Urteil vom Finanzgericht Hamburg (4. Senat) - 4 K 38/15

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung von Zoll für ein Gesellschaftsspiel.

2

Die Klägerin meldete am 01.07.2013 in China hergestellte Gesellschaftsspiele zur Überführung in den freien Verkehr an. Hierunter befanden sich u. a. 12.204 Exemplare des Spiels "XX - Das Kartenspiel, YY, Abenteuer-Pack" (im Folgenden: Abenteuer-Pack). Die Klägerin gab an, dass alle Spiele unter die Codenummer 9504 9080 00 0 (andere als in den Unterpositionen (KN) 9504 2000 bis 9504 9010 genannte Gesellschaftsspiele) einzureihen und damit zollfrei seien.

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Der Abenteuer-Pack besteht aus 60 ca. 6 x 9 cm großen bedruckten Papierkarten und ist mit einer Kurzspielanleitung in einem bunt bedruckten Pappkarton verpackt. Auf dessen Rückseite heißt es u. a. "Ein XX ... Grundset sowie die Erweiterung ZZ wird zum Spielen benötigt."

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Der Beklagte reihte zunächst alle Waren entsprechend den Angaben der Klägerin ein und stellte im Einfuhrabgabenbescheid vom 01.07.2013 vorläufig die Zollfreiheit der Gesellschaftsspiele fest. Nach einer Beschau der eingeführten Spiele reihte er alle Gesellschaftsspiele unter die Codenummer 9504 4000 00 0 (Gesellschaftsspiel, Spielkarten) ein und setzte mit Einfuhrabgabenbescheid vom 23.07.2013 für alle Spiele Zoll in Höhe von 2.783,42 € fest. Beim Abenteuer-Pack handele es sich um Zubehör zu einem Grundkartenspiel.

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Hiergegen legte die Klägerin am 16.08.2013 Einspruch ein und trug vor, dass es sich bei keinem der eingeführten Gesellschaftsspiele um Spielkarten handele. Der Abenteuer-Pack sei eine Erweiterung zu einem Kartenspiel mit Gesellschaftsspielcharakter. Das Grundspiel beinhalte neben Spielkarten noch zahlreiche andere Komponenten, werde jedoch aufgrund der Kartenfülle als Kartenspiel geführt.

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Daraufhin holte der Beklagte ein Einreihungsgutachten zu allen von der Klägerin eingeführten Gesellschaftsspielen ein. Das Bildungs- und Wissenschaftszentrum (BWZ) vermerkte in seinem Gutachten vom 01.07.2014, dass der Abenteuer-Pack das Basisspiel "XX - Das Kartenspiel" um ein neues Szenario erweitere. Die 60 Spielkarten könnten nicht ohne das Basisspiel und die Erweiterung "ZZ" gespielt werden. Damit stelle sich der Abenteuer-Pack nicht als eigenständiges Spiel, sondern als erkennbares Zubehör für das Gesellschaftsspiel "XX - Das Kartenspiel" i. S. d. Anmerkung 3 zu Kapitel 95 KN dar.

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Das Basisspiel werde von der Klägerin selbst mit dem Zusatz "Das Kartenspiel" betitelt. Es bestehe aus 226 Spielkarten (120 Spielerkarten, 84 Begegnungskarten, 12 Heldenkarten, 10 Abenteuerkarten), zwei sog. Bedrohungszählern, 40 Schadensmarkern, 26 Fortschrittsmarkern, 30 Ressourcenmarkern und einem Startspieler-Marker. Ein Spielbrett oder Spielfiguren gebe es nicht. Die in der Regel zwei Spieler bildeten eine Gemeinschaft von Helden, die sich gefährlichen Abenteuern stelle. Sie träten gegen ein sich durch die Karten ergebendes Szenario an und hätten bestimmte Gegner zu besiegen oder Herausforderungen zu meistern. Gegner, Helden, Orte oder Ziele seien dabei ausschließlich auf den Karten angegeben. Marker in Form von kleinen, runden Chips aus Pappe zeigten z. B. den Fortschritt des Abenteuers an oder welche Ressourcen ein Held noch habe. Ziel des Spiels sei es, dass mindestens ein Spieler den letzten Abschnitt des Abenteuers überlebe, dann hätten die Spieler gemeinsam den Sieg errungen. Charakterverleihend nach Umfang und im Hinblick auf die Verwendung seien bei diesem Gesellschaftsspiel die Spielkarten. Deshalb handele es sich bei dem Basisspiel "XX - Das Kartenspiel" um ein Kartenspiel, das in die Codenummer 9504 4000 00 0 einzureihen sei. Als erkennbares Zubehör für das Basisspiel werde der Abenteuer-Pack in Anwendung der Anmerkung 3 zu Kapitel 95 KN ebenfalls in die Codenummer 9504 4000 00 0 eingereiht.

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Weiter teilte das BWZ mit, dass die anderen eingeführten Spiele von der Klägerin korrekt als "andere als in den Unterpositionen (KN) 9504 2000 bis 9504 9010 genannte Gesellschaftsspiele" unter der Codenummer 9504 9080 00 0 angemeldet worden seien. Im Gegensatz zu "XX - Das Kartenspiel" seien bei diesen Spielen die Karten nicht charakterverleihend.

9

Der Beklagte schloss sich der Auffassung des BWZ an. Mit Einfuhrabgabenbescheid vom 21.07.2014 erstattete er der Klägerin bereits gezahlten Zoll in Höhe von 2.135,88 € für die anderen eingeführten zollfreien Gesellschaftsspiele, nicht aber den bereits gezahlten Zoll in Höhe von 647,54 € für die Abenteuer-Packs.

10

Die Klägerin hielt ihren Einspruch im Folgenden aufrecht. Spielkarten seien bedruckte rechteckige Kartonstücke oder seltener auch Plastikstücke in handlichem Format, oft etwa 6 x 9 cm, die auf der Vorderseite mit Bildern, Wertangaben und Symbolen bedruckt seien und auf der Rückseite ein einheitliches Motiv aufwiesen, sodass der Wert der umgedrehten Karte nicht erkennbar sei. Das Motiv der Vorderseite sei häufig punktsymmetrisch, damit die Karten auch "auf dem Kopf stehend" lesbar seien. Spielkarten seien insbesondere früher meist dem Glückspiel zugeordnet und daher mit einer höheren Steuer belegt gewesen. Heutzutage hätten Spielkarten als Teil bzw. Hauptteil eines Kartenspiels jedoch einen ganz anderen Charakter. Sie seien zudem Teil eines Kartenspiels, denn definitionsgemäß sei ein Kartenspiel ein Spiel, bei dem Spielkarten der wesentliche Bestandteil des Spielmaterials seien. Die große Vielzahl unterschiedlicher Kartenspiele ergebe sich aus unterschiedlichen Kombinationen oft grundsätzlich ähnlicher Kartenspielregeln, aus unterschiedlichen Spielzielen und der Verwendung unterschiedlicher Spielkarten. Daher fielen Kartenspiele heutzutage auch meistens in den Bereich der Gesellschaftsspiele. Darunter seien alle Spiele zu verstehen, die in Gemeinschaft gespielt würden, mithin Spiele, die von mindestens zwei Personen gespielt würden und bei welchem der soziale Aspekt und das Vergnügen im Vordergrund stünden. Unter einem Gesellschaftsspiel seien reproduktive Spiele zu verstehen, die der Anpassung an die Gegebenheiten der Umwelt dienten und die wünschenswertes, normenkonformes Verhalten verstärken oder üben würden. Im Vorhinein getroffene Vereinbarungen, also Regeln, würden den Ablauf des Spieles steuern. Das Basisspiel "XX - Das Kartenspiel" bestehe zwar aus Spielkarten, aber eben auch aus weiteren Markern und Feldkarten und werde in der Gemeinschaft gespielt. Da es sich um ein Spiel aus dem Fantasy-Bereich handele, sei es zufällig, dass kein Spielbrett benötigt werde, da Eingrenzungen und Anzeigen durch Marker und Feldkarten anzeigt und verdeutlicht würden. Die Festlegung des Beklagten auf das Nichtvorhandensein eines Spielbretts erscheine willkürlich. Abstellend auf die objektiven Merkmale werde ersichtlich, dass das Spiel einer Gemeinschaft zum Spielen dienen solle. Es sei daher dem Gesellschaftsspielebereich wie z. B. auch Memory oder Uno zuzuordnen. Ein Glücksspielcharakter sei nicht vorhanden.

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Mit Einspruchsentscheidung vom 26.01.2015, der Klägerin zugestellt am 29.01.2015, wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück und stellte dabei auf das eingeholte Einreihungsgutachten ab.

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Die Klägerin hat am 02.03.2015 Klage erhoben. Sie verweist auf ihr bisheriges Vorbringen und trägt vor, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Spiel um ein Kartenspiel handele und nicht um Spielkarten. Unter Spielkarten seien üblicherweise Karten zu verstehen, die zum Spielen, insbesondere im Glücksspiel, verwendet würden. Damit lasse sich auch die Besteuerungen für die Gruppe erklären. Ein Kartenspiel hingegen sei ein Gesellschaftsspiel, das auch in Familien gespielt werde. Der Anlass hierzu sei ein geselliges Beisammensein und keine auf Gewinn gerichtete Handlung.

13

Die Klägerin beantragt,
den Einfuhrabgabenbescheid vom 23.07.2013 in der Fassung des Einfuhrabgabenbescheids vom 21.07.2014 sowie die Einspruchsentscheidung vom 26.01.2015 aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

15

Zur Begründung verweist der Beklagte auf die Einspruchsentscheidung. Die Einreihung des Kartenspiels in das Kapitel 95 KN sei unstreitig. Das Gesellschaftsspiel in der Form von Spielkarten werde erstmals von der Unterposition 9504 40 KN erfasst. Das streitgegenständliche Spiel sei daher in die Codenummer 9504 4000 00 0 einzureihen. Daher komme eine Einreihung in die Unterposition 9504 90 KN ("andere") schon von deren Wortlaut her nicht in Betracht. Im Übrigen unterscheide der Zolltarif nicht zwischen Spielkarten und Kartenspielen und die Unterposition 9504 40 KN nicht zwischen Waren mit und ohne Glückspielcharakter.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Sachakte des Beklagten sowie auf das Protokoll des Erörterungstermins vom 04.10.2016 verwiesen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

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I. Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig (1.), aber unbegründet (2.).

18

1. Die Klage ist zulässig, insbesondere wurde sie innerhalb der Frist von einem Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung gemäß § 47 Abs. 1 S. 1 FGO erhoben. Die Einspruchsentscheidung vom 26.01.2015 wurde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 29.01.2015 zugestellt. Nach § 54 Abs. 2 FGO, § 222 Abs. 1 ZPO, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB begann die Klagefrist am 30.01.2015 zu laufen und endete am 29.02.2015. Da das Jahr 2015 kein Schaltjahr war, existierte dieser Tag nicht. Nach § 188 Abs. 3 BGB endigt die Frist in einem solchen Fall mit dem Ablauf des letzten Tages in dem letzten Monat. Damit endete die Klagefrist bereits am 28.02.2015. Da es sich hierbei um einen Sonnabend handelte, trat gemäß § 193 BGB an seine Stelle der nächste Werktag. Dies war Montag der 02.03.2015, an dem die Klägerin die Klage erhoben hat.

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2. Die Klage ist unbegründet. Die angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig und die Klägerin dadurch nicht in ihren Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO). Der Beklagte hat die Zollschuld für die eingeführten Abenteuer-Packs im Einfuhrabgabenbescheid vom 23.07.2013 sowohl dem Grunde (a.), als auch der Höhe (b.) nach rechtmäßig festgesetzt.

20

a. Für die eingeführten Abenteuer-Packs ist im Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung zur Überführung der Waren in den zollrechtlich freien Verkehr gemäß Art. 201 Abs. 1 lit. a), Abs. 2 ZK eine Einfuhrzollschuld entstanden. Entgegen der Begründung im Einfuhrabgabenbescheid vom 23.07.2013 lag kein Fall der nachträglichen buchmäßigen Erfassung gemäß Art. 220 ZK vor, da die ursprüngliche Abgabenfestsetzung im Einfuhrabgabenbescheid vom 01.07.2013 nicht abschließend, sondern unter dem Vorbehalt einer Überprüfung der Einreihung erfolgt war (vgl. hierzu FG Hamburg, Urteil vom 31.03.2005, IV 66/03, Juris).

21

Die Abenteuer-Packs sind als Zubehör zum Basisspiel "XX - Das Kartenspiel" ebenso wie dieses als Gesellschaftsspiele in die Position 9504 KN und als Spielkarten in die Unterposition 9504 4000 KN einzureihen, für die ein Zollsatz von 2,7 % gilt.

22

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sowie des Bundesfinanzhofes (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 20.06.1996, C-121/95; BFH, Urteil vom 18.11.2001, VII R 78/00, vom 09.10.2001, VII R 69/00, vom 14.11.2000, VII R 83/99, vom 05.10.1999, VII R 42/98 und vom 23.07.1998, VII R 36/97) ist das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen und in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln des Gemeinsamen Zolltarifs festgelegt sind (vgl. die Allgemeinen Vorschriften 1 und 6 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur). Soweit in den Positionen und Anmerkungen nichts anderes bestimmt ist, richtet sich die Einreihung nach den Allgemeinen Vorschriften 2 bis 5 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur. Daneben gibt es nach dem Übereinkommen zum Harmonisierten System Erläuterungen und Einreihungsavise, die ebenso wie die Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur, die von der Europäischen Kommission ausgearbeitet wurden, ein wichtiges, wenn auch nicht verbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen darstellen (vgl. EuGH, Urteil vom 09.12.1997, C-143/96, und vom 19.05.1994, C-11/93). Auf den Verwendungszweck einer Ware darf nur dann abgestellt werden, wenn im Wortlaut der Bestimmungen oder in den Erläuterungen dazu ausdrücklich auf dieses Kriterium Bezug genommen wird (vgl. BFH, Urteil vom 14.11.2000, VII R 83/99, und vom 05.10.1999, VII R 42/98; Beschluss vom 24.10.2002, VII B 17/02). Für die Einreihung ohne Bedeutung sind teleologische Gesichtspunkte, die Sinn und Zweck des Tarifgefüges betreffen (FG Hamburg, Urteil vom 25.09.2013, 4 K 191/12, Juris).

23

Daran gemessen ist bei dem Abenteuer-Pack zunächst von Bedeutung, dass es kein eigenständiges Spielen ermöglicht, sondern das Vorliegen des Basisspiels und einer Erweiterung voraussetzt. Er ist daher als Zubehör im Sinne der Kombinierten Nomenklatur zum Basisspiel "XX - Das Kartenspiel" einzuordnen. Bei Zubehör handelt es sich zolltariflich um Waren, die eine funktionelle Eigenständigkeit aufweisen. Zubehör ergänzt eine vollständige und fertige Ware, wird selbst aber nicht zum Bestandteil dieser Hauptware. Es ermöglicht eine bessere Verwendung der Hauptware oder erweitert dessen Nutzungsmöglichkeiten (ErlKN AV 1 (NEH) Rz. 03.0; Witte, Lehrbuch des Zollrechts der Europäischen Union, 8. Aufl. 2016, Rn. 1350 ff.). Vorliegend erweitert der Abenteuer-Pack die Verwendung der Hauptware. Er bietet Spielern, die bereits über das Basisspiel und die erforderliche Erweiterung verfügen, ein neues Spielszenario.

24

Als Zubehör zum Basisspiel folgt die tarifliche Einreihung des Abenteuer-Packs der Einreihung des Basisspiels. Zwischen den Beteiligten ist zu Recht unstreitig, dass das Basisspiel in eine Position des Kapitels 95 KN (Spielzeug, Spiele, Unterhaltungsartikel und Sportgeräte; Teile davon und Zubehör) einzureihen ist. Nach der Anmerkung 3 zu Kapitel 95 KN werden Teile und Zubehör, die erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für Waren dieses Kapitels bestimmt sind, vorbehaltlich der vorstehenden - vorliegend nicht einschlägigen - Anmerkung 1, wie diese Waren eingereiht.

25

Das Basisspiel "XX - Das Kartenspiel" ist, wovon auch die Beteiligten ausgehen, in die Position 9504 KN einzureihen. Vom Wortlaut dieser Position sind umfasst: "Videospielkonsolen und -geräte; Gesellschaftsspiele, einschließlich mechanisch betriebene Spiele, Billardspiele, Glücksspieltische und automatische Kegelbahnen (z.B. Bowlingbahnen)". Bei dem Basisspiel handelt es sich um eine aus verschiedenen Bestandteilen (226 Helden-, Spieler-, Begegnungs- und Abenteuerkarten, inklusive des Startspieler-Markers 97 Markern und zwei Bedrohungszählern) bestehende einheitliche Ware, die in ihrer Gesamtheit vom Wortlaut der Position 9504 KN als "Gesellschaftsspiel" erfasst wird. Im Rahmen der Feststellung, ob eine oder mehrere Waren (z. B. eine Warenzusammenstellung) vorliegen, sind die objektiven Merkmale und Eigenschaften einer Ware und der Begriffsinhalt der im Einzelfall in Betracht kommenden Position entsprechend der Allgemeinen Vorschrift 1 KN maßgebend (vgl. Schmölz, Gemeinsame oder getrennte Einreihung in die Kombinierte Nomenklatur, ZFZ 1992, S. 242, 244). Es ist dem Begriff "Gesellschaftsspiel" immanent, dass die ihm zuzuordnenden Waren regelmäßig bzw. auch aus mehreren Komponenten bestehen. Insbesondere Gesellschaftsspiele im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs (z. B. Brettspiele wie "Monopoly" oder "Hase und Igel") bestehen in der Regel aus mehreren Komponenten. Manche dieser Komponenten sind als Zubehör einzuordnen, insbesondere solche, die den meisten Spielen gemein sind (z. B. Würfelbecher etc., vgl. ErlKN Position 9504 (HS) Rz. 15.0). Andere Komponenten, die für das Funktionieren des Spiels hingegen unentbehrlich sind, stellen (Bestand-) Teile dar (vgl. Schmölz, Gemeinsame oder getrennte Einreihung in die Kombinierte Nomenklatur, ZFZ 1992, S. 242, 244; Witte, Lehrbuch des Zollrechts der Europäischen Union, 8. Aufl. 2016, Rn. 1347 auch dazu, dass nicht zwingend eine feste Verbindung zwischen den Bestandteilen einer einheitlichen Ware notwendig ist). Dies ist bei den Karten, Markern und Zählern des Basisspiels der Fall. Sie bilden insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich bei dem Basisspiel erkennbar um ein sog. Autorenspiel handelt, eine Wareneinheit. Autorenspiele zeichnen sich durch spezielle Karten und vielfältige Spielmechanismen aus. Im Gegensatz zu traditionellen Spielen sind die Karten der Verlagsausgabe und die Spielregeln von einem Spieleautor durch das Urheberrecht geschützt (vgl. www.wikipedia.de, Suchwort: "Kartenspiel", Ziffer 6: "Spiele mit eigenem Blatt"). Auch vorliegend wurden die Karten, Marker usw. speziell für das Spiel "XX - Das Kartenspiel" gestaltet, sind anderweitig nicht einsetzbar und alle notwendig, damit das Spiel entsprechend seinen besonderen Regeln gespielt werden kann. Die Bestandteile des Spiels werden auch nicht einzeln, sondern gemeinsam im bedruckten Pappkarton des Grundsets verkauft. Nach den Spielregeln wird das Basisspiel zudem in Gesellschaft anderer gespielt. Es ist zwar allein spielbar, konzipiert ist es aber als ein sog. kooperatives Spiel für zwei Spieler, in dem die Spieler gemeinsam gegen die Widrigkeiten des Szenarios antreten. Mit einem zweiten Grundset können bis zu vier Spieler miteinander spielen.

26

Das Basisspiel ist weiter in die Unterposition 9504 4000 KN (Spielkarten) einzureihen.

27

Dies folgt aus der Anwendung der Allgemeinen Vorschrift 6 KN. Nach deren Satz 1 sind für die Einreihung von Waren in die Unterpositionen einer Position der Wortlaut dieser Unterpositionen, die Anmerkungen zu den Unterpositionen und - sinngemäß - die vorstehenden Allgemeinen Vorschriften maßgebend.

28

Das Basisspiel fällt unter den Wortlaut der Unterposition 9504 4000 KN. Die 226 Helden-, Spieler-, Begegnungs- und Abenteuerkarten stellen Spielkarten im Sinne dieser Unterposition dar. Sie bestimmen maßgeblich den Charakter des Gesellschaftsspiels, so dass es unerheblich ist, dass das Spiel auch aus anderen Bestandteilen besteht. Es ist insgesamt als "Gesellschaftsspiel in Form von Spielkarten" einzureihen.

29

Die 226 Karten stellen Spielkarten dar. Die Kombinierte Nomenklatur definiert den Begriff "Spielkarten" nicht. Einzig die Ausweisungsanmerkung 1 c) zu Kapitel 49 KN nimmt den Begriff auf und bestimmt, dass Spielkarten und andere Waren des Kapitels 95 nicht zum Kapitel 49 (Bücher, Zeitungen, Bilddrucke und andere Erzeugnisse des grafischen Gewerbes) gehören. Daraus folgt, dass Spielkarten im Sinne des Kapitels 95 jedenfalls auch aus bedrucktem Papier bestehen können, was bei "Karten" ohnehin die Regel ist. Von Bedeutung ist weiterhin die Warenansprache innerhalb der Unterposition nach der Zweckbestimmung. Demnach muss eine Karte "zum Spielen" bestimmt seien.

30

Diese Voraussetzungen erfüllen die im Basisspiel enthaltenen Karten. Sie besitzen ein für Karten von Gesellschaftsspielen übliches Format, bestehen aus bedrucktem Papier und werden zum Spielen verwendet. Dass die Karten nicht von den Spielern in der Hand gehalten werden, sondern verdeckt gestapelt oder einzeln aufgedeckt auf einem Tisch ausgebreitet werden, woraus sich ein Spielfeld ergibt, ist dabei nicht von Bedeutung. Der Wortlaut der Unterposition differenziert insoweit nicht, sondern erfasst alle Arten von Spielkarten unabhängig von ihrer konkreten Verwendung. Ein solch weites Verständnis des Anwendungsbereichs der Unterposition wird auch von der Europäischen Kommission in der Durchführungsverordnung (EU) 2016/1758 vom 28.09.2016 zur Einreihung bestimmter Waren in die Kombinierte Nomenklatur C/2016/6367 (ABl. L 269 vom 04.10.2016, S. 1-3) angenommen. In dieser Verordnung wurde das bekannte Kinderspiel "Memory" in die Position 9504 KN und in die Unterposition 9504 400 00 KN mit der folgenden Begründung eingereiht:

31

"Der KN-Code 9504 40 00 erfasst alle Arten von Spielkarten. Die Form der Karten und die Art und Weise, in der sie verwendet werden (ob sie in der Hand gehalten und/oder auf den Tisch gelegt werden) ist nicht relevant (siehe auch die HS-Erläuterungen zur Position 9504 Nummer 11). Eine Einreihung in den KN-Code 9504 90 80 als andere Spiele ist damit ausgeschlossen."

32

In der genannten ErlKN Position 9504 (HS) Rz. 13.0 heißt es, dass zur Position 9504 "Kartenspiele aller Art und in allen Größen (Bridge, Tarock, Buchstabenspiel usw.)" gehören. Kartenspiele bestehen definitionsgemäß aus Spielkarten.

33

Vor diesem Hintergrund kommt die von der Klägerin vertretene einschränkende Auslegung der Unterposition 9504 4000 auf "klassische" Spielkarten, mit denen eine Vielzahl von Kartenspielen nach verschiedenen Regeln gespielt werden können, bzw. mit denen üblicherweise Glücksspiele durchgeführt werden, nicht in Betracht. Der Wortlaut der Unterposition 9504 4000 erfasst alle Spielkarten, seien es solche von Kinderspielen, von Glücksspielen oder die Spielkarten von Autorenspielen, die sich von klassischen Spielblättern durch spezielle, individuell gestaltete und anderweitig nicht einsetzbare Karten unterscheiden und die gelegentlich als eine Art Spielbrett benutzt werden.

34

Angesichts der 226 Spielkarten ist das (gesamte) Basisspiel "XX - Das Kartenspiel" als "Gesellschaftsspiel in Form von Spielkarten" einzureihen.

35

Die Unterposition 9504 4000 ist dahingehend auszulegen, dass sie nicht nur Gesellschaftsspiele erfasst, die ausschließlich aus Spielkarten bestehen, sondern auch Gesellschaftsspiele, die aus verschiedenen Bestandteilen bestehen, deren Charakter aber maßgeblich durch Spielkarten geprägt wird und die deshalb ausschließlich aus Spielkarten bestehenden Gesellschaftsspielen gleichzustellen sind. Eine Beschränkung des Anwendungsbereichs der Unterposition auf letztere Gesellschaftsspiele folgt weder aus ihrer Stellung innerhalb der Position 9504, noch aus ihrem Wortlaut. Gesellschaftsspiele im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs (s. o.) der Position 9504 unterfallen der Unterposition 9504 9080 KN, sofern sie nicht vom Anwendungsbereich der Unterposition 9504 4000 erfasst werden. Das für die Einreihung in die Unterpositionen der Position 9504 KN maßgebliche Abgrenzungskriterium für solche Gesellschaftsspiele ist damit das Vorliegen von Spielkarten. Aus dem Wortlaut der Unterposition 9504 4000 ergibt sich nicht, dass ein Gesellschaftsspiel ausschließlich aus Spielkarten bestehen muss. Demgegenüber können wenige Spielkarten eines Gesellschaftsspiels, denen neben anderen charakterbestimmenden Bestandteilen eines Spiels nur eine untergeordnete Bedeutung zukommt, ersichtlich nicht eine Einreihung in die Unterposition 9504 4000 begründen. In einem solchen Fall kann ein Gesellschaftsspiel bereits vom Wortlaut her nicht als "Gesellschaftsspiel in Form von Spielkarten" beschrieben werden.

36

Beim Basisspiel "XX - Das Kartenspiel" sind die Spielkarten sowohl aufgrund ihrer Anzahl, als auch aufgrund ihrer Bedeutung für das Spiel charakterbestimmend. Das Basisspiel besteht aus 226 Spielkarten. Angesichts dieser Kartenfülle hat die Klägerin das Spiel selbst "Das Kartenspiel" genannt. Die Karten bestimmen den Verlauf des Spiels, da ausschließlich auf Ihnen die Gegner, Helden, Orte und Ziele angegeben sind. Die 97 Marker zeigen hingegen "lediglich" den Fortschritt des Abenteuers an bzw. über welche Ressourcen ein Held noch verfügt. Die Bedeutung der Spielkarten wird auch dadurch unterstrichen, dass die Erweiterung "ZZ" ausschließlich aus weiteren 164 Karten und der streitgegenständliche Abenteuer-Pack ausschließlich aus 60 weiteren Karten besteht, nicht aber aus weiteren Markern. Hinsichtlich der Verpackung des Basisspiels bzw. der beiliegenden Spielanleitung folgt aus der Allgemeinen Vorschrift 5 b) KN bzw. aus der Anmerkung 3 zu Kapitel 95 KN über Zubehör, dass diese wie das Basisspiel als Gesellschaftsspiel in Form von Spielkarten in die Unterposition 9504 4000 eingereiht werden.

37

b. Der Beklagte hat schließlich den Zoll für die streitgegenständlichen Abenteuer-Packs der Höhe nach zutreffend festgesetzt, was auch von der Klägerin nicht beanstandet wird. Insoweit verweist das Gericht gem. § 105 Abs. 5 FGO auf die zutreffenden Ausführungen in den angegriffenen Bescheiden und den Einfuhrabgabenbescheid vom 21.07.2014, die es sich zu Eigen macht.

38

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.

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