Urteil vom Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (3. Berufungskammer) - 3 SaGa 5/20

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Rostock vom 25.03.2020 – 4 Ga 6/20 – wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens über die Rechtmäßigkeit einer arbeitgeberseitigen Weisung im Hinblick auf den Arbeitsort.

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Der seit dem 08.07.1991 als Lkw-Fahrer eines Betonmischers bei der Antragsgegnerin beschäftigte Antragsteller war bisher am Betriebsstandort am H. in A-Stadt beschäftigt. Nunmehr soll er aufgrund der arbeitgeberseitigen Weisung vom 05.03.2020 in C-Stadt tätig werden. In dem Arbeitsvertrag ist ein konkreter Arbeitsort nicht benannt und enthält – soweit hier von Bedeutung – unter der Überschrift „Aufgabenbereich“ folgende Formulierung:

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„Auf Weisung des Arbeitgebers kann der Arbeitnehmer ganz oder teilweise, insbesondere für Urlaubs- oder Krankheitsvertretung, auf anderen Arbeitsplätzen des Unternehmens eingesetzt werden.“

4

Ursprünglich war die Antragsgegnerin Teil eines Unternehmens mit verschiedenen Betriebsstandorten. Der gebildete Betriebsrat bestand aus drei Personen (darunter der Antragsteller), die am Betriebsstandort in A-Stadt tätig waren bzw. sind. Die nach einer Betriebsabspaltung verbliebene Antragsgegnerin setzte ihre geschäftlichen Tätigkeiten am Standort A-Stadt, A. H., mit zunächst sechs Mitarbeitern und zuletzt noch vier Mitarbeitern (darunter die drei Betriebsratsmitglieder) fort.

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Mit Schreiben vom 24.02.2020 teilte die Antragsgegnerin dem Betriebsratsvorsitzenden mit, dass sie vom Ende der Amtszeit des Betriebsrates ausgehe, da die Anzahl der Arbeitnehmer mit Auslaufen eines befristeten Teilzeitarbeitsverhältnisses am 18.02.2020 mit diesem Datum unter fünf – insoweit unstreitig – gefallen sei. Daraufhin hat der Betriebsrat ein Beschlussverfahren im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens u. a. mit dem Ziel der Feststellung eingeleitet, dass der Betriebsrat weiterhin besteht (Arbeitsgericht Rostock 4 BVGa 3/20).

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Mit Schreiben vom 05.03.2020 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass der Betriebsstandort mit Wirkung vom 03.03.2020 nach C-Stadt, C-Straße verlegt worden sei und die Tätigkeit dort ab dem 09.03.2020 ab 07:00 Uhr aufgenommen werden solle. Der neue Betriebssitz ist weniger als 12 km vom ursprünglichen Betriebssitz entfernt. Der tägliche Arbeitsweg vom Wohnort des Antragstellers zum neuen Standort ist weniger als 12 km entfernt. Vom Wohnort des Antragstellers zum bisherigen Sitz des Betriebes betrug die schnellste Strecke etwas mehr als 13 km. Der zeitliche Aufwand für beide Fahrstrecken ist in etwa identisch.

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Zwischen den Parteien ist bei dem Arbeitsgericht Rostock ein weiterer Rechtstreit anhängig. Die Antragsgegnerin führt u. a. im Hinblick auf den Kläger unter dem Aktenzeichen 4 BV 33/19 ein Zustimmungsersetzungsverfahren zu einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung. In dem genannten Verfahren argumentiert die Antragsgegnerin u. a. damit, der Antragsteller habe sich an einer unverhältnismäßigen Arbeitskampfmaßnahme beteiligt und damit erhebliche Pflichtverletzungen begangen.

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Mit seiner Einstweiligen Verfügung begehrt der Antragsteller die Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihn am bisherigen Betriebsstandort in A-Stadt zu beschäftigen. Mit Beschluss vom 25.03.2020 hat das Arbeitsgericht ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden allein den Antrag zurückgewiesen und im Wesentlichen argumentiert, eine Verletzung des billigen Ermessens im Sinne des § 106 GewO liege nicht vor. Die Antragsgegnerin habe im Rahmen einer unternehmerischen Entscheidung den Betriebssitz von A-Stadt nach C-Stadt verlegt. Davon seien alle Mitarbeiter betroffen. Eine unzureichende Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Antragstellers im Rahmen der vorzunehmenden Verhältnismäßigkeitsprüfung sei nicht gegeben.

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Gegen diese am 25.03.2020 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 06.04.2020 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangene sofortige Beschwerde des Antragstellers nebst Begründung.

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Im Rechtsmittelverfahren stützt der Antragsteller den von ihm geltend gemachten Anspruch ausschließlich noch auf § 612 a BGB. Die Sitzverlagerung nach C-Stadt nebst der damit verbundenen Anweisung, dort die Tätigkeit ab dem 09.03.2020 aufzunehmen, sei als Verstoß gegen das Maßregelungsverbot aus § 612 a BGB zu werten. Bereits vor der Betriebsabspaltung sei der Betriebsrat vielfältigen Behinderungen ausgesetzt gewesen. Der damalige Geschäftsführer habe bereits im März 2018 zu erkennen gegeben, dass er mit dem Betriebsrat nicht zusammenarbeiten wolle. Betriebsräte und Gewerkschaften seien für ihn nicht existent und das Betriebsverfassungsgesetz gelte nicht für ihn. Bereits im Juli 2018 sei dann – unstreitig – ein Geschäftsführerwechsel erfolgt. Dem Betriebsrat sei mitgeteilt worden, dass eine Betriebsänderung in Form von zwei Abspaltungen stattfinden sollten. Dies sei dann auch Gegenstand des Interessenausgleiches gewesen. Für den Antragsteller sei damit klar gewesen, dass es um eine Isolierung des Betriebsrates gehe. Außerdem sei es im Laufe des Jahres 2019 beim Antragsteller dreimal zu vermeintlichen Versehen bei der Lohnzahlung gekommen. Im Oktober 2019 sei der Abschlag von 1.000,00 € nicht ausgezahlt worden, weil der Arbeitgeber eventuelle Schadenersatzansprüche angemeldet habe. Des Weiteren habe sich auf der Lohnabrechnung im Oktober ein unberechtigter Pfändungsbetrag (83,00 €) befunden und zuletzt sei es bei der Entgeltfortzahlung wegen Arbeitsunfähigkeit im Januar 2020 zu einem um 650,00 € abgesenkten Abschlagsbetrag gekommen.

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Die plötzliche Verlagerung des Betriebssitzes nach C-Stadt erscheine nur wie eine abschließende Maßnahme, denn es sei nicht anzunehmen, dass das Ende des Mietvertrages zu den Räumlichkeiten am H. in A-Stadt zum Ende Februar 2020 erst kurz vorher aufgefallen sei. Die Sitzverlagerung verbunden mit der Weisung, ab dem 09.03.2020 in C-Stadt die Arbeit anzutreten, sei mithin willkürlich und maßregelnd.

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Der Antragsteller beantragt:

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Der Beschluss zum Aktenzeichen 4 Ga 6/20 wird abgeändert und der Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin wird aufgegeben, bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Zwangsgeldes bis zu 25.000,00 € gegen die gesetzlichen Vertreter der Antragsgegnerin den Antragsteller entgegen der Weisung der Antragsgegnerin vom 05.03.2020 bis auf Weiteres ausschließlich am Betriebsstandort am H., A-Stadt, als Betonmischfahrer zu beschäftigen.

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Die Antragsgegnerin beantragt,

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Die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

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Die Antragsgegnerin trägt vor, der Antragsteller habe weder in der 1. Instanz noch im Beschwerdeverfahren vorgetragen, welche konkrete Rechtsausübung seinerseits die vermeintliche Maßregelung durch die Antragsgegnerin ausgelöst haben solle. Der Antragsteller habe ferner nicht vorgetragen, inwieweit er durch die Versetzung benachteiligt sei. So habe sich der Arbeitsweg sogar – insoweit unstreitig – verkürzt. Die Ausstattung der neuen Betriebsstätte sei im Hinblick auf die Sozialräume ebenfalls besser, als die Ausstattung der alten Betriebsstätte. Das Arbeitsmittel, der Fahrmischer, habe sich – insoweit unstreitig – nicht verändert.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist statthaft und zulässig jedoch nicht begründet.

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1. Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft. Sie ist auch zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt gemäß § 78 ArbGG i. V. m. § 569 ZPO.

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2. Die sofortige Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Unter Berücksichtigung des gegebenen Sach- und Streitstandes ist ein Verfügungsanspruch zu Gunsten des Antragstellers nicht gegeben.

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a) Nach §§ 935 ff. ZPO kommt der Erlass einer Einstweiligen Verfügung nur dann in Betracht, wenn eine Rechtsverletzung vorliegt oder ein Anspruch nicht erfüllt wird (Verfügungsanspruch) und gleichzeitig ein ausreichender Grund dafür vorliegt, in dem summarischen Eilverfahren über das Recht oder den Anspruch zu entscheiden (Verfügungsgrund).

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aa) Aus vertraglichen Gesichtspunkten ergeben sich gemäß § 611 BGB i. V. m. § 106 GewO keine Anhaltspunkte, die den geltend gemachten Anspruch auf Weiterbeschäftigung am ursprünglichen Betriebsstandort der Antragsgegnerin rechtfertigen könnten.

23

Arbeitsvertraglich ist ein konkreter Arbeitsort nicht festgeschrieben. Im Gegenteil haben die Parteien ausdrücklich vereinbart, dass der Antragsteller flexibel auch an anderen Standorten eingesetzt werden kann.

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Auch aus § 106 GewO lässt sich ein anderes Ergebnis nicht fertigen. Gemäß § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Unter Berücksichtigung der genannten Vorgaben ist die Antragsgegnerin berechtigt, gegenüber dem Antragsteller die Erbringung der Arbeitsleistung am neuen Betriebsstandort zuzuweisen. Das notwendige billige Ermessen i. S. d. § 106 Satz 1 GewO ist bezüglich dieser Maßnahme gewahrt. Zur Begründung führt das Arbeitsgericht in der Sache zutreffend wie folgt aus:

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„Billiges Ermessen ist nach dem Bundesarbeitsgericht ein unbestimmter Rechtsbegriff, bei dessen Anwendung dem Tatsachengericht ein Beurteilungsrecht zusteht (BAG, Urteil vom 18.10.2017, NZA 2017, 1452). Unbilligkeit liegt vor, wenn der Arbeitgeber allein seine Interessen durchzusetzen versucht. Beruht die Weisung auf einer unternehmerischen Entscheidung so kommt dieser besonderes Gewicht zu (Erfurter Kommentar/Preis, § 106 GewO Rn. 11 n .w .N.)

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Eine unternehmerische Entscheidung liegt hier schon nach dem Vortrag des Antragstellers vor. …

27

Auch die Interessen des Antragstellers sind nicht über Gebühr beansprucht. Der Arbeitsweg hat sich für ihn nicht verschlechtert. Selbst wenn hier eine Verschlechterung vorliegen würde, liegt sie im Rahmen des § 106 GewO. Der neue Standort ist nach Google Maps weniger als 12 Kilometer vom ursprünglichen Betriebssitz entfernt. Ebenfalls nach diesem Kartenwerk ist der tägliche Arbeitsweg vom Wohnort des Klägers zum neuen Sitz des Betriebes weniger als 12 Kilometer entfernt. Vom Wohnort des Klägers aus zum bisherigen Sitz des Betriebes betrug die schnellste Strecke etwas mehr als 13 Kilometer. In beiden Fällen muss für die schnellste Strecke die A 19 verwendet werden. Für beide Richtungen sind etwas mehr als 20 Minuten Fahrtstrecke einzuplanen. Der Antragsteller muss als Kraftfahrer Beton zu unterschiedlichen Auftraggebern fahren. Dabei dürfte es unerheblich sein, von welchem Betriebssitz er startet. Hier ist folglich eine Unbilligkeit nicht erkennbar.“

28

Zur Vermeidung von Wiederholungen macht sich das erkennende Gericht die vorgenannte Begründung zu Eigen, zumal der Antragsteller sich im Rechtsmittelverfahren nicht gegen die rechtliche Würdigung des Arbeitsgerichts nebst der zugrundeliegenden Tatsachenfeststellungen wendet.

29

bb) Der von dem Antragsteller geltend gemachte Anspruch lässt sich auch nicht auf betriebsverfassungsrechtliche Normen stützen.

30

Selbst wenn man zu Gunsten des Antragstellers ein Restmandat des dreiköpfigen Betriebsrates unterstellt, so kommt eine Mitbestimmung nach § 99 BetrVG nicht in Betracht, da bei der Antragsgegnerin unstreitig in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt sind. Auch § 103 Abs. 3 Satz 3 BetrVG – ein Restmandat des dreiköpfigen Betriebsrates zu Gunsten des Antragstellers unterstellt – steht der Weisung der Antragsgegnerin zur Arbeitsverrichtung am neuen Betriebsstandort gegenüber dem Antragsteller nicht entgegen. Denn § 103 Abs. 3 Satz 1 setzt den Verlust des Amtes oder der Wählbarkeit voraus. Da alle Arbeitnehmer und mithin auch der dreiköpfige Betriebsrat von der Verlegung des Betriebssitzes betroffen sind, sind die genannten Voraussetzungen offensichtlich nicht erfüllt. Da alle Arbeitnehmer der Antragsgegnerin – wie bereits erörtert – von der Verlegung des Betriebssitzes betroffen sind, kommt auch eine Verletzung der Vorgabe des § 78 Satz 3 BetrVG nicht in Betracht.

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cc) Schließlich lässt sich der geltend gemachte Anspruch entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers auch nicht aus den Vorgaben des § 612 a BGB herleiten.

32

Danach darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Maßnahme nicht deshalb benachteiligen, weil dieser in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Dabei kann eine entsprechende Benachteiligung sowohl in einer konkreten Schlechterstellung liegen, als auch in der Vorenthaltung von Vorteilen. Zudem ist erforderlich, dass zwischen der Rechtsausübung und der Benachteiligung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Dafür muss die zulässige Rechtsausübung der tragende Grund, d. h. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme gewesen sein (BAG vom 10.04.2014 – 2 AZR 812/12 – juris Rn. 63). Für das Vorliegen der oben genannten Voraussetzungen trägt grundsätzlich der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast, der sich auf einen Verstoß gegen das Maßregelungsverbot nach § 612 a BGB beruft (Erfurter Kommentar/Preis, 20. Auflage, Rn. 22 zu § 612 a BGB, m. w. N.)

33

Die benannten Voraussetzungen sind vorliegend bereits nach dem Vortrag des Antragstellers nicht erfüllt. Der Antragsteller behauptet in seiner Kernaussage zusammengefasst, er sei bereits in der Vergangenheit durch arbeitsrechtswidrige Maßnahmen in seinen Rechten aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis verletzt worden, weil er sich als Betriebsrat für die berechtigten Interessen der Arbeitnehmerschaft eingesetzt habe bzw. weil er an einer gewerkschaftlich organisierten Streikmaßnahme berechtigt teilgenommen habe. Auch die Verlegung des Betriebssitzes und die daraus resultierende Arbeitsanweisung der Antragsgegnerin, die Arbeit am neuen Betriebssitz zu verrichten bzw. die Arbeit von dort aufzunehmen, diene lediglich und ausschließlich dem Zweck der Schikane.

34

Diese Behauptung des grundsätzlich darlegungs- und beweispflichtigen Antragstellers ist jedoch durch seinen Tatsachenvortrag nicht belegt. Auch beinhalten die von ihm abgereichten zwei eidesstattlichen Versicherungen keine verwertbaren Tatsachengrundlagen, welche die vom Antragsteller aufgestellte Behauptung stützen könnten. Soweit der Kläger diesbezüglich die Auffassung vertritt, bereits die Kurzfristigkeit der Sitzverlegung (mündliche Information am 02.03.2020 und schriftliche Information am 05.03.2020 mit der Aufforderung die Arbeit am neuen Standort am 09.03.2020 aufzunehmen) mache deutlich, dass es der Antragsgegnerin ausschließlich darum gehe, ihn deshalb rechtswidrig zu benachteiligen, weil er in zulässiger Weise in der Vergangenheit die benannten Rechte ausgeübt habe, so vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Bereits der Umstand, dass alle Mitarbeiter der Antragstellerin von der vorgenommenen Verlegung des Betriebssitzes betroffen sind, spricht gegen die Bejahung einer individuellen Benachteiligungsmaßnahme. Zudem wird nicht ersichtlich, worin vorliegend tatsächlich eine Benachteiligung im Sinne negativer Auswirkungen für den Antragsteller bestehen soll. Der Anfahrtsweg von der Wohnung zur neuen Betriebsstätte bleibt für den Antragsteller in zeitlicher Hinsicht und im Hinblick auf die Fahrstrecke nahezu unverändert. Im Hinblick auf die Aufnahme und Durchführung seiner vertraglich geschuldeten Tätigkeit als Lkw-Fahrer eines Betonmischers ergeben sich nach dem gegebenen Sach- und Streitstand jedenfalls keine verschlechternden Bedingungen für den Antragsteller. Soweit der Antragsteller diesbezüglich vorträgt, er bestreite mit Nichtwissen, dass am neuen Standort die notwendigen Sozialräume, Sanitäreinrichtungen oder Büroräume vorhanden seien, so verkennt er die diesbezüglich gegebene und oben erörterte Darlegungs- und Beweislast. Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 25. März 2020 hinreichend detailliert zu den Räumlichkeiten am neuen Standort unter Abreichung von Bildmaterial vorgetragen und ausgeführt, dass die Räumlichkeiten neben mehreren WCs und Waschgelegenheiten über Duschen, Umkleideräume und Pausenräume sowie eine Kochnische verfügen. Dieser Vortrag wird bestätigt durch die eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Antragsgegnerin. Es wäre nunmehr Sache des Antragstellers gewesen, konkret dazu vorzutragen, was an diesen Ausführungen der Antragsgegnerin unzutreffend sein soll und diesen Vortrag ggf. glaubhaft zu machen. Dies ist auch im Rechtsmittelverfahren nicht geschehen. Schließlich ist unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes auch der notwendige unmittelbare Zusammenhang zwischen der behaupteten Rechtsausübung des Antragstellers und der durch ihn behaupteten Benachteiligung durch die Antragsgegnerin nicht schlüssig dargelegt und auch nicht glaubhaft gemacht. Diesbezügliche nähere Einzelheiten trägt der Antragsteller nicht vor. Dagegen heißt es in der eidesstattlichen Versicherung des Geschäftsführers der Antragsgegnerin wie folgt:

35

„Ich habe mich zu einer Verlegung des Betriebsstandortes von „A. H., A-Stadt“ nach „C-Straße, C-Stadt“ entschieden, weil die Nutzungsmöglichkeit der Sozialräume und des Betriebsratsbüros sowie der Stellflächen für die Lkw auf dem Gelände „A. H., A-Stadt“ am 29.02.2020 ausgelaufen ist und ich die Abstellflächen und die Räumlichkeiten an die Eigentümerin, die Firma H. F. GmbH & Co. KG, zurückgeben musste. Ich habe daher zum 01.03.2020 mit der H. B. GmbH Region Nordost aus K.-W. einen Mietvertrag über vier Lkw-Stellplätze auf einem abschließbaren asphaltierten Platz sowie 120 m² Aufenthaltsräume, abgeschlossen und der Betrieb wird jetzt von diesem Standort aus weitergeführt. Die Fahrmischerfahrer starten ihre Touren jetzt also von dort aus und stellen die Fahrzeuge bei Betriebsschluss auch dort wieder ab. Eine Änderung in der Betriebsorganisation ist mit der Verlegung des Standortes nicht verbunden. Das angemietete Gebäude nutzen wir alleine. Es steht also nur meinen Mitarbeitern zu Verfügung. Es verfügt über mehrere WCs und Waschgelegenheiten, über Duschen, Umkleideräume und Pausenräume sowie eine Kochnische und ist damit besser ausgestattet, als die bisher genutzten Räumlichkeiten im Gebäude „A. H.“.“

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Auf der Grundlage des Umstandes, dass der Antragsteller zur Frage des notwendigen unmittelbaren Zusammenhangs i. S. d. § 612 a BGB keine verwertbaren Tatsachen vorträgt und dem Inhalt des hinreichend dezidierten Vortrages der Antragsgegnerin nebst der zitierten eidesstattlichen Versicherung des Geschäftsführers der Antragsgegnerin ist die Kammer zu dem Ergebnis gelangt, dass ein unmittelbarer Zusammenhang i. S. d. § 613 a BGB gerade nicht gegeben ist.

37

Eine Verletzung des Maßregelungsverbots nach § 612 a BGB kann nach alledem zu Gunsten des Antragstellers vorliegend durch das erkennende Gericht nicht festgestellt werden.

38

3. Zur Entscheidung in dieser Sache war die Kammer unter Beteiligung der ehrenamtlichen Richter berufen. Zwar entscheidet nach § 78 Satz 3 ArbGG über die sofortige Beschwerde grundsätzlich das Landesarbeitsgericht ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter. Dies gilt im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes jedoch nur, wenn nicht aufgrund mündlicher Verhandlung durch Urteil über die sofortige Beschwerde zu entscheiden ist. Dies ist vorliegend der Fall. Denn für die Form der Entscheidung ist die verfahrensmäßige Behandlung durch das Landesarbeitsgericht und nicht die Art des Rechtsmittels oder –behelfs maßgeblich. Führt das Landesarbeitsgericht eine mündliche Verhandlung durch, so ist unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter der angegriffene Beschluss zu bestätigen oder abzuändern (LAG Baden-Württemberg vom 09.08.2012 – 18 SaGa 2/12 - juris Rn. 21 ff.)

39

4. Der Antragsteller hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreites zu tragen.

40

Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ist von Gesetzes wegen nicht vorgesehen.

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