Beschluss vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (11. Kammer) - 11 Ta 53/12
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 31.01.2012 - in Form der teilweisen Nichtabhilfeentscheidung vom 28.02.2012 - wird auf Kosten des Beschwerdeführers zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
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Der Antragsteller begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für seinen Klageentwurf vom 19.12.2011. In dem Klageentwurf macht er Ansprüche auf Überstundenvergütung und Urlaubsabgeltung geltend.
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In der Zeit vom 10.08.2010 bis 30.09.2011 war der Antragsteller als Fahrer bei dem Antragsgegner zu einer Bruttomonatsvergütung von 1.500,-- EUR beschäftigt. Arbeitsvertraglich war eine 40-Stunden-Woche vereinbart worden.
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Der Antragsgegner stellte dem Antragsteller im Verlauf des Arbeitsverhältnisses zwei Arbeitszeitbestätigungen zur Vorlage bei einer Kindertagesstätte aus. In der Bestätigung vom 02.09.2010 führt der Antragsgegner aus, dass der Antragsteller in einem bis zum 09.02.2011 befristeten Arbeitsverhältnis montags bis freitags von 8:00 Uhr bis 18:00 Uhr bei ihm tätig ist. In der zweiten Bescheinigung vom 20.02.2011 führt der Antragsgegner aus, dass der Antragsteller in einem bis zum 09.08.2011 befristeten Arbeitsverhältnis bei ihm montags bis freitags von 7:30 Uhr bis 18 Uhr beschäftigt ist.
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Der Antragsteller begehrt auf der Grundlage dieser beiden Bestätigungen die Zahlung von 265 Überstunden. In den 23 Wochen vom 02.09.2010 bis 09.02.2011 habe er jeweils mindestens 5 Überstunden, in den 20 Wochen zwischen dem 20.02.2011 und dem 09.08.2011 jeweils mindestens 7,5 Überstunden geleistet.
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Exemplarisch legt der Antragsteller anhand der ihm vorliegenden Transportaufträge für den Zeitraum vom 16. - 20.05.2011 dar, dass er in dieser Woche eine Mindestarbeitszeit von 51,5 Stunden gehabt habe. Hierbei berücksichtigt er die Entfernungs- und Fahrzeitenangaben für einen PKW aus www.googlemaps.com und verlängert diese um 1/3 wegen der Nutzung eines beladenen Transporters. Er addiert 12,5 Stunden für 37 Be- und Entladevorgänge, die er mit jeweils 20 bis 30 Minuten ansetzt, und eine weitere Stunde für die erforderlichen 4 Tankvorgänge.
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Der Antragsteller trägt vor, dass er häufig auf Anordnung des Antragsgegners schon um 4:30 Uhr im Betrieb gewesen sei. Teilweise sei er durch die Nacht gefahren und habe im Transporter übernachtet.
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Der Antragsgegner bestreitet, dass regelmäßig Überstunden geleistet worden wären. Soweit es tatsächlich zur Ableistung von Mehrarbeit gekommen sei, habe der Antragsteller in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang Freizeitausgleich gewährt bekommen.
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Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat mit Beschluss vom 31.01.2012 den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Auf die Beschwerde des Antragstellers vom 27.02.2012 wurde der Beschwerde unter Datum vom 28.02.2012 teilweise abgeholfen und dem Antragsteller Prozesskostenhilfe für den Anspruch auf Urlaubsabgeltung bewilligt.
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Auf die Anfrage des erkennenden Gerichts hat der Antragsteller seine sofortige Beschwerde, sofern ihr nicht abgeholfen wurde, aufrecht erhalten.
II.
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Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 127 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 78 ArbGG, §§ 567 ff ZPO zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und darüber hinaus auch begründet.
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In der Sache ist das Rechtsmittel jedoch unbegründet, soweit ihm nicht der Richter in seiner Abhilfeentscheidung vom 28.02.2012 stattgegeben hat. Das weitere Rechtsbegehren des Beschwerdeführers auf Zahlung von Überstundenvergütung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
- 12
Nach § 114 ZPO kann Prozesskostenhilfe nur bewilligt werden, wenn das Rechtsbegehren der Partei hinreichende Erfolgsaussichten bietet. Dies ist der Fall, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers anhand des vorgetragenen Sachverhalts für zutreffend oder vertretbar hält. Hinreichende Erfolgsaussicht bedeutet nicht Erfolgsgewissheit, so dass die Erfolgsaussichten nicht überspannt werden dürfen, weil das Hauptsacheverfahren nicht in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe verlagert werden darf. Das Prozesskostenhilfeverfahren will den grundrechtlich garantierten Rechtsschutz nicht selbst bieten, sondern ihn erst zugänglich machen (vgl. Bundesverfassungsgericht, NJW 2000, 1937; NZA 2001, 1091). Prozesskostenhilfe darf allerdings verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, aber nur eine entfernte Erfolgschance besteht.
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Diesen eingeschränkten Voraussetzungen wird der Klageentwurf vom 19.12.2011 im Hinblick auf die begehrte Überstundenvergütung nicht gerecht. Der Antragsteller hat es versäumt, die anspruchsbegründenden Voraussetzungen für den Anspruch auf Überstundenvergütung vorzutragen.
- 14
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts muss ein Arbeitnehmer zur Begründung eines zwischen den Arbeitsvertragsparteien streitigen Anspruchs auf Vergütung von Überstunden im einzelnen darlegen, an welchen Tagen und in welchem zeitlichen Umfang er über die für ihn geltende Arbeitszeit hinaus tätig geworden ist. Ferner ist vorzutragen, ob die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, oder zur Erledigung der übertragenen Aufgaben notwendig waren oder vom Arbeitgeber gebilligt oder geduldet worden sind (BAG 14.10.1997 - 7 AZR 62/96 - zitiert nach juris, Rn. 15; BAG, 25.11.1993 - 2 AZR 517/93 - BAGE 75, 153, 164 = AP Nr. 3 zu § 14 KSchG 1969, zu II 2 der Gründe m.w.N.).
- 15
Der Antragsteller hat mit seinem Vortrag diesen Anforderungen nicht genügt. Er hat für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 02.09.2010 bis 09.08.2011 nicht vorgetragen, wann er an den jeweiligen Arbeitstagen mit der Arbeit begonnen und wann er sie beendet hat. Soweit er sich auf die Arbeitszeitbestätigungen gegenüber der Kindertagesstätte stützt und hieraus seine Mindestarbeitszeiten ableiten will, kann er hiermit nicht gehört werden. Denn die vorgelegten konkreten Transportaufträge, die er auszuführen hatte, stehen im Widerspruch zu den in den Arbeitszeitbestätigungen aufgeführten regelmäßigen Arbeitszeiten. So war er in der exemplarisch vorgetragenen Woche vom 16. - 20.05.2011 in weiten Teilen außerhalb der gegenüber der Kindertagesstätte angegebenen Arbeitszeiten für den Antragsgegner tätig. Er übernachtete allein dreimal in seinem Transporter. Wie er selbst ausführt, handelt es sich hierbei um eine typische Woche aus seinem Arbeitsalltag. Der Inhalt der Arbeitszeitbestätigungen ist hierdurch widerlegt.
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Auch für die Woche vom 16. - 20.05.2011 hat der Kläger nicht substantiiert genug zu den geleisteten Überstunden vorgetragen. Eine Klage ist nur schlüssig begründet, wenn die Anfangs- und Endzeiten der Arbeitstätigkeit konkret benannt werden. Es reicht hingegen nicht aus, Fahrzeitenangaben auf der Grundlage von www.googlemaps.com zu machen und hierzu Be- und Entladezeiten sowie Zeiten für Tankvorgänge in einer pauschal geschätzten Dauer zu addieren.
- 17
Der Antragsteller hat auch keinen Anspruch auf Auskunft gegenüber dem Antragsgegner durch Vorlage der in seinen Händen befindlichen Transportaufträge. Als vertragliche Nebenpflicht in Verbindung mit § 242 BGB kann ein Auskunftsanspruch bejaht werden, wenn der Gläubiger ohne eigenes Verschulden über das Bestehen und den Umfang seiner Rechte keine Gewissheit hat und deshalb auf die Auskunft des Schuldners angewiesen ist, der sie unschwer geben kann. Ein darüber hinausgehender allgemeiner Auskunftsanspruch besteht zwischen den Arbeitsvertragsparteien nicht. Da der Arbeitnehmer ohne weiteres die von ihm geleistete Arbeitszeit im Einzelnen erfassen kann, kann er vom Arbeitgeber zur Durchsetzung von Überstundenvergütungsansprüchen grundsätzlich keine Auskunft verlangen. Soweit er nicht substantiiert vorgetragen hat, weil er entsprechende Aufzeichnungen nicht getätigt hat, beruht dies auf eigenem Verschulden. Insoweit ist auch für Berufskraftfahrer anerkannt, dass grundsätzlich ein Auskunftsanspruch zu geleisteten Arbeitszeiten gegen den Arbeitgeber nicht besteht (BAG 26.06.1985 - 7 AZR 150/83 - zitiert nach juris; LAG Hamm 24.05.1984 - 4 (2) Sa 206/84 - zitiert nach juris).
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Nach alledem war die unbegründete sofortige Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
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Die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht konnte angesichts der gesetzlichen Kriterien von § 78 Satz 2 i.V.m. § 72 Abs. 2 ArbGG nicht zugelassen werden. Ein Rechtsmittel ist damit gegen diese Entscheidung nicht gegeben.
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Referenzen
- 2 AZR 517/93 1x (nicht zugeordnet)
- ArbGG § 78 Beschwerdeverfahren 1x
- 7 AZR 62/96 1x (nicht zugeordnet)
- § 14 KSchG 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 127 Entscheidungen 1x
- ZPO § 114 Voraussetzungen 1x
- ZPO § 97 Rechtsmittelkosten 1x
- 7 AZR 150/83 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 242 Leistung nach Treu und Glauben 1x
- ArbGG § 72 Grundsatz 1x
- §§ 567 ff ZPO 1x (nicht zugeordnet)