Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (5. Senat) - 5 PKH 15/17 D

Gründe

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Das Prozesskostenhilfe- und Beiordnungsgesuch für eine noch zu erhebende Nichtzulassungsbeschwerde, über das der Senat zu befinden hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Juli 2012 - 5 PKH 8.12 - juris Rn. 1 m.w.N.), ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 und § 121 Abs. 1 ZPO).

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Die beabsichtigte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bietet nur dann hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), wenn das angefochtene Urteil von einer Entscheidung der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem das angefochtene Urteil beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Dass die beabsichtigte Beschwerde in diesem Sinn Aussicht auf Erfolg bietet, muss innerhalb der für die Begründung der Beschwerde geltenden Frist so weit dargelegt werden, wie dies ohne anwaltlichen Beistand möglich und zumutbar ist. Erforderlich ist, dass sich aus der Begründung des Prozesskostenhilfeantrags das Vorliegen eines Zulassungsgrundes in groben Zügen erkennen lässt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 1. September 1994 - 11 PKH 4.94 - Buchholz 436.36 § 17 BAföG Nr. 16 S. 3 und vom 8. September 2008 - 3 PKH 3.08 - juris Rn. 3, jeweils m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall.

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1. Dem Vorbringen des Klägers ist nicht ansatzweise zu entnehmen, dass dem Verwaltungsgerichtshof ein Verfahrensmangel unterlaufen ist, auf dem das angefochtene Urteil beruhen kann.

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Der Kläger rügt, der Verwaltungsgerichtshof habe zu Unrecht angenommen, dass für die bei ihm erhobene Entschädigungsklage der Vertretungszwang gelte. Damit ist ein Verfahrensmangel auch nicht in groben Zügen dargetan. Nach § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, u.a. vor dem Oberverwaltungsgericht bzw. dem Verwaltungsgerichtshof von einem Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt zweifelsfrei auch für Klagen auf Entschädigung wegen überlanger Dauer eines Gerichtsverfahrens, für die nach § 173 Satz 2 VwGO i.V.m. § 201 Abs. 1 Satz 1 GVG das Oberverwaltungsgericht bzw. der Verwaltungsgerichtshof erstinstanzlich zuständig ist (vgl. OVG Münster, Gerichtsbescheid vom 19. August 2015 - 13 D 45/15 - juris Rn. 23 und Beschluss vom 25. September 2014 - 13 D 101/13 - juris Rn. 3; Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, Teil 2 C. § 173 VwGO Rn. 20; Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 173 Rn. 23; Hk-VerwR/Störmer, § 102 VwGO Rn. 48; Meissner/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Oktober 2016, § 173 Rn. 345; vgl. auch BSG, Beschluss vom 17. Dezember 2014 - B 10 ÜG 2/14 KL - juris Rn. 11 und BFH, Urteil vom 6. Februar 2013 - X K 11/12 - BFHE 240, 219 juris Rn. 8). Zwar bezieht sich der Verweis von § 173 Satz 2 VwGO i.V.m. § 201 Abs. 2 Satz 1 GVG auf die Vorschriften des erstinstanzlichen Verfahrens auf die Bestimmungen des 9. Abschnitts von Teil II. der Verwaltungsgerichtsordnung (§§ 81 ff. VwGO). Gleichwohl finden die allgemeinen Verfahrensvorschriften von Teil II. 7. Abschnitt der Verwaltungsgerichtsordnung, zu denen auch § 67 VwGO gehört, Anwendung. Dies gilt zweifelsfrei auch für Entschädigungsklagen wegen angeblich überlanger Dauer eines Prozesskostenhilfeverfahrens (a.A. VGH München, Gerichtsbescheid vom 25. September 2014 - 23 A 13.1623 - juris Rn. 16). Der Umstand, dass Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom Anwaltszwang ausgenommen sind (§ 67 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 VwGO), ändert daran nichts. Das Verfahren auf Entschädigung wegen behaupteter Überlänge eines Prozesskostenhilfeverfahrens ist ein selbstständiges Verfahren, für das die allgemeinen Verfahrensvorschriften Geltung beanspruchen.

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Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang der Sache nach auch rügt, die Vorinstanz habe die Anforderungen an die Bewilligung von Prozesskostenhilfe in verfassungswidriger Weise überspannt, kann er damit schon deshalb nicht gehört werden, weil Gegenstand der angefochtenen Entscheidung kein Prozesskostenhilfegesuch ist. Warum im vorliegenden Zusammenhang der von dem Kläger zitierte § 86 VwGO von Bedeutung sein könnte, erschließt sich nicht.

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Der Kläger meint, für den Fall des Bestehens des Anwaltszwangs habe der Verwaltungsgerichtshof "ein Urteil ohne Antrag erlassen". Sollte er damit zum Ausdruck bringen wollen, dass über eine unter Verstoß gegen den Vertretungszwang erhobene Klage nicht durch Urteil entschieden werden könne, ist dies zweifelsfrei unzutreffend. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Klage (auch) als unzulässig abgewiesen, weil der Kläger wegen des Vertretungszwangs nicht postulationsfähig sei. Zwar ist eine unter Missachtung des Vertretungszwangs erhobene Klage einer Sachentscheidung nicht zugänglich. Sie ist aber kein "nullum", sondern als unzulässig zu verwerfen. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang der Auffassung ist, "Eingaben einer Naturalpartei (müssen) als PKH-Gesuch behandelt werden", kommt es darauf schon deshalb nicht an, weil der Verwaltungsgerichtshof auch mit Blick auf § 88 VwGO gehindert war, das Begehren als Prozesskostenhilfegesuch auszulegen. Solche Gesuche hatte die Vorinstanz schon zuvor als unbegründet abgelehnt. Auch war eine Anfrage des Gerichts, ob der Kläger die "Klage" zurücknehme, nicht etwa mit dem Hinweis beantwortet worden, er habe keine Klage erheben wollen.

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Der Kläger ist der Sache nach der Auffassung, der Verwaltungsgerichtshof habe den Anspruch auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) dadurch verletzt, dass er den Befangenheitsantrag unter Mitwirkung des abgelehnten Richters im Rahmen der angefochtenen Entscheidung als unbeachtlich angesehen habe. Ein Ablehnungsgesuch kann ausnahmsweise dann unter Mitwirkung des abgelehnten Richters als unzulässig verworfen oder überhaupt unberücksichtigt bleiben, wenn es sich als offenbarer Missbrauch des Ablehnungsrechts darstellt (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 2. Januar 2017 - 5 C 10.15 D - juris Rn. 3 m.w.N.). Hier ist offensichtlich, dass beachtliche Befangenheitsgründe nicht auch nur ansatzweise vorgetragen waren. Das Gericht war deshalb berechtigt, den Befangenheitsantrag unter Beteiligung des abgelehnten Richters unberücksichtigt zu lassen.

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Das angefochtene Urteil beruht auch nicht deshalb auf einem Verfahrensmangel, weil das Gericht den Antrag des Klägers auf Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung abgelehnt und ohne den Kläger verhandelt und entschieden hat. Bei Ablehnung eines Antrags auf Verlegung eines Termins, zu dem das Gericht ordnungsgemäß geladen hat, kommt eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) nur in Betracht, wenn ein erheblicher Grund für eine Verlegung im Sinne von § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 227 ZPO dem Gericht unterbreitet worden ist und vorliegt (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 20. Juli 2016 - 9 B 64.15 - juris Rn. 24 m.w.N.). Die Ablehnung des Antrags durch die Vorsitzende des Senats ist jedenfalls deshalb nicht zu beanstanden, weil der Kläger wegen des Vertretungszwangs auch für diesen Antrag nicht postulationsfähig war. Daran ändern die in diesem Zusammenhang von dem Kläger auch angestellten Erwägungen nichts.

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Der Kläger meint, das Urteil beruhe deshalb auf einem Verstoß gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs, weil die Vorinstanz "Akten des Ursprungsverfahrens verwertet" habe, ohne ihn anzuhören. Diese Rüge erweist sich als offensichtlich unbegründet. Sie bezieht sich auf die Erwägungen in dem angefochtenen Urteil zur Unbegründetheit der Klage. Auf diesen Ausführungen beruht das Urteil nicht. Wegen der Verschiedenheit der Rechtskraftwirkung einer Prozess- und einer Sachabweisung darf eine Klage nicht - wie hier - zugleich aus prozessrechtlichen und aus sachlich-rechtlichen Gründen abgewiesen werden. Aus diesem Grund ist eine von der Vorinstanz der Prozessabweisung beigegebene Sachbeurteilung bei der Bestimmung des maßgeblichen Urteilsinhalts grundsätzlich - und so auch hier - als nicht geschrieben zu behandeln (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Juli 2000 - 7 C 3.00 - BVerwGE 111, 306 <312> und Beschluss vom 5. Februar 2015 - 5 B 29.14 - juris Rn. 12 m.w.N.). Schon deshalb kommt es auch auf die sachlichen Angriffe des Klägers gegen die Beurteilung der Klage als unbegründet - die ohnehin nicht die Annahme eines Verfahrensmangels zu rechtfertigen vermögen - nicht an.

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2. Die Beschwerdebegründung lässt auch nicht in groben Zügen das Vorliegen eines Zulassungsgrundes im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 VwGO erkennen.

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