Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (8. Kammer) - 8 Sa 372/14

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 30.04.2014 - 4 Ca 321/14 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Verbesserungsvorschlag.

2

Der Kläger war ab dem 01. September 1989 bei der Beklagten beschäftigt. Nach Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung verständigten sich die Parteien in einem Vorprozess vor dem Landesarbeitsgericht in einem Vergleich vom 21. Februar 2013 auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30. Juni 2012. In Ziff. 4 dieses Vergleichs (Bl. 17 d. A.) heißt es:

3

"Die Beklagte verpflichtet sich, einen etwaigen Verbesserungsvorschlag des Klägers aus dem Jahr 2010 zu bewerten, den Kläger entsprechend zu bescheiden und eine etwaige Zahlung an den Kläger vorzunehmen."

4

Bei der Beklagten gilt eine Gesamtbetriebsvereinbarung zum Vorschlagswesen vom 01. August 1997 (Bl. 54 ff. d. A.), die unter anderem folgende Bestimmungen enthält:

5

"1. Präambel

6


Die Ausschöpfung des Ideenpotentials aller Mitarbeiter führt zur ständigen Verbesserung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens und trägt damit signifikant zum Erhalt von Arbeitsplätzen bei. …

7

3. Begriffsbestimmungen

8

Das Vorschlagswesen regelt die Bearbeitung, Bewertung und finanzielle Prämierung von Verbesserungsvorschlägen (VV), die im Rahmen der Aktivitäten des Ideenmanagements entstehen.

9

3.1 Ideen:

10

Unter einer Idee im Sinne dieser Vereinbarung sind alle noch in der Diskussion befindlichen Möglichkeiten, die eine Neuerung bzw. Änderung eines betrieblichen Zustandes bewirken sollen, zu verstehen. Insbesondere sind hierunter Anregungen zu verstehen, die die

11

- Produktion und die Produktivität des Unternehmens steigern
- Arbeitsmethoden und Arbeitsverfahren vereinfachen und erleichtern
- Qualität der Produkte optimieren
- Unfallgefahren verringern und den Umweltschutz erhöhen.

12

Versuche zur Erprobung neuer Ideen dürfen grundsätzlich nur mit Zustimmung des jeweils für den Bereich Verantwortlichen durchgeführt werden.

13

3.2 Verbesserungsvorschläge:

14

Verbesserungsvorschläge (VV) sind alle schriftlich eingereichten und beim Vorschlagswesen registrierten Ideen, die vom Einzelnen oder einer Gruppe nicht unmittelbar selbst umgesetzt werden können.

15

4. Einreichung und Bearbeitung

16

Verbesserungsvorschläge werden beim Kostenstellenverantwortlichen des Wirkungsbereichs des VV durch die Mitarbeiter mittels eines Vorschlagsformulars eingereicht.

17

18

6. Prämierung

19

Prämien werden ausschließlich für umgesetzte Vorschläge gezahlt. Die Prämienauszahlung erfolgt nach der Realisierung des Vorschlags.

20

Die Höhe der Prämie bemisst sich nach dem Nutzen des VV, der sich aus Faktoren wie Kapazitätserhöhung, Kostenreduktion, Qualitätsverbesserung und Verbesserung des Arbeitsumfeldes berechnet.

21

Ist der Nutzten aus einem VV berechenbar, werden 20 % des in den ersten zwölf Monaten nach Realisierung anfallenden Nutzens, abzüglich eines Drittels der Einführungskosten, als Bruttoprämie herangezogen.
…"

22

Im Betrieb 202 der Beklagten fällt Schmutzwasser an, das bis zum Jahr 2000 durch Rohre in den Betrieb 311 gepumpt wurde. Der Kläger arbeitete von 1993 bis 2008 bei der Beklagten in der Maschinenschlosserei. In dieser Funktion war er unter anderem auch damit beschäftigt, das alte System im Betrieb 202 zu warten, zu reparieren und instand zu setzen. Das Schmutzwasser war so mit Säure benetzt, dass sich die Abdichtung der Pumpe nach außen auflöste und damit Flüssigkeit ins Freie drang. Aufgrund der immer höheren Kosten für die Ersatzteile entschloss sich die Beklagte dazu, das Schmutzwasser durch eine Firma I. mit einem Saugwagen aus dem Betrieb 202 abzusaugen und zum Betrieb 311 zu befördern. Das alte System wurde demontiert, die gegen Frost geschützten Rohrleitungen blieben bestehen.

23

Das von dem Kläger unter dem 30. November 2009 ausgefüllte Formular (Bl. 164 f. d. A.) für einen Verbesserungsvorschlag hat die Beklagte mit der Berufungserwiderung zur Akte gereicht. Der Kläger hat daraufhin seinen Vortrag, er habe den Vorschlag erst am 01. Dezember 2010 bei der Beklagten eingereicht, korrigiert und die Einreichung am 01. Dezember 2009 unstreitig gestellt.

24

Der Kläger hat das Formular in den hier relevanten Punkten wie folgt ausgefüllt:

25

"IST-Zustand/Potential: Wasserfahrten aus der AS Grube B 202 wird durch Fa. I. rund um die Uhr auch an Wochenenden durchgeführt. Kosten pro Jahr ca. 100.000 Euro und mehr.

26

Lösungsvorschlag:

27

Schmutzwasser mit Pumpen aus B 202 nach B 311 fördern, Leitungen sind vorhanden."

28

Der Vorschlag wurde von der Beklagten mit der Nummer 506876 versehen und wie folgt (Bl. 21 d. A.) erfasst:

29

"Ideen-Details
IST-Zustand:
Die Wasserfahrten aus der AS-Grube Betrieb 202, werden durch Fa. I. rund um die Uhr durchgeführt (auch an Wochenenden)
Kosten/Jahr ca. 100 000 € und mehr!

30

Lösungsvorschlag:

31

Das Schmutzwasser mit Pumpen aus der Grube Betrieb 202 zum Betrieb 311 fördern. Die dafür benötigten Leitungen sind vorhanden."

32

Ein Kollege des Klägers reichte dem ideeNet-System der Beklagten zufolge am 03. Dezember 2009 einen Verbesserungsvorschlag - Nr. 506889 - ein, der wie folgt (Bl. 71 d. A.) aufgenommen wurde:

33

"Ideen-Details
IST-Zustand:
Fa. I. fährt täglich das Schmutzwasser zum Betr. 311.
Kosten pro/Jahr ca: 100000 Euro.

34

Lösungsvorschlag:

35

Schmutzwasser sollte vom Betr: 202 gezielt in das Abfallsäure-Becken des Betr: 311 gep. werden.

36

Vorteile:

37

Kosteneinsparung, - SIEHE ANGANG."

38

Dieser Vorschlag wurde unter Hinweis darauf, es liege bereits ein Verbesserungsvorschlag mit gleichem Inhalt (Nr. 506876 - der des Klägers) vor, abgelehnt.

39

Inzwischen verzichtet die Beklagte auf die Fahrten der Firma I. und befördert das Wasser die genannte Strecke mit Hilfe zweier Pumpen, eines Filters sowie einer Dosiereinrichtung, mit deren Hilfe das Wasser in einem Verhältnis der Spaltsäure zudosiert wird, damit letztlich nur klare und feststofffreie Flüssigkeiten in den Auffangbehälter eingeleitet werden.

40

Mit Schreiben vom 18. September 2013 (Bl. 23 d. A.) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass der Zugang eines Ablehnungsschreibens vom 22. März 2012 an ihn nicht mehr nachvollzogen werden könne und ihm daher die Möglichkeit des Einspruchs nochmals eingeräumt werde. Der sodann eingereichte Einspruch des Klägers wurde am 11. Dezember 2013 zurückgewiesen und der Kläger hierüber mit Schreiben vom 20. Dezember 2013 (Bl. 28 d. A.) in Kenntnis gesetzt.

41

Mit seiner am 17. Februar 2014 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage begehrt der Kläger im Wege der Stufenklage Auskunft über den Nutzen seines Verbesserungsvorschlags sowie nach erteilter Auskunft Abrechnung und Zahlung der sich nach Ziff. 6 der Gesamtbetriebsvereinbarung ergebenden Bruttoprämie.

42

Wegen des wechselseitigen erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 30. April 2014, Az.: 4 Ca 321/14 (Bl. 88 ff. d. A.), Bezug genommen.

43

Der Kläger hat beantragt:

44

1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger über den Nutzen seines Verbesserungsvorschlages "Wasserfahrten aus der AS-Grube Betrieb 202 intern durch Fa. I. einsparen" gemäß Nr. 6 Abs. 2 der Gesamtbetriebsvereinbarung zum Vorschlagswesen der Beklagten Auskunft zu erteilen.

45

2. Die Beklagte wird verurteilt, den sich nach erteilter Auskunft als Bruttoprämie gemäß Nr. 6 Abs. 5 der Gesamtbetriebsvereinbarung zum Vorschlagswesen der Beklagten ergebenden Betrag abzurechnen und den sich ergebenden Nettobetrag an den Kläger auszuzahlen.

46

Die Beklagte beantragt,

47

die Klage abzuweisen.

48

Das Arbeitsgericht hat die Klage durch das genannte Urteil vom 30. April 2014 abgewiesen.

49

Zur Begründung hat es ausgeführt, dass unter einem Verbesserungsvorschlag im Sinne der Gesamtbetriebsvereinbarung nur ein solcher Vorschlag zu verstehen sei, der zu einer Verbesserung betrieblicher Arbeitsabläufe usw. führe. Dies ergebe sich insbesondere auch daraus, dass sich gemäß Ziff. 6 der Vereinbarung die Prämie für umgesetzte Vorschläge "nach dem Nutzen des VV, der sich aus Faktoren wie Kapazitätserhöhung, Kostenreduktion, Qualitätsverbesserung und Verbesserung des Arbeitsumfeldes berechnet", bemessen solle. Der in dem ideeNet-System der Beklagten erfasste Vorschlag, "das Schmutzwasser mit Pumpen aus der Grube Betrieb 202 zum Betrieb 311 fördern", sei kein Verbesserungsvorschlag, da er - allein für sich betrachtet - lediglich den Zustand habe wieder herstellen sollen, bevor die Firma I. beauftragt worden sei. Von dem damaligen Verfahren habe der Kläger selbst berichtet, dass es permanent zu Schäden an der Pumpe gekommen sei und dies für die Zukunft keine Lösung mehr gewesen sei, um das Schmutzwasser abzuleiten. Einen Verbesserungsvorschlag hätte der Kläger nur dann gemacht, wenn er zugleich den Einsatz der jetzt durch die Beklagte installierten Technik vorgeschlagen hätte, nämlich das installierte System mit einem Filter sowie zwei Pumpen, wobei die zweite lastabhängig je nach Säurekonzentration Wasser hinzuführe. In der Klageschrift habe der Kläger dies nicht behauptet, sondern sich nur auf den vorgeschlagenen Einsatz allgemein von Pumpen bezogen. Der Kläger habe auch in den folgenden Schriftsätzen mehrdeutige Formulierungen verwendet und nicht unmissverständlich vorgetragen, er habe seinen Vorschlag in Bezug auf die später tatsächlich eingesetzte Technologie mit Filter und Dosiereinrichtung gegenüber der Beklagten konkretisiert. Das Formular der Beklagten sei entgegen den Ausführungen des Klägers so gestaltet, dass ein etwaiger Vorschlag, die jetzt zur Anwendung kommende Technik zu installieren, ohne Weiteres hätte mit aufgenommen werden können. Dass der zuständige Mitarbeiter den Verbesserungsvorschlag des Klägers gerade um den entscheidenden Passus gekürzt hätte, sei angesichts des Prozedere nach Ziff. 4 der Gesamtbetriebsvereinbarung unwahrscheinlich. Soweit die Formulierungen des Klägers in seinem letzten Schriftsatz so zu verstehen sein sollten, dass er bereits den Einsatz der neuen Technologie vorgeschlagen habe und nicht nur die Rückkehr zum alten System, fehle es jedenfalls an einem tauglichen Beweisantritt hierfür.

50

Selbst wenn jeder in Betracht kommende Mitarbeiter der Beklagten gewusst haben sollte, dass der Vorschlag des Klägers, die vorhandenen Rohrleitungen wieder zu benutzen, nur dann gegenüber den Fuhren der Firma I. einen Vorteil mit sich bringen würde, wenn zusätzlich ein Filter und eine Dosiereinrichtung eingebaut würden, ergebe sich hieraus noch nicht, dass auch der Kläger bereits diese Idee gehabt habe. Der Kläger wende daher ohne Erfolg ein, eine detaillierte Beschreibung sei nicht notwendig gewesen.

51

Das Urteil ist dem Kläger am 13. Mai 2014 zugestellt worden. Er hat hiergegen mit einem am 12. Juni 2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 07. Juli 2014, beim Landesarbeitsgericht am 10. Juli 2014 eingegangen, begründet.

52

Zur Begründung seiner Berufung macht der Kläger geltend:

53

Soweit im Urteil erster Instanz gefordert werde, er hätte den Einsatz der jetzt durch die Beklagte installierten Technik vorschlagen müssen, sei dies ein Wertungsfehler des Gerichts. Die Pumpentechnik habe sich bis zur Einreichung seines Vorschlags erheblich weiter entwickelt. Dies sei ihm und allen Beteiligten der Beklagten bekannt gewesen. Er habe deswegen mit dem streitgegenständlichen Verbesserungsvorschlag vorgeschlagen, zwei neuwertige Pumpen nach dem heutigen Stand der Technik, also mit hochwertigeren, temperaturempfindlicheren und leistungsstärkeren Materialien einzusetzen. Dann müsste man künftig nur den Antrieb wechseln, nicht mehr jedoch die komplette Pumpe. Filter und Dosiereinrichtung seien bei solchen Pumpanlagen übliche Zusatzeinrichtungen, die generell nicht gesondert erwähnt würden. Für alle Seiten sei klar gewesen, dass bei Einreichung des Verbesserungsvorschlags auch Pumpen nur mit dem aktuellen Stand der Technik gemeint sein könnten. Keiner, der einen Verbesserungsvorschlag einreiche, würde ein veraltetes System damit meinen. Die Neuerung liege in der verbesserten Pumpentechnik. Die Spekulation, ob andere Mitarbeiter einen Gedanken auch gehabt haben könnten, sei nicht behilflich. Ein Recht auf Prämie habe eben nun mal nur derjenige, der als erster den Vorschlag einreiche.

54

Bis zu dem vorliegenden Verfahren sei die Beklagte selbst davon ausgegangen, dass er einen Verbesserungsvorschlag im Sinne der Gesamtbetriebsvereinbarung gemacht habe. Deswegen sei auch der Vorschlag des Kollegen mit dem Hinweis, es liege bereits ein Verbesserungsvorschlag mit gleichem Inhalt vor, abgelehnt worden. Ihm, dem Kläger, sei immer wieder, u.a. auch durch eine Betriebsingenieurin und den Projektleiter, bestätigt worden, dass sich sein Verbesserungsvorschlag in der Umsetzung befinde.

55

Der Kläger beantragt:

56

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 30. April 2014, Az.: 4 Ca 321/14, abgeändert.

57

1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger über den Nutzen seines Verbesserungsvorschlags "Wasserfahrten aus der AS-Grube Betrieb 202 intern durch Fa. I. einsparen" gemäß Nr. 6 Abs. 2 der Gesamtbetriebsvereinbarung zum Vorschlagswesen der Beklagten Auskunft zu erteilen.

58

2. Die Beklagte wird verurteilt, den sich nach erteilter Auskunft als Bruttoprämie gemäß Nr. 6 Abs. 5 der Gesamtbetriebsvereinbarung zum Vorschlagswesen der Beklagten ergebenden Betrag abzurechnen und den sich ergebenden Nettobetrag an den Kläger auszuzahlen.

59

Die Beklagte beantragt,

60

die Berufung zurückzuweisen.

61

Sie trägt vor:

62

Zu der von ihr entwickelten und letztlich installierten wesentlich komplexeren Anlage finde sich in dem Vorschlag des Klägers kein Hinweis. Um feststofffreies Schmutzwasser aus der Abwassergrube des Betriebes zu transportieren, kämen sowohl Filter zum Einsatz als auch eine spezielle Umwälzung mit einer ersten Pumpe mit Absaugung aus der AS-Grube in B 202 sowie eine lastabhängige Dosierung des Wassers über eine zweite Pumpe mit einer dazugehörigen Sicherheitsabschaltung am Behälter T-262.

63

Dass es sich bei Filtern und Dosiereinrichtungen um "übliche Zusatzeinrichtungen" handle, die nicht gesondert erwähnt werden müssten, liege angesichts ihrer zentralen Bedeutung für die Anlage und der zwei Jahre dauernden Entwicklung des Systems neben der Sache. Wenn der Vortrag des Klägers zutreffend sei, müsse er sich fragen lassen, worin dann überhaupt die kausal auf seine gedankliche Leistung zurückzuführende Neuerung seines Vorschlags liegen solle. Jeder andere Mitarbeiter hätte dann diesen Gedanken haben können. Allgemeingut als prämierungswürdigen Verbesserungsvorschlag zu verkaufen, entspreche nicht dem Sinn der Gesamtbetriebsvereinbarung.

64

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

65

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

B.

66

In der Sache hat die Berufung des Klägers keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen.

I.

67

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Prämie nach Ziff. 6 der Gesamtbetriebsvereinbarung. Schon daraus folgt, dass der zur Vorbereitung eines solchen Anspruchs geltend gemachte Anspruch auf Auskunft über den Nutzen des Verbesserungsvorschlags aufgrund Treu und Glauben (§ 242 BGB) und der arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht entfällt.

68

1. Für das Leistungsbegehren des Klägers besteht nach der Gesamtbetriebsvereinbarung keine rechtliche Grundlage. Das Arbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass der Kläger keinen Verbesserungsvorschlag im Sinne der Ziff. 3 der Gesamtbetriebsvereinbarung eingereicht hat, da er lediglich den Vorschlag gemacht hat, den Zustand wieder herzustellen, bevor die Firma I. beauftragt worden ist.

69

Voraussetzung für einen Anspruch des Klägers auf Prämienzahlung ist nach Ziff. 6 der Gesamtbetriebsvereinbarung ein umgesetzter Verbesserungsvorschlag. In den Begriffsbestimmungen heißt es in Ziff. 3.2, dass Verbesserungsvorschläge (VV) alle schriftlich eingereichten und beim Vorschlagswesen registrierten Ideen sind, die vom Einzelnen oder einer Gruppe nicht unmittelbar selbst umgesetzt werden können. Die Begriffsbestimmung der Idee erfolgt in Ziff. 3.1 der Gesamtbetriebsvereinbarung. Aus Satz 1 ergibt sich zunächst nach dem Wortlaut, dass eine Idee eine Anregung ist, die eine Neuerung bzw. Änderung eines betrieblichen Zustands bewirken soll. Im Zusammenhang mit der beispielhaften Aufzählung von derartigen Anregungen in Satz 2 ergibt sich unzweifelhaft, dass diese Anregungen im Fall ihrer Verwirklichung zu einer Verbesserung gegenüber dem bisherigen betrieblichen Zustand führen sollen. Dies ergibt sich aus der Verwendung der Begriffe "steigern", "vereinfachen und erleichtern", "optimieren" sowie "verringern" und "erhöhen". Bereits der Schlüsselbegriff "Verbesserungsvorschlag" gibt zudem vor, dass nicht jede Änderung des betrieblichen Zustands gemeint ist, sondern nur eine "verbessernde" Änderung. Auch aus der Präambel, die Sinn und Zweck des Vorschlagswesens wiedergibt, folgt, dass es um die "Verbesserung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit" des Unternehmens geht.

70

Der Kläger hat keinen Verbesserungsvorschlag im Hinblick auf das Problem, Schmutzwasser aus der Grube im Betrieb 202 zu entsorgen, gemacht.

71

a) Der Vorschlag des Klägers "Schmutzwasser mit Pumpen aus B 202 nach B 311 fördern, Leitungen sind vorhanden" zielt vom Wortlaut her auf die Herstellung des Zustands, der vor der Einschaltung der Firma I. bestand. So wurde in früheren Jahren das im Betrieb 202 anfallende Schmutzwasser durch Rohre in den Betrieb 311 gepumpt. Der Kläger hat damit lediglich eine schon dagewesene "alte Idee" aufgegriffen, die in der Vergangenheit zur Lösung des Schmutzwasserproblems bereits umgesetzt worden war und sich als nicht brauchbar erwiesen hatte. Dies ist kein Verbesserungsvorschlag.

72

b) Es handelt sich entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht um einen Verbesserungsvorschlag, weil jedem Beteiligten klar gewesen sei, dass der Anregung "Schmutzwasser mit Pumpen aus B 202 nach B 311 fördern, Leitungen sind vorhanden" immanent sei, dass hierfür zwei Pumpen nach dem heutigen Stand der Technik sowie Filter und Dosiereinrichtung zu installieren seien.

73

Nach Vorlage des vom Kläger ausgefüllten Formulars in der Berufungsinstanz steht der Wortlaut des vom Kläger eingereichten Verbesserungsvorschlags fest. Ausführungen zur einzusetzenden Technik, d.h. zur Art der einzusetzenden Pumpen, zu Filter und Dosiereinrichtung, insbesondere in für den Verwendungszweck spezifizierter Form, sind nicht Gegenstand des Vorschlags.

74

Der Hinweis des Klägers auf eine "alte Idee", ohne die einzusetzende Technik als den Dreh- und Angelpunkt, von dem die Nutzung der alten Anlage erst abhängt, zum Gegenstand zu machen, reicht nicht für einen Verbesserungsvorschlag. Der Begriff "Verbesserungsvorschlag" beinhaltet, dass auch die Verbesserung selbst zum Thema der Anregung gemacht wird.

75

Kernstück der Lösung, die eine Ablösung der Saugfahrzeuge erst ermöglicht hat, war die Installation der neuen Technik gegenüber der bis zum Jahr 2000 eingesetzten Technik zur Nutzung des Leitungssystems. Der Kläger ist mit seinem Vorschlag auf halbem Weg - Rückkehr zum alten System - stehen geblieben. Nicht die "alte Idee", sondern erst die jetzt durch die Beklagte neu installierte Technik hat die Verbesserung des betrieblichen Zustands bewirkt. Das Herzstück der Lösung, deren Umsetzung zu einer Verbesserung des betrieblichen Zustands und der Kosteneinsparung geführt hat, hat der Kläger nicht zum Gegenstand seines Vorschlags gemacht.

76

Letztlich hat sich der Kläger in Bezug auf die Lösung des Schmutzwasserproblems auf einen Hinweis auf den früheren Lösungsweg beschränkt. Dies reicht hier für einen Verbesserungsvorschlag nicht aus.

77

2. Die Beklagte hat dem Kläger nicht zugesagt, einen vom ihm eingereichten Vorschlag als Verbesserungsvorschlag iSd. Ziff. 6 der Gesamtbetriebsvereinbarung anzuerkennen.

78

Die Beklagte hat sich in dem Vergleich lediglich verpflichtet, einen etwaigen Verbesserungsvorschlag des Klägers aus dem Jahr 2010 zu bewerten, den Kläger entsprechend zu bescheiden und eine etwaige Zahlung an den Kläger vorzunehmen. Die Verpflichtung beschränkte sich damit auf eine Überprüfung von Ansprüchen des Klägers. Durch die Verwendung der Formulierungen "etwaiger Verbesserungsvorschlag" sowie "etwaige Zahlung" ist unmissverständlich zum Ausdruck gebracht worden, dass das Vorliegen eines Verbesserungsvorschlags und eine daraus resultierende Zahlungsverpflichtung gerade nicht feststanden.

79

3. Auch die Ablehnung des Vorschlags des Kollegen vom 03. Dezember 2009 durch die Beklagte mit dem Hinweis, es liege bereits ein Verbesserungsvorschlag mit gleichem Inhalt vor, beinhaltet kein Anerkenntnis eines Verbesserungsvorschlags iSd. Gesamtbetriebsvereinbarung zu Gunsten des Klägers.

80

Die Beklagte hat aus einem einfach festzustellenden formalen Grund den Vorschlag des Kollegen abgelehnt. Dessen inhaltlich mit dem des Klägers übereinstimmender Vorschlag konnte aufgrund des späteren Eingangs von vornherein keinen Erfolg haben. Zu der materiellen Frage des tatsächlichen Vorliegens eines Verbesserungsvorschlags im Sinne der Gesamtbetriebsvereinbarung enthält die Ablehnung keine Aussage.

81

4. Der Kläger führt auch ohne Erfolg aus, ihm sei immer wieder, u.a. auch durch eine Betriebsingenieurin und den Projektleiter, bestätigt worden, dass sich sein Verbesserungsvorschlag in der Umsetzung befinde.

82

Es ist bereits nicht ersichtlich, dass den angeführten Formulierungen über eine reine Auskunft mit dem Inhalt, dass die Wieder-Inbetriebnahme des Rohrleitungssystems in der Umsetzung sei, hinaus überhaupt eine Bedeutung zugemessen werden könnte. Dass die Mitarbeiter mit Äußerungen zum Stand der Sache erklären wollten, es handle sich ihrer Auffassung nach um einen Verbesserungsvorschlag im Sinne der Gesamtbetriebsvereinbarung, ergibt sich nicht. Zudem würde auch eine solche Erklärung von Mitarbeitern nichts daran ändern, dass diese hierdurch keinen Anspruch des Klägers auf Prämienzahlung begründen können, welcher der Gesamtbetriebsvereinbarung nicht entspricht.

II.

83

Die Stufenklage war insgesamt abzuweisen. Dem Hauptanspruch auf Zahlung fehlt, wie dargelegt, die materiell-rechtliche Grundlage. In diesem Fall ist nicht nur der auf der ersten Stufe geltend gemacht Anspruch auf Auskunft abzuweisen, der der Durchsetzung des Zahlungsanspruchs dienen soll, sondern zugleich der auf der zweiten Stufe gestellte Abrechnungs- und Leistungsantrag (vgl. BGH 24. März 2010 - IV ZR 176/08 - Rn. 25).

C.

84

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

85

Eine Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

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