aa) Nach der dem Senat zur Verfügung stehenden Erkenntnislage droht dem Antragsteller außerhalb des Nordkaukasus wegen der Handlungen und Äußerungen im Bundesgebiet nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr, dass er unter Berücksichtigung der ihm zugeschriebenen Terrorgefahr durch Sicherheitsbehörden oder Strafverfolgungsorgane der Folter oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung ausgesetzt oder zwangsweise nach Dagestan zurückverbracht wird. Soweit er nach Rückkehr in die Russische Föderation Aktivitäten entfaltet, die auch nur den Verdacht begründen könnten, er neige dem gewaltbereiten Jihadismus zu oder plane oder unterstütze Terroranschläge, begründete dieses erst künftige Verhalten hier aktuell kein Abschiebungshindernis und wäre nicht von der Antragsgegnerin zu berücksichtigen.
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Der Senat verkennt nicht, dass aus Sicht der russischen Behörden auch außerhalb des Nordkaukasus die Gefahr von Terroranschlägen besteht. Radikale islamistische Netzwerke aus dem Nordkaukasus und Dagestan verfügen über Zellen in ganz Russland - von Moskau, St. Petersburg bis nach Sibirien (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe/A. Schuster, Russland: Verfolgung von Verwandten dagestanischer Terrorverdächtiger ausserhalb Dagestans, Auskunft vom 25. Juli 2014, S. 3 und 15). Der russische Staat geht auch im übrigen Staatsgebiet konsequent gegen islamistische Terroristen vor. Erst im Juli 2016 wurde in der Russischen Föderation mit dem Ziel der effektiveren Bekämpfung des Terrorismus und der Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit das Strafrecht deutlich verschärft, worauf der Antragsteller hingewiesen hat (www.icnl.org/research/library/files/Russia/Yarovaya.pdf, GA Bl. 264). Zuvor ist im November 2013 in Russland ein neues Gesetz verabschiedet worden, mit dem die Bestrafung von Familien und Verwandten von Terrorverdächtigen erreicht werden sollte und das darauf abzielte, die "harte Form" des Kampfes gegen den Aufstand, die bereits in mehreren Republiken im Nordkaukasus praktiziert wird, zu legalisieren. Die neue Gesetzgebung erlaubt es den Behörden, die Vermögenswerte der Familien von Terrorverdächtigen zu beschlagnahmen und die Familien dazu zu verpflichten, für Schäden aufzukommen, die durch Handlungen der Terrorverdächtigen entstanden sind. Die durch sie erlaubten Kollektivbestrafungen werden von den Behörden im Nordkaukasus bereits angewendet (Österreichisches Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Russische Föderation, Gesamtaktualisierung am 1. Juni 2016, S. 34; Schweizerische Flüchtlingshilfe/A. Schuster, Russland: Verfolgung von Verwandten dagestanischer Terrorverdächtiger ausserhalb Dagestans, Auskunft vom 25. Juli 2014, S. 4 f.). Von einer entsprechenden Praxis außerhalb des Nordkaukasus wird demgegenüber bisher nicht berichtet; auch belegt diese Gesetzeslage ebenso wenig wie die Verschärfung des Strafrechts eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung von Terrorverdächtigen.
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Nach dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes (Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Russischen Föderation, Stand: Dezember 2016, S. 20) ist der Kontrolldruck gegenüber kaukasisch aussehenden Personen aus Angst vor Terroranschlägen erheblich. Russische Menschenrechtsorganisationen berichteten von häufig willkürlichem Vorgehen der Miliz gegen Kaukasier allein wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit. Kaukasisch aussehende Personen ständen unter einer Art Generalverdacht. Solange die Konflikte im Nordkaukasus nicht endgültig gelöst sind, ist nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes davon auszugehen, dass abgeschobene Tschetschenen (Kaukasier) besondere Aufmerksamkeit durch russische Behörden erfahren. Das gilt insbesondere für Personen, die sich gegen die gegenwärtigen Machthaber engagieren bzw. denen ein derartiges Engagement unterstellt wird, oder die - wie hier - im Verdacht stehen, einen fundamentalistischen Islam zu propagieren.
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Dass der Antragsteller zu einer solchen Risikogruppe gehört, rechtfertigt indes ebenfalls noch nicht die Annahme, dass ihm mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Folter oder eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung droht. Dies entspricht im Wesentlichen der in der fallbezogen erteilten Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 29. Mai 2017 wiedergegebenen Einschätzung von Mitarbeitern der russischen Nichtregierungsorganisation "Komitee zur Verhinderung von Folter": Danach hat der Antragsteller im Falle seiner Abschiebung in die Russische Föderation mit einer Befragung und Überwachung zu rechnen (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 29. Mai 2017 zu Frage 1a). Es erscheine jedoch nahezu ausgeschlossen, dass er "präventiv" gefoltert oder einer anderen Art. 3 EMRK verletzenden Behandlung ausgesetzt würde. Der Zuverlässigkeit dieser Auskunft steht nicht entgegen, dass der Leiter dieser Organisation nach der Auskunft des Auswärtigen Amtes Mitglied des präsidialen Menschenrechtsrats ist. Der Antragsteller begründet seine Zweifel insoweit damit, der präsidiale Menschenrechtsrat sei gerade bezogen auf Polizeigewalt eine fragwürdige Referenz, weil es sich bei der neuen Hochkommissarin für Menschenrechte/Menschenrechtsbeauftragten in der Russischen Föderation um eine frühere Polizeigenerälin ohne menschenrechtlichen Hintergrund handele (EASO, Country of Origin Information Report - Russian Federation State Actors of Protection, März 2017, S. 78). Nach dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes handelt es sich bei der Menschenrechtsbeauftragten und dem konsultativen "Rat zur Entwicklung der Zivilgesellschaft und der Menschenrechte" beim russischen Präsidenten indes um zwei verschiedene Institutionen. Der Menschenrechtsrat übt auch öffentlich Kritik an Menschenrechtsproblemen und setzt sich für Einzelfälle ein. Zuletzt hat er angemahnt, Amnesty International Zugang zu ihren von der Moskauer Stadtverwaltung geschlossenen Büros zu gewähren (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Russischen Föderation, Stand: Dezember 2016, S. 15). Ausgehend davon bestehen gegen die Unabhängigkeit der russischen Nichtregierungsorganisation "Komitee zur Verhinderung von Folter" keine durchgreifenden Bedenken.
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Der Senat misst dieser Einschätzung einer vor Ort befindlichen Nichtregierungsorganisation größere Aussagekraft bei als der Bewertung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, welches der Antragsgegnerin auf ihre Anfrage am 17. Mai 2017 ohne nähere Begründung und auch ohne Bezeichnung der Erkenntnisquellen mitgeteilt hat, die in der Russischen Föderation bestehende massive Verfolgung von islamistischem Extremismus lasse darauf schließen, dass - eine bei den russischen Stellen vorhandene Kenntnis der Abschiebungsgründe zugrunde gelegt - auch der Antragsteller davon betroffen wäre, sofern er dorthin zurückkehrt.
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Vor diesem Hintergrund vermag der Senat auch aus der Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 25. Juli 2014 (A. Schuster, Russland: Verfolgung von Verwandten dagestanischer Terrorverdächtiger ausserhalb Dagestans, S. 3 f.) nicht abzuleiten, dass dem Antragsteller in der Russischen Föderation außerhalb des Nordkaukasus mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Art. 3 EMRK zuwiderlaufende Behandlung drohen würde. Zwar wird dort von Angaben der Nichtregierungsorganisation Memorial (Swetlana Gannuschkina) berichtet, wonach Familienangehörige von Terrorismusverdächtigen aus Dagestan auch in anderen Regionen in Russland von staatlichen Behörden verfolgt und schikaniert werden und dem ständigen Risiko einer willkürlichen Strafverfolgung ohne Begründung ausgesetzt sind. Auch werde von einer Reihe dokumentierter Fälle berichtet, in denen ganze Familien in Moskau, St. Petersburg und weiteren russischen Städten Opfer von gewaltsamem "Verschwindenlassen" geworden seien. Dies sei vor allem in den Fällen geschehen, in welchen die Behörden der nordkaukasischen Republiken Interesse daran hatten, Maßnahmen gegen Familienangehörige zu ergreifen. "Wahhabiten" und ihre Familienmitglieder würden in ganz Russland verfolgt. Der Modus Operandi der Behörden des Nordkaukasus finde mittlerweile auch im übrigen Russland Anwendung. Seit 2009 sei die Zahl der Verhaftungen und Entführungen von Personen aus dem Nordkaukasus in ganz Russland gestiegen. Rund 20 Prozent der dokumentierten Entführungen fänden mittlerweile außerhalb des Nordkaukasus statt.
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Diesen Ausführungen ist nichts dafür zu entnehmen, dass der russische Staat auch einer im europäischen Ausland entfalteten islamistisch-jihadistischen Betätigung - insbesondere Planung/Vorbereitung eines Terroranschlags in Deutschland - in der Russischen Föderation mit derart drastischen Maßnahmen begegnen würde. Ein vergleichbares Interesse der russischen Behörden, gegen eine Person wie den Antragsteller menschenrechtswidrig vorzugehen, ist in einem solchen Fall mangels Referenzfällen nicht belegbar und kann auch nicht ohne Weiteres unterstellt werden. Denn spezifisch russische Interessen hat der Antragsteller bisher nicht verletzt.
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Der Senat hält es daher auch nicht für beachtlich wahrscheinlich, dass in der Russischen Föderation gegen den Antragsteller ein Strafverfahren eingeleitet wird oder er in Polizeigewahrsam genommen wird. Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang darauf hinweist, dass nach russischem Strafrecht für Auslandstaten russischer Staatsbürger das Personalitätsprinzip gilt, rechtfertigt dieser Hinweis auf die Rechtslage für sich allein noch nicht den Schluss auf eine entsprechende Praxis. Auch die Erklärung des russischen Generalstaatsanwalts von November 2015, wonach 650 Strafverfahren aufgrund der Beteiligung in einer illegalen bewaffneten Gruppierung im Ausland eröffnet wurden, wovon laut Chef des FSB (Inlandsgeheimdienst) 1 000 Personen betroffen seien (vgl. Österreichisches Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Russische Föderation, Gesamtaktualisierung am 1. Juni 2016, S. 27), lässt nicht hinreichend auf eine Betroffenheit auch des Antragstellers schließen. Es liegen keine Hinweise darauf vor, dass sich der Fokus der russischen Strafverfolgungsbehörden dabei auch auf Personen richten würde, die nicht aus Syrien, Irak oder der Türkei, sondern aus dem westeuropäischen Ausland zurückkehren.
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Berichte über Strafprozesse auf der Grundlage fingierten Materials gegen angebliche Terroristen aus dem Nordkaukasus (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Russischen Föderation, Stand: Dezember 2016, S. 10) beziehen sich zumeist auf den Nordkaukasus. Gegen Tschetschenen (bzw. Personen aus dem Nordkaukasus), die sich in Moskau oder anderen Bereichen der Russischen Föderation niedergelassen haben, kommen Strafverfahren aufgrund falscher Anschuldigungen heute kaum noch vor (vgl. Danish Immigration Service, Security and human rights in Chechnya and the situation of Chechens in the Russian Federation - residence registration, racism and false accusations, Januar 2015, S. 85 f.). Nach Angaben einer westlichen Botschaft in Moskau aus dem Jahr 2012 kommen fingierte Strafverfahren zwar vor, insbesondere gegen junge muslimische Personen aus dem Nordkaukasus, jedoch nicht in systematischer Weise (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe/A. Schuster, Russland: Verfolgung von Verwandten dagestanischer Terrorverdächtiger ausserhalb Dagestans, Auskunft vom 25. Juli 2014, S. 6; Österreichisches Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Russische Föderation, Gesamtaktualisierung am 1. Juni 2016, S. 82).
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Das Risiko, dass die Behörden in Dagestan, soweit sie von der Abschiebung des Antragstellers erfahren, den Antragsteller außerhalb Dagestans aufsuchen und dort misshandeln oder nach Dagestan verbringen würden, hält der Senat ebenfalls für gering. Das Auswärtige Amt führt in seinem aktuellen Lagebericht zwar aus, die regionalen Strafverfolgungsbehörden könnten Menschen auf der Grundlage von in ihrer Heimatregion erlassenen Rechtsakten auch in anderen Gebieten der Russischen Föderation in Gewahrsam nehmen und in ihre Heimatregion verbringen. Kritiker, die Tschetschenien aus Sorge um ihre Sicherheit verlassen mussten, fühlten sich häufig auch in russischen Großstädten vor dem "langen Arm" des Regimes von Ramsan Kadyrow nicht sicher. Bewaffnete Kräfte, die Kadyrow zuzurechnen seien, seien etwa auch in Moskau präsent (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Russischen Föderation, Stand: Dezember 2016, S. 15; siehe auch Schweizerische Flüchtlingshilfe/A. Baudacci, Tschetschenien: Aktuelle Menschenrechtslage, Update vom 13. Mai 2016, S. 24). Bei Umzügen in eine andere Region der Russischen Föderation informiert das FMS-Büro, bei dem die Registrierung erfolgt, das FMS-Büro am Ort der ursprünglichen Registrierung etwa in Tschetschenien. Ob diese Information durch die Behörden des ursprünglichen Wohnorts in irgendeiner Weise aktiv verwendet wird, ist aber eine andere Frage. Dies hängt davon ab, wie wichtig sie für die dortigen Behörden war/ist (vgl. Danish Immigration Service, Security and human rights in Chechnya and the situation of Chechens in the Russian Federation - residence registration, racism and false accusations, Januar 2015, S. 68). Ausgehend davon ist eher unwahrscheinlich, dass dagestanische Strafverfolgungsbehörden aufgrund der gegen den Antragsteller in Deutschland erhobenen Vorwürfe Anlass sehen werden, ein Strafverfahren gegen ihn einzuleiten oder gegen ihn in irgendeiner Weise extralegal vorzugehen, wenn er - der Dagestan schon im Kleinkindalter verlassen hat - in keinen Kontakt zu Dagestan tritt und insbesondere andernorts seinen Wohnsitz nimmt.
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Hinreichend tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass dem Antragsteller mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr droht, gegen seinen Willen durch russische föderale Stellen nach Dagestan zurückverbracht zu werden, waren den ausgewerteten Erkenntnisquellen nicht zu entnehmen. Soweit die Schweizerische Flüchtlingshilfe von rückgeführten Tschetschenen berichtet, die etwa vom russischen Geheimdienst nach Ankunft am Flughafen Moskau festgenommen und nach Tschetschenien gebracht oder nach Rückkehr aus dem westeuropäischen Ausland verhaftet und gefoltert worden seien (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe/A. Baudacci, Tschetschenien: Aktuelle Menschenrechtslage, Update vom 13. Mai 2016, S. 22), werden die jeweiligen Hintergründe nicht mitgeteilt. Schlüsse für den hier zu entscheidenden Fall können daraus mithin nicht gezogen werden.
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bb) Der Antragsteller hat auch bei einer möglichen Einziehung zum Wehrdienst in diesem Rahmen nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu befürchten. Nach der aktuellen Auskunftslage liegen keine stichhaltigen Gründe (mehr) dafür vor, dass Wehrdienstleistende dem System der sogenannten Dedowschtschina, d.h. der systematischen Misshandlungen und Erniedrigung von Soldaten durch Vorgesetzte aller Dienstgrade oder ältere Wehrpflichtige ausgesetzt werden.
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(1) Es ist bereits nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass der Antragsteller in absehbarer Zeit nach einer Rückkehr in die Russische Föderation zum Wehrdienst eingezogen wird.
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Männliche Staatsbürger im Alter von 18 bis 27 Jahren unterliegen in der Russischen Föderation der einjährigen Wehrpflicht (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Russischen Föderation, Stand: Dezember 2016, S. 10). Darunter fällt grundsätzlich auch der ...-jährige Antragsteller. Die reale Gefahr, zum Wehrdienst eingezogen zu werden, wird durch die mit seiner Person verbundenen Sicherheitsbedenken jedoch deutlich vermindert:
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Die allgemeine Wehrpflicht besteht in der gesamten Russischen Föderation. Grundsätzlich wird einem 18- bis 28-jährigen Mann in der Russischen Föderation ein Musterungsbescheid zugestellt, um ihn für den Wehrdienst in den Streitkräften zu mustern. Eine Einberufung in die Streitkräfte ist damit jedoch nicht zwingend verbunden (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 29. Mai 2017, zu Frage 2). Junge Männer aus dem Nordkaukasus, insbesondere aus Tschetschenien, wurden in zurückliegenden Jahren über längere Zeit praktisch nicht zum Wehrdienst eingezogen. Dem lag im Wesentlichen zugrunde, dass man nicht "potenzielle Terroristen und Untergrundkämpfer" an der Waffe ausbilden wolle. Nordkaukasier könnten einen radikalen Islam in der Armee verbreiten; sie seien besonders undiszipliniert und würden eine "Dedowschtschina" auf ethnischer Grundlage betreiben (vgl. Malek, Wien, Gutachten vom 2. Februar 2015 für VG Berlin, S. 19 f.). Etwa nach dem Beginn des russischen militärischen Vorgehens gegen die Ukraine im Frühjahr 2014 änderten sich die Rahmenbedingungen aber. So wurden im Herbst 2014 wieder Rekruten aus dem Nordkaukasus einberufen (Dagestan: ca. 2 000, Tschetschenien: ca. 500, vgl. Malek, ebenda, S. 20, sowie Auswärtiges Amt, Auskunft an VG Bremen vom 13. November 2015). Bei den tschetschenischen Rekruten soll es sich dabei überwiegend um Freiwillige mit abgeschlossenem Hochschulstudium gehandelt haben, von denen viele eine militärische Karrierelaufbahn anstrebten (vgl. Accord, Anfragebeantwortung zur Russischen Föderation: Strafen bei Wehrdienstverweigerung etc., 12. November 2014). In Dagestan wurden im Frühling 2016 1 800 junge Männer eingezogen, ein Drittel mehr als im Jahr zuvor. Trotzdem seien mehr als 2 000 junge Männer nicht auffindbar, die eingezogen werden sollten (vgl. Österreichisches Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Russische Föderation, Gesamtaktualisierung am 1. Juni 2016, S. 50). Als ein Grund für die Änderung der Einberufungspraxis wird Personalnot bei den Streitkräften benannt, der mit einer Erhöhung der Einberufungsquote und auch durch den Rückgriff auf Wehrpflichtige aus dem Nordkaukasus begegnet werden sollte. Die kritische Personallage habe Sicherheitsbedenken gegenüber Rekruten aus dem Nordkaukasus zurücktreten lassen. Persönliche Garantien von Mitgliedern der jeweiligen Administrationen und Familienangehörigen sollen nun die wahrgenommenen Risiken eindämmen (vgl. Pester, Russlands Militärreform: Herausforderung Personal, SWP-Studie, November 2013, S. 24, 26; Klein/Pester, Russlands Streitkräfte: Auf Modernisierungskurs, SWP-Aktuell, Dezember 2013, S. 4).
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Trotz der zunehmenden Personalengpässe und der geänderten Einberufungspraxis in den russischen Streitkräften hält der Senat eine Einberufung des Antragstellers zum Wehrdienst nicht für wahrscheinlich. Zwar liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass bei ihm Gründe für eine Befreiung vom Wehrdienst, Ausschlussgründe oder ein Recht auf Verschiebung/Aufschub des Militärdienstes gegeben sind (vgl. dazu Malek, Wien, Gutachten vom 2. Februar 2015 für VG Berlin, S. 12 ff.). Angesichts des anzunehmenden Bekanntwerdens der Abschiebungsgründe und der ihn nach Rückkehr in die Russische Föderation erwartenden Befragung und Überwachung durch den FSB oder die Polizei spricht jedoch Überwiegendes dafür, dass eine Einberufung des Antragstellers wegen des damit verbundenen erheblichen Sicherheitsrisikos unterbleiben wird. Dass Wehrpflichtige aus dem Nordkaukasus aktuell nicht mehr pauschal als Sicherheitsrisiko betrachtet werden, steht dem nicht entgegen, weil vom Antragsteller individuell die Gefahr eines islamistisch motivierten terroristischen Anschlags ausgeht. Es ist nicht naheliegend, dass die für die Einberufung zuständigen Behörden in der Russischen Föderation das Risiko eingehen werden, eine solche Person an der Waffe auszubilden. Die Frage nach persönlichen Garantien stellt sich bei einem derart evidenten Sicherheitsrisiko schon nicht mehr; im Übrigen ist aber auch nicht ersichtlich, wer für den Antragsteller außerhalb des Nordkaukasus bürgen könnte.
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(2) Unabhängig davon liegen keine stichhaltigen Gründe (mehr) dafür vor, dass Wehrdienstleistenden in der Russischen Föderation eine Art. 3 EMRK verletzende Behandlung droht, indem sie dem System der sogenannten Dedowschtschina, d.h. der systematischen Misshandlungen und Erniedrigung von Soldaten durch Vorgesetzte aller Dienstgrade oder ältere Wehrpflichtige, ausgesetzt werden. Nach aktueller Auskunftslage ist dies zwar weiterhin nicht auszuschließen, aber nicht mehr beachtlich wahrscheinlich.
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Anders als das Verwaltungsgericht Bremen (Urteil vom 18. November 2016 - 3 K 1982/09.A - juris Rn. 52 ff.) hält der Senat unter zusätzlicher Einbeziehung des jüngsten Lageberichts des Auswärtigen Amtes vom 24. Januar 2017 (Stand: Dezember 2016) trotz der weiterhin problematischen Menschenrechtslage in den Streitkräften aktuell nicht mehr die Feststellung für gerechtfertigt, dass einem Wehrpflichtigen eine Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht. Bereits im vorletzten Lagebericht hatte das Auswärtige Amt berichtet, die im Jahr 2013 eingeleiteten Maßnahmen zur "Humanisierung" und Attraktivitätssteigerung des Wehrdienstes seien im Berichtszeitraum weiter umgesetzt worden. Diese Maßnahmen umfassten u.a. die Möglichkeit der heimatnahen Einberufung für Verheiratete, Wehrpflichtige mit Kindern oder Eltern im Rentenalter. Verbesserungen bei der Verpflegung, längere Ruhezeiten sowie die Erlaubnis zur Benutzung privater Mobiltelefone seien ebenfalls eingeführt worden. Offizielle Verlautbarungen zu Menschenrechtsverletzungen in den Streitkräften der Russischen Föderation habe es zuletzt nicht gegeben. Die Nichtregierungsorganisationen "Komitee der Soldatenmütter" und "Armee.Bürger.Recht" hätten jedoch von Soldaten berichtet, die sich aus ganz Russland mit der Bitte um Unterstützung beim Schutz ihrer Rechte an die Nichtregierungsorganisationen gewendet hätten. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die Menschenrechtslage in den russischen Streitkräften weiterhin problematisch sei. Es sei zu vermuten, dass es nach wie vor zu Misshandlungen von Soldaten durch Vorgesetzte aller Dienstgrade oder ältere Wehrpflichtige komme, jedoch nicht mehr im Ausmaß der Vergangenheit. Die Bildung einer Militärpolizeibehörde, die vor allem die "Dedowschtschina", aber auch Diebstahlsdelikte in den Streitkräften bekämpfen sollte, sei noch nicht vollständig abgeschlossen (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Russischen Föderation, Stand: Januar 2016, S. 14 f.). Im aktuellen Lagebericht, der eine im Übrigen unveränderte Einschätzung enthält, wird nunmehr ergänzend berichtet, Staatspräsident Putin habe im Jahr 2015 ein Dekret erlassen, das die Aufgaben der Militärpolizei erheblich erweitert habe und seitdem ausdrücklich die Bekämpfung der "Dedowschtschina" sowie von Diebstählen innerhalb der Streitkräfte umfasse. Insgesamt seien zunehmend einzelne Verbesserungen zu erkennen, weil - teilweise auf Initiative der Soldatenmütter - vor drei bis vier Jahren ein Beschwerderecht für Soldaten eingeführt worden sei, seit kurzem jeder Soldat ein Gehaltskonto haben müsse, um Korruption und Erpressung durch Vorgesetzte zu verhindern, und sich die soziale Lage durch den Neubau von Kasernen und die damit einhergehende Abnahme der Überbelegung verbessert habe. Dadurch seien auch die Misshandlungen jüngerer durch ältere Soldaten zurückgegangen (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Russischen Föderation, Stand: Dezember 2016, S. 11).
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Die darin zum Ausdruck kommende graduelle Verbesserung der Situation der Wehrdienstpflichtigen in den russischen Streitkräften wird bestätigt durch die vom Senat fallbezogen eingeholte Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 29. Mai 2017 (zu Frage 3a). Darin wird ergänzend ausgeführt, das Ministerium der Verteidigung der Russischen Föderation veröffentliche zwar keine genauen Zahlen zu Misshandlungen innerhalb der Streitkräfte. Zahlreiche Indikatoren wiesen jedoch darauf hin, dass diese Art von Dienstvergehen in den Streitkräften zurückgehe. Seit Beginn der Reform der Streitkräfte im Jahr 2008, insbesondere jedoch unter dem derzeitigen Minister für Verteidigung Sergei Schoigu, liege das Hauptaugenmerk der militärischen und politischen Leitung der Streitkräfte auf der Steigerung der Attraktivität der Streitkräfte. Das Maßnahmenpaket umfasse z.B. eine Erhöhung der Besoldung, den Wohnungsbau für Soldatenfamilien und medizinische Versorgung von Soldaten und deren Angehöriger. Der Aufrechterhaltung der Disziplin werde ein höherer Stellenwert als in den Jahren zuvor eingeräumt, wozu auch die konsequente Ahndung von Dienstvergehen wie z.B. Misshandlung gehöre. Es liegen schließlich auch keine Erkenntnisse dazu vor, dass die islamistische Radikalisierung des Antragstellers die allgemein nicht mehr den Grad einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit erreichende Gefahr, Opfer unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK während eines Wehrdienstes zu werden, in relevanter Weise erhöhen würde (vgl. dazu Auswärtiges Amt, Auskunft vom 29. Mai 2017, zu Frage 3a).
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Es besteht auch nicht die beachtliche Wahrscheinlichkeit, dass der Antragsteller im Rahmen eines Wehrdienstes gegen seinen Willen nach Dagestan zurückkehren müsste. Allerdings führt Malek aus, dass Wehrpflichtige, die keine Bestechungsgelder leisten könnten oder wollten, riskierten, in die Krisengebiete des östlichen Nordkaukasus (Inguschetien, Tschetschenien, Dagestan) oder aber in einen Truppenteil geschickt zu werden, in denen eine harte "Dedowschtschina" herrsche (Gutachten vom 2. Februar 2015 für VG Berlin, S. 21). Da die vom Auswärtigen Amt berichteten graduellen Verbesserungen der Menschenrechtslage in den russischen Streitkräften in den letzten beiden Jahren in diesem bereits Anfang 2015 erstellten Gutachten jedoch noch nicht berücksichtigt sein konnten, ist fraglich, inwieweit diese Aussage noch zutrifft. Im Ergebnis bestehen stichhaltige Gründe dafür, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, im Nordkaukasus zum Einsatz zu kommen, jedenfalls aus den Gründen nicht, aus denen schon seine Einberufung nicht beachtlich wahrscheinlich ist (s.o.).
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(cc) Die weiteren Voraussetzungen für eine interne Ausweichmöglichkeit in die Gebiete der Russischen Föderation außerhalb des Nordkaukasus liegen vor.
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Nach der Rechtsprechung des EGMR zur Berücksichtigung internen Schutzes muss die abzuschiebende Person in der Lage sein, in das betroffene Gebiet zu reisen, Zutritt zu diesem zu erhalten und sich dort niederzulassen. Außerdem dürfen die voraussichtlichen Lebensbedingungen dort nicht gegen Art. 3 EMRK verstoßen (vgl. EGMR, Urteile vom 11. Januar 2007 - Nr. 1948/04, Salah Sheekh/Niederlande - Rn. 141 ff., vom 28. Juni 2011 - Nr. 8319/07 und 11449/07, Sufi und Elmi/Vereinigtes Königreich - Rn. 278 ff. und vom 13. Oktober 2011 - Nr. 10611/09, Husseini/Schweden - Rn. 65; siehe auch § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 3e Abs. 1 Nr. 2 AsylG zum subsidiären Schutz).
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Diese Voraussetzungen sind hier auch unter Berücksichtigung der individuellen Merkmale des Antragstellers gegeben. Es besteht zunächst kein Zweifel, dass es der Antragsgegnerin gelingen wird, den Antragsteller in die Russische Föderation außerhalb des Nordkaukasus abzuschieben. Eben dies ist hier beabsichtigt, weil er mit dem Flugzeug unter Sicherheitsbegleitung nach P. abgeschoben werden soll. Nach der vorliegenden Erkenntnislage ist es dem Antragsteller auch grundsätzlich möglich, in der Russischen Föderation etwa in der weiteren, ländlicheren Umgebung von Moskau legal Wohnsitz zu nehmen und insbesondere registriert zu werden.
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Entgegen seiner Annahme (Schriftsatz vom 2. Mai 2017, S. 36) ist der Antragsteller nicht gezwungen, sich für die erforderliche Ausstellung eines Inlandspasses nach Dagestan an seinen letzten Wohnort zu begeben. Sowohl Inlands- wie Auslandspässe können in der Russischen Föderation in jedem FMS-Büro beantragt und abgeholt werden. Beantragt eine Person den Pass beispielsweise in Moskau, erscheint das FMS-Büro Moskau als ausstellende Behörde, ohne dass es darauf ankommt, wo die Person mit ihrem Wohnsitz registriert ist (vgl. Danish Immigration Service, Security and human rights in Chechnya and the situation of Chechens in the Russian Federation - residence registration, racism and false accusations, Januar 2015, S. 66; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation, Stand: Januar 2011, S. 38; anders Schweizerische Flüchtlingshilfe/A. Schuster, Russland: Verfolgung von Verwandten dagestanischer Terrorverdächtiger ausserhalb Dagestans, Auskunft vom 25. Juli 2014, S. 8, 10).
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Auch Personen aus dem Nordkaukasus ist es möglich, in der übrigen Russischen Föderation eine Wohnung zu finden, auch wenn sie dabei auf größere Schwierigkeiten stoßen werden als ethnische Russen. Zwar haben Kaukasier größere Probleme als Neuankömmlinge anderer Nationalität, einen Vermieter zu finden (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Russischen Föderation, Stand: Dezember 2016, S. 20). In Moskau ist es besonders schwierig, eine Unterkunft zu finden, weil freie Wohnungen selten und die Mieten hoch sind. Die schon allgemein bestehenden Schwierigkeiten sind für Tschetschenen/Kaukasier infolge ihres allgemein schlechten Ansehens noch größer (vgl. Danish Immigration Service, Security and human rights in Chechnya and the situation of Chechens in the Russian Federation - residence registration, racism and false accusations, Januar 2015, S. 83). Letzten Endes gelingt es aber auch Tschetschenen immer, eine Bleibe zu finden, weil es keine obdachlosen Tschetschenen etwa in Moskau gibt; üblicherweise gelingt dies mit der Hilfe von Freunden oder Verwandten (Danish Immigration Service, a.a.O., S. 84). Dem Antragsteller dürfte dies zumindest außerhalb von Moskau auch ohne Freunde oder Verwandte möglich sein, zumal nicht alle Vermieter nur an ethnische Russen vermieten.
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Die Registrierung ist jedenfalls nach einem Aufenthalt von drei Monaten obligatorisch. Auch wenn es Fälle von geforderten Bestechungsgeldern oder Diskriminierungen durch Behördenvertreter gibt, sei letzten Endes jeder in der Lage, eine Registrierung zu erhalten, auch ohne ein Bestechungsgeld zu zahlen. Bei fehlender Bereitschaft zur Zahlung eines Bestechungsgeldes dauere die Registrierung nur länger, ungefähr drei Wochen, sie werde am Ende aber vorgenommen. Seitens einer tschetschenischen sozialen und kulturellen Vereinigung wird berichtet, die Registrierung sei deutlich einfacher geworden als noch vor zwei Jahren. Das FMS habe ein Service-Center in Moskau eingerichtet, bei dem man alle notwendigen Informationen erhalte und die geforderten Dokumente (etwa eine Kopie des Inlandspasses) einreichen und die Registrierungsunterlagen ausfüllen könne. Es sei nicht mehr notwendig, zur Polizei oder zur Hausverwaltung zu gehen, und das administrative Verfahren sei vereinfacht worden, einschließlich der Möglichkeit, es elektronisch durchzuführen. Das Verfahren sei nunmehr in ein paar Tagen abschließend durchzuführen (Danish Immigration Service, Security and human rights in Chechnya and the situation of Chechens in the Russian Federation - residence registration, racism and false accusations, Januar 2015, S. 75 f.).
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Der Senat geht davon aus, dass der Antragsteller auch außerhalb Dagestans seinen Lebensunterhalt auf einem einfachen Niveau sichern kann. Dazu ist erforderlich, dass er unter Berücksichtigung seiner persönlichen Voraussetzungen das wirtschaftliche Existenzminimum, sei es durch eigene Arbeit, sei es durch staatliche oder sonstige Hilfen, erlangen kann und nicht der Obdachlosigkeit ausgesetzt ist (BVerwG, Urteil vom 1. Februar 2007 - 1 C 24.06 - Buchholz 402.242 § 60 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz Nr. 30 Rn. 11; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Mai 2017 - 2 BvR 157/17 - juris Rn. 21). Dies ist vorliegend anzunehmen. Zwar wird die Arbeitsuche für einen Kaukasier, der in einem anderen Gebiet der Russischen Föderation dauerhaft Aufenthalt nehmen will, als schwierig bezeichnet (vgl. Danish Immigration Service, Security and human rights in Chechnya and the situation of Chechens in the Russian Federation - residence registration, racism and false accusations, Januar 2015, S. 83). Auch hat der Antragsteller keine Berufsausbildung und verfügt soweit feststellbar nicht über Verwandte oder Bekannte außerhalb Dagestans. Der Antragsteller ist aber ein gesunder und arbeitsfähiger junger Mann, der nicht nur über einen Hauptschulabschluss, sondern nach den obigen Ausführungen auch über grundlegende Russischkenntnisse verfügt. Ihm sind außer kriminellen Tätigkeiten alle Arbeiten zumutbar, auch solche, für die es keine Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keinerlei besondere Fähigkeiten erfordern, und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs, beispielsweise in der Landwirtschaft oder auf dem Bausektor, ausgeübt werden können (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Februar 2007 - 1 C 24.06 - Buchholz 402.242 § 60 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz Nr. 30 Rn. 11). Eine solche Tätigkeit wird er nach entsprechend ausdauernder Arbeitsuche finden können. Dass der Antragsteller nach dem Gutachten des Dr. K. noch nicht wie ein Erwachsener wirkt und ihm nach Beobachtungen von Pflegern in der B. Klinik "jegliche Alltagspraxis" fehle, rechtfertigt keine andere Prognose.
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(dd) Der mit Schriftsatz vom 11. Juli 2007 von dem Antragsteller eingereichte Entwurf einer Verbalnote des Auswärtigen Amtes rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Verbalnote lässt keinen Rückschluss darauf zu, dass eine Zusicherung nach der Beurteilung des Auswärtigen Amtes erforderlich sei, um einer abschiebungserheblichen Gefahr von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung zu begegnen. Sie ist vielmehr vorsorglich für den Fall vorgesehen, dass sich eine Zusicherung nach Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts als erforderlich erweisen sollte. Die ist jedoch nach den vorstehenden Ausführungen nicht der Fall. Daher bedurfte es auch nicht der von der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers beantragten Beiziehung der Dokumentation zum "deutsch-russischen Dialog zu Migration und Rückkehr" am 21. Juni 2017 in Berlin.
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c) Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis liegt nicht deshalb vor, weil konkret zu befürchten wäre, dass sich der Antragsteller nach einer Abschiebung in die Russische Föderation dort das Leben nehmen könnte. Die sich aus der Aktenlage und dem Gutachten des Sachverständigen Dr. K. ergebende Persönlichkeitsbewertung deutet nicht auf eine Bereitschaft oder Neigung des Antragstellers, seinem Leben unabhängig von einem Terroranschlag ein Ende zu setzen. Die Äußerungen zu einer "Todessehnsucht" stehen in untrennbarem Zusammenhang mit dem Wunsch des Antragstellers, ins Paradies zu kommen, und der entsprechenden Märtyrerideologie des sogenannten Islamischen Staates. Soweit er bei seinem Zusammenbruch nach seiner Aussage bei der Polizei beteuert hat, die Religion stehe bei seinen Suizidgedanken nicht im Vordergrund, er wolle einfach sterben, ist dies nicht glaubhaft. Ein - damit allein in Betracht zu ziehender - Terroranschlag, bei dem er sein Leben bewusst und gezielt aufs Spiel setzt, begründete mangels relevanter psychiatrischer Störungen oder Beeinträchtigungen des Antragstellers kein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis.
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3. Unter dem Aspekt der Suizidgefahr liegt derzeit auch kein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis vor. Vor Durchführung einer Abschiebung ist bei entsprechenden Anhaltspunkten sorgfältig ärztlich zu überprüfen, ob dem Vollzug eine Suizidgefahr entgegensteht bzw. ob und inwieweit einer eventuellen Suizidgefahr durch eine entsprechende Gestaltung der Abschiebung - insbesondere durch ärztliche Begleitung - begegnet werden kann. Aus der forensisch-psychiatrischen Stellungnahme zur Frage der Haftfähigkeit vom 4. Mai 2017 (AA Bl. 593 ff.) wird deutlich, dass aktuell keine konkrete Suizidgefahr dem Vollzug der Abschiebung - als inlandsbezogenes Abschiebungsverbot - entgegensteht. Deren Verfasserin geht im Einklang mit Dr. K. davon aus, dass eine psychiatrische Störung/Erkrankung zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorliegt. Es bestünden derzeit keine Anhaltspunkte für eine mögliche Fremd- oder Eigengefährdung innerhalb der Abschiebehaft; allerdings sollte das psychopathologische Zustandsbild im Hinblick auf Suizidalität regelmäßig überprüft werden, da sich dieses Zustandsbild, insbesondere wenn über die Abschiebung entschieden sei, verändern könne. Momentan habe der Antragsteller die Hoffnung, dass seine Anwälte eine Abschiebung nach Dagestan bzw. Russland verhindern könnten. Sollte die Abschiebung konkret werden, könnte sich das psychopathologische Zustandsbild insbesondere im Hinblick auf Suizidalität verändern (AA Bl. 597). Nach dieser Stellungnahme hat die Antragsgegnerin diese Frage fortlaufend im Blick zu behalten und insbesondere vor einer anstehenden Abschiebung noch einmal unter der dann für den Antragsteller konkret gewordenen Drucksituation ärztlich überprüfen zu lassen.
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Da die Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Entscheidung in der Hauptsache praktisch vorwegnimmt, war der Streitwert auf die Höhe des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts anzuheben.
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- 3 K 1982/09 1x (nicht zugeordnet)
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- BGB § 1631b Freiheitsentziehende Unterbringung und freiheitsentziehende Maßnahmen 1x
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