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| Das Ablehnungsgesuche des Klägers gegen den Vorsitzenden des Senats sowie den Berichterstatter sind offensichtlich unzulässig. |
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| Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 42 Zivilprozessordnung (ZPO) findet die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Dabei kommt es darauf an, ob der betroffene Beteiligte von seinem Standpunkt aus bei vernünftiger objektiver Betrachtung Anlass hat, die Voreingenommenheit des abgelehnten Richters zu befürchten (vgl. BFH-Beschlüsse vom 27. August 1998 VII B 8/98, BFH/NV 1999, 480; vom 11. Februar 2003 VII B 330/02, VII S 41/02, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2003, 422). Gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 44 Abs. 2 ZPO sind die das Misstrauen in die Unparteilichkeit rechtfertigenden Umstände im Ablehnungsgesuch substantiiert darzulegen und glaubhaft zu machen (vgl. BFH-Beschluss in BStBl II 2003, 422). |
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| Das Verfahren wegen Richterablehnung soll nicht vor unrichtigen bzw. für unrichtig gehaltenen Rechtsauffassungen des abgelehnten Richters schützen. Es dient vielmehr allein dazu, die Beteiligten vor Unparteilichkeit zu bewahren. Ein Ablehnungsgesuch kann daher grundsätzlich nicht darauf gestützt werden, dass von einem Richter im Streitfall selbst oder in einem vorangegangenen Verfahren unrichtige Entscheidungen in formeller oder materiell-rechtlicher Hinsicht getroffen worden seien (vgl. BFH-Beschlüsse vom 12. März 1997 I B 117/96, BFH/NV 1997, 684; vom 14. Januar 2000 V B 67/99, BFH/NV 2000, 956, m.w.N.). Behauptete Rechtsfehler eines Richters können eine Besorgnis der Befangenheit ausnahmsweise dann rechtfertigen, wenn Gründe dargetan werden, die dafür sprechen, dass die mögliche Fehlerhaftigkeit auf einer unsachlichen Einstellung des Richters gegenüber dem ablehnenden Beteiligten oder auf Willkür beruht (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 1997, 684; in BFH/NV 2000, 956). Die Fehlerhaftigkeit muss ohne weiteres feststellbar und gravierend sein sowie auf unsachliche Erwägungen schließen lassen. |
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| Daran fehlt es im Streitfall. Misstrauen rechtfertigende Umstände wurden vom Kläger weder substantiiert dargelegt noch glaubhaft gemacht. Die Ablehnungsgesuche vom 25. Mai 2009 stützt der Kläger im Wesentlichen auf die Beteiligung der Richter am Verfahren 7 K 76/04, das rechtskräftig abgeschlossen ist. Allein die Beteiligung an dem früheren Verfahren begründet aber ebenso wenig Anlass zur Besorgnis der Befangenheit wie der Gerichtsbescheid vom 7. April 2009, auf den sich das Ablehnungsgesuch vom 24. Juli 2009 bezieht. |
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| Das Ablehnungsgesuch vom 7. Juni 2009 begründet der Kläger damit, dass das Gericht die dort benannten Zeugen nicht geladen habe. Deren Vernehmung ist jedoch nach der Rechtsauffassung des Gerichts für das vorliegende Verfahren nicht erforderlich. Auch hieraus kann aber nicht auf eine unsachliche Einstellung der Richter geschlossen werden. |
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| Schließlich sind auch die in der mündlichen Verhandlung gestellten Ablehnungsgesuche unzulässig. Der Vorwurf, der Berichterstatter habe gelogen, ist abwegig. Vielmehr hat er im Gerichtsbescheid vom 7. April 2009 lediglich zugunsten des Klägers angenommen, er habe im Schriftsatz vom 3. April 2009 bereits ein Ablehnungsgesuch gestellt. Soweit das Gericht der Ansicht ist, dass die Pfändungsverfügung nicht nichtig sei, kann auch aus dieser Rechtsauffassung wiederum nicht auf die Unparteilichkeit der Richter geschlossen werden. |
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| Es war daher auch keine dienstliche Äußerung nach § 51 FGO i.V.m. § 44 Abs. 3 ZPO der abgelehnten Richter einzuholen (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom 16. Februar 2006 VII S 2/06, BFH/NV 2006, 1123; vom 12. Juni 2008 V E 1/08, BFH/NV 2008, 1687). |
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| Ist ein Ablehnungsgesuch offensichtlich unzulässig, entscheidet das Gericht darüber in der nach dem Geschäftsverteilungsplan vorgesehenen Besetzung (BFH-Beschluss vom 1. April 2003 VII S 7/03, BFH/NV 2003, 1331). In diesem Fall kann über den Antrag im Urteil mitentschieden werden (BFH-Beschlüsse vom 11. Februar 2003 VII B 330/02, BStBl II 2003, 422; vom 21. November 2002 VII B 58/02, BFH/NV 2003, 485, und vom 31. August 1999 V B 53/97, V S 13/99, BFH/NV 2000, 244). |
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| Die zulässige Klage ist sowohl in ihrem Haupt- als auch in ihrem Hilfsantrag unbegründet. |
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| 1. Durch Feststellungsklage kann die Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (§ 41 Abs. 1 FGO). Ein Verwaltungsakt ist dann nichtig, wenn er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommender Umstände offenkundig ist (§ 125 Abs. 1 Abgabenordnung -AO-) oder einer der in § 125 Abs. 2 AO genannten Tatbestände erfüllt ist. |
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| Die streitgegenständliche Pfändungsverfügung vom 22. Juli 2005 ist jedoch nicht nichtig. Ein Verwaltungsakt ist dann nichtig, wenn er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist (§ 125 Abs. 1 AO). An diesen Voraussetzungen fehlt es im Streitfall. Es ist für den Senat nicht erkennbar, warum die Pfändungsverfügung - wie vom Kläger behauptet - das Ergebnis eines öffentlich-rechtlich begangenen Verbrechens sein soll. Auch liegt kein Fall der in § 125 Abs. 2 AO geregelten Alternativen der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts vor. |
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| Der Kläger stützt sich zur Begründung seiner Annahme vor allem auf das Urteil des Amtsgerichts L vom 22. Februar 2006, das ihn auf Antrag der Staatsanwaltschaft vom Vorwurf der Einkommensteuerhinterziehung für die Veranlagungszeiträume 1994 bis 1999 freisprach. Dabei verkennt er jedoch, dass das FA im Besteuerungsverfahren eine eigene steuerliche Beurteilung vorzunehmen hat, ohne an das Urteil des Amtsgerichts L gebunden zu sein (vgl. hierzu BFH-Beschluss 4. Mai 2005 XI B 230/03, BFH/NV 2005, 1485; Gräber/von Groll, FGO, Kommentar, 6. Auflage, 2006, § 96 Rz. 16). |
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| Das FA kam zu dem Ergebnis, dass die vom Kläger an die C-Bank Luxemburg überwiesenen Kapitalbeträge ihm als Inhaber zuzurechnen seien und er hieraus Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt habe. Bei der Überprüfung der ergangenen Steuerbescheide erkannte das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg in mehreren Verfahren der Aussetzung der Vollziehung gemäß § 69 Abs. 3 FGO überwiegend keine ernstlichen Zweifel an deren Rechtmäßigkeit. Lediglich hinsichtlich der Höhe der geschätzten Einkünfte war der Kläger teilweise erfolgreich. Diesbezüglich wird auf die Senatsbeschlüsse vom 11. Juni 2004 (Az. 7 V 47/03) betreffend die Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuerbescheide 1991 bis 1999, Vollstreckungsakten Bd. II Bl. 18 ff., vom 7. Dezember 2004 (Az. 7 V 37/04) betreffend die Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2002 (vgl. Gerichtsakte 7 V 37/04, Bl. 33 ff.) sowie den Beschluss des 13. Senats vom 9. Juni 2004 (Az. 13 V 24/03) betreffend die Aussetzung der Vollziehung der Vermögensteuer 1990 bis 1996 (Vollstreckungsakten Bd. II, Bl. 1 ff.) verwiesen. |
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| Angesichts dessen kann von einem „verbrecherischen Verhalten“ des FA keine Rede sein. In diesem Zusammenhang ist auch auf das Urteil des erkennenden Senats vom 12. Dezember 2007 (Az. 7 K 76/04) hinzuweisen, mit dem die Klage gegen die Schenkungsteuerbescheide des Finanzamts P vom 8. November 2006 als unbegründet zurückgewiesen wurde. |
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| All dies verdeutlicht zudem, dass die der Vollstreckung zugrunde liegenden Verwaltungsakte, die ihren Ausgangspunkt in der Schenkung von Kapitalvermögen an den Kläger hatten, ebenso wenig nichtig sind wie die Pfändungsverfügung selbst. Lediglich der Einwand der Nichtigkeit der zu vollstreckenden Verwaltungsakte könnte im Vollstreckungsverfahren mit Erfolg vorgebracht werden, da er unmittelbar die Rechmäßigkeit der Vollstreckung selbst betrifft (vgl. BFH-Beschluss vom 21. Dezember 2001 VII R 24/01, BFH/NV 2002, 660; FG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8. Januar 2008, 3 V 3260/07, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2008, 502; Klein/Brockmeyer, AO, Kommentar, 9. Auflage, 2006, § 256 Rn. 1). Im Übrigen - soweit lediglich die Rechmäßigkeit zu beurteilen ist - sind die Einwendungen gegen die zu vollstreckenden Verwaltungsakte jedoch außerhalb des Vollstreckungsverfahrens mit den hierfür zugelassenen Rechtsbehelfen zu verfolgen (§ 256 AO). Diese Möglichkeiten hat der Kläger mit den anhängig gemachten Einspruchs- und Gerichtsverfahren auch wahrgenommen. |
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| 2. Die Pfändungsverfügung ist rechtmäßig und verletzt deshalb den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). |
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| Der Anteil eines Miterben an dem Nachlass und der in ihm enthaltenen Ansprüche auf Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft und auf das Auseinandersetzungsguthaben ist der Pfändung unterworfen (§ 321 Abs. 7 AO i.V. mit § 859 Abs. 2 ZPO). Die Pfändung erfolgt auch dann nach diesen Vorschriften, wenn Grundstücke zum Nachlass gehören. Die Pfändung ist bewirkt, wenn die Pfändungsverfügung dem Drittschuldner zugestellt ist (§ 309 Abs. 2 Satz 1 AO). Drittschuldner sind die übrigen Miterben (Stöber, Forderungspfändung, 14. Auflage, 2005, Rdn. 1670, m.w.N.). |
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| Die Voraussetzungen für eine Pfändung waren im Streitfall erfüllt. |
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| a) Nach § 85 AO haben die Finanzbehörden die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben. Kommt ein Steuerpflichtiger seinen steuerlichen Pflichten nicht ordnungsgemäß nach, ist das Finanzamt auf der Grundlage der vorgenannten Regelung verpflichtet, entsprechende Abhilfemaßnahmen zu ergreifen. Werden festgesetzte Steuerbeträge nicht bis zur Fälligkeit entrichtet, muss zwingend ein Vollstreckungsverfahren gegen den Steuerschuldner eingeleitet und der Steuereinzug durch geeignete, vom Gesetz zugelassene Vollstreckungsmöglichkeiten sichergestellt werden. |
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| b) Die Voraussetzungen für den Beginn der Vollstreckung nach § 254 AO lagen vor. Insoweit hat der Kläger auch keine Einwendungen vorgetragen. Alle angeforderten Beträge waren ausweislich der Rückstandsaufstellung vom 22. Juli 2005 fällig. Der Vollstreckungsschuldner war jeweils mit Leistungsgebot, das üblicherweise mit dem Steuerbescheid verbunden wird, zur Zahlung aufgefordert worden. Vollstreckungshindernisse bestanden nicht, sodass das Finanzamt nicht nur berechtigt, sondern nach § 85 AO gesetzlich verpflichtet war, zur Rückführung der bestehenden Steuerschulden ein Vollstreckungsverfahren einzuleiten. |
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| c) Die Bestandskraft der Steuerfestsetzungen ist nicht Voraussetzung für die Einleitung eines Vollstreckungsverfahrens (§ 251 Abs. 1 Satz 1 AO). Durch die Einlegung eines Einspruchs wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts nicht gehemmt und insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Das Finanzamt ist zur Durchführung von Vollstreckungsmaßnahmen berechtigt, ohne zuvor den Abschluss eines (außer-) gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens abwarten zu müssen. |
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| d) Die Auswahl der Erbteilspfändung als Vollstreckungsmaßnahme war nicht ermessensfehlerhaft. Es liegt kein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitszugrundsatz vor (vgl. hierzu Klein/Brockmeyer, a.a.O., Vor § 249 Rn. 6). Hinsichtlich der Auswahl der von Gesetzes wegen eingeräumten Vollstreckungsmaßnahmen steht dem FA ein Ermessen zu. Die Vollstreckungsstelle hat die Vollstreckungsmaßnahmen zu ergreifen, von denen nach den besonderen Umständen des Einzelfalles bei angemessener Berücksichtigung der Belange des Vollstreckungsschuldners am schnellsten und sichersten ein Erfolg zu erwarten ist. Die beabsichtigte Vollstreckungsmaßnahme muss in einem angemessenen Verhältnis zu dem erstrebten Erfolg stehen, die Höhe der Forderung den mit ihr verbundenen Verwaltungsaufwand rechtfertigen. Einen Rechtsgrundsatz wonach eine bestimmte Vollstreckungsmaßnahme immer Vorrang vor allen anderen Vollstreckungsmaßnahmen haben müsse, gibt es nicht. Das FA muss also vor Durchführung einer Forderungspfändung nicht immer zuerst eine Sachpfändung versuchen. Unabhängig hiervon hat das FA am 13. Juli 2005, also vor der am 22. Juli 2005 erfolgten Erbteilspfändung, eine fruchtlose Sachpfändung vorgenommen. |
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| e) Die Pfändungsverfügung vom 22. Juli 2005 genügt den gesetzlichen Anforderungen. |
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| Der gepfändete Erbteil ist hinreichend bestimmt bezeichnet. |
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| Der Verfügung kann entgegen dem Vorbringen des Klägers nicht entnommen werden, dass der Drittschuldner an das FA einen Geldbetrag zu bezahlen habe. Vielmehr kommt eindeutig zum Ausdruck, dass der Miterbenanteil des Vollstreckungsschuldners am Nachlass des verstorbenen Vaters Y gepfändet werde. |
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| Unschädlich ist dabei, dass bei den gepfändeten Ansprüchen unter 1) als Drittschuldner „X“ genannt wird. Denn dieser wird zu Beginn der Verfügung ausdrücklich als Vollstreckungsschuldner bezeichnet. Demgegenüber kommt in der Verfügung mit der erforderlichen Bestimmtheit zum Ausdruck, dass der Bruder des Klägers der Drittschuldner ist. |
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| f) Die Pfändungsverfügung vom 22. Juli 2005 ist mit der Zustellung an den Miterben als Drittschuldner am 26. Juli 2005 wirksam geworden. Auf die Wirksamkeit der Bekanntgabe des Verfügungsverbots (§ 309 Abs. 1 AO) und der Mitteilung über die vorgenommene Zustellung der Pfändungsverfügung an den Drittschuldner (§ 309 Abs. 2 AO) kam es nicht an (vgl. BFH-Urteil vom 13. Januar 1987 VII R 80/84, BStBl II 1987, 251; FG München, Urteil vom 23. November 2000, 3 K 1701/00, EFG 2001, 472). |
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| g) Die Behauptung des Klägers, das FA habe einen nicht existierenden Erbteil gepfändet, ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Pfändung unbeachtlich. |
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| Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist die Rechtmäßigkeit einer Verfügung, durch die eine Forderung gepfändet werden soll, grundsätzlich nicht von der Klärung der Frage abhängig, ob die Forderung, in welche vollstreckt werden soll, besteht, oder ob sie dem Vollstreckungsschuldner zusteht (BFH-Urteil vom 24. Juli 1984 VII R 135/83, BStBI II 1984, 740). |
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| Das FA muss auch nicht vor Erlass einer Pfändungsverfügung beim Drittschuldner wegen des Bestandes einer Forderung des Vollstreckungsschuldners anfragen (BFH-Urteil vom 18. Juli 2000 VII R 101/98, BStBI II 2001, 5). Es ist demnach z.B. nicht erforderlich, dass das Finanzamt vor Ausbringung einer Kontenpfändung beim Kreditinstitut (Drittschuldner) anfragt ob eine Geschäftsbeziehung mit dem Schuldner besteht.Der Gegenstand der Forderungspfändung ist nur die angebliche Forderung (vgl. Tipke/Kruse, AO-FGO, Kommentar, § 309 AO Tz. 19). Über das Bestehen oder Nichtbestehen der gepfändeten (mutmaßlichen) Forderungen besteht regelmäßig erst nach der Pfändung Klarheit. Hierzu dient die sog. Drittschuldnererklärung (siehe § 316 Abs. 1 AO). |
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| Besteht die von der Pfändungs- und Einziehungsverfügung betroffene Forderung nicht, so werden durch den Erlass der Verfügung auch die Abwehrmöglichkeiten des Drittschuldners gegen eine Inanspruchnahme nicht beeinträchtigt. Der Drittschuldner kann seine Rechte gegen eine Inanspruchnahme noch wahren, wenn die Vollstreckungsbehörde die Verwertung des Pfändungspfandrechts betreibt (vgl. dazu Tipke/Kruse, a.a.O., § 315 AO Tz. 3). |
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| h) Dennoch darf das FA nicht ohne jedwede Ermittlungen, ob die Forderung besteht, die Pfändung ausbringen. Die Pfändung einer ersichtlich nicht bestehenden Forderung wäre ermessensfehlerhaft (vgl. Tipke/Kruse, a.a.O., § 309 Tz. 20). Im Streitfall ist jedoch der Vorwurf des Klägers, das Finanzamt habe eine „Luftpfändung“ vorgenommen, weil klar erkennbar gewesen sei, dass die von der Pfändung betroffenen Forderungen nicht bestehen, unbegründet. Die Annahme des Finanzamts, dass der Kläger und sein Bruder Mitglieder einer Erbengemeinschaft waren und zum Nachlass ein Miteigentumsanteil an einem Grundstück gehörte, wurde durch den eingeholten Grundbuchauszug vom 18. Juli 2005 gestützt. Ein Anlass, weitere Nachforschungen anzustellen, war nicht gegeben. Es besteht eine gesetzliche Vermutung für die Richtigkeit des Grundbuchs (§ 891 BGB). |
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| i) Zwar sind die Vermutungen des § 891 BGB widerlegbar. Die Widerlegung setzt den vollen Beweis des Gegenteils der Vermutungsfolge voraus (Bundesgerichtshof -BGH-, Urteil vom 2. Dezember 2005 V ZR 11/05, Neue Juristische Wochenschrift -NJW- Rechtsprechungsreport -RR- 2006, 662, 663 [Rn 11]); es genügt also nicht, die Vermutung nur zu erschüttern (BGH-Urteil vom 16. November 1979 V ZR 93/77, NJW 1980, 1047, 1048) oder das Gegenteil der vermuteten Rechtsfolge glaubhaft zu machen. Es ist der Nachweis erforderlich, dass das gebuchte Recht überhaupt nicht oder nicht mit dem im Grundbuch angegebenen Inhalt oder Rang existiert oder doch dem als Rechtsinhaber im Grundbuch Bezeichneten nicht zusteht. Es muss also der volle Beweis dafür erbracht werden, dass die Vermutungsfolge nicht zutrifft, der tatsächliche Rechtszustand also von dem vermuteten abweicht. Zur Widerlegung ist somit erforderlich, dass bestimmte Tatsachen behauptet und voll bewiesen werden, aus denen sich die Unrichtigkeit des eingetragenen Rechtszustandes ergibt (vgl. Staudinger/Gursky, BGB, Kommentar, 2008, § 891 BGB Rn. 56 - 71). |
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| Gelingen kann die Widerlegung nur, wenn ein voller Beweis geführt wird. Das Grundbuchamt oder Gericht muss die sichere Überzeugung gewinnen, dass die gesetzliche Vermutung der Wahrheit widerspricht (Oberlandesgericht -OLG- Köln, Beschluss vom 12. Januar 1983 2 Wx 42/82, Mitteilungen der Rheinischen Notarkammer 1983, 52). Wenn ein möglicherweise bereits ausgeschiedener, aber noch eingetragener Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die Wohnungseigentümerin ist, wegen der Wohngeldzahlungspflicht der Gesellschafter aus § 16 Abs 2 Wohnungseigentumsgesetz in Anspruch genommen wird, muss er die aus § 891 BGB sich ergebende Vermutung für den Fortbestand seiner Gesellschafterstellung widerlegen (vgl. Staudinger/Gursky, a.a.O., § 891 BGB Rn. 68; OLG Stuttgart, Beschluss vom 8. März 2005 8 W 39/05, NJW-RR 2005, 812). |
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| Unter Übertragung dieser Grundsätze auf den Streitfall ist die Behauptung des Klägers, dass er im Wege einer sog. Abschichtungsvereinbarung vom 16. Juli 2005 noch vor der Erbteilspfändung aus der Erbengemeinschaft ausgeschieden sei, nicht zur vollen Überzeugung des Gerichts nachgewiesen (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO). |
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| aa) Nach der Rechtsprechung des BGH kann eine Erbengemeinschaft nicht nur durch Teilung bzw. Veräußerung der Nachlassgegenstände oder durch Übertragung von Erbteilen auseinandergesetzt werden. Ein Miterbe kann vielmehr auch durch formfreien Vertrag mit den anderen Miterben aus der Erbengemeinschaft ausscheiden, indem er seine Mitgliedschaftsrechte an der Erbengemeinschaft aufgibt. Dies ist auch dann möglich, wenn zum Nachlassvermögen Grundstücke gehören. Es handelt sich nicht um eine formbedürftige Verfügung über den Erbteil im Sinne von § 2033 Abs. 1 Satz 1 BGB. Als Folge des Ausscheidens aus der Erbengemeinschaft wächst der Erbteil des Ausgeschiedenen den verbleibenden Miterben kraft Gesetzes an. Bleibt nur ein Miterbe übrig, führt die Anwachsung zu Alleineigentum am Nachlass und damit zur Beendigung der Erbengemeinschaft (BGH-Urteil vom 21. Januar 1998 IV ZR 346/96, Entscheidungssammlung des BGH in Zivilsachen -BGHZ- 138, 8). Nach Ausscheiden aller Miterben bis auf einen im Wege der Abschichtung ist ein Nachlassanteil nicht mehr vorhanden, seine Pfändung also nicht mehr möglich (Stöber, a.a.O., Rdn. 1668). |
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| bb) Es bestehen jedoch erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt des klägerischen Vortrags. Vieles spricht dafür, dass die Abschichtungsvereinbarung erst nach dem 30. August 2005 abgeschlossen und auf den 16. Juli 2005 rückdatiert wurde. |
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| Daran vermag auch die Zeugenaussage des Bruders des Klägers nichts zu ändern. Er führte aus, nach der Hausdurchsuchung und der fruchtlosen Sachpfändung am 13. Juli 2005 sei klar gewesen, dass das FA nun auf das Grundstück in A zugreifen würde. Der Kläger und er hätten sich dann überlegt, wie man diesen Absichten einen Riegel vorschieben könnte. Sein Bruder habe eine rechtliche Möglichkeit gefunden, ohne auf die Mitwirkung eines Notars angewiesen zu sein. Daher hätten sie schon am 16. Juli 2005 eine formfreie Vereinbarung über das Ausscheiden des Klägers aus der Miterbengemeinschaft abgeschlossen. |
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| Gegen diese Aussage sprechen jedoch gewichtige Gründe. |
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| Denn der Bruder des Klägers hat noch im Schreiben vom 7. August 2005 erklärt, dass er erstmals mit der Pfändungsverfügung erfahren habe, dass sein Bruder aus dem 1985 eingetretenen Erbfall ihm gegenüber noch finanzielle Forderungen geltend machen könne. Die Erbauseinandersetzung sei bereits im Jahr 1986 beendet worden. Wäre aber tatsächlich am 16. Juli 2005 eine Vereinbarung getroffen worden, nach der der Kläger aus der Erbengemeinschaft ausgeschieden sei, die jedenfalls im Hinblick auf den Miteigentumsanteil am Grundstück in A noch bestand, so hätte es nahe gelegen, diese in dem Schreiben zu erwähnen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger nach der Überzeugung des Senats als der eigentliche Verfasser der Schreiben des Bruders anzusehen ist. Als Volljurist hätte er die Abschichtungsvereinbarung sicherlich auch schon im Schreiben vom 7. August 2005 erwähnt, wenn ihm zu diesem Zeitpunkt die Möglichkeit der rechtlichen Gestaltung bereits bekannt gewesen wäre, zumal er sich hierdurch eine bessere Argumentationsbasis gegenüber dem FA hätte verschaffen können. |
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| Die Abschichtungsvereinbarung wird vielmehr erstmals im Schreiben des Bruders des Klägers vom 10. September 2005 erwähnt, also nachdem die Pfändung des Erbteils am 30. August 2008 in das Grundbuch eingetragen worden war und der Kläger und sein Bruder hiervon Kenntnis erhalten hatten. Das Grundbuchamt A hat auf Nachfrage des Gerichts mit Schreiben vom 13. Mai 2009 mitgeteilt, dass die Eintragungsbekanntmachung dem Kläger am 30. August 2005 per Post zugestellt wurde. Der Bruder des Klägers schreibt in diesem Zusammenhang: „… Gleichzeitig wagen Sie es auch noch, Hand an mein Elternhaus zu legen. …“ (Vollstreckungsakten Band II, Bl. 106). Die erstmalige Erwähnung der Abschichtungsvereinbarung nach Kenntniserlangung von der Eintragung der Pfändung ins Grundbuch lässt den Schluss zu, dass sie erst nach dem 30. August 2008 abgeschlossen worden war. |
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| Zweifel am klägerischen Vortrag ergeben sich auch daraus, dass der Bruder des Klägers mit Schreiben vom 10. September 2005 gegenüber dem FA vortrug, es bestehe eine Abschichtungsvereinbarung vom 16. Juli 2005, die dem Grundbuchamt A vorliege (Vollstreckungsakten Bd. II, Bl. 106). Dies war jedoch unzutreffend. Mit Schreiben von 10. September 2005 an das Grundbuchamt A wurde keine Abschichtungsvereinbarung vorgelegt, sondern lediglich mitgeteilt, eine solche sei am 16. Juli 2005 abgeschlossen worden. Die Abschichtungsvereinbarung selbst ging erst am 2. November 2005 beim Grundbuchamt ein (vgl. Vollstreckungsakten Bd. II, Bl. 134). |
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| Der zeitliche Ablauf und die Ungereimtheiten in dieser Angelegenheit lassen die Vermutung zu, dass den Beteiligten, nachdem sie Kenntnis von der Grundbucheintragung erhalten hatten, erst bewusst wurde, dass über die Erbteilspfändung ein Zugriff auf das Grundvermögen drohen könnte und sie nach einem Weg gesucht haben, die Pfändung zu unterlaufen. |
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| Der vom Kläger mit Schriftsatz vom 7. Juni 2009 beantragten Vernehmung von Zeugen bedurfte es nicht, da die benannten Beweismittel für die vom erkennenden Senat nach eigener Beweiswürdigung unter Beachtung der prozessualen Regelungen der Finanzgerichtsordnung zu treffende Entscheidung unerheblich sind (zur Ablehnung von Beweisanträgen vgl. Gräber/Stapperfend, a.a.O., § 76 Rz. 26, m.w.N. auf die Rechsprechung). |
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| Das Gericht sieht keine Veranlassung, sich zu dem rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren 7 K 76/04 zu äußern. |
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