Urteil vom Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt (3. Senat) - 3 K 1521/11

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Buchführungspflicht der Klägerin.

2

Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft liechtensteinischen Rechts mit Sitz in … . Nach eigenen Angaben ist sie sowohl in Deutschland als auch in Liechtenstein auf dem Gebiet der Vermietung und Verpachtung tätig. Ebenfalls nach eigenen Angaben verfügt sie über die Grundstücke in D - … . Ein ständiger Vertreter ist für sie nach ihren Angaben in Deutschland nicht tätig. Ihr Geschäftsjahr entspricht dem Kalenderjahr.

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Für 2009 erklärte die Klägerin Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung o.g. Grundbesitzes i.H.v. … €, die sie durch Gegenüberstellung von Einnahmen und Werbungskosten ermittelte. Für 2010 erklärte sie Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H.v. … €, die sie nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelte.

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Mit Schreiben vom 01. September 2011 teilte der Beklagte der Klägerin unter der Überschrift „Mitteilung über den Beginn der Buchführungspflicht (Gewerbebetrieb)“ mit, sie sei nach § 141 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) ab dem Beginn des Wirtschaftsjahres, das auf die Bekanntgabe der Mitteilung folge, verpflichtet, für ihren in Vermietung und Verwaltung von im Bescheid nicht näher bezeichneten Grundbesitz bestehenden Gewerbebetrieb Bücher zu führen und auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen Abschlüsse zu machen. Die Buchführungspflicht bestehe, weil sie mit ihrem Gewerbebetrieb im Wirtschaftsjahr 2010 (und 2009) einen Gewinn von mehr als 50.000,- € erzielt habe.

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Der gegen die „Mitteilung über den Beginn der Buchführungspflicht“ gerichtete Einspruch ging beim Beklagten am … ein. Die Klägerin führte aus, die Ermittlung der Einkünfte sei weder in § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) EStG noch in § 50 EStG geregelt. § 2 Abs. 2 und 3 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) beziehe sich auf inländische Gewerbebetriebe, deren Buchführungspflicht sich bereits aus § 140 AO ergebe. § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) Satz 2 EStG fingiere zwar inländische Einkünfte aus Gewerbebetrieb, hingegen weder inländisches Betriebsvermögen noch eine inländische Betriebsstätte, so dass eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG ausscheide. Sie sei kein gewerblicher Unternehmer i.S.d. § 141 AO und erziele weder Einkünfte nach § 15 Abs. 2 noch Abs. 3 EStG.

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Im Verlauf des Einspruchsverfahrens führte der Beklagte aus, ab dem Veranlagungszeitraum 2009 erziele die ausländische Kapitalgesellschaft aus der Vermietung und Verpachtung inländischer Grundstücke gewerbliche Einkünfte i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) aa) EStG.

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Die Klägerin sei als Aktiengesellschaft liechtensteinischen Rechts mit einer solchen deutschen Rechts vergleichbar. § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) EStG sei gegenüber dessen Nr. 6 vorrangig und verdränge sie. Kraft gesetzlicher Fiktion müssten die Einkünfte als Gewinn ermittelt werden. Bestehe eine Buchführungspflicht nach dem deutschen Handelsgesetzbuch (HGB) wie im Streitfall nicht, so könne sie sich nur nach § 141 AO ergeben. Die Buchführungspflicht nach § 141 Abs. 1 Nr. 4 AO bestehe ab dem Wirtschaftsjahr 2012. Die Klägerin habe die (Gewinn)Grenze in den Veranlagungszeiträumen 2009 und 2010 überschritten.

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Weder eine inländische Betriebsstätte noch ein inländischer Vertreter seien zwingend Voraussetzung der Buchführungspflicht einer ausländischen Körperschaft mit inländischen Vermietungseinkünften.

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Am 05. Dezember 2011 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Er führte aus, beschränkt Steuerpflichtige, die im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit inländisches unbewegliches Betriebsvermögen vermieteten, verpachteten oder veräußerten, erzielten mit jenen Tätigkeiten auch dann Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) EStG, wenn sie weder im Inland eine Betriebsstätte unterhielten noch einen ständigen Vertreter für das Inland bestellt hätten. § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) aa) EStG fingiere bei einer mit einer inländischen Kapitalgesellschaft vergleichbaren beschränkt steuerpflichtigen Körperschaft wie einer Aktiengesellschaft liechtensteinischen Rechts gewerbliche Einkünfte, weswegen jene nach §§ 4 ff EStG zu ermitteln seien. Die Buchführungspflicht richte sich nach § 141 AO. Ausländische Unternehmer seien buchführungspflichtig, wenn ihr inländischer Gewinn aus Gewerbebetrieb 50.000,- € im Kalenderjahr übersteige, was in den Jahren 2009 und 2010 bei der Klägerin der Fall gewesen sei.

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Die hiergegen gerichtete Klage ist am …. beim Gericht eingegangen. Die Klägerin trägt vor, sie sei beschränkt steuerpflichtig. Ihre Jahresabschlüsse fertige sie in der Währung Euro. Auf den streitgegenständlichen Grundstücken stünden sog. Plattenbauten. Die Vermarktung der Wohnungen erfolge ausschließlich über eine von ihr beauftragte Hausverwaltung. Jene nutze das in der Gewinnermittlung angegebene „Mieterbüro“ für Mietersprechstunden. Der Beklagte habe sie ab dem Jahre … mit ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zur Körperschaftsteuer veranlagt. Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG seien die Einkünfte als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten ermittelt worden.

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Es stehe außer Zweifel, dass sie nach liechtensteinischem Recht in Liechtenstein der gesetzlichen Buchführungspflicht unterliege.

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Der Streitfall sei nicht mit dem vom BFH mit Urteil vom 25. Juni 2014 im Verfahren I R 24/13 entschiedenen Fall vergleichbar. Dort habe im Rahmen sogenannter „Goldfälle“ eine atypische Beteiligung vorgelegen. Die ausländische Inhaberin des Handelsgeschäfts sei nach ausländischem (österreichischem) Recht verpflichtet gewesen, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen. Die Klägerin hingegen erziele Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Für die originär als Vermögensverwaltung anzusehende Vermietung und Verpachtung bzw. Veräußerung inländischen unbeweglichen Vermögens durch die betreffenden Körperschaften enthalte § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) Satz 2 EStG eine Fiktion, wonach die aus jener Tätigkeit erzielten Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb gelten würden. Nach der bis 2008 geltenden Rechtslage seien von der Fiktion des § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) Satz 2 EStG a.F. lediglich Einkünfte aus der Veräußerung inländischen unbeweglichen Vermögens erfasst gewesen. Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung derartigen Vermögens seien, soweit sie originär vermögensverwaltenden Charakter besessen hätten, demgegenüber auch dann nach § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG a.F. als Einkünfte im Sinne des § 21 EStG erfasst und demgemäß als Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 mit Abs. 2 Nr. 2 EStG als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu ermitteln gewesen, wenn sie von einer mit einer Kapitalgesellschaft oder sonstigen juristischen Person im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1-3 EStG vergleichbaren Körperschaft erzielt worden seien. Der Zweck der Fiktion einer Gewerblichkeit in § 49 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 f) EStG a.F. habe darin bestanden, durch die Qualifikation von Einkünften einer nach deutschem Rechtsverständnis vermögensverwaltend tätigen beschränkt steuerpflichtigen Körperschaft die Steuerbarkeit auf die ansonsten gerade nicht steuerbare Veräußerung auszudehnen. Dabei habe keine inländische Betriebsstätte fingiert werden sollen. Auch sei eine allgemeine Gewerblichkeit nichtgewerblicher ausländischer Körperschaften nicht beabsichtigt gewesen. Vielmehr habe § 49 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 f) EStG – ungeachtet der grundsätzlichen Anwendbarkeit der §§ 4 ff. EStG für die Einkünfteermittlung – lediglich eine punktuell wirkende Besteuerung des in der Veräußerung liegenden Einmaltatbestands ermöglichen sollen. Seit der Veranlagung 2009 würden neben den Veräußerungseinkünften (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 f) Satz 1 bb) EStG) auch die laufenden Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung des betreffen Vermögens den „betriebsstättenlosen“ gewerblichen Einkünften im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) EStG (nunmehr § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) Satz 1 aa) EStG) zugeschlagen. Einheitliche wirtschaftliche Vorgänge hätten nicht „ohne Not“ in verschiedene Einkunftsarten aufgesplittet werden sollen. Die vom Gesetzgeber gewollte Intention werde ungeachtet der Gewinnermittlungsart erreicht. Der Klägerin habe ein Wahlrecht zugestanden. Sie habe die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG wählen können. Nach jener Vorschrift könnten Steuerpflichtige, die nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet seien, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch keine Bücher führten und keine Abschlüsse machten, als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen. Sie sei nicht verpflichtet gewesen, ihren Gewinn gemäß § 5 Abs. 1 EStG i.V.m. § 4 Abs. 1 EStG zu ermitteln. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG müsse sich die Pflicht eines Gewerbetreibenden, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, aus einer gesetzlichen Vorschrift ergeben. Dazu zählten die Vorschriften der §§ 238 ff. HGB, wonach jeder Kaufmann verpflichtet sei, Bücher zu führen. Gleichwohl ergebe sich daraus für ausländische Personen- und Kapitalgesellschaften ohne inländischen Verwaltungssitz und ohne inländische Zweigniederlassung und ohne inländische Betriebsstätte keine originäre nationale handelsrechtliche und damit auch keine steuerrechtliche Buchführungs- und Abschlusspflicht. Auch eine „abgeleitete“ Buchführungspflicht nach „anderen Gesetzen“ im Sinne des § 140 AO sei im Streitfall nicht ersichtlich. Nach wohl herrschender Meinung in der Rechtsprechung und in der Literatur seien ausländische Buchführungsvorschriften nicht von § 140 AO erfasst. Denn, wenn der Gesetzgeber keine Klarstellung bezüglich des Worts „Steuergesetze“ durch die Formulierung „inländische Steuergesetze“ vorgenommen habe, so liege es nahe, dass er eine solche Klarstellung auch nicht bezüglich der Worte „andere Gesetze“ für erforderlich gehalten habe. Hätte er dagegen auch ausländische „andere Gesetze" mit in die Regelung einbeziehen wollen, wäre eine solche Klarstellung durch eine entsprechende Formulierung angebracht gewesen. So habe der Gesetzgeber z.B. in § 146 Abs. 2 Satz 3 AO die Übernahme der Ergebnisse der ausländischen Buchführung für bestimmte Fälle und somit ausschließlich für die genannten Fälle angeordnet.

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Es fehle an einer ausdrücklichen Regelung zur Ermittlung der Einkünfte. § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) EStG enthalte keine eigene Regelung. Es fehle auch an einem Verweis auf andere Vorschriften im Einkommensteuergesetz. Mangels inländischen Betriebsvermögens scheide eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG aus. Sei begrifflich kein Betriebsvermögen vorhanden, so könne kein Betriebsvermögensvergleich erfolgen. Als einzig denkbare Gewinnermittlungsvorschrift komme § 4 Abs. 3 EStG zur Anwendung. Sie sei nicht nach ausländischem Recht buchführungspflichtig.

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Mit der Umqualifizierung nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) Satz 2 EStG würden zwar inländische Einkünfte aus Gewerbebetrieb fingiert, nicht jedoch inländisches Betriebsvermögen. Sie führe nicht zur Fiktion einer inländischen Betriebsstätte.

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Die Vorschriften des § 2 Abs. 2 oder 3 GewStG bezögen sich nur auf inländische Gewerbebetriebe, für die sich die Buchführungspflichten bereits aus § 140 AO ergäben. § 141 Abs. 1 Satz 1 AO erfasse gewerbliche Unternehmer sowie Land- und Forstwirte. Gewerbliche Unternehmer übten einen Gewerbebetrieb i.S.d. § 15 Abs. 2 oder 3 EStG bzw. i.S.d. § 2 Abs. 2 oder 3 GewStG aus.

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Die Klägerin beantragt,
die Mitteilung über den Beginn der Buchführungspflicht vom … 2011 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom … 2011 aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

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Er verweist auf die Einspruchsentscheidung in der Hauptsache und trägt vor, die Klägerin sei Eigentümerin eines in D - … gelegenen Grundstücks, das zu ihrem inländischen Betriebsvermögen zähle. Soweit § 141 AO nicht zur Anwendung komme, sei § 140 AO zu beachten. Aufgrund der gesetzlichen Buchführungspflicht der Klägerin sei jene verpflichtet, eben jene Verpflichtung auch zwecks Besteuerung im Inland zu erfüllen.

Entscheidungsgründe

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A. Die zulässige Klage ist unbegründet.

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I. Die Anfechtungsklage (§ 40 Abs. 1 Alt. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -) ist zulässig.

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1. Bei der Mitteilung über den Beginn der Buchführungspflicht handelt es sich um einen (rechtsgestaltenden / konstitutiven) Verwaltungsakt i.S.d. § 118 Satz 1 AO (BFH-Urteil vom 25. Juni 2014 I R 24/13, BStBl II 2015, 141; BFH-Beschluss vom 06. Dezember 1979 IV B 32/79, BStBl II 1980, 427; BTDrucks VI/1982, S. 124, rechte Spalte; BMF-Schreiben vom 16. Mai 2011 IV C 3 – S 2300/08/10014, BStBl I 2011, 530; Gosch in Beermann/Gosch, AO/FGO, 122. Lfg. Oktober 2010, § 69 FGO, Rz. 41), weil erst diese den Beginn der Buchführungspflicht (Görke in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, 204. Lfg. September 2009, § 141, Rz. 51; Märtens in Beermann/Gosch, AO, 122. Lfg., § 141, Rz. 33 und 36), zumindest aber deren Fälligkeit (Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, 142. Lfg. Oktober 2015, § 141 AO, Rz. 40) auslöst, d.h. die Pflicht erst ab diesem Zeitpunkt zu erfüllen ist (BFH-Urteil vom 31. August 1994 X R 110/90, BFH/NV 1995, 390; a.A. Jelinek in Bordewin/Brandt, EStG, 375. Akt., Juni 2015, § 49, Rz. 131; a.A. eventuell auch Gosch in Kirchhof, EStG, 15. Aufl., 2016, § 49, Rz. 46: Die Buchführungspflicht liege nach der Aufforderung durch das Finanzamt vor).

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2. Die Klägerin ist klagebefugt (§ 40 Abs. 2 FGO). Sie macht eine in der Belastung mit der Buchführungspflicht liegende Beschwer geltend, die gerade in der Mitteilung der Buchführungspflicht durch die Behörde (§ 141 Abs. 2 Satz 1 AO) liegt, die erst mit Ablauf des auf eine gegenläufige Mitteilung durch die Behörde folgenden Wirtschaftsjahres (§ 141 Absatz 2 Satz 2 AO) endet (BFH-Beschluss vom 15.10.2015 I B 93/15, BStBl II 2016, 66).

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Selbst wenn die Klägerin nach § 140 AO oder auch in Folge des § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG (vgl. Gosch, BFH/PR 2016, 49) in zumindest selbem Umfang wie dem angefochtenen Verwaltungsakt nach buchführungspflichtig wäre, wäre sie durch diesen beschwert. Denn eine solche originär außersteuerliche Buchführungspflicht entfiele bereits, sobald der sie begründende außersteuerliche Tatbestand nicht mehr erfüllt wäre (Märtens in Beermann/Gosch, AO/FGO, 122. Lfg., § 140 AO, Rz. 13).

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II. Die Klage ist unbegründet.

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Die Klägerin ist durch den angefochtenen Verwaltungsakt nicht in ihren Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

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1. Unerheblich ist, ob der Beklagte zwischenzeitlich der Klägerin gegenüber eine Feststellung des Nichtvorliegens der Voraussetzungen nach § 141 Abs. 1 nach dessen Abs. 2 Satz 2 AO hätte treffen müssen. Zu beurteilen ist lediglich eine etwaige Verletzung der Klägerin in ihren subjektiven Rechten bei Eintritt der Fälligkeit der Buchführungspflicht.

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2. Der angefochtene Verwaltungsakt ist auszulegen. Wenn der Beklagte der Klägerin mitteilt, sie sei verpflichtet für ihren in Vermietung und Verwaltung von im Bescheid nicht näher bezeichneten Grundbesitz bestehenden Gewerbebetrieb Bücher zu führen und auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen Abschlüsse zu machen, so mag der etwaige Gewerbebetrieb der Klägerin sich nicht in der genannten Tätigkeit erschöpfen. Die Buchführungspflicht aber nimmt der Beklagte lediglich hinsichtlich der Vermietung und Verwaltung des Grundbesitzes an. Die Klägerin mag auch über nicht im Inland belegenen Grundbesitz verfügen. Angesichts der Erläuterung durch den Beklagten im Einspruchsverfahren, ab dem Veranlagungszeitraum 2009 erziele die ausländische Kapitalgesellschaft aus der Vermietung und Verpachtung inländischer Grundstücke gewerbliche Einkünfte i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) aa) EStG, § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) EStG sei gegenüber dessen Nr. 6 vorrangig und verdränge letztere, kraft gesetzlicher Fiktion müssten die Einkünfte als Gewinn ermittelt werden, bestehe eine Buchführungspflicht nach dem deutschen HGB wie im Streitfall nicht, so könne sie sich nur nach § 141 AO ergeben, weder eine inländische Betriebsstätte noch ein inländischer Vertreter seien zwingend Voraussetzung der Buchführungspflicht einer ausländischen Körperschaft mit inländischen Vermietungseinkünften, wie auch angesichts der Erläuterungen in der Einspruchsentscheidung, beschränkt Steuerpflichtige, die die im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit inländisches unbewegliches Betriebsvermögen vermieteten, verpachteten oder veräußerten, erzielten mit jenen Tätigkeiten auch dann Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) EStG, wenn sie weder im Inland eine Betriebsstätte unterhielten noch einen ständigen Vertreter für das Inland bestellt hätten, hat der Beklagte nur hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung inländischer Grundstücke der Klägerin ihre Buchführungspflicht mitgeteilt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn man berücksichtigt, dass der Beklagte die von der Klägerin ermittelten Gewinne aus der Vermietung des inländischen Grundvermögens nicht korrigiert hat.

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3. Die Klägerin war wie vom Beklagten festgestellt nach § 141 Abs. 1 Satz 1 AO buchführungspflichtig.

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Eine nationale originär außersteuerliche Buchführungs-, Bestandsaufnahme- und Abschlusspflicht der Klägerin bestand nicht. Es kann dahinstehen, ob auch Normen ausländischen Rechts den Tatbestand des § 140 AO erfüllen. Selbst wenn die Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten nach dem liechtensteinischen Personen- und Gesellschaftsrecht (PGR) den Tatbestand von § 140 AO i.S. einer Transformation des ausländischen in inländisches Recht durch eine dynamische Verweisung des inländischen auf das ausländische Recht erfüllen sollten, so wäre § 141 AO trotz der dort in Abs. 1 Satz 1 angeordneten Subsidiarität anzuwenden, weil die Verpflichtung nach liechtensteinischem Recht trotz ihrer dann anzunehmenden Inkorporation in das inländische Recht nicht den Erfordernissen einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG genügt und eine etwaige Anpassung der nach ausländischem Recht ermittelten Ergebnisse nach § 146 Abs. 2 Sätze 3 und 4 AO im Rahmen der Buchführung nach inländischen Recht und nicht lediglich durch Hinzufügen einer Überleitungsrechnung zu Buchführungswerk und Abschluss nach ausländischem Recht zu erfolgen hat.

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a) § 141 gilt gemäß seines Satzes 1 gegenüber § 140 AO lediglich subsidiär (BFH-Beschluss vom 15. Oktober 2015 I B 93/15, BStBl II 2016, 66; Görke in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 204. Lfg., September 2009, § 141 AO, Rz. 6; Märtens in Beermann/Gosch, AO/FGO, 122. Lfg., § 141 AO, Rz. 9; Kuhfuß in Kühn / von Wedelstädt, AO/FGO, 21. Aufl. 2015, § 141 AO, Rz. 2; Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, 142. Lfg., Oktober 2015, § 141 AO, Rz. 1; Rätke in Klein, AO, 12. Aufl., 2014, § 141, Rz. 1; Cöster in Koenig, AO, 3. Aufl. 2014, § 141 Rz. 1; Ritzrow in Pump/Lohmeyer, AO, 54. Lfg., Oktober 2005, § 141, Rz. 31; Dißars in Schwarz/Pahlke AO/FGO, 168. Lfg., Januar 2016, § 141 AO, Rz. 3; Nr. 1 Satz 1 AEAO zu § 141; BTDrucks IV/1982, S. 124).

31

aa) Diese Subsidiarität kann jedoch nur dann gelten, wenn die Pflicht Bücher und Aufzeichnungen zu führen, die nach anderen Gesetzen als den Steuergesetzen besteht und die von § 14O AO in das nationale deutsche Steuerrecht inkorporiert wird, so sie erfüllt wird, die Ermittlung des Gewinns nach § 4 Abs. 1 EStG zulässt (vgl. Richter / John, ISR 2014, 32, 39; vgl. auch Drüen, ISR 2014, 265, zur fehlenden Subsidiarität trotz Inkorporation bei fehlender Eignung zur innerstaatlichen Gewinnermittlung).

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(1) Bücher und Aufzeichnungen sind dann für die nationale deutsche Besteuerung von Bedeutung, wenn aus ihnen Folgerungen für die Besteuerung des Sachverhalts gezogen werden können. Dies ist u. a. dann der Fall, wenn sie die Kontrolle des Betriebsergebnisses des Verpflichteten ermöglichen (Görke in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 200. Lfg. September 2008, § 140 AO, Rz. 32).

33

Ziel des § 140 AO ist es, Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten nach außersteuerlichen Vorschriften auch im Rahmen der Besteuerung zu nutzen (BTDrucks VI/1982, Seite 123), nicht aber Buchführungs-, Bestandsaufnahme- und Abschlusspflichten, die ohne die außersteuerliche Vorschrift, die den Tatbestand des § 140 AO erfüllen muss, nach § 141 AO bestünden, inhaltlich einzuschränken oder zu modifizieren. Vielmehr soll das Steuerrecht (lediglich) insoweit, als die außersteuerlichen Pflichten für die Besteuerung nutzbar gemacht werden können, der Notwendigkeit enthoben werden, für steuerliche Zwecke eigene Vorschriften zu schaffen (BTDrucks VI/1982, Seite 123).

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(2) Die in § 141 Abs. 1 Satz 1 AO angeordnete Subsidiarität führt lediglich dazu, dass Buchführungs-, Bestandsaufnahme- und Abschlusspflichten nicht erst mit Ablauf des auf die Mitteilung der Finanzbehörde, dass der Tatbestand des § 141 Abs. 1 Satz 1 AO nicht mehr erfüllt sei, sondern bereits mit Entfallen der Pflichten nach der außersteuerlichen Norm enden und die Buchführungspflicht nach § 141 Abs. 1 Satz 1 AO erst mit Beginn des auf ihre Mitteilung durch die Finanzbehörde folgenden Wirtschaftsjahres fällig wird.

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(3) § 140 AO begründet nicht etwa Aufzeichnungs- und Buchführungspflichten neu, sondern verlängert diese lediglich für Zwecke der Verifikation (Drüen in Tipke Kruse, AO/FGO, 142. Lfg. Oktober 2015, § 140 AO, Rz. 7).

36

(a) § 140 AO liegt der Gedanke zugrunde, dass bereits vorhandene Buchführungsunterlagen für steuerliche Zwecke genutzt werden sollen (Märtens in Beermann/Gosch, AO/FGO, 122. Lfg., § 140 AO, Rz. 10; Gläser/Birk, IStR 2011, 762), die Buchhaltungsunterlagen jedoch je nach Ausgestaltung des ausländischen Rechts erheblich von den Vorgaben des deutschen HGB abweichen können (Gläser/Birk, IStR 2011, 762).

37

(b) Die Vorschriften der §§ 140 und 141 AO sind im systematischen Zusammenhang auszulegen.

38

(aa) Besteht für Betriebsstätten außerhalb des Geltungsbereichs der AO nach dortigem Recht eine Verpflichtung, Bücher und Aufzeichnungen zu führen, und wird diese erfüllt, müssen die Ergebnisse der dortigen Buchführung in die Buchführung des inländischen Unternehmens übernommen werden, soweit sie für die inländische Besteuerung von Bedeutung sind (§ 146 Abs. 2 Satz 3 AO). Dabei sind die erforderlichen Anpassungen an die steuerlichen Vorschriften im Geltungsbereich dieses Gesetzes vorzunehmen und kenntlich zu machen (§ 146 Abs. 2 Satz 4 AO).

39

(bb) Die Vorschrift gilt auch für Unternehmen mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung im Ausland, die im Inland keine Betriebsstätte unterhalten, jedoch mit den im Inland erwirtschafteten Ergebnissen steuerpflichtig sind (Märtens in Beermann/Gosch, AO/FGO, 122 Lfg. Juni 2013, § 146 AO, Rz. 35).

40

(cc) § 146 Abs. 2 Satz 4 AO 1977 beinhaltet keine materiell-rechtlichen Regelungen, durch die die allgemeinen innerstaatlichen Gewinnermittlungsvorschriften verdrängt würden (BFH-Urteil vom 16. Februar 1996 I R 46/95, BFH/NV 1997 ,111). § 146 Abs. 2 Satz 3 AO ist eine formelle Vorschrift. Sie verdrängt mangels materiell-rechtlichen Vorschriften nicht die allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften (BFH-Urteil vom 16. Februar 19.6.1990 I R 43/95, BStBl II 1997, 128; Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, 141. Lfg., Juli 2015, § 146 AO, Rz. 35; Görke in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 233. Lfg., Juni 2015, § 146 AO, Rz. 60). Für Zwecke der inländischen Besteuerung sind die Abschlüsse nach allgemeinen innerstaatlichen Gewinnermittlungsvorschriften aufzustellen (BFH-Urteil vom 25.6.2014 I R 24/13, BStBl II 2015, 141).

41

Die Regelung führt mithin gerade nicht dazu, dass die Anforderungen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG an Buchführung, Bestandsaufnahmen und Abschlüsse reduziert würden, was dem vom Gesetzgeber mit § 140 AO verfolgten Ziel zuwider liefe. § 146 Abs. 2 Sätze 3 und 4 AO sieht vielmehr die Übernahme der Ergebnisse einer ausländischen in die inländische Buchführung sowie deren Anpassung nach Maßgabe der inländischen Vorschriften vor (Görke in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 233. Lfg., Juni 2015, § 146 AO, Rz. 58; Cöster in Koenig, 3. Aufl., 2014, § 146, Rz. 26). Sie dient der Ermittlung der inländischen Besteuerungsgrundlagen nach deutschem Steuerrecht (Görke in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 233 Lfg., Juni 2015, § 146 AO, Rz. 59).

42

(4) Wollte man hingegen annehmen, Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten einer einer inländischen vergleichbaren Kapitalgesellschaft ausländischen Rechts schlössen die Anwendung von § 141 AO auch dann aus, wenn sie eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG nicht ermöglichen, so würde die ausländische gegenüber der inländischen Kapitalgesellschaft ohne sachlichen Grund besser gestellt. In der Konsequenz hätte die ausländische Kapitalgesellschaft trotz Überschreitens der Grenzbeträge nach § 141 Abs. 1 Satz 1 AO die Möglichkeit, ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG zu ermitteln.

43

(5) § 141 Abs. 1 Satz 1 AO regelt die Buchführungspflicht für den einzelnen Betrieb, nicht hingegen die Buchführungspflicht des Steuerpflichtigen, der durchaus mehrere Betriebe führen kann. Die Belastung mit einer Buchführungs-, Bestandsaufnahme und Abschlusspflicht durch das Steuerrecht ist jedoch nur insoweit gerechtfertigt, als sie Bedeutung für die inländische Besteuerung besitzt. Andernfalls wäre sie unverhältnismäßig, was sich durch eine entsprechende verfassungskonforme Auslegung vermeiden lässt. Der Betrieb ist mithin als der Teil der Einkunftsquelle zu verstehen, der Gegenstand der inländischen Besteuerung ist. Die nach § 140 AO in das inländische Recht inkorporierten Pflichten vermögen diejenigen nach § 141 AO nur dann zu verdrängen, wenn sie spezifisch dieser Beschränkung auf die inländische Steuerpflicht entsprechen.

44

(6) § 141 AO erfasst (daher) einen über die von § 140 AO erfassten Steuerpflichtigen hinausgehenden Kreis von Buchführungspflichtigen (BTDrucks VI/1982, Seite 124). Denn lediglich dann, wenn Buchführungs-, Bestandsaufnahme- und Abschlusspflichten nach außersteuerlichem Recht der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG genügen, hindert dies die Anwendung von § 141 AO, die mit der für den Steuerpflichtigen belastenden Konsequenz des gemäß § 141 Abs. 2 Satz 2 AO späteren Endes der Pflichten verbunden ist. Nur in diesem Fall besteht eine über die in § 140 AO angeordnete sekundäre Steuerrelevanz, insbesondere aber auch eine primäre Steuerrelevanz.

45

bb) Eine Buchführungspflicht der Klägerin, die über die Anwendung von § 140 AO deren Verpflichtung nach § 141 Abs. 1 Satz 1 AO hätte verdrängen können, bestand im Streitfall nicht.

46

(1) Die Klägerin war nicht nach dem deutschen HGB buchführungspflichtig.

47

(a) Gemäß § 6 Abs. 1 HGB finden die in betreff der Kaufleute gegebenen Vorschriften auch auf die Handelsgesellschaften Anwendung. Gemäß § 238 Abs. 1 Satz 1 HGB hat der Kaufmann Bücher zu führen. Das Gesetz differenziert nicht danach, welcher Rechtsordnung die „Handelsgesellschaft“ unterliegt. Auch Gesellschaften mit ausländischem Gesellschaftsstatut unterliegen der Vorschrift. Es besteht ebenso wie bei Handelsgesellschaften mit deutschem Gesellschaftsstatut die Notwendigkeit, sie mit Einzelkaufleuten gleichzustellen (Oetker in Staub HGB, 5. Aufl. 2009, § 6, Rz. 9, m.w.N.).

48

(b) Dennoch wird eine Buchführungspflicht nach deutschem inländischen Recht unter Verweis auf §§ 13d – 13g HGB nur für inländische Zweigniederlassungen ausländischer Kaufleute, insbesondere ausländischer Kapitalgesellschaften bejaht (Märtens in Beermann/Gosch, AO/FGO, 122. Lfg., § 140 AO, Rz. 21; Görke in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 200. Lfg. September 2008, § 140 AO, Rz. 26; Rätke in Klein, AO, 12. Aufl., 2014, § 140, Rz. 4a; Coester in Koenig, AO, 3. Aufl. 2014, § 140, Rz. 19; Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, 142. Lfg. Oktober 2015, § 140 AO, Rz. 11).

49

(c) An einer solchen Zweigniederlassung fehlt es im Streitfall.

50

(aa) Der Begriff der Zweigniederlassung ist vom Gesetzgeber bewusst nicht definiert worden. Es handelt sich um einen räumlich getrennten Teil des Unternehmens eines Kaufmanns, in dem er und / oder seine Leute teils abhängig von der Hauptniederlassung (bzw dem Sitz der Handelsgesellschaft), teils unabhängig von ihr wirken (Hopt in Baumbach/Hopt, 36. Aufl., 2014, § 13, Rz. 3).

51

(bb) Im Streitfall fehlt es an der für eine Zweigniederlassung erforderlichen personellen Mindestorganisation im Inland: Denn die Zweigniederlassung muss einen Leiter mit Befugnis zu selbstständigem Handeln in nicht ganz unwesentlichen Angelegenheiten haben (Hopt in Baumbach/Hopt, 36. Aufl., 2014, § 13, Rz. 3), was im vorliegenden Fall nicht ersichtlich ist.

52

(2) Die Buchführungspflicht der Klägerin nach liechtensteinischem Recht genügte nicht den o.g. Anforderungen und war daher nicht geeignet, diejenige nach § 141 Abs. 1 Satz 1 und 2 AO zu verdrängen.

53

(a) Gemäß Art. 1065 Abs. 1 PGR des Fürstentums Liechtenstein haben Gesellschaften im Sinne von Art. 1063 einen Geschäftsbericht zu erstellen.

54

Gemäß Art. 1063 Abs. 1 PGR gelten die Vorschriften über den Geschäftsbericht u.a. für Gesellschaften in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft.

55

Der Geschäftsbericht umfasst gemäß Art. 1065 Abs. 2 PGR u.a. die Jahresrechnung, die ihrerseits aus Bilanz, Erfolgsrechnung und Anhang besteht.

56

(6) Die Verpflichtung zu Erfolgsrechnung und Bilanzierung nach liechtensteinischem Recht genügt jedoch nicht den Anforderungen an die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG. Das PGR sieht keine gesonderte, die Vermietung, Verpachtung oder Veräußerung von inländischem unbeweglichem Vermögen, von Sachinbegriffen oder Rechten, die im (deutschen) Inland belegen oder in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen sind oder deren Verwertung in einer inländischen Betriebsstätte oder anderen Einrichtung erfolgt, betreffende Erfolgsrechnung und Bilanzierung vor, wie sie für die Ermittlung des Gewinns nach § 4 Abs. 1 EStG erforderlich ist (vgl. Richter / John, ISR 2014, 32, 39).

57

Eine bloße Anpassung der Bilanzierung und Gewinnermittlung nach liechtensteinischem Recht durch eine Überleitungsrechnung reicht daher zur Ermittlung der inländischen Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb nicht aus.

58

(3) § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG lässt die Ermittlung des Gewinns als Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben nur dann zu, wenn der Steuerpflichtige weder auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet ist, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, noch freiwillig Bücher führt und Abschlüsse macht.

59

(a) Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist der im Inland ansässige atypisch stille Gesellschafter einer ausländischen Kapitalgesellschaft, die nicht über eine Betriebsstätte im Inland verfügt und ihrerseits aufgrund des Handelsrechts des Ansässigkeitsstaats verpflichtet ist, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und dies tatsächlich tut, nicht befugt, denn Gewinn nach § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG zu ermitteln (BFH-Urteil vom 25. Juni 2014 I R 24/13, BStBl II 2015, 141). Vielmehr sind die Abschlüsse der atypisch stillen Gesellschaft für Zwecke der inländischen Besteuerung prinzipiell nach den allgemeinen innerstaatlichen Gewinnermittlungsvorschriften aufzustellen, was zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG führt und auch für den atypisch stillen Gesellschafter gilt (BFH-Urteil vom 25. Juni 2014 I R 24/13, BStBl II 2015, 141). Dabei hat der Bundesfinanzhof zwar ausgeführt, § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG knüpfe an die abgabenrechtlichen Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten nach §§ 140 ff AO an, die ihrerseits auf die einschlägigen handelsrechtlichen Pflichten zurückzuführen seien, andererseits jedoch ausdrücklich offen gelassen, ob sich eine materiell-rechtliche Buchführungspflicht des atypisch stillen Gesellschafters (auch) isoliert nach § 140 AO i.V.m. dem maßgebenden ausländischen Handelsrecht ergebe. Er hat vielmehr in seiner Entscheidung maßgeblich darauf abgestellt, dass die ausländische Kapitalgesellschaft tatsächlich Bücher geführt und Abschlüsse aufgestellt hatte (Gosch, BFH/PR 2015, 1; vgl. Krää, FR 2015, 928; Levedag, NWB 2015, 3323; Rohde, SteuK 2015, 320; Salzmann, IStR 2015, 282; a.A. Abele, BB 2014, 2928; Hagemann/Kahlenberg/Cloer, BB 2015, 2455; Lay, GWR 2016, 22; Wacker, HFR 2016, 94). Dies wiederum bedeutet, dass sie das Wahlrecht, ihren Gewinn abweichend von der Grundregel des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG durch Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG zu ermitteln, nicht ausgeübt hatte (Schmidt / Renger, IStR 2015, 253; vgl. Salzmann, IStR 2015, 282), was den atypisch stillen Gesellschafter wiederum bindet, weil der Gewinn der Mitunternehmerschaft einheitlich und somit unter Ableitung einer Gesamt- aus der Handels- oder Steuerbilanz der Kapitalgesellschaft zu ermitteln war.

60

Allerdings geht der Bundesfinanzhof nunmehr womöglich davon aus, dass eine ausländische Buchführungspflicht jedenfalls das Wahlrecht nach § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG ausschließt, ohne dies näher zu spezifizieren (BFH-Urteil vom 10. Dezember 2014 I R 3/13, BFH/NV 2015, 667; BFH-Beschluss vom Beschluss vom 15. Oktober 2015 I B 93/15, BStBl II 2016, 66). Dies könnte implizieren, dass auch eine den Erfordernissen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG nicht genügende Buchführungspflicht nach ausländischem Recht eine Gewinnermittlung durch Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ausschließen soll. Sollte es sich so verhalten, ließe dies die hier hinsichtlich der Buchführungspflicht nach § 141 AO vertretene Auffassung jedoch unberührt (womöglich a.A. Wacker, HFR 2016, 94).

61

Dies bedeutet jedoch nicht, dass die mangelnde Ausübung des Wahlrechts durch die Kapitalgesellschaft zur Folge hätte, dass der nach ausländischem Recht erstellte Abschluss für deren Besteuerung nach deutschem Recht maßgeblich wäre (so aber womöglich Kanzler, HFR 2015, 332). Ist die Kapitalgesellschaft nach ausländischem Recht verpflichtet, Bücher zu führen, so nimmt ihr dieser Umstand das Wahlrecht nach § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG nur dann, wenn die Buchführung nach ausländischem Recht den konkreten Erfordernissen einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG im Einzelfall genügt.

62

(b) Dementsprechend eine die ausschließliche Ermittlung der fiktiven gewerblichen Einkünfte nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) Satz 2 EStG betreffende inländische Buchführungspflicht aufgrund der Bilanzierungsverpflichtung oder auch tatsächlichen Bilanzierung nach liechtensteinischem Recht anzunehmen, obschon sich diese gerade nicht auf diesen Erfolg beschränkt, und eine dann quasi „zusätzliche“ Buchführungspflicht nach § 141 AO zu verneinen (vgl. Gosch, BFH/PR 2016, 49), widerspricht der Konzeption von § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG, der eine den Erfordernissen einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG genügende Buchführungs- und Abschlusspflicht als Tatbestandsmerkmal und gerade nicht als Rechtsfolge vorsieht. Auch schließt der Umstand, dass eine Kapitalgesellschaft womöglich freiwillig Bücher führt und Abschlüsse aufstellt, die den Erfordernissen einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG genügen, zwar eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG, nicht aber eine Buchführungspflicht nach § 141 Abs. 1 Satz 1 AO aus, deren Fälligkeit jedoch durch die Mitteilung der Finanzbehörde nach § 141 Abs. 2 Satz 1 AO konkretisiert werden muss (Dißars in Schwarz/Pahlke, AO/FGO,164. Lfg., Mai 2015 § 141 AO, Rz. 39).

63

Zudem sieht das liechtensteinische Recht gerade keine Verpflichtung zur Ermittlung des vom beschränkt Steuerpflichtigen in Deutschland zu versteuernden Teil des Erfolgs vor.

64

(4) Es kann daher dahinstehen, ob die Klägerin für Zwecke der Besteuerung im Inland gemäß § 140 AO Bücher zu führen hat, weil sie bereits nach ausländischem (im Streitfall liechtensteinischen) Vorschriften buchführungspflichtig ist (Möglichkeit bejahend BMF, BStBl I 2011, 530, Tz. 3; Satz 4 AEAO zu § 140; EStR 2008 R 4.1 Abs. 4 Satz 2; anders noch BMF, BStBl I 1999, 1076; vgl. Reichsfinanzhof Urteil vom 27. September 1933 IV A 165/33, RStBl 1933, 1188; vgl. Schulz-Trieglaff, IStR 2013, 519; zweifelnd Hessisches FG Beschluss vom 29. Oktober 2011 11 V 252/12, DStRE 2011, 267; verneinend für Buchführungspflicht nach ausländischen Vorschriften Hessisches FG Urteil vom 15. November 2012 11 K 3175/09, EFG 2013, 503; FG Münster Urteil vom 11. Dezember 2013 6 K 3045/11 F, EFG 2014, 753; Görke in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 200. Lfg., September 2008, § 140 AO, Rz. 10, und 204. Lfg., September 2009, § 141 Rz. 17; Märtens in Beermann/Gosch, AO/FGO, 122. Lfg., § 140 AO, Rz. 10; Wied in Blümich, EStG, 128. Erg.-Lfg., Mai 2015, § 49, Rz. 42 und 138; Jelinek in Bordewin/Brandt, EStG, 375. Akt., Juni 2015, § 49, Rz. 131; Cöster in Koenig, AO, 3. Aufl., 2009, § 140, Rz. 11; Rohde, IStR 2013, 164; Pfeffermann in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, 264. Lfg., Juni 2014, § 49, Rz. 633; Dißars; Könemann / Blaudow, Stbg 2012, 220, 221, für den Fall des Fehlens einer inländischen Betriebsstätte; Buchführungspflicht bei solcher nach ausländischem Recht nach Maßgabe der Geschäftstätigkeit im Inland bejahend Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, 142. Lfg., Oktober 2015, § 141 AO, Rz. 6).

65

Es mögen verfassungsrechtliche Bedenken gegenüber einer Transformation oder einem Transponieren ausländischer Pflichten, die als derivative Pflichten im Wege einer dynamisch-heteronomen Verweisung in das deutsche Steuerrecht inkorporiert werden, bestehen, weil sich die ausländische Norm hinsichtlich ihrer Wirksamkeit nicht am Grundgesetz messen lassen muss, was für die innerstaatliche Rechtsordnung womöglich nicht tragbar ist (Märtens in Beermann/Gosch, AO/FGO, 122. Lfg., § 140 AO, Rz. 10; Müller, BB 2015, 2327).

66

Solche Bedenken mögen nicht bestehen, solange es nicht zu materiell-rechtlichen Unterschieden in der Besteuerung kommt (vgl. Drüen, IStR 2014, 265), zumal § 140 AO in diesem Fall zwar ausländische zu inländische Pflichten macht, diese jedoch nicht verändert und auch ansonsten keine weitere Belastung des Pflichtigen verursacht.

67

Um verfassungsrechtliche Bedenken auszuräumen, ist die Subsidiarität gemäß § 141 Abs. 1 Satz 1 AO so zu verstehen, dass § 140 AO nicht (über diese Subsidiarität) den zu versteuernden Gewinn verändert. Dies wird erreicht, indem § 140 AO § 141 AO nur dann verdrängt, wenn dies den der Besteuerung zugrunde zu legenden Gewinn nicht beeinflusst.

68

b) Die Buchführungspflicht ergibt sich im Streitfall aus der Überschreitung der Betragsgrenze des § 141 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AO, weil die Klägerin im Wirtschaftsjahr 2010, dem maßgeblichen jüngsten vor der Mitteilung abgelaufenen, einen Gewinn aus Gewerbebetrieb von mehr als 50.000,- € erwirtschaftet hat.

69

Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass die Klägerin ihren Gewinn für das Jahr 2010 nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelte. Die Finanzbehörde ist an die wie im Streitfall zulässigerweise gewählte Gewinnermittlungsart bei der Prüfung, ob die Gewinngrenze überschritten ist, gebunden (Görke in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 204. Lfg. September 2009, § 141 AO, Rz. 38).

70

Die Gewinngrenze kann sich nur auf die von der ausländischen Kapitalgesellschaft im Inland erzielten Gewinne beziehen, da nur diese von der beschränkten Steuerpflicht umfasst werden (Könemann / Blaudow, Stbg 2012, 220, 223). So hat sie der Beklagte im angefochtenen Verwaltungsakt verstanden; etwaige im Ausland erzielte Ergebnisse, insbesondere auch dort erwirtschaftete Verluste, sind nicht zu berücksichtigten.

71

c) Insbesondere bildet die Klägerin einen gewerblichen Unternehmer i.S. des § 141 Abs. 1 Satz 1 AO. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG ist unter Gewerbebetrieb ein gewerbliches Unternehmen i.S.d. 15 Abs. 2 Satz 1 EStG zu verstehen. Gewerbliche Unternehmer sind solche, die einen Gewerbebetrieb i.S.d. § 15 Abs. 2 EStG (BFH-Urteil vom 21. Januar 1998 I R 3/96, BStBl II 1998, 468) oder des § 2 Abs. 2 GewStG führen (Nr. 1 Satz 3 AEAO zu § 141; Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, 142. Lfg., Oktober 2015, § 141 AO, Rz. 3; Märtens in Beermann/Gosch, AO/FGO, 122. Lfg., § 141 AO, Rz. 11; Dißars in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, 164. Lfg., Mai 2015, § 141 AO, Rz. 5; vgl. im Ergebnis Görke in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 204. Lfg., September 2009, § 141 AO, Rz. 18.; vgl. Mensching, DStR 2009, 96, 99). Die Klägerin bildet eine Kapitalgesellschaft i.S.d. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG, so dass ihre Tätigkeit stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt (vgl. im Ergebnis Mensching, DStR 2009, 96, 99). Jeder, der einen Gewerbebetrieb ausübt, ist ein gewerblicher Unternehmer (Mösbauer in Koch/Scholtz, AO, 5. Aufl. 1996, § 141, Rz. 26). Gewerblicher Unternehmer ist angesichts der der Steuerfestsetzung dienenden Funktion der Buchführungspflicht derjenige, der mit dem einzelnen Betrieb weder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft noch aus selbständiger Arbeit erzielt (vgl. Märtens in Beermann/Gosch, AO/FGO, 122. Lfg., § 141 AO, Rz. 16).

72

aa) Hierbei kommt es zunächst nicht darauf an, ob das Gewerbe im Inland betrieben wird, obschon § 8 Abs. 2 KStG, nach dem alle Einkünfte u.a. einer Kapitalgesellschaft als gewerbliche Einkünfte zu behandeln sind, nur für unbeschränkt Steuerpflichtige gilt, zu denen die Klägerin mangels Sitzes oder Geschäftsleitung im Inland (§ 1 Abs. 1 KStG) nicht zählt. Die Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG beschränkt sich nicht auf den Betrieb des Gewerbes im Inland. Die Vorschrift gilt auch für ausländische Unternehmen, die im Inland eine Betriebsstätte unterhalten, in ihrer Rechtsform einem inländischen Unternehmen der in § 2 Abs. 2 GewStG bezeichneten Art entsprechen und im Inland rechtsfähig sind (BFH-Urteil vom 28. Juli 1982 I R 196/79, BStBl II 1983, 77; H 2.1 (4) GewStH 2009 [Gewerbesteuerpflicht ausländischer Kapitalgesellschaften]).

73

bb) Bei beschränkt Steuerpflichtigen wie der Klägerin jedoch korrespondiert der Umfang der originär steuerlichen Buchführungspflicht nach § 141 AO mit der Steuerbarkeit der Einkünfte (BFH-Urteil vom 17. Dezember 1997 I R 95/96, BStBl II 1998, 260; Wied in Blümich, EStG, 114. Erg.-Lfg., Februar 2012, § 49, Rz. 42 und 43; BMF-Schreiben vom 16. Mai 2011, BStBl I 2011, 530), da nur diese von der beschränkten Steuerpflicht umfasst sind (Könemann/Blaudow, Stbg 2012, 220, 223) und die Buchführungspflicht die allgemeinen Mitwirkungspflichten konkretisiert, die wiederum auf steuererhebliche Tatsachen beschränkt sind (Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, 142. Lfg., Oktober 2015, § 141 AO, Rz. 6; vgl. FG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 14. August 2007 8 V 8133/07, EFG 2008, 188; FG Berlin-Brandenburg Urteil vom 12. Dezember 2007 8 K 8132/07, StuB 2009, 74; Ritzrow in Pump/Lohmeyer, AO, 54. Lfg., Oktober 2005, § 141, Rz. 17). Die betriebsbezogene originäre Buchführungspflicht (Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, 142. Lfg., Oktober 2015, § 141 AO, Rz. 8) erfährt insoweit eine Einschränkung. Sie darf keinen Selbstzweck bilden und kann daher nur insoweit bestehen, als sie der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen dient. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die Körperschaft- als auch im Hinblick auf die im Streitfall nicht entstehende Gewerbesteuer.

74

cc) Im Hinblick auf die Gewerbesteuer besteht keine originär steuerliche Buchführungspflicht der Klägerin. Der Gewerbebetrieb unterliegt lediglich insoweit der Gewerbesteuer, als für ihn im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird (§ 2 Abs. 1 Sätze 1 und 3 GewStG). Daher lässt sich die Buchführungspflicht nach § 141 Abs. 1 Satz 1 AO im Falle einer Kapitalgesellschaft ohne Betriebsstätte im Inland wie der Klägerin nicht auf § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG gründen.

75

dd) Die Wirkung des § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) Satz 2 EStG ist somit im Streitfall entscheidend, zumal § 8 Abs. 2 KStG lediglich für unbeschränkt Steuerpflichtige i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG bestimmt, dass alle Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln sind.

76

ee) Der Klägerin mag einzuräumen sein, dass § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) EStG keine inländische Betriebsstätte fingiert (BTDrucks 16/10189, S. 58; Loschelder in Schmidt, EStG, 35. Aufl. 2016, § 49, Rz. 57 und 58; Wassermeyer, IStR 2009, 238; BMF-Schreiben vom 16. Mai 2011 IV C 3 – S 2300/08/10014, BStBl I 2011, 530; OFD Münster vom 05. September 2011, EStG-Kartei NW § 49 EStG Nr. 802 II; OFD Rheinland vom 05. September 2011, EStG-Kartei NW § 49 EStG Nr. 802 II).

77

ff) Es ist jedoch nicht erforderlich, dass der Gewerbebetrieb im Inland i.S.d. § 2 Abs. 1 Sätze 1 und 3 GewStG geführt wird, d.h. es ist nicht erforderlich, dass im Inland eine Betriebsstätte i.S.d. § 12 AO unterhalten wird, zumal § 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG nunmehr eine ganze Reihe weiterer Einkünfte außerhalb einer Betriebsstätte als gewerblich qualifiziert (Frotscher in Frotscher/Geurts, EStG, Stand: 01. Oktober 2014, § 49, Rz. 201). § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) Satz 2 EStG fingiert im Wege der Umqualifizierung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (Wassermeyer, IStR 2009, 238, 239) die Gewerblichkeit der Einkünfte gerade dann, wenn sich wie im Streitfall weder im Inland eine Betriebsstätte findet noch dort ein ständiger Vertreter bestellt ist (Töben/Lohbeck/Fischer, FR 2009, 151, 153; vgl. § 49 Abs. 1 Nr. 2 a) EStG), um eine zutreffende Erfassung der gewerblichen Einkünfte sicherzustellen (Könemann / Blaudow, Stbg, 2012, 220, 223). Die isolierende Betrachtungsweise nach § 49 Abs. 2 EStG, wonach im Ausland gegebene Besteuerungsmerkmale außer Betracht bleiben, soweit bei ihrer Berücksichtigung inländische Einkünfte im Sinne des § 49 Abs. 1 EStG nicht angenommen werden können, ist im Falle des § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) Satz 2 EStG angesichts dessen Verzichts auf eine inländische Betriebsstätte obsolet (Könemann / Blaudow, Stbg 2012, 220, 221), die Fiktion der Gewerblichkeit der Einkünfte nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) Satz 2 EStG verdrängt gesetzestechnisch die isolierende Betrachtungsweise nach § 49 Abs. 2 EStG (vgl. Gosch in Kirchhof, EStG, 15. Aufl., 2016, § 49, Rz. 44). Die Zuordnung bestimmter Einkünfte zu einer der in § 49 EStG 1997 genannten Einkunftsarten richtet sich aufgrund des objektsteuerartigen Charakters der beschränkten Steuerpflicht nach dem objektiven Erscheinungsbild der jeweiligen (im Inland verwirklichten und aus dem Inland bezogenen) Einkünfte. Das gilt auch für solche Einkunftsarten, die zueinander im Verhältnis der Subsidiarität stehen (BFH-Urteil vom 28. Januar 2004 I R 73/02, BStBl II 2005, 550; vgl. Wied in Blümich, EStG, 128. Erg.-Lfg., Mai 2015, § 49, Rz. 36 und 132).

78

Dann aber tritt bei der Auslegung von Vorschriften, die vermittels der Regelung von Buchführung und Aufstellung von Jahresabschlüssen im Zusammenspiel mit § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG der Festlegung der Art der Gewinnermittlung für steuerliche Zwecke dienen, der Umstand, dass die Gewerblichkeit der Einkünfte fingiert wird, zurück. Denn der Gesetzgeber will mit der Fiktion die Gleichbehandlung der Kapitalgesellschaft ausländischen mit der inländischen Rechts erreichen.

79

Zwar ist einzuräumen, dass die inländische Kapitalgesellschaft per se nach dem HGB verpflichtet ist, Bücher zu führen und Abschlüsse zu machen, so dass diese Pflicht gemäß § 140 AO sie auch für Zwecke der inländischen Besteuerung trifft, weswegen sie nach § 4 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 sowie § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG zur Gewinnermittlung durch Reinvermögensvergleich verpflichtet ist.

80

Die beabsichtigte Gleichstellung aber erfordert die Auslegung des Begriff des gewerblichen Unternehmers nicht auf originär materiell-rechtliche Unternehmer zu beschränken, sondern jedenfalls hinsichtlich der nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) Satz 2 EStG unter Durchbrechung der isolierenden Betrachtungsweise fingierten gewerblichen Einkünfte einen gewerblichen Unternehmer anzunehmen (a.A. womöglich Gosch BFH/PR 2016, 49). Denn das andernfalls eintretende Wahlrecht hinsichtlich der Gewinnermittlung besitzen inländische Kapitalgesellschaften, mit denen die ausländischen gleichgestellt werden sollen, gerade nicht.

81

gg) Weder eine inländische Betriebsstätte noch ein ständiger Vertreter bilden Tatbestandsmerkmale des § 141 Abs. 1 Satz 1 AO. Die Vorschrift sieht eine Verpflichtung des ausländischen Unternehmers, nicht etwa der Betriebsstätte als solcher vor (vgl. Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, 142. Lfg., Oktober 2015, § 141 AO, Rz. 6).

82

hh) Einkünfte i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) Satz 1 EStG mögen nur dann solche eines gewerblichen Unternehmers i.S.d. § 141 Abs. 1 Satz 1 AO sein, wenn sie Einkünfte i.S.d. §§ 15 bis 17 EStG bilden. Fehlt es an letzterem, so mag eine originär steuerliche Buchführungspflicht nach § 141 Abs. 1 Satz 1 AO nicht begründet sein.

83

Anders verhält es sich jedoch, wenn wie im Streitfall der Tatbestand des § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) Satz 2 EStG erfüllt ist. Denn im Gegensatz zu § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) Satz 1 EStG qualifizieren dessen Satz 2 i.V.m. Satz 1 aa) sowie § 8 Abs. 1 KStG die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Wege der Fiktion in solche aus Gewerbebetrieb um (vgl. Wied in Blümich, EStG, 128. Erg.-Lfg. Mai 2015, § 49, Rz. 37 und 39; Huschke/Hartwig, IStR 2008, 745), wenn es sich wie bei der Klägerin bei Ausblendung der Rechtsform des Steuersubjekts um Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung inländischen unbeweglichen Vermögens handelt und die in Ermangelung von Sitz oder Geschäftsleitung im Inland gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 KStG beschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft wie die Klägerin mit einer Kapitalgesellschaft i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG vergleichbar ist (Loschelder in Schmidt, EStG, 35. Aufl. 2016, § 49, Rz. 58; BMF-Schreiben vom 16. Mai 2011 IV C 3 – S 2300/08/10014, BStBl I 2011, 530). Eine Aktiengesellschaft nach liechtensteinischem Recht ist in allen wesentlichen Punkten wie eine deutsche Aktiengesellschaft ausgestaltet (BFH-Urteil vom 23. Juni 1992 IX R 187/87, BStBl II 1992, 972).

84

Diese Umqualifikation der Einkünfte zieht zwingend eine Gewinnermittlung nach sich (Wassermeyer, IStR 2009, 238, 239). In diesem Fall macht die Fiktion der gewerblichen Einkünfte der beschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft (Mensching, DStR 2009, 96, 97) diese zum gewerblichen Unternehmer i.S.d. § 141 Abs. 1 Satz 1 AO (vgl. Eckert, DB 2011, 1189, 1190; vgl. im Ergebnis Töben/Lohbeck/Fischer, FR 2009, 151, 153).

85

ii) Es mag zutreffen, dass § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) Satz 2 EStG kein inländisches Betriebsvermögen fingiert (Wassermeyer, IStR 2009, 238, 239). Ob das Gegenteil der Fall ist, weil die §§ 4 ff EStG das Vorliegen eines Gewerbebetriebs unterstellen und deshalb durch die Gewerblichkeitsfiktion Betriebsvermögen entsteht (Pfeffermann in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, 264. Lfg., Juni 2014, § 49, Rz. 633), kann ebenfalls dahinstehen.

86

jj) Dass die Buchführungspflicht Voraussetzung gewerblicher Einkünfte sei (Huschke/Hartwig, IStR 2008, 745, 746), trifft nicht zu, wie bereits die Möglichkeit der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG zwingend zeigt.

87

kk) Dass die Buchführungspflicht Voraussetzung von Betriebsvermögen sei (Huschke/Hartwig, IStR 2008, 745, 746), trifft ebenfalls nicht zu. Denn auch wer seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, wird (wirtschaftlicher) Eigentümer von Gegenständen des Betriebsvermögens sein.

88

ll) Es kann dahinstehen, ob die Fiktion gewerblicher Einkünfte die Fiktion inländischen Betriebsvermögen umfasst. Denn die Buchführungspflicht der Klägerin besteht auch dann, wenn man dies verneint.

89

Auch soweit die Fiktion des § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) Satz 2 EStG die Gleichstellung mit unbeschränkt steuerpflichtigen und solchen beschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaften bezwecken mag, die im Inland eine Zweigniederlassung, zumindest jedoch eine Betriebsstätte unterhalten, setzt dies nicht notwendig inländisches Betriebsvermögen voraus (a.A. Huschke/Hartwig, IStR 2008, 745, 746).

90

Ob das Fehlen eines selbständigen inländischen Betriebs die Annahme inländischen Betriebsvermögens hindert (verneinend Lüdicke in Lademann, EStG, 166. Nachtr., April 2009, vor § 49 JStG 2009 (2), Rz. 5) kann ebenso dahinstehen wie, ob jedenfalls das Fehlen einer inländischen Betriebsstätte diese Annahme hindert (verneinend Lüdicke in Lademann, EStG, 166. Nachtr., April 2009, vor § 49 JStG 2009 (2), Rz. 5; vgl. BFH-Urteil vom 22. August 2006 I R 6/06, BStBl II 2007, 163).

91

Denn auch wenn man (inländisches) Betriebsvermögen selbst bei Erfüllung des Tatbestands des § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) Satz 2 EStG verneint, fehlt es nicht etwa an Vermögen, das zu bilanzieren wäre. Vielmehr ist das inländische Grundvermögen im Falle der Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich, selbst wenn man annimmt es fehle an Betriebsvermögen, in der (Steuer)Bilanz zu aktivieren (Wassermeyer, IStR 2009, 238, 239). Die Buchführungspflicht nach § 141 Abs. 1 Satz 1 AO wird mithin nicht durch die Annahme, es liege kein, insbesondere auch kein fingiertes Betriebsvermögen vor, ausgeschlossen. Sie wird durch die fingierte Gewerblichkeit der Einkünfte ausgelöst. Es mag sein, dass das inländische Grundvermögen, dessen Vermietung lediglich aufgrund der Fiktion des § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) Satz 2 EStG zu gewerblichen Einkünften führt, kein Betriebsvermögen bildet, sondern lediglich für Zwecke der Gewinnermittlung wie solches zu behandeln ist. Es ist nicht ersichtlich, warum letzteres eine Gewinnermittlung nach §§ 4 Abs. 1 Satz 1, 5 Abs. 1 Satz 1, nicht jedoch eine solche nach § 4 Abs. 3 EStG ausschließen sollte. Ebenso wenig wie letztere kann erstere ausgeschlossen sein.

92

mm) Ob § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) Satz 2 EStG die Eignung fehlt, einen Gewerbebetrieb zu begründen (Wassermeyer, IStR 2009, 238, 240), kann dahinstehen.

93

Ob die Vorschrift im Gegenteil einen fiktiven Betrieb begründet (vgl. Pfeffermann in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, 264. Lfg., Juni 2014, § 49, Rz,. 634 [Mietkonten]), kann ebenfalls dahinstehen. Die Buchführungspflicht der Klägerin bestünde sogar dann, wenn § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) Satz 2 EStG nicht nur weder eine (inländische) Betriebsstätte noch (inländisches) Betriebsvermögen fingieren sollte, sondern nicht einmal einen Gewerbebetrieb. Denn eine Buchführungspflicht nach § 141 Abs. 1 Satz 1 AO erfordert nicht ein gewerbliches Unternehmen, sondern lediglich einen gewerblichen Unternehmer. Es reicht daher aus, dass zumindest letzterer mit der Fiktion von Einkünften aus Gewerbebetrieb zwingend, weil ohne weitere Erfordernisse fingiert wird.

94

d) Die Buchführungspflicht besteht auch für den einzelnen Betrieb i.S.d. § 141 Abs. 1 Satz 1 AO, der wie vom Beklagten angenommen, in der Vermietung des inländischen Grundbesitzes liegt.

95

aa) Mit § 141 AO sollen für Zwecke der Besteuerung des Adressatenkreises Lücken in der (zivil- und handelsrechtlichen) Buchführungspflicht geschlossen werden (Märtens in Beermann/Gosch, AO/FGO, 122. Lfg., § 141 AO, Rz. 2), und zwar für Zwecke der inländischen Besteuerung.

96

bb) Einzelner Betrieb ist die auf Erreichung eines arbeits- und produktionstechnischen Zwecks gerichtete organisatorische Zusammenfassung personeller, sachlicher und anderer Arbeitsmittel zu einer selbständigen Einheit (Märtens in Beermann/Gosch, AO/FGO, 122. Lfg., § 141 AO, Rz. 18, m.w.N.).

97

cc) Wie bereits hinsichtlich des gewerblichen Unternehmers ist auch hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals des einzelnen Betriebs dieser Zweck maßgeblich. Erfasst werden soll die einzelne Einkunftsquelle, soweit der durch ihre Nutzung erwirtschaftete Erfolg steuerbar ist. Dem ist der Beklagte gefolgt.

98

e) § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG ist gegenüber dessen Nr. 2 subsidiär (Mensching, DStR 2009, 96, 97) und lässt daher die Fiktion des § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) Satz 2 EStG unberührt.

99

f) Das gefundene Ergebnis bleibt vom DBA Liechtenstein unberührt.

100

aa) Doppelbesteuerungsabkommen haben allerdings als leges speciales, soweit ihre Regelung reicht, Vorrang vor § 49 EStG (Loschelder in Schmidt, EStG, 35. Aufl., 2016, § 49, Rz. 6; Wied in Blümich, EStG, 128. Erg.-Lfg., Mai 2015, § 49, Rz. 22).

101

bb) Abkommensrechtlich stellen die Vermietungseinkünfte i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) Satz 1 aa) EStG wegen Art. 6 Abs. 4 OECD-MA Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen i.S.d. Art. 6 Abs. 1 OECD-MA dar. Auch § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) Satz 2 EStG ist daher für die abkommensrechtliche Einordnung ohne Bedeutung (Wassermeyer, IStR 2009, 238, 240). Deutschland hat von dem ihn durch das DBA zugewiesenen Besteuerungsrecht mit der Bestimmung des § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) Satz 2 EStG Gebrauch gemacht (Pfeffermann in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, 264. Lfg., Juni 2014, § 49, Rz. 599).

102

cc) Ein Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Fürstentum Liechtenstein zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (und der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen [und Vermögen]) ist jedoch erstmals am 19. Dezember 2012 in Kraft getreten (BGBl II 2013, 332; BStBl I 2013, 507).

103

(1) Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines gebundenen Verwaltungsakts ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der finanzgerichtlichen Entscheidung maßgeblich. Dies gilt nicht nur für Verpflichtungsklagen (vgl. von Groll in Gräber, FGO, 7. Aufl., 2010, § 101, Rz. 6, m.w.N.), sondern auch in Anfechtungsfällen. Denn nach § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO hebt das Gericht den angefochtenen Verwaltungsakt auf, wenn er rechtswidrig ist. Der Erfolg im Anfechtungsprozess hängt also davon ab, dass der in § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO umschriebene "Anspruch auf Aufhebung des VA" im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts nach materiellem und formellem Recht besteht. Das FG hat diese Sach- und Rechtslage bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 16. April 2013 VII R 44/12, BStBl II 2013, 778).

104

(2) Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist aufgrund des Zusammenspiels von § 141 Abs. 2 Sätze 1 und 2 AO jedoch derjenige der Bekanntgabe der Mitteilung, vgl. o.

105

dd) Ohnehin gilt sowohl hinsichtlich Vermietung und Verpachtung als auch der Veräußerung von Grundvermögen das Belegenheitsprinzip. Nach Art. 6 Abs. 1 und 3 DBA Liechtenstein können Einkünfte, die eine in einem Vertragsstaat (Bundesrepublik Deutschland und Fürstentum Liechtenstein, Art. 3 Abs. 1 a) DBA Liechtenstein) ansässige Person (u.a. Gesellschaft, Art. 3 Abs. 1 d) und e) DBA Liechtenstein), die nach dem Recht eines Staats steuerpflichtig ist (Art. 4 Abs. 1 DBA Liechtenstein), aus unbeweglichem Vermögen durch dessen Nutzung bezieht, das im anderen Vertragsstaat liegt, in letzterem besteuert werden. Art. 6 Abs. 1 DBA Liechtenstein gilt nach dessen Abs. 4 auch für Einkünfte eines Unternehmens aus unbeweglichem Vermögen (vgl. auch Art. 7 Abs. 5 DBA Liechtenstein). Nach Art. 2 Abs. 3 a) bb) gilt das DBA Liechtenstein für die Körperschaftsteuer. Die Bundesrepublik Deutschland hat mit § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) Satz 2 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG von diesem Besteuerungsrecht Gebrauch gemacht.

106

Dass womöglich die Klägerin auch solche gewerbliche Einkünfte nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) Satz 2 EStG erzielt, hinsichtlich deren das Besteuerungsrecht seit Inkrafttreten des DBA Liechtenstein nicht bei der Bundesrepublik Deutschland liegt (vgl. aber Art. 13 Abs. 1 DBA Liechtenstein), so dass hinsichtlich dieser Einkünfte aufgrund o.g. Grundsätze insoweit auch keine Buchführungspflicht bestehen kann, lässt den angefochtenen Verwaltungsakt nicht rechtswidrig werden. Denn bei der gebotenen Auslegung vor dem Horizont der Inhaltsadressatin und Klägerin wird die Buchführungspflicht lediglich angenommen, soweit der Gewinn der Klägerin im Inland ertragsteuerlich erheblich ist.

107

g) Die Mitteilung ist auch im Übrigen inhaltlich hinreichend bestimmt i.S.d. § 119 Abs. 1 AO.

108

aa) Die aufgrund des Wechsels der Gewinnermittlungsart erforderliche Ermittlung eines Übergangsgewinns lässt den Umfang der Buchführungspflicht unberührt. (Die Aussage bezieht sich nicht auf den Wechsel von den Überschusseinkünften aus Vermietung und Verpachtung zu den Gewinneinkünften aus Gewerbebetrieb.)

109

bb) Die Frage, ob eventuell vor der erstmaligen Geltung des § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) Satz 2 EStG entstandene, jedoch bis dahin nicht erfüllte Forderungen und Verbindlichkeiten bei Erfüllung als nachträgliche Einnahmen rsp. Werbungskosten i.R. von Überschusseinkünften aus Vermietung und Verpachtung nach § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG zu erfassen seien oder aber eine einheitliche Gewinnermittlung erfolgen solle (zum Streit vgl. z.B. Wied in Blümich, EStG, 128. Erg.-Lfg., Mai 2015, § 49, Rz. 138, Lüdicke in Lademann, EStG, vor § 49 JStG 2009 (2), Rz. 6; Pfeffermann in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, 264. Lfg., Juni 2014, § 49, Rz. 633; BMF-Schreiben vom 16. Mai 2011, BStBl I 2011, 530), führt nicht dazu, dass die Klägerin durch den angefochtenen Verwaltungsakt in ihren Rechten verletzt wäre, da die Mitteilung des Beklagten nach Veröffentlichung des BMF-Schreibens vom 16. Mai 2011, BStBl I 2011, 530, ergangen ist und im Lichte dieser Verwaltungsanweisung dahin auszulegen ist, dass nachträglichen Einnahmen und Werbungskosten im Rahmen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anzunehmen sind (vgl. auch Mensching, DStR 2009, 96,98, und Frotscher in Frotscher/Geurts, EStG, 186. Lfg., März 2013, § 49, Rz. 200).

110

Ohnehin ist es relativ unwahrscheinlich, dass solche offenen Posten aus der Zeit vor 2009 zu Beginn des Jahres 2012 bestanden haben.

111

h) Dass trotz der Ausweitung der beschränkten Steuerpflicht von Einkünften aus Gewerbebetrieb in § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) Satz 1 aa) und bb) EStG zwei unterschiedliche Zugriffstatbestände liegen mögen, die zwei getrennte Gewinnermittlungen nach sich ziehen mögen (Gosch in Kirchhof, EStG, 15. Aufl. 2016, § 49, Rz. 46), macht den angefochtenen Verwaltungsakt nicht unbestimmt. Er erstreckt sich ausschließlich auf die gewerblichen Einkünfte nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) Satz 1 aa) i.V.m. Satz 2 EStG, nicht hingegen auf diejenigen nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) Satz 1 bb) EStG. Dies zeigt auch die Begründung der Einspruchsentscheidung.

112

B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

113

C. Die Revision ist zuzulassen.

114

Die Fortbildung des Rechts wie auch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern angesichts der Fiktion des § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) Satz 2 EStG eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) im Hinblick auf die Tatbestandsmerkmale „gewerblicher Unternehmer“ und „einzelner Betrieb“ wie auch zur Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen eine Verpflichtung zur Buchführung und Aufstellung von Abschlüssen nach ausländischem Recht die Subsidiariät der Pflichten nach § 141 Abs. 1 Satz 1 AO begründet.


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