Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (11. Kammer) - 11 Sa 619/11

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 25.08.2011, Az.: 9 Ca 1755/10, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Die Parteien streiten über Annahmeverzugsvergütung für den Zeitraum von März bis Dezember 2010 in Gesamthöhe von 3.060,-- EUR brutto sowie über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung vom 01.10.2010.

2

Der Beklagte betreibt in Z ein Restaurant.

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Mit anwaltlichem Schreiben vom 11.05.2010 machte die Klägerin gegenüber dem Beklagten die ausstehende Arbeitsvergütung für die Monate März und April 2010 geltend und verlangte ihre Weiterbeschäftigung als Reinigungskraft. Hierauf erklärte der Beklagte fernmündlich gegenüber der damaligen Anwältin der Klägerin, dass er die Klägerin gar nicht kenne.

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Die Klägerin hat mit Klageschrift vom 03.09.2010 Annahmeverzugsvergütung für den Zeitraum von März bis August 2010 eingeklagt und ihre vertragsgemäße Beschäftigung als Reinigungskraft geltend gemacht.

5

Hierauf sprach der Beklagte unter Datum vom 01.10.2010 vorsorglich eine außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus.

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Die Klägerin hat die Klage mit Schriftsatz vom 15.10.2010 erweitert und die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung geltend gemacht.

7

Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen:

8

Sie sei seit Juli 2005 bei dem Beklagten als Reinigungskraft beschäftigt gewesen. Mitte Juni 2005 habe sie Kontakt zum Beklagten aufgenommen. Bei den nachfolgenden Vertragsverhandlungen in Anwesenheit ihres Ehemannes im Restaurant habe sie sich mit dem Beklagten darauf geeinigt, dass sie an 7 Tagen in der Woche im Umfang von je 1 Stunde Reinigungsarbeiten für den Beklagten zu einem Bruttostundenlohn von 10,00 € verrichten werde. Ihre Vergütung habe sie jeweils am Monatsletzten in bar erhalten, Abrechnungen habe es nicht gegeben.

9

Die Reinigungsarbeiten habe sie zum ganz überwiegenden Teil in der Zeit zwischen 8 und 9 Uhr erbracht. Standen größere Reinigungsarbeiten, wie das Fensterreinigen, an, sei sie auch bereits um 7 Uhr zur Arbeit erschienen. In der Regel sei sie von ihrem Ehemann zur Arbeit gebracht und dort wieder abgeholt worden. Am Ende ihrer Arbeitszeit habe sie gelegentlich den Koch des Beklagten, Herrn Y, getroffen.

10

Am 26.02.2010 habe ihr der Beklagte telefonisch mitgeteilt, dass sie am 27.02.2010 nicht mehr zur Arbeit kommen müsse, er habe im Übrigen die Türschlösser ausgetauscht. Sie müsse gar nicht mehr zur Arbeit kommen, denn Frau X übernehme die Reinigungsarbeiten wieder. Drei bis vier Tage später sei es noch zu einem Gespräch der Parteien in Anwesenheit ihres Ehemannes im Restaurant gekommen. Der Beklagte habe die Vergütung für Februar 2010 gezahlt und auf Vorhaltungen der Klägerin nochmals betont, er könne nichts machen.

11

Sie sei immer noch im Besitz eines Schlüssels für das Restaurant, eines Plastikteils zur Öffnung der Toiletten und eines kleinen metallenen Schlüssels zur Öffnung der Seifenspender.

12

In den letzten drei Jahren sei sie in Abwesenheitszeiten von Frau W, der Lebensgefährtin ihres Sohnes, vertreten worden.

13

Die Klägerin hat in der ersten Instanz beantragt,

14

den Beklagten zu verurteilen, an sie € 3.060,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank

15

aus € 310,00 brutto seit dem 01.04.2010,

16

aus € 300,00 brutto seit dem 01.05.2010,

17

aus € 310,00 brutto seit dem 01.06.2010,

18

aus € 300,00 brutto seit dem 01.07.2010,

19

aus € 310,00 brutto seit dem 01.08.2010,

20

aus € 310,00 brutto seit dem 01.09.2010,

21

aus € 300,00 brutto seit dem 01.10.2010,

22

aus € 310,00 brutto seit dem 01.11.2010,

23

aus € 300,00 brutto seit dem 01.12.2010 und

24

aus € 310,00 brutto seit dem 01.01.2011

25

zu zahlen,

26

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die fristlose Kündigung vom 01.10.2010, zugegangen am 07.10.2010, nicht aufgelöst wird, sondern bis zum 31.12.2010 weiterbesteht.

27

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und widerklagend den Antrag gestellt,

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die Klägerin zu verurteilen, dem Beklagten den Schlüssel zu seiner Gaststätte in Z, E-Straße, herauszugeben.

29

Die Klägerin hat beantragt,

30

die Widerklage abzuweisen.

31

Der Beklagte hat vorgetragen,

32

er kenne die Klägerin nur vom Sehen. Es habe niemals ein Arbeitsverhältnis mit ihr bestanden. Von 1998 bis 2010 habe Frau V die Reinigungsarbeiten im Restaurant durchgeführt. Er habe am 20.04.2006 durch den Inhaber eines Schlüsseldienstes, Herrn A., eine Schließanlage in die Eingangstür seiner Gaststätte einbauen lassen. Seither lasse sich die Eingangstür nur noch mit einem Chip und nicht mehr mit einem BKS-Schlüssel öffnen.

33

Das Arbeitsgericht Mainz hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen C., W, V, Y und A.. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle vom 17.03.2011 und vom 25.08.2011 verwiesen.

34

Mit Urteil vom 25.08.2011, Az. 9 Ca 1755/10, hat das Arbeitsgericht die Klage und die Widerklage abgewiesen und hat dies im Hinblick auf die Klage wie folgt begründet:

35

Die Klägerin habe nicht beweisen können, dass ein Arbeitsvertrag mit dem Beklagten bestanden habe. Zwar seien ihre Angaben von den von ihr benannten Zeugen C. und W bestätigt worden, jedoch seien diese Angaben durch die Aussage der gegenbeweislich benannten Zeugen so grundlegend in Frage gestellt worden, dass der Beweis nicht als erbracht angesehen werden könne. Die Aussage des Zeugen A. spreche entscheidend gegen die Richtigkeit des Vorbringens der Zeugin W und des Zeugen C.. Der Zeuge A. habe glaubhaft bekundet, schon im Frühjahr 2006 im Restaurant des Beklagten elektronische Zylinder eingebaut zu haben, die nicht mit einem herkömmlichen Schlüssel, wie ihn die Klägerin gezeigt habe, bedient werden könnten. Er sei persönlich glaubwürdig und habe kein erkennbares Interesse am Ausgang des Verfahrens.

36

Das Urteil ist der Klägerin am 14.10.2011 zugestellt worden. Sie hat am 07.11.2011 Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 11.01.2012, zugegangen am 12.01.2012, innerhalb der bis 16.01.2012 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet.

37

Die Klägerin verweist darauf, dass die vorgelegte Rechnung vom 20.04.2006 über die Schließanlage inklusive Montage einen Mehrwertsteuersatz von 19 % ausweise, obwohl bis zum 31.12.2006 ein Mehrwertsteuersatz von 16 % bundesweit gegolten habe. Die Rechnung, die zudem keine Rechnungsnummer beinhalte, müsse folglich nachträglich erstellt worden sein.

38

Der Zeuge Y habe widersprüchliche Angaben gemacht. Es dürfte außer Frage stehen, dass er die Klägerin morgens im Restaurant des Beklagten gesehen habe.

39

Es sei ferner nicht nachvollziehbar, dass die Zeugin V über 5 Jahre für den Beklagten geputzt habe und dann nicht wisse, ob man zum Öffnen des Seifenspenders einen Schlüssel benötige.

40

Die Klägerin beantragt,

41

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 25.08.2011- 9 Ca 1755/10 – abzuändern, soweit die Klage abgewiesen worden ist, und

42

den Beklagten zu verurteilen, an sie € 3.060,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank

43

aus € 310,00 brutto seit dem 01.04.2010,

44

aus € 300,00 brutto seit dem 01.05.2010,

45

aus € 310,00 brutto seit dem 01.06.2010,

46

aus € 300,00 brutto seit dem 01.07.2010,

47

aus € 310,00 brutto seit dem 01.08.2010,

48

aus € 310,00 brutto seit dem 01.09.2010,

49

aus € 300,00 brutto seit dem 01.10.2010,

50

aus € 310,00 brutto seit dem 01.11.2010,

51

aus € 300,00 brutto seit dem 01.12.2010 und

52

aus € 310,00 brutto seit dem 01.01.2011

53

zu zahlen,

54

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die fristlose Kündigung vom 01.10.2010, zugegangen am 07.10.2010, nicht aufgelöst wird, sondern bis zum 31.12.2010 weiterbesteht.

55

Der Beklagte beantragt,

56

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

57

Der Beklagte trägt vor, der Zeuge A. habe die Schließanlage im April 2006 eingebaut. Dass die Rechnung einen Mehrwertsteuersatz von 19 % aufweist, liege daran, dass die Rechnung nachträglich vom Zeugen noch mal erstellt werden musste; die Originalrechnung habe nicht mehr vorgelegen. Er habe den Zeugen im Rahmen des Prozesses gebeten, ihm die Rechnung noch mal auszudrucken. Wegen der nachträglichen Erstellung der Bestätigungsrechnung fehle auch die Rechnungsnummer.

58

Die Zeugin W sei aus freien Stücken in seine Gaststätte gekommen und habe erklärt, dass sie vor dem Arbeitsgericht Mainz falsch ausgesagt habe. Sie habe nie irgendwelche Putzarbeiten in der Gaststätte des Beklagten ausgeführt.

59

Das Landesarbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen W und A.. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle vom 15.03.2012 und 21.06.2012 verwiesen.

60

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf die Feststellungen in den Sitzungsprotokollen verwiesen.

Entscheidungsgründe

61

A.Die nach § 64 Abs. 2b und 2c ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist somit zulässig.

62

B.Die Berufung hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

63

I.Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung gemäß §§ 615, 611 BGB für den Zeitraum von März bis Dezember 2010.

64

Sie hat im Prozess nicht beweisen können, dass ein Arbeitsvertrag zwischen den Parteien zu Stande gekommen ist und in diesem Zeitraum ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden hat. Der Aussage ihres Ehemannes stehen mittlerweile 4 Zeugenaussagen entgegen. Deren Inhalt spricht entscheidend gegen die Richtigkeit des Vorbringens des Zeugen C..

65

Der Ehemann der Klägerin, der Zeuge C., hat im Rahmen der Beweisaufnahme vor dem Arbeitsgericht den wesentlichen Vortrag der Klägerin zum Vertragsschluss, den Umfang der geschuldeten und der tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung sowie die Höhe der vereinbarten Vergütung bestätigt. Allerdings tat sich ein Widerspruch zum Vortrag der Klägerin auf: Während die Klägerin vortrug, dass sie mit der Arbeit morgens um 8 Uhr angefangen habe, hat der Zeuge bekundet, dass die Klägerin um 6 Uhr mit der Arbeit begonnen habe.

66

Der Aussage des Zeugen C. standen in der 1. Instanz bereits die Angaben der beiden Zeugen Y und V entgegen. Der Zeuge Y, der als Koch im Restaurant beschäftigt ist, hat den Vortrag der Klägerin nicht bestätigt, wonach sich die beiden gelegentlich morgens im Restaurant bei der Arbeit getroffen hätten. Er bekundete, dass er die Klägerin vom Sehen kenne, sie aber niemals im Lokal des Beklagten getroffen habe. Er komme erst morgens um 10:30 Uhr ins Lokal und wisse nicht, ob sie morgens da ist. Auch wenn sich der Zeuge im weiteren Verlauf der Vernehmung in Widersprüche verwickelte, wer ihm denn nun bei seinem Erscheinen morgens die Tür aufgemacht habe - Frau V oder der Beklagte - , so blieb es bei seiner Aussage, dass er die Klägerin nicht im Restaurant gesehen hat.

67

Die gegenbeweislich vom Beklagten benannte Zeugin V sagte aus, dass sie beim Beklagten von 1998 bis April 2010 als Putzfrau im Restaurant gearbeitet habe. Sie sei fast jeden Tag da gewesen, habe keinen Tag in der Woche frei gehabt. Die Arbeitszeit habe zwischen 6 Uhr und 6:30 Uhr begonnen und 2 bis 3 Stunden gedauert.

68

Nachdem die Zeugin W in der 1. Instanz noch den Vortrag der Klägerin bestätigt hatte, wonach sie als Vertreterin der Klägerin Reinigungsarbeiten im Restaurant wahrgenommen hat, widerrief sie diese Äußerung in der Berufungsinstanz zunächst schriftlich mit Erklärung vom 08.03.2012. Bei ihrer nochmaligen Vernehmung vor dem Landesarbeitsgericht führte die Zeugin aus, dass sie niemals im Restaurant des Beklagten gearbeitet habe. Sie habe nie einen Schlüssel von der Klägerin erhalten und Putzarbeiten in deren Abwesenheit im Restaurant durchgeführt. Ihre anderslautende Aussage vor dem Arbeitsgericht erklärte die Zeugin damit, dass sie unter dem Druck der Familie der Klägerin gestanden habe. Sie hat für die Dauer von 8 Jahren mit dem Sohn der Klägerin in einer eheähnlichen Gemeinschaft gelebt. Die Beziehung sei am 28.02.2012 auseinander gegangen.

69

Die Kammer erlebte die Zeugin als glaubwürdig. Sie erweckte nicht den Eindruck, dass sie sich nach dem Scheitern ihrer Beziehung zum Sohn der Klägerin durch eine jetzige Falschaussage zulasten der Klägerin rächen wollte. Vielmehr vermittelte sie den Eindruck, dass sie ihr Gewissen erleichtern wollte und daher das Bedürfnis hatte, ihre frühere, falsche Aussage zu berichtigen. Hierfür sprechen ihre Erklärungen, dass sie schon die ganze Zeit Gewissensbisse hatte und dass sie jetzt mit hocherhobenem Kopf bei dem Beklagten eine Pizza essen gehen kann. Für den Wahrheitsgehalt der Aussage in der 2. Instanz spricht zudem, dass sich die Klägerin hiermit selbst einer Falschaussage vor Gericht bezichtigte und damit freiwillig das Risiko einer Strafverfolgung eingegangen ist. Dieses Risiko war ihr zum einen aufgrund der Belehrungen vor dem Arbeitsgericht und dem Landesarbeitsgericht bekannt. Zum anderen gab sie kund, dass der Sohn der Klägerin sie kurz vor ihrer Aussage im Gerichtsgebäude darauf hingewiesen habe, dass 50.000,-- € zu zahlen seien, und dass das Gefängnis winke. Trotz dieses Drucks, den sie anschaulich schilderte, ging sie in den Gerichtssaal und widerrief ihre erstinstanzlichen Äußerungen.

70

Der Zeuge A. bestätigte im Rahmen der Beweisaufnahme vor dem Landesarbeitsgericht seine erstinstanzliche Aussage, wonach er im Jahr 2006 elektronische Schließzylinder im Restaurant des Beklagten eingebaut hat. Nach Einbau der Schließzylinder sei der Beklagte am 20.04.2006 zu ihm gekommen und habe ihm das Geld hierfür gezahlt. Diese Schließzylinder lassen sich mit einem Chip und nicht mehr mit einem herkömmlichen Schlüssel öffnen, wie ihn die Klägerin im Prozess vorgelegt hat. Damit ist der Vortrag der Klägerin widerlegt, dass sie mit diesem Schlüssel in den letzten Jahren Zugang zum Restaurant des Beklagten hatte, um dort Reinigungsarbeiten durchzuführen.

71

Dass sich die Eingangstür zum Restaurant seit Jahren nur noch mit einem Chip öffnen ließ, wurde auch durch die beiden Zeugen Y und V in der ersten Instanz bestätigt. Der Zeuge Y führte aus, dass sein Chef die Tür mit einem blauen Chip öffnete. Die Zeugin V bekundete, dass sie die Tür zu Beginn ihrer Tätigkeit mit einem normalen Schlüssel geöffnet habe. Seit einiger Zeit, ca. seit 5 Jahren, gäbe es einen blauen Chip, den man nur vor die Tür halte, und dann gehe die Tür auf.

72

Die Bedenken der Berufung im Hinblick auf die vom Beklagten vorgelegte Rechnung über den Einbau einer Schließanlage inkl. Montage vom 20.04.2006 konnten durch den Zeugen A. überzeugend ausgeräumt werden. Der Zeuge erläuterte nachvollziehbar, weshalb die Rechnung mit dem Ausstellungsdatum 20.04.2006 einen Mehrwertsteuersatz von 19 % beinhaltet, obwohl der Mehrwertsteuersatz durch den Gesetzgeber erst zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich zum 01.01.2007, von 16 % auf 19 % erhöht worden war. Ursprünglich hatte es nach Angaben des Zeugen für den Verkauf der Schließzylinder und deren Montage keine Rechnung gegeben. Es handelte sich vielmehr um einen Barverkauf. Der Zeuge legt Wert darauf, dass er sämtliche Geschäfte mit Gastronomen nur in bar tätigt. Für seine Geldzahlung erhielt der Beklagte einen Kassenbon.

73

Irgendwann später erschien der Beklagte beim Zeugen und bat um eine Rechnung über diesen Vorgang, um sie steuerrechtlich Gewinn mindernd ansetzen zu können. Die elektronischen Schließzylinder waren unter dem Oberbegriff „Zubehör“ in der Buchhaltung der Kasse verbucht worden. Bei Prüfung der Buchungsvorgänge in der Kasse im Jahr 2006 konnte ermittelt werden, dass die elektronischen Schließzylinder für den Beklagten unter dem Datum 20.04.2006 gebucht worden waren. Andere Buchungsvorgänge zum Oberbegriff „Zubehör“ kamen hierfür nach Aussage des Zeugen nicht in Betracht.

74

Als der Beklagte die Rechnung erbat, galt bereits der erhöhte Mehrwertsteuersatz. Der Zeuge A. arbeitet zum Erstellen seiner Rechnungen mit einem Excel-Programm, in welchem der aktuelle Mehrwertsteuersatz bereits vorab hinterlegt ist. Deshalb stellte er automatisch eine Rechnung über den Verkauf der elektronischen Schließzylinder mit einem Mehrwertsteuersatz von 19 % aus, ohne sich damals Gedanken darüber zu machen, dass zum Zeitpunkt der Zahlung ein niedrigerer Satz gegolten hat.

75

Da es zuvor wegen des Barverkaufs keine Rechnung über diesen Vorgang gegeben hatte, trug die nachträglich angefertigte Rechnung keine Rechnungsnummer. Soweit auf der Rechnung „Schließanlage“ anstelle von “elektronischen Schließzylinder“ steht, bekundete der Zeuge, dass dies mit den Wünschen des Steuerberaters des Klägers zusammenhängen könnte.

76

II.Auch der Kündigungsschutzantrag war zurückzuweisen, da die Klägerin - wie oben dargelegt - nicht beweisen konnte, dass zum Zeitpunkt des Zugangs der vorsorglich ausgesprochenen Kündigung vom 01.10.2010 ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden hat.

77

C.Erweist sich die angefochtene Entscheidung somit als richtig, war die hiergegen gerichtete Berufung mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.

78

Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen angesichts der Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht.

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