Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (10. Kammer) - 10 Sa 262/10
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 21. April 2010 Az.: 4 Ca 3002/09, abgeändert und die Klage abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags.
- 2
Der am … 1950 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit dem 09.07.1997 als Einrichter zu einem Bruttomonatsentgelt von zuletzt € 2.468,00 beschäftigt. Die Beklagte beschäftigt im Werk A-Stadt nach ihren Angaben 160 Arbeitnehmer; es besteht ein Betriebsrat. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie für das Land Rheinland-Pfalz Anwendung.
- 3
Mit Schreiben vom 20.11.2008 stellte der Kläger folgenden Antrag:
- 4
„… hiermit beantrage ich die Altersteilzeit nach den derzeit gültigen tariflichen Bestimmungen, als Blockmodell.
Beginn der Arbeitsphase 08.08.2009 bis 07.08.2012
Beginn der Freistellungsphase 08.08.2012 bis 07.08.2015
…“
- 5
Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 02.09.2009 aus wirtschaftlichen Gründen ab. Mit der am 29.12.2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger zunächst den Abschluss eines Altersteilzeitvertrages im Blockmodell für den Zeitraum vom 08.08.2009 bis zum 07.08.2015 geltend gemacht. Mit Schreiben vom 25.01.2010 teilte er der Beklagten mit, er könne die Regelaltersrente erst mit 65 Jahren und vier Monaten, also ab dem 01.09.2015, beanspruchen.
- 6
In einer Betriebsvereinbarung über Altersteilzeit (13/II/2000-VW) vom 11.02.2000 (Bl. 17/18 d.A.) war - auszugsweise - folgendes geregelt:
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„§ 2 Persönliche Voraussetzungen
Der Arbeitgeber kann mit Arbeitnehmern, die das 55. Lebensjahr vollendet haben … ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis abschließen.
…
§ 5 Anzahl der Beschäftigten nach Altersteilzeit
Ein Rechtsanspruch auf Altersteilzeit besteht nicht. …
Für die Firma … Werk II A-Stadt ist die Anzahl der Altersteilzeitverträge auf vorläufig 2 Mitarbeiter begrenzt.
…“
- 8
Diese Betriebsvereinbarung wurde zum 01.01.2001 geändert. Die geänderte Betriebsvereinbarung 13/II/2000 vom 01.01.2001 (Bl. 21/22 d.A.) lautet - soweit maßgeblich - wie folgt:
- 9
„§ 2 Persönliche Voraussetzungen
Nach Maßgabe der Bestimmungen des Tarifvertrages zur Altersteilzeitarbeit (TV ATZ) und zur Beschäftigungsbrücke (TV BB) für die Metall- und Elektroindustrie Rheinland-Pfalz.
§ 3 Dauer der Altersteilzeit
Die Altersteilzeit soll die Dauer von 2 Jahren nicht unterschreiten und die Dauer von 6 Jahren nicht überschreiten.
Der Rentenbezug muss unmittelbar an die Altersteilzeit anschließen (keine geplante Arbeitslosigkeit)
…
§ 5 Anzahl der Beschäftigten nach Altersteilzeit
Nach Maßgabe der Bestimmungen der Tarifverträge ATZ und BB.
§ 6 Rentenauskunft/ Mitwirkungspflichten des Altersteilzeitnehmers
Der Beschäftigte ist verpflichtet, dem Arbeitgeber vor Abschluss des Altersteilzeitarbeitsvertrages eine Rentenauskunft des zuständigen Rentenversicherungsträgers vorzulegen, aus dem sich der Zeitpunkt ergibt, zu dem der Beschäftigte erstmals eine Rente beanspruchen wird.
…“
- 10
Im Tarifvertrag zur Beschäftigungsbrücke (TV BB) vom 31.03.2000, gültig ab 01.05.2000 (Bl. 56 -59 d.A.) war - soweit vorliegend von Interesse - geregelt:
- 11
§ 2
Anspruch auf Altersteilzeit
Arbeitnehmer, die das 57. Lebensjahr vollendet haben, haben nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Tarifvertrages Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages mit mindestens zweijähriger bis zu sechsjähriger verblockter Altersteilzeit.
- 12
Die Freistellungsphase beginnt spätestens mit dem auf die Vollendung des 60. Lebensjahres folgenden Monatsersten. Der beanspruchte Altersteilzeitvertrag darf nicht vor diesem Termin enden.
- 13
Unabhängig von Ziff. 1 haben 59- und 60-jährige Arbeitnehmer Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages mit zweijähriger verblockter Altersteilzeit.
- 14
Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages ist ausgeschlossen, wenn und solange 4 % (ab 1. Mai 2002 5 %) der Arbeitnehmer des Betriebes von einer Altersteilzeitregelung Gebrauch machen oder diese Grenze durch den Abschluss eines Altersteilzeitvertrages überschritten würde.
- 15
…
- 16
Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages ist auch ausgeschlossen, wenn bereits mehr Arbeitnehmer des jeweiligen Jahrgangs des Arbeitnehmers von einer Altersteilzeitregelung Gebrauch machen als
- 17
40 % des Jahrgangs der 57-jährigen bzw.
50 % des Jahrgangs der 58-jährigen bzw.
60 % des Jahrgangs der 59-jährigen bzw.
70 % des Jahrgangs der 60-jährigen.
- 18
…
- 19
§ 4
Geltendmachung des Anspruchs
Der Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages ist frühestens sechs Monate, spätestens vier Monate vor dem gewünschten Beginn des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses schriftlich zu beantragen. Der Antrag muss den gewünschten Beginn und die Dauer des Altersteilzeitverhältnisses umfassen.
- 20
Der Beginn und der Wechsel in die Freistellungsphase müssen auf einem Monatsersten liegen.
- 21
Der Altersteilzeitvertrag ist spätestens zwei Monate vor dem gewünschten Beginn des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses schriftlich abzuschließen oder der Arbeitgeber hat bis dahin die Ablehnung des Anspruchs schriftlich zu erklären.
…“
- 22
Der Tarifvertrag zur Altersteilzeitarbeit (TV ATZ) vom 05.12.1997 in der Fassung vom 23.11.2004, gültig ab 01.07.2004 (Bl. 47-55 d.A.) lautete - auszugsweise - wie folgt:
- 23
„§ 2
Definition der Altersteilzeit
Beschäftigte, die das 55. Lebensjahr vollendet und im aktuellen Arbeitsverhältnis in den letzten 5 Jahren … in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung … gestanden haben, können mit dem Arbeitgeber ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis nach Maßgabe des Altersteilzeitgesetzes (ATG) und der nachfolgenden tariflichen Bedingungen vereinbaren.
- 24
§ 3
Einführung von Altersteilzeit
Arbeitgeber und Betriebsrat beraten über die Möglichkeit der Einführung von Altersteilzeitarbeitsverhältnissen.
- 25
Bei diesen Beratungen sind die wirtschaftliche Lage des Unternehmens/ Betriebes und die sozialen Belange der Beschäftigten zu erörtern.
- 26
Nach diesen Beratungen kann eine Altersteilzeitregelung durch freiwillige Betriebsvereinbarung eingeführt werden.
…
- 27
§ 11
Altersteilzeit nach Vollendung des 61. Lebensjahres
Kommt eine freiwillige Betriebsvereinbarung nach § 3 Ziff. 3 nicht zustande, so haben Beschäftigte, die das 61. Lebensjahr vollendet haben und die Voraussetzungen für die Erstattung durch die Bundesagentur für Arbeit nach dem ATG erfüllen, einen Anspruch auf ein Altersteilzeitverhältnis in Form des Blockmodells nach folgender Maßgabe:
…“
- 28
Der Kläger ist der Ansicht, er habe einen Rechtsanspruch auf Altersteilzeit gemäß der Altersstaffelung im TV BB. Die Beklagte beschäftige in ihrem Werk A-Stadt 165 Arbeitnehmer, es sei nur eine Arbeitnehmerin in Altersteilzeit. Die Beklagte habe deshalb die 5 %-Hürde bei weitem nicht ausgeschöpft. Zwar sei im TV BB zwingend vorgeschrieben, dass die Freistellungsphase mit Vollendung des 60. Lebensjahres beginnen müsse, dies sei aber im TV ATZ nicht der Fall. Da der TV ATZ und der TV BB auf Grundlage der Betriebsvereinbarung wertgleich nebeneinander stünden, stehe seinem Anspruch nicht entgegen, dass er erst im 62. Lebensjahr mit der Freistellungsphase beginne.
- 29
Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
- 30
die Beklagte zu verurteilen, mit ihm einen Altersteilzeitvertrag entsprechend der Betriebsvereinbarung 13/II/2000 VW im Blockmodell vom 01.09.2009 bis 31.08.2015 abzuschließen.
- 31
Die Beklagte hat beantragt,
- 32
die Klage abzuweisen.
- 33
Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 21.04.2010 stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe einen Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrags entsprechend der Betriebsvereinbarung 13/II/2000-VW im Blockmodell. Der Antrag sei nicht bereits aufgrund formeller Mängel unwirksam. Der im Kammertermin auf den Monatsersten geänderte Klageantrag entspreche nunmehr § 4 Abs. 2 TV BB. Zwar sei der Antrag entgegen § 4 Abs. 1 TV BB nicht frühestens sechs Monate und spätestens vier Monate vor dem gewünschten Beginn des Altersteilzeitvertrags bei der Beklagten eingegangen. Dies führe jedoch nicht zur formellen Unwirksamkeit des Antrags, denn der Kläger habe seinen Antrag vom 21.11.2008 so rechtzeitig gestellt, dass es der Beklagten möglich gewesen wäre, ihn auf die tariflichen Antragsfristen hinzuweisen. Da sie den Antrag des Klägers aber erst nach über neun Monaten mit Schreiben vom 02.09.2009 abgelehnt habe, könne sie sich nach § 242 BGB nicht mehr auf die Fristen des § 4 Abs. 1 TV BB berufen. Soweit der Kläger bislang entgegen § 6 der Betriebsvereinbarung keine Rentenauskunft des zuständigen Rentenversicherungsträgers vorgelegt habe, stehe dies der formellen Wirksamkeit seines Antrags nicht entgegen. Die Auskunft könne jederzeit noch nachgereicht werden. Die Beklagte habe es versäumt, den Kläger bereits zu einem früheren Zeitpunkt hierauf hinzuweisen.
- 34
Die materiellen Voraussetzungen für den Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrags lägen vor. Der Kläger habe das 55. Lebensjahr vollendet und im aktuellen Arbeitsverhältnis in den letzten 5 Jahren vor Beginn der Altersteilzeit mindestens 1.080 Kalendertage in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach SGB III (§ 2 TV ATZ) gestanden. Der Anspruch sei nicht nach § 2 Ziff. 1 TV BB ausgeschlossen. Danach beginne die Freistellungsphase spätestens mit dem auf die Vollendung des 60. Lebensjahres folgenden Monatsersten. Dieser Vorschrift genüge der Antrag des Klägers nicht, weil die Freistellungsphase erst zum 01.09.2012 beginnen solle, wenn der Kläger bereits 62 Jahre alt sein wird. Diese tarifliche Vorschrift komme hier jedoch nicht zur Anwendung. Denn gemäß § 2 der Betriebsvereinbarung werde Altersteilzeit nach Maßgabe der Bestimmungen des TV ATZ und des TV BB gewährt. Danach stünden beide Tarifverträge wertgleich nebeneinander. Dies bedeute, dass die Voraussetzungen für den Abschluss eines Altersteilzeitvertrages entweder nach dem einen oder nach dem anderen Tarifvertrag gegeben sein müssen. Nicht erforderlich sei, dass die Anspruchsvoraussetzungen beider Tarifverträge kumulativ vorliegen müssen. Der TV ATZ kenne im Gegensatz zum TV BB keinen zwingenden spätesten Beginn der Freistellungsphase. Auf seiner Grundlage könne die Freistellungsphase daher ohne Weiteres auch nach der Vollendung des 60. Lebensjahres beginnen.
- 35
Gegen dieses Urteil, das ihr am 28.04.2010 zugestellt worden ist, hat die Beklagte mit am 27.05.2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 25.06.2010 begründet.
- 36
Sie ist der Ansicht, die Betriebsvereinbarung 13/II/2000 begründe nach ihrem Wortlaut keinen eigenen über die tarifvertraglichen Regelungen hinausgehenden Anspruch auf Altersteilzeit. Dies sei mit dem Betriebsrat bei Abschluss der Betriebsvereinbarung weder vereinbart noch besprochen worden. Aus dem TV ATZ ergebe sich kein Rechtsanspruch des Klägers. Der TV ATZ sehe nach seinem Wortlaut nur die Möglichkeit vor, Altersteilzeitverträge zu vereinbaren, räume dem Arbeitnehmer aber keinen Rechtsanspruch ein. Diese Auslegung entspreche auch der Auffassung der Tarifvertragsparteien, wie sie in etlichen Veröffentlichungen ihren Niederschlag gefunden habe. Als Anspruchsgrundlage verbleibe nur der TV BB. Der Kläger erfülle die Anspruchsvoraussetzungen des § 2 Ziff. 1 TV BB jedoch nicht, weil nach seinem Antrag die Freistellungsphase erst zum 01.09.2012 und damit zu einem Zeitpunkt nach Vollendung des 62. Lebensjahres beginnen soll. Auch die Voraussetzungen des § 2 Ziff. 2 TV BB seinen nicht erfüllt, weil der Kläger eine verblockte Altersteilzeit von deutlich mehr als zwei Jahren verlange. Im Übrigen habe der Kläger die Antragsfrist des § 4 Abs. 1 TV BB nicht gewahrt. Außerdem habe er erst rückwirkend im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht am 21.04.2010 einen Antrag gestellt, der den Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 TV BB genüge. Schließlich habe der Kläger entgegen § 6 der Betriebsvereinbarung die erforderliche Rentenauskunft nicht vorgelegt. Eine rückwirkende Heilung sei auch insoweit nicht möglich. Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 25.06.2010 (Bl. 100-106 d.A.) nebst Anlagen Bezug genommen.
- 37
Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich,
- 38
das Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 21.04.2010, Az.: 4 Ca 3002/09, abzuändern und die Klage kostenpflichtig abzuweisen.
- 39
Der Kläger beantragt,
- 40
die Berufung zurückzuweisen.
- 41
Er verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe seines Schriftsatzes vom 10.08.2010 (Bl. 141-145 d.A.), auf den ergänzend Bezug genommen wird. Durch Abschluss der Betriebsvereinbarung vom 01.01.2001 seien die Tarifverträge ATZ und BB nebeneinander anwendbar, deren Voraussetzungen für den Abschluss eines Altersteilzeitvertrages nicht kumulativ vorliegen müssten. Bei Abschluss der Betriebsvereinbarung sei gewollt gewesen, für die Beklagte die Pflicht zu begründen, einen Altersteilzeitvertrag abzuschließen. Diese Vorgehensweise sei auch von den Tarifvertragsparteien so bezweckt worden. Der TV ATZ begründe im Zusammenhang mit der Betriebsvereinbarung einen Anspruch. Der Beklagte sei es nach Treu und Glauben verwehrt, sich darauf zu berufen, dass er die Frist des § 4 Abs. 1 TV BB nicht gewahrt habe. Sie könne sich auch nicht darauf berufen, dass er zunächst eine Altersteilzeit ab dem 08.08.2009 bis zum 07.08.2015 beantragt habe. Die aktuelle Rentenauskunft könne er jederzeit nachreichen.
- 42
Auch im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 19.08.2010 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
- 43
Die nach § 64 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Berufung ist somit zulässig.
- 44
Die Wirksamkeit der Berufung hängt nicht davon ab, dass die Abschriften der Berufungsschrift als auch der Begründungsschrift, die den Prozessbevollmächtigten des Klägers förmlich zugestellt wurden, nach deren Behauptung nicht unterzeichnet sind. Die in den Gerichtsakten verbliebene Urschrift der Berufungsschrift als auch der Begründungsschrift ist vom Prozessbevollmächtigten der Beklagten unterzeichnet worden. Nur hierauf kommt es an. Die etwaige Verletzung der Sollvorschrift, die erforderliche Anzahl von beglaubigten Abschriften beizufügen (§ 525 i.V.m. § 133 Abs. 1 Satz 1 ZPO), hat nicht die Unzulässigkeit der Berufung zur Folge.
II.
- 45
Die Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Der Kläger hat aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch gegen die Beklagten auf Abschluss des verlangten Altersteilzeitarbeitsvertrages für sechs Jahre vom 01.09.2009 bis zum 31.08.2015. Das Urteil des Arbeitsgerichts ist deshalb abzuändern und die Klage abzuweisen.
- 46
1. Der geltend gemachte Anspruch folgt nicht aus dem Tarifvertrag zur Beschäftigungsbrücke (TV BB), der seit dem 01.05.2000 gültig war.
- 47
Der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 2 Ziff. 1 TV BB. Danach hatten Arbeitnehmer, die - wie der 1950 geborene Kläger - das 57. Lebensjahr vollendet haben, zwar einen Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages mit mindestens zweijähriger bis zu sechsjähriger verblockter Altersteilzeit. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 2 Ziff. 1 TV BB musste die Freistellungsphase der verblockten Altersteilzeit jedoch spätestens mit dem auf die Vollendung des 60. Lebensjahres folgenden Monatsersten beginnen (sog. „Drehtür 60“ - Modell). Der Kläger will die Freistellungsphase der beantragten sechsjährigen Altersteilzeit am 01.09.2012 beginnen. Zu diesem Zeitpunkt hat er bereits das 62. Lebensjahr vollendet. Damit ist dieses tarifliche Tatbestandsmerkmal nicht erfüllt; ein Anspruch auf Altersteilzeit nach § 2 Ziff. 1 TV BB besteht nicht.
- 48
Auch die Voraussetzungen des § 2 Ziff. 2 TV BB liegen nicht vor. Danach hatten 59- bis 60-jährige Arbeitnehmer Anspruch auf eine zweijährige Altersteilzeit. Der Kläger verlangt eine verblockte Altersteilzeit von sechs Jahren.
- 49
2. Ein Anspruch des Klägers auf Abschluss einer Altersteilzeitvereinbarung für die Zeit vom 01.09.2009 bis zum 31.08.2015 ergibt sich auch nicht aus dem Tarifvertrag zur Altersteilzeit (TV ATZ), der ab dem 01.07.2004 gültig war.
- 50
Nach § 11 TV ATZ hatten Beschäftigte, die das 61. Lebensjahr vollendet hatten, unter bestimmten Bedingungen einen Anspruch auf ein Altersteilzeitverhältnis (sog. „61er-Modell“). Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis durfte längstens vier Jahre dauern; es konnte frühestens mit dem 61. Lebensjahr beginnen und sollte spätestens mit dem vollendeten 65. Lebensjahr enden. Der Antrag des (am 08.04.1950 geborenen) Klägers erfüllt diese tariflichen Voraussetzungen nicht. Er beantragt eine sechsjährige Altersteilzeit, die er bereits vor Vollendung des 61. Lebensjahres am 01.09.2009 beginnen und erst nach Vollendung des 65. Lebensjahres am 31.08.2015 beenden will.
- 51
Weitere Anspruchsgrundlagen auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages enthielt der TV ATZ, der am 01.01.2010 - ebenso wie der TV BB - durch den neuen Tarifvertrag zum flexiblen Übergang in die Rente (TV FlexÜ) in der Metall- und Elektroindustrie abgelöst worden ist, nicht. Die Tarifvertragsparteien hatten in § 11 TV ATZ einen Anspruch für 61-jährige Arbeitnehmer geregelt. Eine Altersteilzeitregelung konnte ansonsten gemäß § 3 Ziff. 3 TV ATZ durch freiwillige Betriebsvereinbarung eingeführt werden. Die in § 3 Ziff. 3 TV ATZ vereinbarte Klausel stellt für die Betriebsparteien eine Altersteilzeitregelung zur Disposition.
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3. Ein Anspruch des Klägers auf ein sechsjähriges Altersteilzeitverhältnis vom 01.09.2009 bis zum 31.08.2015 lässt sich schließlich nicht aus der Betriebsvereinbarung 13/II/2000 vom 01.01.2001 herleiten.
- 53
Das folgt schon daraus, dass der Kläger die formellen Voraussetzungen nicht erfüllt, weil er entgegen seiner Pflicht aus § 6 der Betriebsvereinbarung der Beklagten keine Rentenauskunft des zuständigen Rentenversicherungsträgers vorgelegt hat. Es kann dahinstehen, ob der Kläger diese Rentenauskunft bereits bei Antragstellung im November 2008, spätestens jedoch vor dem beantragten Beginn der Altersteilzeit - zuletzt am 01.09.2009 - hätte vorlegen müssen. Selbst wenn er - wie das Arbeitsgericht angenommen hat - die Rentenauskunft hätte nachreichen dürfen, hätte er sie jedenfalls spätestens bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz am 19.08.2010 vorlegen müssen. Dies ist nicht geschehen.
- 54
Im Übrigen steht dem Kläger aus der Betriebsvereinbarung 13/II/2000 vom 01.01.2001 kein materieller Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages zu. In § 2 der Betriebsvereinbarung ist geregelt, dass Altersteilzeitverträge nach Maßgabe der Bestimmungen der Tarifverträge zur Altersteilzeitarbeit (TV ATZ) und zur Beschäftigungsbrücke (TV BB) abzuschließen sind. Der Kläger erfüllt - wie ausgeführt - weder die tariflichen Anspruchsvoraussetzungen des TV ATZ noch des TV BB. Die Betriebsvereinbarung 13/II/2000 begründet keinen eigenen über den TV ATZ oder den TV BB hinausgehenden Rechtsanspruch auf Altersteilzeit, sondern knüpft ausdrücklich an die tarifvertraglichen Regelungen an.
III.
- 55
Das angefochtene Urteil war daher abzuändern und die Klage abzuweisen. Der Kläger hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
- 56
Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.
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- ZPO § 517 Berufungsfrist 1x
- § 4 Abs. 1 TV 4x (nicht zugeordnet)
- 4 Ca 3002/09 2x (nicht zugeordnet)
- ArbGG § 72 Grundsatz 1x
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