Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (9. Kammer) - 9 Sa 237/12
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 03.04.2011, Az.: 11 Ca 145/11 wird zurückgewiesen.
2. Der Auflösungsantrag der Beklagten wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Rechtsmäßigkeit der ordentlichen, auf verhaltens- und personenbedingte Gründe gestützte Kündigung der Beklagten vom 27.12.2011, die Verpflichtung der Beklagten zur tatsächlichen Weiterbeschäftigung des Klägers sowie über einen Auflösungsantrag der Beklagten.
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Der 1955 geborene, verheiratete Kläger ist seit 1984 bei der Beklagten in deren Werk in H., in welchem ständig mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt werden, tätig. Im Betrieb H. ist ein Betriebsrat errichtet. Die Grundlage des Arbeitsverhältnisses war zuletzt der Arbeitsvertrag der Parteien in der Fassung des Änderungsvertrages vom 1.Mai 2001 (Bl. 5 ff, 145 f. d. A.), der auszugsweise Folgendes vorsieht:
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"1. Pflichten und Verantwortung
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1.1 Mit Wirkung vom 01.05.2001 übertragen wir Ihnen die Funktion 'Leiter Personal'. In dieser Funktion berichten Sie direkt an den Geschäftsführer der F.-M. S. GmbH und sind Mitglied des Führungskreises.
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Wir sehen Sie als leitenden Angestellten im Sinne des § 5 Abs. 3 Ziff. 3 BetrVG an.“
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Die Bruttomonatsarbeitsvergütung des Klägers belief sich zuletzt auf 6.684,-- €. Unter dem 25. März 2009 erteilte die Beklagte dem Kläger eine schriftliche Abmahnung (Bl. 37 f. d. A.) mit folgendem Inhalt:
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„Als Personalleiter [...] sind Sie innerhalb von F.-M. in Deutschland für den reibungslosen und korrekten Ablauf aller Personalvorgänge am Standort verantwortlich, die Sie als Leitender Angestellter bei den entsprechenden Vorgängen auch durch ihre Unterschrift legitimieren. Zum korrekten Ablauf der Personalvorgänge gehört neben der nötigen Fachkenntnis auch die unbedingte Einhaltung der Vorgaben aus dem Konzern.
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[...]
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Bereits im Februar 2009 haben acht Mitarbeiter von der F.-M. S. GmbH, H., die im Rahmen von Restrukturierungen so schnell wie möglich abgebaut werden sollten, jeweils einen Altersteilzeitvertrag mit einer mehrjährigen Laufzeit erhalten, der jeweils von dem Geschäftsführer, S., und von Ihnen als Personalleiter unterschrieben worden war. Gleichzeitig wurden diese Mitarbeiter ausnahmslos mit sofortiger Wirkung für die gesamte Laufzeit der Alter[steil]zeit freigestellt. Dieses Vorgehen führte zu einer Kostenbelastung von 1,7 Mio. $ für Ihren Arbeitgeber, ohne dass ihm eine Gegenleistung gegenüber gestanden hätte.
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Sie waren bereits vor Abschluss der fraglichen Verträge darüber informiert worden, dass laut den Konzernrichtlinien der F.-M. (Muttergesellschaft) im Rahmen der Restrukturierung Abfindungszahlungen über 50.000 $ durch die so genannte ‚C. and B.-Abteilung’ der Konzernzentrale in S., USA, vorher genehmigt werden müssen und dass darüber hinaus alle Abfindungszahlungen über 100.000 $ durch den C. entschieden werden.
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In einem Gespräch vom 10.03.2009 räumten Sie ein, dass diese ATZ-Verträge mit entsprechender Freistellung einen einfachen Weg zum geforderten Personalabbau darstellen sollten. Die dabei der Firma hierdurch zusätzlich entstehenden Kosten (‚de facto Abfindung’) wurden von Ihnen nicht als Hinderungsgrund angesehen. Dennoch haben Sie diese Verträge mitunterzeichnet, ohne sich zuvor innerhalb der Konzernorganisation beispielsweise bei Herrn M. oder Frau F. rückzuversichern, ob diese Vorgehensweise im Einklang mit den Konzernrichtlinien steht. [...]“
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Nachdem der Kläger in einem Personalgespräch vom 18.07.2011 einräumte, 12 befristet beschäftigte Mitarbeiter sowie 4 eingestellte Sommeraushilfen nicht in das Head-Count-Reporting einbezogen zu haben, erteilte die Beklagte dem Kläger eine weitere Abmahnung mit Datum vom 29. August 2011 (Bl. 147 f. d. A.), die auszugsweise wie folgt lautet:
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"Seit dem 4. Juli 2011 kam innerhalb der B. P.S. & B. der Verdacht auf, dass die für den Standort H. berichtete Personenzahl von insgesamt 359 Mitarbeitern zum Stichtag 30. Juni 2000 nicht vollständig richtig sei.
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Sowohl der Finanzbereich als auch die zuständige Personaldirektorin Frau S. F. starteten Untersuch[ung]en mit dem Ziel, den Wahrheitsgehalt der berichteten Headcount-Zahlen zu überprüfen. Bis zum 18. Juli 2011 war es trotz intensiver Bemühungen nicht möglich, die Differenzen zwischen der berichteten H.-Mitarbeiterzahl von 359 und dem Ergebnis der Abfrage aus dem konzernweit genutzten Personalabrechnungssystem S. 2005 von 374 Mitarbeitern abzugleichen. Im Laufe der Gespräche mit Ihnen und dem inzwischen beurlaubten Werkleiter ergaben sich immer neue Zweifel an der Korrektheit und erforderliche Korrekturen an der Verschlüsselung des Datenbestands.
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Als das Ergebnis der Untersuchung auch am 15. Juli 2011 noch kein zufrieden stellendes Resultat vorweisen konnte, ordnete Frau F. ein persönliches Gespräch für Montag, 18. Juli 2011 in W. an.
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Auch im Rahmen dieses persönlichen Gesprächs wurde bestätigt, dass Sie auf Anweisung des Werkleiters mehrfach eine Zahl von zuletzt 12 befristeten Mitarbeitern (ehemalige FM-Auszubildende) und seit Ende Juni 2011 weitere vier befristete Sommeraushilfen nicht im Headcount-Reporting gemeldet hatten.
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Hinzu kommen weitere 1,5 Mitarbeiter aus dem Kreis der so genannten 400 Euro-Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die ebenfalls für den Monat Juni 2011 nicht gemeldet wurden.
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Auf Nachfrage bestätigten Sie, dass Sie geplant hatten, diese fehlenden 5,5 Mitarbeiter gemeinsam mit neuen zusätzlichen Aushilfen im Rahmen des Juli-Reporterings ergänzt erden sollten. [...]“
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Die Beklagte stellte nach - terminlich nicht genau benannter - weiterer Prüfung fest, dass für drei externe Wachdienstmitarbeiter unbefristete Minijob-Verträge bis zu einem Maximalbetrag von 399,00 EUR ausgegeben worden waren, die der Kläger als Handlungsbevollmächtigter der Beklagten unterzeichnet hatte. Diese Verträge galten Herrn H. K. (Ablichtung des Vertrags vom 27. November 2008 als Werksfahrer auf Abruf nach Arbeitsanfall in Bl. 41 ff. d.A.), Herrn D. E. (Ablichtung des Vertrags vom 27. November 2008 mit gleichem Inhalt in Bl. 45 ff. d.A.) sowie Frau C. D. (Ablichtung des ab 1. Januar 2009 geltenden Vertrags als Werksfahrerin auf Abruf nach Arbeitsanfall in Bl. 49 ff. d.A.). Auf diese Verträge hatte die Beklagte die vereinbarten Vergütungen geleistet. Ob seitens der Mitarbeiter im Gegenzug Arbeitsleistungen erbracht worden waren, blieb zwischen den Parteien streitig.
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Am 1. September 2011 widerrief die Beklagte dem Kläger gegenüber die Position eines Personalleiters und übertrug die entsprechenden Aufgaben der Mitarbeiterin Frau P., als deren rechte Hand der Kläger fortan zu fungieren hatte. Am 21. September 2011 widerrief die Beklagte außerdem die dem Kläger erteilte Handlungsvollmacht mit sofortiger Wirkung (Ablichtung des Mitteilungsschreibens in Bl. 36 d.A.). Der Kläger erkrankte darauf hin. Einen unter dem 26. September 2011 übermittelten Aufhebungsvertrag nahm er nicht an. Auf diesbezügliche Anfrage eines Mitarbeiters der Holdinggesellschaft der Beklagten antwortete der Kläger am 11. November 2011, in der er weiter ausführte, noch in ärztlicher Behandlung zu stehen, ohne dass nach Auskunft der Ärzte eine Herstellung der Arbeitsfähigkeit schon absehbar sei (Ablichtung des e-mail-Kontakts in Bl. 60 f. d.A.).
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Mit Schreiben vom 19. Dezember 2011 hörte die Beklagte den bei ihr gebildeten Betriebsrat zur beabsichtigten ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus betriebsbedingten Gründen an. Als „Begründung für die beabsichtigte Maßnahme“ führte sie (Ablichtung in Bl. 63 d.A.) aus: „Herr [...] soll ordentlich und fristgemäß zum 30.06.2012 gekündigt werden. Wir beziehen uns hier auf die Abmahnungen vom 29.08.2011 und 25.03.2009. Des Weiteren beziehen wir uns auf die bereits erfolgten mündlichen Abreden und Informationen.“ Der Betriebsrat widersprach mit Beschlussfassung vom 21. Dezember 2011 unter Mitteilung an die Beklagte vom 23. Dezember 2011 (Kopie des Widerspruchsschreibens in Bl. 9 f. d.A.).
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Mit Schreiben vom 27. Dezember 2011, zugegangen am 28. Dezember 2011, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 30.06.2012.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts sowie des wechselseitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird im Übrigen gem. § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 03.04.2012, Az.. 11 Ca 145/12 (Bl. 154 ff. d. A.).
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Soweit für das Berufungsverfahren von Interesse hat das Arbeitsgericht durch das genannte Urteil festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 27.12.2011 nicht aufgelöst wurde und die Beklagte verurteilt, den Kläger über den 30.06.2012 hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits als Leiter Personal weiter zu beschäftigen.
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Zur Begründung hat das Arbeitsgericht -zusammengefasst- ausgeführt:
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Die Kündigung sei mangels sozialer Rechtfertigung nach § 1 Abs. 1 KSchG rechtsunwirksam. Dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung im Betrieb entgegen gestanden hätten, seien nicht dargelegt worden. Ebenso wenig sei die Kündigung aus in der Person des Klägers liegenden Gründen sozial gerechtfertigt. Soweit die Beklagte die Kündigung auf die Erkrankung des Klägers stütze, fehle es an der erforderlichen negativen Zukunftsprognose. Prognosetatsachen dahingehend, dass zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung mit einer dauernden Leistungsunfähigkeit zu rechnen oder die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit innerhalb von 24 Monaten völlig ungewiss gewesen sei, lägen nicht vor. Die zum Zeitpunkt der Kündigung angefallene Krankheitsdauer von 13 Wochen rechtfertige angesichts der Tatsache, dass es sich um einen einmaligen Krankheitsfall gehandelt habe ohne das Hinzutreten weiterer Umstände eine solche Prognose nicht. Auch auf den Inhalt der E-Mail des Klägers vom 11.11.2011 könne eine solche Prognose nicht gestützt werden.
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Auch verhaltensbedingte Gründe i. S. d. § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG lägen nicht vor. Auf die im Abmahnungsschreiben vom 25.03.2009 geschilderte angebliche Pflichtverletzung könne die Beklagte die Kündigung nicht stützen. Zum einen sei durch die Abmahnung der Kündigungsvorwurf verbraucht. Zum anderen sei die Abmahnung aber auch unberechtigt, da ein Verstoß des Klägers gegen die konzerninterne Anzeigepflicht für Abfindungen von 50.000,-- Dollar und mehr nicht erkennbar sei. Der Kläger habe keine Abfindungen vereinbart, sondern Altersteilzeitarbeitsverträge abgeschlossen.
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Soweit die Beklagte die Kündigung auf weitere, nicht von der Abmahnung vom 29.08.2011 erfasste Fälle einer Verletzung von Meldepflichten im Rahmen des Head-Count-Reporting stützen wolle, habe sie nicht dargelegt, dass der Kläger nach Zugang der Abmahnung erneut Meldepflichten verletzt habe. Da die Leitungszuständigkeit zudem ab dem 1. September 2011 auf Frau P. übertragen worden sei, sei es auch nicht wahrscheinlich, dass der Kläger gerade in der Zeitspanne zwischen dem 29. und 31. August 2011 etwaige Meldepflichten erneut verletzt habe. Soweit sich die von der Beklagten genannten Fälle K., E. und D. vor der Abmahnung vom 29.08.2011 ereignet haben sollten, der Beklagten aber nicht bekannt gewesen seien, ergebe sich aus diesen drei Fällen keine gegenüber dem abgemahnten Sachverhalt qualitativ gesteigerte Pflichtverletzung, die nunmehr statt einer Abmahnung eine Kündigung rechtfertigte. Die Beklagte habe zudem in der Abmahnung ausgeführt, dass der Kläger die Meldepflicht u.a. hinsichtlich 1,5 Mitarbeiterstellen für geringfügig Beschäftigte verletzt habe. Sie habe in ihrem prozessualen Vortrag offen gelassen, ob es sich hierbei nicht bereits um die Beschäftigten K., E. und D. gehandelt habe.
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Soweit die Beklagte dem Kläger vorwerfe, dass die genannten Beschäftigten möglicherweise Vergütung ohne Erbringung von Gegenleistung erhalten hätten, sei nicht ersichtlich, dass der Kläger die behauptete Nichterbringung von Arbeitsleistung überhaupt kannte, billigte oder gefördert habe. Es sei nicht ersichtlich, dass eine diesbezügliche Kontrolle überhaupt in den Verantwortungsbereich des Klägers falle, noch bei annähernd 400 Mitarbeitern im Betrieb überhaupt leistbar sei.
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Da die Kündigung somit bereits mangels sozialer Rechtfertigung rechtsunwirksam sei, komme es auf die Frage, ob die Kündigung auch nach § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG unter dem Gesichtspunkt nicht ordnungsgemäßer Betriebsratsanhörung unwirksam sei, nicht mehr an.
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Infolge Unwirksamkeit der Kündigung stehe dem Kläger auch ein allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch bis zum Abschluss des Kündigungsschutzrechtsstreits zu. Der Antrag sei auch hinreichend bestimmt.
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Das genannte Urteil ist der Beklagten am 24.04.2012 und dem Kläger am 20.04.2012 zugestellt worden. Die Beklagte hat hiergegen mit einem am 21.05.2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der mit Beschluss vom 13.06.2012 bis zum 20.07.2012 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 20.07.2012, beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen, begründet. Der Kläger hat mit Berufungserwiderung gemäß Schriftsatz vom 11.09.2012, eingegangen am 12.09.2012 innerhalb der bis zum 13.09.2012 verlängerten Berufungserwiderungsfrist Anschlussberufung eingelegt und diese zugleich begründet.
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Zur Begründung ihrer Berufung nebst des im Berufungsverfahren gestellten Auflösungsantrags und in Erwiderung auf die Anschlussberufung des Klägers macht die Beklagte nach Maßgabe ihrer Schriftsätze vom 20.07.2012 und 29.10.2012, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 204 ff., 269 ff. d. A.), im Wesentlichen geltend:
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Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei die Kündigung bereits aus personenbedingten Gründen sozial gerechtfertigt. Die Beklagte habe angesichts der E-Mail des Klägers vom 11.11.2011 davon ausgehen müssen, dass es völlig ungewiss gewesen sei, wann und ob der Kläger innerhalb der nächsten 24 Monate wieder arbeitsfähig sein werde. Hierfür spreche, dass die E-Mail des Klägers vom 11.11.2011 in Zusammenhang stehe mit dem Vorschlag der Beklagten zu einer "Outplacement"-Lösung. Dem Kläger sei daher bewusst gewesen, dass seine Antwort gemäß E-Mail vom 11.11.2011 sich nicht nur im privaten Bereich bewege, sondern dass der Bestand des Arbeitsverhältnisses wegen der Erkrankung auf dem Spiel gestanden habe. Der Kläger sei seiner sich aus § 138 Abs. 2 ZPO ergebenden Verpflichtung darzutun, weshalb mit einer baldigen Genesung zu rechnen gewesen sei, nicht ausreichend nachgekommen.
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Die Kündigung sei auch aus verhaltensbedingten Gründen sozial gerechtfertigt. Soweit das Arbeitsgericht offen gelassen habe, ob die Fälle K., E. und D. bereits die in der Abmahnung vom 29.08.2011 genannten drei Geringfügigkeitsfälle seien, finde sich hierfür prozessrechtliche keine Stütze, da der Kläger dies unzulässiger Weise lediglich mit Nichtwissen bestritten habe. Unzutreffend sei auch, dass diese weiteren Meldepflichtverstöße unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit lediglich zu einer weiteren Abmahnung hätten herangezogen werden können. Da zwischen den Parteien streitig geblieben sei, ob die genannten Mitarbeiter überhaupt Arbeitsleistung erbracht hätten, hätte das Arbeitsgericht dies durch Beweisaufnahme aufklären müssen. Durch die Abmahnung vom 25.03.2009 sei der Kläger dahingehend gewarnt gewesen, dass gegenleistungsfreie Arbeitgeberaufwendungen nur nach entsprechender Rückversicherung entsprechend der Konzernrichtlinie zulässig seien.
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Der Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers sei nicht hinreichend bestimmt. Einer Weiterbeschäftigung stünden auch überwiegende schutzwürdige Interessen der Beklagten entgegen, da die Beklagte nicht gleichzeitig zwei Personen in der Funktion "Leiter Personal" beschäftigen könne.
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Jedenfalls sei dem hilfsweise gestellten Auflösungsantrag zu entsprechen. Der Kläger sei Leitender Angestellter i. S. d. § 14 Abs. 2 KSchG der im Innen- wie auch im Außenverhältnis und bezogen auf eine bedeutende Anzahl von Arbeitnehmern zur selbständigen Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt gewesen sei. Diese Kompetenz sei auch tatsächlich bis zum Schreiben der Beklagten vom 01.09.2011 ausgeübt worden. Der Widerruf der Beklagten der Position des Personalleiters vom 01.09. und dem Widerruf der dem Kläger erteilten Handlungsvollmacht vom 21.09.2011 hätten an diesem Status nichts geändert. Der Auflösungsantrag scheitere auch nicht daran, dass die Kündigung nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Sozialwidrigkeit, sondern auch unter dem Gesichtspunkt nicht ausreichender Anhörung des Betriebsrats rechtsunwirksam sei. Der Kläger sei Leitender Angestellter i. S. d. § 5 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 und 3, Abs. 4 BetrVG gewesen, so dass es einer Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG nicht bedurft habe. Zudem sei der Betriebsrat auch ordnungsgemäß i. S. d. § 102 BetrVG ordnungsgemäß unter Mitteilung der Gründe für die Kündigung angehört worden, dahingehend, dass über den Abmahnungsnachweis vom März 2009 bei weiteren Untersuchungen weitere Personen bzw. Verträge aufgetaucht seien, namentlich die Beschäftigten K., E. und D., die vom Kläger ebenfalls im Rahmen der Mitarbeiterzahl nicht angezeigt worden seien, und dass die Herstellung seiner Arbeitsfähigkeit nach der von ihm mitgeteilten Auskunft seiner Ärzte nicht absehbar sei, weshalb von einer dauernden oder lang anhaltenden Arbeitsunfähigkeit auszugehen gewesen sei.
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Die Beklagte beantragt,
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1. das angefochtene Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 03.04.2012, Az.: 11 Ca 145/11 wird abgeändert und die Klage abgewiesen.
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hilfsweise
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2. das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien gem. §§ 9, 10 KSchG gegen Zahlung einer Abfindung, die in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch einen Betrag von 60.156,00 € nicht übersteigen soll, zum 30. Juni 2012 aufzulösen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung der Beklagten sowie den Auflösungsantrag zurückzuweisen.
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Im Wege der Anschlussberufung beantragt er (hilfsweise für den Fall des Erfolges der Berufung der Beklagten gegen ihre Verurteilung zur Weiterbeschäftigung des Klägers als Personalleiter über den 30.06.2012 hinaus)
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1. die Beklagte wird verurteilt, den Kläger über den 30. Juni 2012 hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits auf der Grundlage des Änderungsvertrages vom 01. Mai 2011 als Leiter Personal weiterzubeschäftigen.
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2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger über den 30. Juni 2012 hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits auf der Grundlage des Änderungsvertrags vom 01. Mai 2001 als Leiter Personal mit den Aufgaben
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- Personalrekrutierung
- Personalbetreuung und -entwicklung
- Entgeltabrechnung
- Führungskräfteberatung
- Kommunikation mit dem Betriebsrat
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weiterzubeschäftigen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Anschlussberufung zurückzuweisen.
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Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderung mit Schriftsatz vom 11.09.2012, auf den Bezug genommen wird (Bl. 234 ff. d. A.) als zutreffend. Die Kündigung sei weder aus personen- noch aus verhaltensbedingten Gründen sozial gerechtfertigt. Es fehle bereits an einer ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung. Zudem sei das Arbeitsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass zum Zeitpunkt der Kündigung keine negative Zukunftsprognose hinsichtlich des voraussichtlichen Gesundheitszustandes des Klägers anzunehmen gewesen sei. Insbesondere ergebe sich eine solche nicht aus der E-Mail des Klägers vom 11.11.2011. Auch aus verhaltensbedingten Gründen sei die Kündigung nicht sozial gerechtfertigt. Der Beklagten sei es auch im Berufungsverfahren nicht gelungen, substantiiert darzulegen, worin die kündigungsauslösende Pflichtverletzung des Klägers bestanden haben solle. Auch diesbezüglich fehle es aber an einer ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats.
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Da die Kündigung nicht nur sozialwidrig, sondern auch mangels ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats rechtsunwirksam sei, scheitere bereits hieran der Auflösungsantrag der Beklagten. Der Kläger sei nicht Leitender Angestellter i. S. d. § 5 BetrVG und § 14 KSchG.
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Im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
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Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Das Rechtsmittel ist an sich statthaft. Die Berufung wurde auch form- und fristgerecht eingelegt und -auch inhaltlich ausreichend- begründet. Ebenfalls zulässig ist die Anschlussberufung des Klägers gem. § 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. § 524 Abs. 1-3 ZPO. Sie ist an sich statthaft. Sie wurde auch i. S. d. § 524 Abs. 2, 3 ZPO fristgerecht eingelegt und ausreichend begründet. Der Zulässigkeit steht nicht entgegen, dass die Anschlussberufungsanträge unter einer innerprozessualen Bedingung gestellt wurden (vgl. etwa Schwab/Weth, ArbGG, 3. Auflage, § 64 Rz. 197).
II.
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Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Die Kündigung ist nach § 1 Abs. 1 KSchG mangels sozialer Rechtfertigung rechtsunwirksam. Ihre Unwirksamkeit folgt zudem aus § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG.
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1. Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffender, ausführlicher Begründung erkannt, dass die streitgegenständliche Kündigung der Beklagten weder aus personen-, noch aus verhaltensbedingten Gründen i. S. d. § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt ist. Die Berufungskammer folgt der Begründung des angefochtenen Urteils (A II der Gründe) und stellt dies gem. § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens sind lediglich folgende Ausführungen veranlasst:
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a) In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (etwa BAG 19.04.2007 -2 AZR 239/06, NZA 2007, 1041) geht auch die Berufungskammer davon aus, dass eine Kündigung durch Gründe in der Person des Arbeitnehmers i. S. d. § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt sein kann, wenn zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung aufgrund objektiver Umstände eine negative Prognose dahingehend gerechtfertigt ist, die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit sei ungewiss und in den nächsten 24 Monaten sei mit einer anderen Prognose nicht zu rechnen. Ausreichende Tatsachen, die eine dementsprechende Prognose zum Zeitpunkt des Zugangs der streitgegenständlichen Kündigung rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Der Kläger war seit dem 16.09.2011 erstmalig seit dem Jahr 2000 für mehr als einen Arbeitstag erkrankt - zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung belief sich seine Krankenzeit auf etwas mehr als 3 Monate. Diese - seit dem Jahr 2000 einmalige längere Krankheitsdauer - begründet für sich genommen keine ausreichende Prognosegrundlage dahingehend, dass mit einer Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit über einen Zeitraum von bis zu jedenfalls 24 Monaten zu rechnen war. Im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten ergibt sich eine derartige Prognosegrundlage auch nicht aus oder in Zusammenschau mit der E-Mail des Klägers vom 11.11.2011. Der dort vom Kläger gewählten Formulierung "eine Herstellung meiner Arbeitsfähigkeit ist zum jetzigen Zeitpunkt nach Auskunft meiner Ärzte noch nicht abzusehen" kommt nicht der Aussagewert zu, aus Sicht der Ärzte sei die Frage, ob überhaupt mit einer Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit zu rechnen sei, nicht zu beantworten. Vielmehr kommt dieser Aussage lediglich der Gehalt zu, dass zum Zeitpunkt der E-Mail ein genauer Zeitraum, bis zu dem die Arbeitsfähigkeit wieder hergestellt sein wird, noch nicht bestimmbar ist. Dies ist allerdings für eine Prognose dahingehend, innerhalb der nächsten 24 Monate sei mit einer Änderung nicht zu rechnen, nicht ausreichend. Eine Nicht-Absehbarkeit der voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt ist nicht gleichbedeutend mit der Annahme einer negativen Prognose dahingehend, die Wiederherstellung der Arbeitsunfähigkeit in den nächsten 24 Monaten sei völlig ungewiss. Die Nichtabsehbarkeit kann sich auch daraus ergeben, dass zum Zeitpunkt der vom Kläger wiedergegebenen ärztlichen Aussage entweder die Art der Erkrankung diagnostisch noch nicht vollständig abgeklärt war und/oder zur Beurteilung des Erfolges eines eingeschlagenen Therapiekonzepts noch mehr Zeit benötigt wurde. Da es im Kündigungsschutzprozess Sache des Arbeitgebers ist, zunächst die Tatsachen darzulegen, die eine negative Zukunftsprognose im genannten Sinne ergeben, war der Kläger nicht gehalten, seinerseits darzulegen, warum mit einer baldigen Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit zu rechnen war. Dieses substantiierte Bestreiten des Arbeitnehmers ist erst dann erforderlich, wenn seitens des Kündigenden überhaupt substantiiert entsprechende Prognosetatsachen dargelegt werden.
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b) Zutreffend hat das Arbeitsgericht auch erkannt, dass die Kündigung nicht aus Gründen im Verhalten des Arbeitnehmers nach § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt ist. Das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass eine sogenannte verhaltensbedingte Kündigung regelmäßig eine vorherige berechtigte Abmahnung und sodann einen erneuten, weiteren Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten voraussetzt. Von einer erneuten Darstellung dieser Rechtsprechungsgrundsätze wird zur Vermeidung von Wiederholungen abgesehen. Die Beklagte hat weder erst- noch zweitinstanzlich substantiiert dargelegt, welche genauen Meldepflichtverstöße der Abmahnung vom 29.08.2011 zu Grunde lagen und dass es sich bei den Fällen K., E. und D. um solche handelte, hinsichtlich derer der Kläger Meldepflichten im Rahmen des Reportings erneut, d. h. nach Zugang der Abmahnung verletzt haben soll. Zutreffend weist das Arbeitsgericht auch darauf hin, dass hierzu um so mehr Veranlassung bestanden hat, als der Kläger unstreitig ab 01.09.2011, d. h. nur wenige Tage nach Zugang der Abmahnung, nicht mehr für die Erfüllung der Berichtspflichten zuständig war. Ebenso wenig hat die Beklagte substantiiert dargelegt, dass die drei genannten Fälle sich zwar vor Zugang der Abmahnung ereignet haben, ihr diese aber bei Zugang der Abmahnung noch nicht bekannt waren. Hinzu kommt -worauf das Arbeitsgericht ebenfalls zu Recht hingewiesen hat- dass nicht erkennbar ist, dass angesichts der Fülle der in der Abmahnung vom 29.08.2011 aufgeführten Vorfälle diese drei ggf. weiteren Fälle dem mit der Abmahnung gerügten Vorwurf ein zusätzliches Gewicht dergestalt verliehen hätten, dass bei ihrer Berücksichtigung nunmehr eine Kündigung gerechtfertigt wäre.
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2. Die Kündigung ist jedenfalls aber auch nach § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG rechtsunwirksam.
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a) Nach ständiger, von der Berufungskammer geteilter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine Kündigung nach § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG nicht nur dann unwirksam, wenn der Arbeitgeber gekündigt hat, ohne den Betriebsrat überhaupt zu beteiligen sondern auch dann, wenn er ihn nicht richtig beteiligt hat, vor allem seiner Unterrichtungspflicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG nicht ausreichend nachgekommen ist. An die Mitteilungspflicht im Anhörungsverfahren sind dabei zwar nicht dieselben Anforderungen zu stellen wie an die Darlegungen des Arbeitgebers im Kündigungsschutzprozess. Der Betriebsrat ist immer dann ordnungsgemäß angehört worden, wenn ihm der Arbeitgeber die aus seiner Sicht tragenden Umstände unterbreitet hat. Der aus Sicht des Arbeitgebers für die Kündigung maßgebende Sachverhalt muss dabei aber so genau und umfassend beschrieben werden, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen in der Lage ist, selbst die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich ein Bild zu machen (vgl. etwa BAG 22.04.2010 - 2 AZR 991/08, EzA § 102 BetrVG 2001 Nr. 26).
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b) Nach dem Sachvortrag der insoweit darlegungsbelasteten Beklagten liegt keine ordnungsgemäße Unterrichtung des Betriebsrats in diesem Sinne vor. Ausweislich des schriftlichen Anhörungsschreibens bezieht sich dies zunächst auf eine Kündigung "aus betriebsbedingten Gründen". Im Übrigen wird in dem Anhörungsschreiben lediglich Bezug genommen auf die Abmahnungen vom 29.08.2011 und 25.03.2009 und im Übrigen nur pauschal auf die "bereits erfolgten mündlichen Abreden und Informationen". Die Beklagte hat weder erst- noch zweitinstanzlich dargelegt, welche genauen Informationen durch wen, in welcher Form und wann ggf. dem Betriebsrat in Ergänzung des genannten Anhörungsschreibens gegeben wurden. In ihrem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 29.02.2012 hat sie lediglich zum zeitlichen Ablauf der Betriebsratsanhörung Stellung genommen, nicht aber zur Frage, welche Informationen dem Betriebsrat gegeben wurden. Mit ihrem zweitinstanzlichen Schriftsatz vom 29.10.2012 behauptet sie lediglich pauschal und ohne Mitteilung der näheren Umstände, dass dem Betriebsrat mitgeteilt worden sei, dass über den Abmahnungssachverhalt vom März 2009 bei weiteren Untersuchungen weitere Personen bzw. Verträge aufgetaucht seien, namentlich die Beschäftigten K., E. und D., die vom Kläger ebenfalls im Rahmen der Mitarbeiterzahl nicht angezeigt worden seien, und dass die Herstellung der Arbeitsfähigkeit des Klägers nach der von ihm mitgeteilten Auskunft der Ärzte nicht absehbar sei, weshalb von dessen dauernder oder lang anhaltender Arbeitsunfähigkeit auszugehen gewesen sei. Nähere Umstände dazu, durch wen, wann, wem gegenüber und mit welchem genauen Inhalt dem Betriebsrat gegeben wurden, lassen sich diesem Sachvortrag nicht entnehmen.
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c) Die Anhörung des Betriebsrats i. S. d. § 102 Abs. 1 BetrVG war vorliegend auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Kläger Leitender Angestellter i. S. d. § 5 Abs. 3 BetrVG war. Wenn der Arbeitgeber im Prozess geltend macht, der Betriebsrat habe nicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG angehört werden müssen, da der betroffene Arbeitnehmer Leitender Angestellter im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes sei, trägt der Arbeitgeber insoweit die Darlegungs- und Beweislast (BAG 17.11.1983 -6 AZR 291/83; 25.10.2001 -2 AZR 358/00, jeweils zitiert nach Juris; KR-KSchG/Etzel, 10. Auflage, § 105 BetrVG Rz. 36). Sowohl in ihrem zweitinstanzlichen Schriftsatz vom 20.07.2012, als auch im weiteren Schriftsatz vom 29.10.2012 hat die Beklagte Tatsachen, die den Schluss zulassen, der Kläger sei Leitender Angestellter i. S. d. § 5 Abs. 3 Nr. BetrVG gewesen, nicht ausreichend substantiiert vorgetragen. Sie hat in beiden Schriftsätzen lediglich die nach dem Gesetz erforderlichen Tatbestandsmerkmale und ihre nähere Ausgestaltung durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wiederholt und pauschal behauptet, der Kläger erfülle all diese Kriterien, ohne dies jedoch mit konkretem Tatsachenvortrag zu untermauern. Hinzu kommt, dass die Beklagte dem Kläger nicht nur vorübergehend die Befugnisse als Personalleiter entzogen hat. Aus dem Schreiben der Beklagten vom 21.09.2011 (Bl. 73 d. a.) ergibt sich unzweifelhaft, dass die Beklagte den Kläger dauerhaft nicht mehr in der Position des Personalleiters beschäftigen wollte und ihm deshalb dauerhaft die diesbezüglichen Befugnisse entziehen wollte. Mit dem gleichzeitigen Entzug der Handlungsvollmacht war der Kläger damit nicht mehr zur selbständigen Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern legitimiert. Die Beklagte hat vielmehr die entsprechenden Aufgabenbefugnisse der Mitarbeiterin Frau P. übertragen. Dieses Vorgehen verdeutlicht, dass es sich nicht nur um einen vorübergehenden Entzug der entsprechenden Befugnisse im Innen- und Außenverhältnis, sondern um einen dauerhaften Entzug handeln sollte, so dass, selbst wenn vorher eine selbständige Einstellungs- und Entlassungsbefugnis bestanden haben sollte, diese dem Kläger dauerhaft entzogen wurde. Dies ist nicht mit der Fallgruppe einer vorübergehenden Suspendierung vergleichbar.
- 63
Die Beklagte ging offensichtlich auch selbst nicht davon aus, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Anhörung des Betriebsrats Leitender Angestellter war, denn ausweislich des Anhörungsschreibens wurde der Betriebsrat ja nach § 102 Abs. 1 BetrVG (und nicht im Rahmen des § 105 BetrVG) angehört.
- 64
3. Die Berufung bleibt auch ohne Erfolg, soweit sie sich gegen die vom Arbeitsgericht vorgenommene Verurteilung zur tatsächlichen Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzrechtsstreits richtet. Das Arbeitsgericht hat sein Urteil auch diesbezüglich ausführlich und zutreffend begründet. Dem ist aus Sicht der Berufungskammer nichts hinzuzufügen. Soweit die Beklagte geltend macht, im Hinblick auf die zwischenzeitlich erfolgende Beschäftigung der Frau P. als "Leiter Personal" lägen überwiegende schutzwürdige Interessen zu ihren Gunsten, die gegen eine tatsächliche Beschäftigung sprechen, deshalb vor, weil sie nicht gleichzeitig zwei Personen in dieser Funktion beschäftigen könne, kann sich die Beklagte angesichts der nunmehr vorliegenden auch zweitinstanzlichen Entscheidung auf diesen von ihr selbst in Kenntnis der kündigungsschutzrechtlichen Auseinandersetzung geschaffenen Umstand in Anwendung des Rechtsgedanken des § 162 Abs. 2 BGB nicht berufen. Der Kläger hat zudem -ohne dass dem die Beklagte entgegen getreten wäre- geltend gemacht, dass Frau P. das Unternehmen der Beklagten zum 30.09.2012 verlassen hat.
III.
- 65
Der Auflösungsantrag der Beklagten ist unbegründet.
- 66
1. Gründe, die i. S. d. § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen, hat die insoweit darlegungspflichtige Beklagte nicht dargelegt.
- 67
2. Von einer Begründung konnte auch nicht in Anwendung des § 14 Abs. 2 S. 2 KSchG abgesehen werden. Die Beklagte hat nicht ausreichend substantiiert dargelegt, dass der Kläger i. S. d. § 14 Abs. 2 S. 1 KSchG zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt war. Wie bereits dargelegt, hat die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 21.09.2011 dauerhaft im Innen- und Außenverhältnis die Befugnis entzogen, selbständig und eigenverantwortlich über die Einstellung oder die Entlassung von Arbeitnehmern entscheiden zu können. Sie hat dies für die zuvor liegende Zeit im Übrigen auch nicht im Einzelnen in tatsächlicher Hinsicht dargelegt, sondern dies trotz Vorliegen entsprechenden Gegenvortrags des Klägers nur pauschal behauptet. Auf die Frage, ob der Auflösungsantrag zusätzlich daran scheitert, dass die Kündigung nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Sozialwidrigkeit, sondern auch wegen nicht ausreichender Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 BetrVG rechtsunwirksam ist (vgl. BAG 23.02.2010 -2 AZR 554/08-, EzA § 9 KSchG nF Nr. 58; andere Auffassung für einen Auflösungsantrag nach § 14 Abs. 2 S. 2 KSchG etwa KR-KSchG/Rost, 10. Auflage, § 14 Rz. 38 b), kommt es daher nicht an.
IV.
- 68
Über die mit der Anschlussberufung verfolgten Anträge war nicht zu entscheiden. Diese fielen nicht zur Entscheidung an. Die Anträge wurden für den Fall des Erfolges der Berufung der Beklagten gegen ihre Verurteilung zur Weiterbeschäftigung des Klägers als Personalleiter über den 30.06.2012 hinaus gestellt. Wie soeben ausgeführt, hat die Berufung der Beklagten insoweit keinen Erfolg.
V.
- 69
Die Berufung und der Auflösungsantrag der Beklagten waren daher mit der sich aus §§ 91, 97 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. Ein Revisionszulassungsgrund i. S. d. § 72 Abs. 2 ArbGG besteht nicht.
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Referenzen
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- 11 Ca 145/12 1x (nicht zugeordnet)
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- ZPO § 524 Anschlussberufung 1x
- 11 Ca 145/11 2x (nicht zugeordnet)
- § 14 Abs. 2 S. 2 KSchG 2x (nicht zugeordnet)
- BetrVG § 5 Arbeitnehmer 4x
- ArbGG § 64 Grundsatz 1x
- § 1 Abs. 1 KSchG 2x (nicht zugeordnet)
- BetrVG § 105 Leitende Angestellte 2x
- § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG 1x (nicht zugeordnet)
- ArbGG § 72 Grundsatz 1x
- § 14 Abs. 2 KSchG 1x (nicht zugeordnet)
- § 14 KSchG 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 162 Verhinderung oder Herbeiführung des Bedingungseintritts 1x
- §§ 9, 10 KSchG 2x (nicht zugeordnet)
- BetrVG § 102 Mitbestimmung bei Kündigungen 12x
- 2 AZR 991/08 1x (nicht zugeordnet)
- 2 AZR 554/08 1x (nicht zugeordnet)
- 2 AZR 358/00 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht 1x
- § 1 Abs. 2 KSchG 3x (nicht zugeordnet)
- § 9 KSchG 1x (nicht zugeordnet)
- 2 AZR 239/06 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 97 Rechtsmittelkosten 1x