Urteil vom Finanzgericht Hamburg (4. Senat) - 4 K 124/18

Tatbestand

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Die Klägerin wendet sich gegen die Anforderung von Zinsen durch das beklagte Hauptzollamt.

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In den Jahren 1992 und 1993 ließ die Klägerin Rindfleisch zur Ausfuhr nach Jordanien abfertigen. Antragsgemäß gewährte ihr das beklagte Hauptzollamt mit mehreren Bescheiden aus den Jahren 1992 und 1993 zunächst im Wege der Vorfinanzierung einen der Ausfuhrerstattung entsprechenden Betrag gegen Sicherheitsleistung. Die Sicherheiten gab das beklagte Hauptzollamt sodann am 30.04.1996 bzw. 04.03.1998 frei. Mit Rückforderungsbescheid vom 23.09.1999 in der Fassung eines späteren Abhilfebescheides forderte das beklagte Hauptzollamt die der Klägerin gewährte Ausfuhrerstattung zurück. Das gegen den Rückforderungsbescheid eingeleitete Klageverfahren, das beim erkennenden Gericht unter dem Az. 4 K 138/15 geführt wurde, ist zwischenzeitlich abgeschlossen.

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Mit mehreren Zinsbescheiden vom 14.11.2003 forderte das beklagte Hauptzollamt bezüglich des Rückforderungsbescheides vom 23.09.1999 von der Klägerin unter Hinweis auf § 14 MOG Zinsen in Höhe von insgesamt ... Euro betreffend den Zeitraum vom Tag des Empfangs der Ausfuhrerstattung bis zum 31.05.2003 an.

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Die Klägerin erhob gegen die Zinsbescheide Einspruch, mit dem sie u.a. eine unbillige Härte geltend machte. Im Verlauf des Einspruchsverfahrens half das beklagte Hauptzollamt dem Einspruch der Klägerin mit Änderungsbescheid vom 26.09.2011 teilweise ab, da im Hinblick auf insgesamt 15 der dem Rückforderungsbescheid vom 23.09.1999 zu Grunde liegenden Bescheide bereits Verjährung nach Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2988/95 eingetreten war. Mit Änderungsbescheid vom 12.07.2018 half das beklagte Hauptzollamt dem Einspruch der Klägerin im Hinblick auf einen weiteren dem Rückforderungsbescheid vom 23.09.1999 zu Grunde liegenden Bescheid ab. Der nach alledem noch streitige Zinsbetrag beläuft sich auf nunmehr ... Euro.

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Die Klägerin begründete ihren Einspruch in der Folge damit, dass der Zinsanforderung der Einwand der Verjährung entgegenstehe, was sich zum einen bereits aus der Verjährung der Hauptforderung ergebe. Zum anderen sei bei Erlass der Zinsbescheide vom 14.11.2003 die 4-Jahresfrist des Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2988/95 bereits abgelaufen gewesen, da der Zinsanspruch nicht erst mit dem Erlass des Rückforderungsbescheids vom 23.09.1999, sondern bereits bei Gewährung der Ausfuhrerstattung in den Jahren 1992 bzw. 1993 entstanden sei. Der Verjährungsfrist des Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2988/95 unterlägen auch Zinsanforderungen auf zurückgeforderte Ausfuhrerstattungen; die nationale Vorschrift des § 14 MOG trete gegenüber den unionsrechtlichen Verzinsungsregelungen des Art. 11 Abs. 3 VO Nr. 3665/87 bzw. Art. 51 Abs. 6 VO Nr. 800/1999 zurück. Für die Verjährung von Zinsforderungen gelte mithin nicht nur die 4-Jahresfrist des Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2988/95, sondern auch die absolute Verjährungsfrist des Art. 3 Abs. 1 UAbs. 4 VO Nr. 2988/95 von acht Jahren.

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Das beklagte Hauptzollamt wies der Einspruch der Klägerin mit Einspruchsentscheidung vom 19.10.2018 zurück. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Für Ausfuhren vor dem 01.04.1995 seien nach § 14 Abs. 1 MOG zurückzuzahlende Beträge vom Tag des Empfanges an bis zur Rückzahlung zu verzinsen. Die Regelung des § 14 Abs. 1 MOG trete gegenüber den unionsrechtlichen Verzinsungsregelungen des Art. 11 Abs. 3 VO Nr. 3655/87 und Art. 51 Abs. 6 VO Nr. 800/1999 nicht zurück. Erst mit Inkrafttreten des Art. 11 VO Nr. 3665/87 am 01.04.1995 sei der Zinsanspruch durch vorrangiges Gemeinschaftsrecht geregelt worden. Den streitgegenständlichen Zinsbescheiden lägen indes Ausfuhren aus den Jahren 1992 bzw. 1993 zugrunde mit der Folge, dass § 14 Abs. 1 MOG als Rechtsgrundlage für die Verzinsung der zurückgeforderten Ausfuhrerstattung einschlägig sei. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gelte die in Art. 3 VO Nr. 2988/95 vorgesehene Verjährungsfrist für die im Anspruch auf Erstattung eines rechtswidrig aus dem Unionshaushalt erlangten Vorteils bestehende Hauptforderung nicht für die Erstattung der infolge dieser Forderung angefallenen Zinsen, wenn diese nicht nach Unionsrecht geschuldet seien, sondern allein nach nationalem Recht (EuGH, Urteil vom 29.03.2012, C-564/10, 1. Leitsatz). Nach den im Streitfall in Ermangelung spezieller Verjährungsvorschriften für marktordnungsrechtliche Zinsforderungen anwendbaren nationalen Verjährungsregelungen habe die Verjährungsfrist somit nach § 197 BGB a.F. vier Jahre betragen, die nach § 201 i.V.m. § 198 BGB a.F. mit dem Schluss des Jahres beginne, in welchem der Anspruch entstanden sei. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Entstehung des Zinsanspruchs sei folglich die Bekanntgabe des Rückforderungsbescheides vom 23.09.1999. Habe der Lauf der vierjährigen Verjährungsfrist des § 197 BGB also mit dem Ende des Jahres 1999, in dem der Rückforderungsbescheid bekannt gegeben worden sei, begonnen, sei der Zinsanspruch zum Zeitpunkt der in Rede stehenden Zinsanforderung vom 14.11.2003 noch nicht verjährt gewesen.

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Mit ihrer am 15.11.2018 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren fort. Sie hält an ihrer Auffassung fest, dass die mit Bescheid vom 14.11.2003 gelten gemachten Zinsforderungen für den Zeitraum ab Gewährung der Ausfuhrerstattung in den Jahren 1992 bzw. 1993 verjährt seien. Die Verjährung der Zinsforderung richte sich nach dem Unionsrecht, speziell nach den Vorschriften der Art. 3 und 4 Abs. 2 VO Nr. 2988/95, wie der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache C-584/15 (Urteil vom 02.03.2017) bekräftigt habe. Der Europäische Gerichtshof habe nicht nur entschieden, dass sich die Verjährung von Ansprüchen auf Rückforderung von zu Unrecht gewährter Ausfuhrerstattung nach der Verordnung Nr. 2988/95 richte, wenn die Ausfuhrerstattung vor Inkrafttreten der Verordnung Nr. 2988/95 gewährt worden sei; vielmehr habe er auch erkannt, dass die in Art. 3 Abs. 1 vorgesehene Verjährungsfrist für die Geltendmachung von Zinsansprüchen gelte. Unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Regelungen des Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2988/95 seien die streitgegenständlichen Zinsforderungen nach jeder Betrachtung verjährt, da die vierjährige Verjährungsfrist zu dem Zeitpunkt beginne, zu dem die Unregelmäßigkeit begonnen worden sei. Aber auch bei Anwendung der vom beklagten Hauptzollamt vertretenen nationalen Vorschrift des § 14 MOG sei der mit Bescheid vom 14.11.2003 geltend gemachte Zinsanspruch verjährt. Denn entgegen der Auffassung des beklagten Hauptzollamtes seien die Zinsansprüche nicht erst mit der Bekanntgabe des Rückforderungsbescheides vom 23.09.1999 entstanden. Zwar seien die Zinsansprüche erst mit dem Rückforderungsbescheid durchsetzbar gewesen, die Zinsansprüche seien indes rückwirkend, nämlich sukzessive mit dem jeweils verzinsten Zeitraum entstanden. Dies bedeute, dass im Hinblick auf den Zinsbescheid vom 14.11.2003 Zinsansprüche, die bis zum 31.12.1998 entstanden seien, unter Berücksichtigung der vierjährigen Verjährungsfrist des §§ 197, 201 BGB a.F. verjährt seien. Der Lauf der Verjährungsfristen für die Verzinsungsjahre ab dem 01.01.1999 bis zum 31.05.2003 sei durch den Zinsbescheid vom 14.11.2003 gehemmt worden. Die Hemmung der Verjährung ende nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit, der Rechtssicherheit und der Effektivität des Unionsrechts im Hinblick auf die Normierung des Art. 3 Abs. 1 UAbs. 4 VO Nr. 2988/95 nach Ablauf von acht Jahren am 30.04.2004 bzw. 04.03.2006.

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Die Klägerin beantragt,
den Zinsbescheid vom 14.11.2003 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 26.09.2011 und 12.07.2018 sowie die Einspruchsentscheidung vom 19.10.2018 aufzuheben.

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Das beklagte Hauptzollamt beantragt,
die Klage abzuweisen.

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Es verteidigt die angefochtenen Bescheide unter Hinweis auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und weist ergänzend auf Folgendes hin: Entscheidend sei, dass der Zeitpunkt der jeweiligen Ausfuhren vor dem 01.04.1995 und damit vor dem Inkrafttreten des Art. 11 Abs. 3 VO Nr. 3665/87 in der Fassung der Verordnung Nr. 495/97 gelegen habe, weshalb als zutreffende Rechtsgrundlage für die Verzinsung der Rückforderung § 14 MOG einschlägig sei. Da die Zinsen somit nach Unionsrecht nicht geschuldet seien, folge aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 29.03.2012 (C-564/10), dass die Verjährungsregelung des Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2988/95 nicht gelte, sondern die nationalen Verjährungsregelungen Anwendung fänden.

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Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.

...

Entscheidungsgründe

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Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).

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Die zulässige Anfechtungsklage führt in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zum Erfolg. Die angefochtenen Bescheide sind insoweit rechtswidrig und verletzen die Klägerin insoweit in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

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Als Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Zinsbescheid kommt allein die Vorschrift des § 14 Abs. 1 MOG (in der Fassung vom 27.08.1986) in Betracht. Danach sind Ansprüche auf Erstattung besonderer Vergünstigungen - zu denen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 MOG Ausfuhrerstattungen gehören - vom Zeitpunkt des Empfangs mit 3 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind im Streitfall zwar erfüllt: Die Klägerin ist Schuldnerin der streitgegenständlichen Zinsforderung. Dies folgt aus dem zwischenzeitlich bestandskräftigen Rückforderungsbescheid des beklagten Hauptzollamtes vom 23.09.1999, der an die Klägerin gerichtet ist. Dass die mit dem Zinsbescheid vom 14.11.2003 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 26.09.2011 und 12.07.2018 festgesetzten Zinsen unzutreffend berechnet worden sind, macht die Klägerin nicht geltend. Der streitgegenständliche Zinsbescheid ist indes deshalb in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang rechtswidrig und deshalb insoweit aufzuheben, weil diesem Teil der vom beklagten Hauptzollamt geltend gemachten Zinsansprüche der Einwand der Verjährung entgegensteht. Im Hinblick auf das Vorbringen der Beteiligten merkt der erkennende Senat insoweit im Einzelnen lediglich Folgendes an:

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1. Soweit das beklagte Hauptzollamt auf den zu erstattenden Ausfuhrerstattungsbetrag Zinsen für den Zeitraum bis zum 31.12.1998 festgesetzt hat, ist der angefochtene Zinsbescheid vom 14.11.2003 rechtswidrig; denn dieser Teil der in Rede stehenden Zinsforderung ist verjährt.

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a) Es ist in der Rechtsprechung geklärt, dass sich in Fällen zurückgeforderter Ausfuhrerstattungen für vor dem 01.04.1995 ausgeführte Erzeugnisse die Verjährung des dazugehörigen Zinsanspruchs des beklagten Hauptzollamtes nach den bis zum 31.12.2001 gültigen Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches richtet (BFH, Urteil vom 11.12.2012, VII R 61/10, BFH/NV 2013, 678 = ZfZ 2013, 82). Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 29.03.2012 (C-564/10, ZfZ 2012, 166) im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens erkannt, dass Art. 3 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18.12.1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (ABl. Nr. L 312/1, im Folgenden: VO Nr. 2988/95) im Falle der Rückforderung rechtswidrig aus dem Unionshaushalt erlangter Vorteile nicht für die auf den Rückzahlungsanspruch berechneten Zinsen gilt, wenn diese nicht nach Unionsrecht, sondern allein nach nationalem Recht geschuldet sind (vgl. 1. Leitsatz). So verhält es sich hier: Die wegen zu Unrecht gewährter Ausfuhrerstattungen zu erstattenden Beträge sind im Streitfall nicht nach Unionsrecht, sondern nach nationalem Recht zu verzinsen. Für die Gewährung von Ausfuhrerstattungen für - wie hier - Ausfuhren der Jahre 1992 und 1993 - galt die Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27.11.1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (ABl. Nr. L 351/19, im Folgenden: VO Nr. 3665/87), die anfangs keine Regelung bezüglich der Wiedereinziehung rechtswidrig gewährter Erstattungen enthielt. Vor diesem unionsrechtlichen Hintergrund stützte das beklagte Hauptzollamt den Rückforderungsbescheid vom 23.09.1999 zutreffend auf die nationale Vorschrift des § 10 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 MOG (vgl. Urteil des Senats vom 22.09.2017, 4 K 138/15). Erst mit der Neufassung des Art. 11 VO Nr. 3665/87 durch die Verordnung (EG) Nr. 2945/94 der Kommission vom 02.12.1994 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 (ABl. Nr. L 310/57, im Folgenden: VO Nr. 2945/94) wurde eine Rückforderungsvorschrift zuzüglich einer unionsrechtlichen Verpflichtung der Mitgliedstaaten, auf zu Unrecht gewährte und deshalb zurückgeforderte Ausfuhrerstattungen Zinsen zu erheben, in das unionsrechtliche Ausfuhrerstattungsrecht aufgenommen. Nach Art. 2 VO Nr. 2945/94 ist die Verordnung Nr. 3665/87 in der Fassung dieser Änderung aus dem Jahre 1994 freilich erst auf ab dem 01.04.1995 angemeldete Ausfuhren anzuwenden und gilt folglich nicht für die Ausfuhren des Streitfalles aus den Jahren 1992 und 1993.

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Die von der Klägerin in Bezug genommene Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache C-584/15 steht den vorstehenden Ausführungen nicht entgegen, im Gegenteil: Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 02.03.2017 (C-584/17) bekräftigt, dass Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2988/95 dahin auszulegen sei, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Verjährungsfrist für die Geltendmachung von Zinsansprüchen gelte, die nach Art. 11 Abs. 3 VO Nr. 3665/87 geschuldet seien (Rz. 33). Unter Hinweis auf sein Urteil vom 29.03.2012 (C-564/10) hat der Gerichtshof ausdrücklich klargestellt, dass das dortige Ausgangsverfahren eine Situation betroffen habe, in der die Zinsen allein nach nationalem Recht und nicht - wie in dem Ausgangsverfahren der Rechtssache C-584/15 - nach Unionsrecht geschuldet gewesen seien (Rz. 32).

18

b) Der Bundesfinanzhof hat weiterhin bereits entschieden, dass der Anspruch auf Rückzahlung zu Unrecht gewährter Ausfuhrerstattungen rückwirkend ab dem Zeitpunkt der Erstattungsgewährung zu verzinsen ist und dass die vierjährige Verjährungsfrist des § 197 BGB a.F. nach § 198 Satz 1 i.V.m. § 201 Satz 1 BGB a.F. mit dem Schluss des Jahres beginnt, in welchem die Erstattung gewährt worden ist (vgl. BFH, Urteil vom 11.12.2012, VII R 61/10, BFH/NV 2013, 678 = ZfZ 2013, 82). Soweit der Senat in seinem Urteil vom 09.09.2010 (4 K 77/09, ZfZ 2011, Nr. 1, 3) eine andere Auffassung vertreten hat, hält er an dieser nicht mehr fest. Der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs liegt die Erwägung zugrunde, dass angesichts der Vorschrift des § 14 Abs. 1 Satz 1 MOG, wonach Ansprüche auf Erstattung besonderer Vergünstigungen vom Zeitpunkt "des Empfangs an" (Fassung bis zum 20.05.1996) bzw. "ihrer Entstehung an" (Fassung ab dem 21.05.1996) zu verzinsen sind, der Lauf der Verjährungsfrist für den die Rückzahlung einer besonderen Vergünstigung betreffenden Zinsanspruch nicht erst mit der Bekanntgabe des Rückforderungsbescheids, sondern bereits mit dem Zeitpunkt der unrechtmäßigen Gewährung beginnt (in diesem Sinne auch und bereits BVerwG, Teilurteil vom 21.10.2010, 3 C 4/10, NVwZ 2011, 949; Beschluss vom 21.10.2010, 3 C 3/10, RdL 2011, 78). Zwar seien zurückliegende Zeiträume betreffende Zinsansprüche erst vom Zeitpunkt des Erlasses des Rückforderungsbescheides an durchsetzbar. Daraus sei aber nicht zu schließen, sie könnten auch erst von diesem Zeitpunkt an verjähren (BFH, Urteil vom 11.12.2012, VII R 61/10, BFH/NV 2013, 678 = ZfZ 2013, 82). Wenn diese Ansprüche rückwirkend, nämlich sukzessive mit dem jeweils verzinsten Zeitraum entstünden, müsse auch der rückwirkende Beginn ihrer Verjährung möglich sein unabhängig davon, ob der zuständigen Behörde die anspruchsbegründenden Umstände seinerzeit bereits bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen. Die vom erkennenden Senat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs präferierte Auffassung erscheint im Übrigen auch mit Blick darauf geradezu geboten, dass es nicht in der Hand der Behörde liegen kann, durch die Wahl des Zeitpunktes des Erlasses des Rückforderungsbescheides den Zeitpunkt der "Entstehung" ihres Anspruchs und damit den Beginn des Laufs der Verjährungsfrist zu bestimmen.

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c) Bei Erlass des Zinsbescheides vom 14.11.2003 waren die im Jahr 1998 und früher entstandenen Zinsforderungen des beklagten Hauptzollamtes bereits gemäß §§ 197, 198 Satz 1, 201 Satz 1 BGB a.F. verjährt.

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Der Lauf der vierjährigen Verjährungsfrist des § 197 BGB a.F. begann mit Ablauf des Jahres (§ 201 Satz 1 BGB a.F.), in dem die Zinsansprüche entstanden (§ 198 Satz 1 BGB a.F.), vorliegend also mit Ablauf des 31.12.1992, 31.12.1993 ... bzw. 31.12.1998. Der Lauf der vierjährigen Verjährungsfrist des § 197 BGB a.F. endete folglich mit Ablauf des 31.12.1996, 31.12.1997 ... bzw. 31.12.2002.

21

d) Der Lauf der Verjährungsfrist ist im Streitfall insoweit nicht unterbrochen worden. Insbesondere kommt im Streitfall keine Unterbrechung der Verjährung durch den Erlass des Rückforderungsbescheides vom 23.09.1999 in Betracht. Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 VwVfG - in der seit dem 01.01.2002 geltenden Fassung, BGBl. I 2167 - unterbrechen nur zur Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers erlassene Verwaltungsakte die Verjährung dieses Anspruchs. Der Rückforderungsbescheid vom 23.09.1999 diente allerdings allein der Durchsetzung des Rückzahlungsanspruchs, nicht aber (auch) des Zinsanspruchs des beklagten Hauptzollamtes (vgl. hierzu bereits BFH, Urteil vom 11.12.2012, VII R 61/10, BFH/NV 2013, 678 = ZfZ 2013, 82).

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2. Die mit dem streitgegenständlichen Zinsbescheid vom 14.11.2003 festgesetzten Zinsforderungen des beklagten Hauptzollamtes sind dagegen nicht verjährt, soweit sie die für den Zeitraum vom 01.01.1999 bis 31.05.2003 berechneten Zinsforderungen betreffen. Durch den Erlass des Zinsbescheides vom 14.11.2003 wurde der Lauf der vierjährigen bzw. dreijährigen - vgl. § 194 n.F., in Kraft getreten am 01.01.2002 durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001, BGBl. I 3138 - Verjährungsfrist gehemmt. In diesem Umfang ist der angefochtene Zinsbescheid daher rechtmäßig.

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

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Die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 151 Abs. 1, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 4 MOG findet § 139 Abs. 2 FGO in marktordnungsrechtlichen Streitigkeiten keine Anwendung.

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