Beschluss vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (9. Kammer) - 9 Ta 124/12

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Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 1. wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 18.06.2012 - 4 Ca 351/12 - abgeändert und dem Beklagten zu 1. mit Rückwirkung zum 23.05.2012 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt M. A-Stadt, bewilligt. Dies geschieht mit der Maßgabe, dass derzeit keine Ratenzahlung zu leisten ist.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Der Beklagte zu 1. wurde im vorliegenden Rechtsstreit, der zunächst vor dem Landgericht Mainz anhängig war und mit Beschluss vom 09.02.2012 an das Arbeitsgericht Mainz verwiesen wurde, seit dem 13.10.2009 durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten. Ein Prozesskostenhilfeantrag war durch diesen Prozessbevollmächtigten nicht gestellt worden.

2

Am 10.05.2012, knapp 2 Wochen vor dem Kammertermin vom 23.05.2012, zeigte der jetzige Prozessbevollmächtigte an, dass er ab sofort die rechtlichen Interessen des Beklagten zu 1. vertrete. Mit Schriftsatz vom 08.05.2012, eingegangen am 16.05.2012, nahm der Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 1. inhaltlich zu den Klageanträgen Stellung und beantragte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter seiner Beiordnung.

3

Das Arbeitsgericht setzte dem Beklagten zu 1. im Kammertermin vom 23.05.2012 eine Frist von zwei Wochen zur nachvollziehbaren Darlegung dessen, wovon er seinen Lebensunterhalt bestreitet. Dieser Auflage kam der Beklagte zu 1. mit Schriftsatz vom 05.06.2012 nach. Die Klage wurde mit Urteil vom 23.05.2012 abgewiesen.

4

Mit Beschluss vom 18.06.2012 wies das Arbeitsgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurück. Zur Begründung führte es aus, dass der Antrag auf Beiordnung aus besonderen Gründen im Sinne von § 11a Abs. 2 ArbGG nicht erforderlich sei. Der Antragsteller sei seit Jahren durch einen anderen Rechtsanwalt vertreten worden. Es gebe keine nachvollziehbaren Gründe, weshalb der jetzige Prozessbevollmächtigte nun auf Kosten der Steuerzahler beigeordnet werden müsse. Der frühere Prozessbevollmächtigte sei weiter zur Vertretung bereit gewesen. Es sei nicht ersichtlich, dass er seinen Verpflichtungen nicht hinreichend nachgekommen wäre.

5

Der Beschluss wurde dem Beklagtenprozessbevollmächtigten am 21.06.2012 zugestellt. Er legte hiergegen mit Schreiben vom 26.06.2012 sofortige Beschwerde per Telefax ein.

6

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Beschwerdegericht vorgelegt.

II.

7

Die sofortige Beschwerde ist nach § 78 ArbGG, §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthaft; sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden und auch sonst zulässig.

8

In der Sache hat die sofortige Beschwerde Erfolg.

9

Dem Beklagten zu 1. war mit Rückwirkung zum 23.05.2012 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt M. zu bewilligen. Eine Bewilligung mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Antragstellung kommt nicht in Betracht, da dem Schriftsatz vom 08.05.2012, dessen Original am 21.05.2012 bei Gericht einging, die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse noch nicht beigefügt war. Der Antrag war zu diesem Zeitpunkt noch nicht entscheidungsreif.

10

Die Voraussetzungen des § 114 ZPO liegen vor. Die beabsichtigte Rechtsverteidigung des Beklagten zu 1. hatte hinreichende Aussicht auf Erfolg: Die Klage, gegen die er sich verteidigte, wurde mit Urteil vom 23.05.2012 abgewiesen. Der Beklagte zu 1. hat auch seine wirtschaftliche Bedürftigkeit durch die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und die nachfolgende ergänzende Erklärung im Schriftsatz vom 05.06.2012 über das Bestreiten seines Lebensunterhalts nachgewiesen.

11

Es liegen keine besonderen Gründe im Sinne des § 11a Abs. 2 ArbGG vor, aufgrund derer die Beiordnung nicht erforderlich wäre. Zwar wurde der Beklagte zu 1. im Prozess zuvor schon über einen mehrjährigen Zeitraum durch einen Anwalt vertreten. Ihm steht allerdings wie jeder anderen, vermögenden Partei das Recht zu, auch noch kurzfristig vor einer mündlichen Verhandlung einen Anwaltswechsel vorzunehmen. Einschränkungen dieses Rechts existieren nur für den Fall, dass bereits der erste Anwalt unter Bewilligung von Prozesskostenhilfe beigeordnet worden war (vgl. zu dieser Fallgestaltung LAG Hamburg 28.04.2011 - 4 Ta 26/10 - und LAG Hamm 12.09.2003- 4 Ta 470/02 - zitiert nach juris). Denn dann erfordert die Neubeauftragung eines zweiten Anwalts die Aufhebung der erfolgten Beiordnung des ersten Anwalts nach § 48 Abs. 2 BRAO. Diese Aufhebung kann nur aus wichtigen Gründen erfolgen. Hinsichtlich der Bewilligungsvoraussetzungen für die Prozesskostenhilfe ist in diesem Fall zu prüfen, ob das Begehren der mittellosen Partei, ihr statt des zunächst beigeordneten einen anderen Prozessbevollmächtigten beizuordnen, nicht mutwillig ist. Dies ist dann der Fall, wenn eine vermögende, vernünftige Partei die durch einen Anwaltswechsel entstehenden Mehrkosten auf sich nehmen würde.

12

Hier war bislang keine Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des ersten Anwalts bewilligt worden. Es ist daher nicht zu prüfen, ob eine vermögende, vernünftige Partei die durch einen Anwaltswechsel entstehenden Mehrkosten auf sich nehmen würde. Auch der erste Anwalt hätte jederzeit einen Prozesskostenhilfeantrag stellen können, der positiv hätte beschieden werden müssen.

13

Die Rechtsbeschwerde (§§ 78 S. 2, 72 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 574 ff ZPO) war nicht zuzulassen; die Entscheidung ist daher nicht anfechtbar.

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