Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (8. Kammer) - 8 Sa 368/14


Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 26.03.2014, Az.: 2 Ca 3664/13 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung.

2

Der 1967 geborene, verheiratete, vier Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger war seit dem 12. Dezember 2005 zu einem durchschnittlichen Bruttomonatslohn von 2.378,67 EUR bei der Beklagten beschäftigt. Der zuletzt abgeschlossene Arbeitsvertrag vom 9. Juli 2008 (Bl. 5 f. d. A.) lautet - auszugsweise - wie folgt:

3

"1. Beginn des Arbeitsverhältnisses und Art der Tätigkeit

4

Das Arbeitsverhältnis beginnt am 21. Juli 2008. Sie nehmen Ihre Tätigkeit als Arbeiter im Bereich Rohfertigung der Fertigbadproduktion unseres Unternehmens auf.

...

5

15. Beendigung des Arbeitsverhältnisses

6

Die ersten sechs Monate gelten als Probezeit. Während dieser Zeit kann das Arbeitsverhältnis gemäß den Vorschriften des § 13.2 des Rahmentarifvertrages [für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Beton- und Bimsindustrie in Rheinland-Pfalz] gekündigt werden. Danach gilt die Frist des § 13.3. ..."

7

Der Kläger war im sog. Rohfertigungsbereich eingesetzt. Über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt er nicht.

8

Die Beklage produziert Fertigbäder. Wenn die Beklagte einen Auftrag etwa für ein Alten- und Pflegeheim erhält, werden in 5 Schritten Fertigbäder hergestellt. Im Schalungs-/Formenbau wird die Form erstellt, in die später das Fertigbad eingerichtet wird, in der Vormontage werden die Vorarbeiten erbracht, bevor das Betonieren des Rohkörpers stattfindet, in der Rohfertigung werden die Betonteile gegossen, die Schalung geöffnet, es folgt das Ausschalen und danach die Betonierung und der Weitertransport der Rohkörperteile, im Zusammenbau werden die Betonteile zusammengefügt und im Ausbau werden Maler- und Fliesenarbeiten erbracht sowie Heizung und Sanitär.

9

Aufgrund einer prekären Situation des Unternehmens fand am 28. Mai 2013 ein Gespräch zwischen der Geschäftsleitung und dem Betriebsrat statt, in dem eine "Ist-Situation" von der Geschäftsleitung dahin erläutert wurde, dass wegen aufgelaufener bzw. 2013 erwarteter Verluste ein Eigenkapitalverbrauch zu befürchten stehe, ohne dass eine Bereitstellung weiterer Gelder durch die Gesellschafter in Betracht komme. Die Nachfragemengen des Marktes für Fertigbäder seien bei kurzfristig ausgeschlossener Besserung leicht rückläufig. Insbesondere im Bereich Alten- und Pflegeheime sei der Höhepunkt der Nachfrage schon überschritten. Außerdem herrsche verschärfter Preiswettbewerb durch ausländische - ähnlich gut, aber deutlich günstiger produzierende - Konkurrenten bei vor Ort gestiegenen Kosten wegen Beton, Löhnen und diversen Einbauteilen. Hohe Kapazitäten hätten nicht mehr mit sachgerechten Preisen, sondern nur noch zu geringeren Deckungsbeiträgen am Markt untergebracht werden können. Aus Sicht der Geschäftsführung bestehe die Notwendigkeit einer Anpassung der Produktionszahlen an diese Marktsituation.

10

Am 18. Juni 2013 wurden zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung diverse Maßnahmen erörtert. Eine Erhöhung der Vertriebskapazität erschien als Verschärfung des Kosten- und Auslastungsdrucks. Zur Diskussion stand eine vollständige Aufgabe des Fertigungsstandorts, eine weitere Fremdvergabe in der Rohkörperfertigung oder im Ausbau sowie ein Kapazitätsabbau bei grundsätzlicher Beibehaltung des Fertigungsstandorts, wofür man sich letztlich entschied. Ins Auge gefasst wurde eine Verringerung der Anzahl gewerblicher Arbeitnehmer unter Berücksichtigung bereits vorgenommener Anpassungen um 15 - 20 %. Um den Personalabbau sozialverträglich zu gestalten, entschied man sich für einen Interessenausgleich mit Sozialplan, und zwar mit dem Ausgangspunkt einer Entlassungszahl von 22 Mitarbeitern, was nach längeren Verhandlungen schließlich 14 Kündigungen und drei Verrentungen ergab.

11

Am 30. August 2013 wurde im Rahmen einer Einigungsstelle ein Interessenausgleich mit Namensliste samt Sozialplan unterzeichnet. Der Interessenausgleich (Bl. 19 ff. d. A.) hat u.a. folgenden Inhalt:

12

"1. Arbeitgeber und Betriebsrat stimmen dahingehend überein, dass es aufgrund des starken Preiskampfes auf dem Fertigbädermarkt und der im Ausland produzierenden Konkurrenz dringend erforderlich ist, die Produktion im Werk [...] erheblich zu reduzieren. Die Produktion von Fertigbädern am Standort [...] soll von 3.500 auf 2.000 Bäder jährlich gesenkt werden.

13

2. Um letztendlich die verbleibenden 46 Arbeitsplätze im Werk [...] dauerhaft zu sichern, bedarf es 13 Kündigungen von gewerblichen Mitarbeitern/-innen, 1 Kündigung von kaufmännischen Mitarbeitern/-innen und 3 Verrentungen von aktiven Mitarbeitern.

14

3. Es sollen deshalb in folgenden Bereichen Kündigungen ausgesprochen werden:

15

Rohfertigung - 6 Kündigungen von Mitarbeitern/-innen

16

Zusammenbau - 2 Kündigungen von Mitarbeitern/-innen

17

Fliesen - 2 Kündigungen von Mitarbeitern/-innen

18

Sanitär - 1 Kündigung von Mitarbeitern/-innen

19

Elektro - 1 Kündigung von Mitarbeitern/-innen

20

Monteure - 1 Kündigung von Mitarbeitern/-innen

21

Angestellte - 1 Kündigung von Mitarbeitern/-innen

22

Gekündigt werden soll deshalb den hiermit auch im Sinne von § 1 Abs. 5 KSchG namentlich bezeichneten Mitarbeitern:

23

[... Es folgen 14 Namen, u.a. der des Klägers]

24

5. Soweit im Rahmen der Kündigungsentscheidung eine soziale Auswahl erforderlich ist, ist diese nach folgenden Vorgaben erfolgt:

25

a) unentbehrliche Positionen innerhalb jeder Organisationseinheit wie Vorarbeiter/-innen und unentbehrliche Qualifikationen, Betriebsräte/-innen sowie deren Vertreter/-innen sollen nicht gekündigt werden,

26

b) alle übrigen Mitarbeiter wurden nach dem in der Betriebsvereinbarung vom 10.11.2006 beschlossenen Punkteschema sozial ausgewählt:

27

- Betriebszugehörigkeit: je vollendetem Jahr der Beschäftigung 1 Punkt.

28

- Lebensalter: für jedes vollendete Lebensjahr nach dem 45. Lebensjahr 1 Punkt.

29

- Unterhaltspflicht: jeder verheiratete Mitarbeiter erhält 4 Punkte, für jedes unterhaltspflichtige Kind jeweils 5 Punkte. Für die Ermittlung der Zahl der berücksichtigten Kinder sind die Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte bzw. Steuerbescheinigung maßgebend.

30

- Schwerbehinderte mit einem GdB von wenigstens 50 und Gleichgestellte erhalten 5 Punkte und je zusätzlichem GdB von 10 jeweils 1 zusätzlichen Punkt.

31

Die Härteklausel aus der Betriebsvereinbarung vom 10.11.2006 kommt nicht zur Anwendung.

32

6. Aufgrund der beabsichtigten Entlassungen ist die Arbeitgeberin zur Erstattung einer Massenentlassungsanzeige gemäß § 17 KSchG bei der Agentur für Arbeit verpflichtet. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Arbeitgeberin mit den Interessenausgleichsverhandlungen und dem Abschluss dieses Interessenausgleichs ihrer Beratungspflicht nach § 17 Abs. 2 KSchG nachgekommen ist, hiermit das Konsultationsverfahren abgeschlossen ist und dieser Interessenausgleich zugleich als Stellungnahme des Betriebsrates gemäß § 17 Abs. 3 KSchG dient. Die Arbeitgeberin wird diesen Interessenausgleich und den zugleich vereinbarten Sozialplan bei Erstattung der Massenentlassungsanzeige vorlegen. ..."

33

Im Sozialplan vom selben Tag heißt es auszugsweise (Bl. 22 ff. d. A.):

34

"Präambel

35

Zweck dieses Sozialplans ist die Regelung der im Interessenausgleich vom 30. August 2013 genannten personellen Maßnahmen mit dem Ziel der Milderung von sozialen und wirtschaftlichen Härten für die betroffenen Mitarbeiter. ...

36

4. Kündigung und Kündigungsfristen

37

Die Arbeitgeberin ist berechtigt, aufgrund des Interessenausgleiches betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen. Die notwendigen Kündigungen erfolgen unter der Berücksichtigung der maßgeblichen Kündigungsfristen.

...

38

Die Mitwirkungsrechte des Betriebsrates gemäß §§ 99, 102 BetrVG sind zu beachten. Der Betriebsrat wird bei Kündigungen und Versetzungen die betriebsbedingte Notwendigkeit solcher Maßnahmen im Rahmen des vereinbarten Interessenausgleiches und Sozialplanes nicht in Frage stellen.

39

Folgende Mitarbeiter/-innen sollen in den einzelnen Organisationseinheiten unter Einhaltung der Kündigungsfristen unmittelbar nach Abschluss des Sozialplanes gekündigt werden:

40

Abteilung Rohfertigung - 6 Personen

41

... [Es folgen sechs Namen u.a. der des Klägers]

42

Abteilung Zusammenbau - 2 Personen

...

43

Abteilung Fliesen - 2 Personen

...

44

Abteilung Sanitär - 1 Person

...

45

Abteilung Elektro - 1 Person

46

Abteilung Monteure - 1 Person

...

47

Angestellte - 1 Person

..."

48

Die Beklagte hat eine Personalliste (Bl. 48 ff. d. A.) zur Akte gereicht, die mit dem Betriebsrat erfasst wurde. Der Kläger ist im Bereich Rohfertigung mit 31 Punkten betroffen. Die Liste wird im Einzelnen in Bezug genommen. Die Beklagte hat weiter einen Einsatz- und Qualifikationsspiegel für die Mitarbeiter Fertigung (Bl. 54 ff. d. A.) zur Akte gereicht, der ebenfalls im Einzelnen in Bezug genommen wird.

49

Im Betrieb der Beklagten waren Mitarbeiter der Fa. RS Montagebau wie folgt tätig:

50

01/2013

        

7 MA + 2 Schlosser

02/2013

        

2 MA + 1 Schlosser

03/2013

        

6 MA + 1 Schlosser

04/2013

        

0 MA   

05/2013

        

0 MA   

06/2013

        

0 MA   

07/2013

        

2 MA   

08/2013

        

2 MA   

09/2013

        

5 MA + 1 Schlosser

10/2013

        

5 MA + 1 Schlosser

11/2013

        

5 MA + 1 Schlosser

12/2013

        

5 MA + 1 Schlosser

01/2014

        

9 MA + 1 Schlosser

02/2014

        

9 Ma + 1 Schlosser

51

Mit Schreiben vom 17. September 2013 (Bl. 53 d. A.), dessen Erhalt der Betriebsrat unter dem 19. September 2013 bestätigte, hörte die Beklagte den Betriebsrat zu folgendem Kündigungsgrund an:

52

"Wie Sie aus unseren umfangreichen Verhandlungen im August wissen, sind wir gezwungen bei der ... [Beklagten] Personal abzubauen. Wir weisen in diesem Zusammenhang auf den mit Ihnen verhandelten Interessenausgleich und Sozialplan vom 30.08.2013 hin. Die zu kündigenden Personen haben wir in einem mit Ihnen abgestimmten Interessenausgleich und Sozialplan vom 30.08.2013 namentlich vereinbart. Der oben genannte Mitarbeiter ist Bestandteil der mit Ihnen verhandelten Namensliste."

53

Mit Schreiben vom 25. September 2013 (Bl. 7 d. A.), dem Kläger zugegangen am 27. September 2013, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristgemäß zum 30. November 2013. Mit Klage vom 02. Oktober 2013, der Beklagten am 10. Oktober 2013 zugestellt, wendet sich der Kläger gegen die Kündigung.

54

Der Kläger hat vorgetragen:

55

Eine Reduzierung der Produktion gegenüber den Vorjahren habe es weder gegeben noch sei sie geplant worden. Auch in der Vergangenheit seien zwischen 2.000 und 2.400 Bäder produziert worden und die Arbeitskräfte ausgelastet gewesen. Der Betriebsrat sei also falsch informiert worden. In der Abteilung Rohfertigung seien die gekündigten sechs Arbeitnehmer durch sechs Fremdmitarbeiter ersetzt worden. Bereits vor Ablauf der Kündigungsfrist seien zwei Fremdmitarbeiter in der Rohfertigung eingearbeitet worden. Zum 1. Dezember 2013 seien weitere vier Personen dazu gekommen. Außerdem seien noch weitere drei Arbeiter der Firma RS Montagebau hinzugetreten, so dass neun Arbeiter dieser Firma die Tätigkeiten der gekündigten Arbeitnehmer an der gleichen Arbeitsstätte mit den vorhandenen Betriebsmitteln verrichteten. Diese Mitarbeiter seien unqualifiziert und vom verbliebenen Beklagtenpersonal angelernt worden.

56

Die getroffene Sozialauswahl sei grob fehlerhaft. Der Ausnahmetatbestand von “unentbehrlichen Positionen“ bzw. “Qualifikationen“ sei zu unbestimmt und eröffne Willkür. Die aufgestellte Namensliste sei unbillig. Er verfüge über einen Stapler-Führerschein und hätte neben der Rohfertigung nach kurzer Einarbeitung auch in den Bereichen Schalungsbau, Magazin, Fliesen, Zusammenbau, Sanitär und Elektro eingesetzt werden können. Es gebe bei der Beklagten zahlreiche Mitarbeiter mit weniger Sozialpunkten, deren Tätigkeit er auch verrichten könne:

57

- In der Rohfertigung: Herr K. mit 17 Punkten und Herr Y. mit 26 Punkten, deren Unentbehrlichkeit bestritten werde,

58

- im Schalungsbau: Herr G. (10 Punkte) und Herr Sch. (24 Punkte),

59

- im Bereich Fliesen werde bestritten, dass das Arbeitsverhältnis von Herrn K. (10 Punkte) nicht verlängert werde,

60

- im Bereich Elektro: Herr H. (3 Punkte) - dessen Zuständigkeit für QM-Endkontrolle Fertigbad sei in der Qualifikation zu unbestimmt,

61

- im Bereich Sanitär: Herr L. (26 Punkte) und Herr St. (27 Punkte) - dessen Unentbehrlichkeit werde bestritten,

62

- im Magazin: Herr S. (8 Punkte) und Herr Ge. (24 Punkte).

63

Herr Y. werde von der Beklagten als einsetzbar mit Elektroinstallationen bezeichnet, obwohl sich dies nicht aus dem Qualifikationsspiegel ergebe.

64

Der Kläger hat beantragt,

65

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 25.09.2013, zugegangen am 27.09.2013, nicht mit Ablauf des 30.11.2013 endet.

66

Die Beklagte hat beantragt,

67

die Klage abzuweisen.

68

Die Beklagte hat vorgetragen:

69

Im Jahr 2010 seien 3.275, im Jahr 2012 noch 3.230 und im Jahr 2013 noch 2.127 Bäder produziert worden.

70

Seit 2007 seien lediglich Subunternehmer tätig, und zwar im Rahmen von Werkverträgen. Die Firma T. arbeite ständig nur für das ausgegliederte Gewerk Maler und Fliesen. Die Fa. R. Montagebau fülle Lücken beim Ausfall von Arbeitnehmern wegen längerer Krankheit bei Auftragsspitzen. Sie könne hier keine Reserve vorhalten, weil die Auftragslage zyklisch sei und ein Einsatz nur bei Überbedeckung erfolge. Die Mitarbeiterzahl der R. Montagebau variiere unter Berücksichtigung der Überdeckung. Die von einer Kündigung betroffenen Arbeitnehmer seien nicht ersetzt worden. Insbesondere seien im Dezember 2013 keine Mitarbeiter der Fa. R. Montagebau eingearbeitet worden, um die Arbeitsplätze der gekündigten zu übernehmen.

71

- Herr K. sei gelernter Gas- und Wasserinstallateur sowie stellvertretender Vorarbeiter der Rohfertigung und Registermontage mit Weiterbildung in Betontechnologie.

72

- Herr Y. sei umfassend in der Rohfertigung einsetzbar, d.h. in sechs von neun Bereichen (u.a. Elektroinstallation, Mischanlage, Kranfahrer, Flurfahrzeuge etc).

73

- Herr G. sei Vorarbeiter mit guten Fachkenntnissen (in sieben von neun Bereichen einsetzbar).

74

- Herr Sch. sei Schlossermeister und stellvertretender Vorarbeiter sowie für die Gerätewartung unentbehrlich.

75

- Herr K. sei nur befristet beschäftigt und werde nicht verlängert.

76

- Herr St. sei gelernter Zentralheizungs- und Lüftungsbauer mit TÜV-Zertifikat als geprüfter Qualitätsassistent.

77

- Herr L. sei ebenfalls gelernter Zentralheizungs- und Lüftungsbauer sowie Stellvertreter in der QM-Endkontrolle mit TÜV-Zertifikat als geprüfter Qualitätsassistent.

78

- Herr S. sei gelernter Kaufmann mit jahrelanger Erfahrung in Materialwirtschaft und Logistik, habe PC-Kenntnisse sowie Kenntnisse in Warenwirtschaft AS/400, fahre Flurfahrzeuge und habe eine Weiterbildung in Ladesicherheit Lkw.

79

- Herr G. sei gelernter Verfahrensmechaniker, stellvertretender Leiter des Magazins, habe ebenfalls jahrelange Erfahrung in Materialwirtschaft und Logistik, PC-Kenntnisse und Kenntnisse in Warenwirtschaft AS/400.

80

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 26. März 2014 die Klage als unbegründet abgewiesen.

81

Zur Begründung der Klageabweisung hat es ausgeführt, die Kündigung sei durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt und deshalb nach § 1 Abs. 1, Abs. 2 KSchG gerechtfertigt. Es liege ein formwirksam abgeschlossener Interessenausgleich mit Namensliste vor, der die Vermutungswirkung nach § 1 Abs. 5 KSchG nach sich ziehe. Der Kläger habe die Vermutung eines Kündigungsgrundes nach § 1 Abs. 2 KSchG nicht widerlegt. Die Rüge des Klägers, dass die im Interessenausgleich angegebene Produktionszahl von 3.500 Stück unzutreffend sei, weil in der Vergangenheit lediglich zwischen 2.200 und 2.400 Bäder produziert worden seien, sei ohne Jahresbezüge und Erläuterungen der vermeintlichen Bandbreite zu pauschal. Der Kläger habe auch keinen Rückschluss vermeintlich richtiger Zahlen auf gerade seinen Arbeitsbereich gezogen. Zudem handle es sich bei den von den Betriebsparteien angesetzten Produktionswerten um Soll-Werte mit perspektivischer Ausrichtung. Der Kläger habe nicht widerlegt, dass sich mit einer Produktionsbelegschaft von 46 Arbeitskräften ein Herstellungswert von bis zu 2.400 Bädern schaffen lasse. Allein ein bloßer Einsatz von Leiharbeitnehmern widerlege die Vermutung ebenfalls noch nicht. Jedenfalls wenn Leiharbeitnehmer nur eingesetzt würden, um Auftragsspitzen aufzufangen oder den Bedarf zur Vertretung abwesender Stammarbeitnehmer zu decken, liege keine Alternativbeschäftigungsmöglichkeit vor. Die Ausführungen des Klägers, es würden neun Arbeitnehmer der Fa. R. Montagebau auf Stellen gekündigter Arbeitnehmer beschäftigt, reiche nicht aus. Der Kläger habe sich nicht substantiiert mit der Behauptung der Beklagten, es handle sich um Werkvertragsbeschäftigung sowie lediglich um einen Einsatz zum Auffangen von Auftragsspitzen bzw. bei Überdeckung, auseinandergesetzt.

82

Die Sozialauswahl sei nach dem Maßstab des § 1 Abs. 5 S. 2 KSchG nicht grob fehlerhaft. Nicht entscheidend sei, ob das gewählte Auswahlverfahren als solches Anlass zu Beanstandungen gebe, sondern ob sich die getroffene Auswahl im Hinblick auf den klagenden Arbeitnehmer im Ergebnis als grob fehlerhaft erweise. Die pauschale Behauptung des Klägers, mit bestimmten weiteren Beklagtenmitarbeitern vergleichbar zu sein, sei nicht ausreichend. Bezüglich der Mitarbeiter K. und Y. habe er eine behauptete Vergleichbarkeit nicht weiter erläutert. Das pauschale Vorbringen des Klägers, er könne die Tätigkeiten des Herrn K. ebenfalls verrichten, reichte nicht aus, um die Einschätzung der Betriebsparteien zu widerlegen. Selbst wenn die Beklagteneinschätzung bzgl. des Mitarbeiters Y. aufgrund der abweichenden Darstellung im Qualifikationsspiegel dahin zu korrigieren gewesen sein sollte, dass dieser Mitarbeiter nicht unverzichtbar sei, verfügte er noch über Fähigkeiten zur Führung von Mischanlagen und zum Kranfahren, die der Kläger nicht besitze. Ferner wäre der Unterschied in der sozialen Schutzwürdigkeit zum Kläger nach Sozialpunkten kaum wesentlich (beide Beschäftigte seien vergleichbar alt, Herr Y. habe eine deutlich längere - annähernd zehnjährige - Betriebszugehörigkeit, sei ebenso wie der Kläger verheiratet und ebenso auch zum Kindesunterhalt verpflichtet). Zu keiner der aus den Bereichen Schalungsbau, Magazin, Fliesen, Zusammenbau, Sanitär und Elektro vom Kläger benannten Personen habe der Kläger über seine pauschale Behauptung, nach kurzer Einarbeitung als vollwertige Kraft an deren Stelle eingesetzt werden zu können, die Vergleichbarkeit erläutert. Mangels Vergleichbarkeit seien deshalb die Herren G., Sch., K., S. und G. in keine Auswahl mit dem Kläger einzubeziehen. Zudem habe der Kläger das Unterbleiben der Vertragsverlängerung mit Herrn K. nur unsubstantiiert bestritten. Soweit der Kläger beanstande, im Einsatz- und Qualifikationsspiegel mit lediglich zwei Bereichen veranschlagt worden zu sein, wäre auch mit Berücksichtigung des Staplerfahrens noch keine Einsetzbarkeit im unverzichtbaren Bereich gegeben gewesen, den die Betriebsparteien erst ab sechs Einsatzvarianten für gegeben erachtet hätten.

83

Die Kündigung sei wegen des Erhalts sämtlicher Informationen und der abschließenden Äußerung des Betriebsrats im Interessenausgleich nicht nach § 17 Abs. 2 KSchG zu beanstanden. Die gebotenen Informationen habe die Beklagte dem Betriebsrat erteilt, indem sie im Rahmen der Vereinbarung des Interessenausgleichs die Personallisten und die erstellten Qualifikationslisten vorgelegt habe. Die Kündigung sei auch nach § 17 Abs. 3 KSchG nicht zu beanstanden. Die Beklagte habe die Bestätigung der Bundesagentur für Arbeit nach §§ 18, 20 KSchG vorgelegt, ohne dass der Kläger hierzu Einwände erhoben habe.

84

Die Betriebsratsanhörung sei nach § 102 Abs. 1 S. 1, 3 BetrVG ordnungsgemäß erfolgt. Die Beklagte habe zulässigerweise auf den Interessenausgleich sowie den Sozialplan vom 30. August 2013 nebst den dazu geführten Gesprächen Bezug genommen. Der Anhörung seien die Sozialdaten des Klägers beigefügt gewesen, wobei die Kinderzahl aufgrund der Interessenausgleichsverhandlungen mit entsprechenden Listen als bekannt hätte unterstellt werden dürfen.

85

Das Urteil ist dem Kläger am 10. Juni 2014 zugestellt worden. Der Kläger hat hiergegen mit einem am 11. Juni 2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 10. Juni 2014 Berufung eingelegt und diese mit einem am 01. Juli 2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 30. Juni 2014 begründet.

86

Der Kläger trägt im Berufungsverfahren ergänzend vor:

87

Das Interessenausgleichsverfahren sei auf falschen Zahlen begründet. Die Beklagte verhalte sich rechtsmissbräuchlich.

88

Es müsse ein Jahr nach Aufstellen des Interessenausgleichs sogar von einer gesteigerten Produktionszahl ausgegangen werden.

89

Es sei durch das Arbeitsgericht nicht berücksichtigt worden, dass sich die Zahl der Fremdmitarbeiter sukzessive erhöht habe und diese Mitarbeiter nach Einarbeitung durch Mitarbeiter der Beklagten genau die Arbeit der gekündigten Mitarbeiter an gleicher Arbeitsstätte und mit gleichen Betriebsmitteln verrichteten. Seit Ausspruch der Kündigung seien durchgängig mindestens 6 Mitarbeiter der Fa. R. Montagebau in der Rohfertigung eingesetzt. Aktuell (Berufungsbegründung vom 30. Juni 2014) würden sogar 13 Fremdmitarbeiter, davon 11 in der Rohfertigung, eingesetzt. Die Beklagte verschleiere deren Einsatz, in dem sie einerseits vortrage, die Fremdmitarbeiter seien in der Vormontage eingesetzt, andererseits erwähne, sie seien zeitweise doch in der Rohfertigung eingesetzt.

90

Ziff. 5 des Interessenausgleichs sei mit den Begriffen "unentbehrliche Position" und "Qualifikation" für eine begründete Sozialauswahl zu unbestimmt. Er könne Tätigkeiten in den Bereichen Schalungsbau, Magazin, Fliesen, Zusammenbau, Sanitär und Elektro verrichten.

91

Der Kläger beantragt:

92

Das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 26. März 2014 - 2 Ca 3664/13 - wird abgeändert und

93

es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 25. September 2013 nicht zum Ablauf des 30. November 2013 geendet hat.

94

Die Beklagte beantragt,

95

die Berufung zurückzuweisen.

96

Sie trägt vor:

97

Sie habe im Jahr 2014 wie geplant ca. 2400 Bäder produziert.

98

Es gebe keinen dauerhaften Einsatz von Leiharbeitnehmern oder Fremdfirmen. Sie gleiche lediglich jeweils aktuelle Arbeitsspitzen aus. Die von einer Kündigung betroffenen Arbeitnehmer seien nicht ersetzt worden. Insbesondere seien keine Mitarbeiter der Fa. R. Montagebau eingearbeitet worden, um die Arbeitsplätze der gekündigten Arbeitnehmer zu übernehmen.

99

Die Mitarbeiter der Fa. R. Montagebau würden in der Abteilung Vormontage zum Einsatz kommen. Sie verweise auf den Werkvertrag vom 23. September 2013 (Bl. 155 ff. d. A.), nach dessen Leistungsverzeichnis und Beschreibung der Einzelleistungen die Arbeiten der Vormontage zu übernehmen seien. Der Geschäftsführer der Fa. sei täglich vor Ort, überwache die Arbeiten und erteile die Weisungen an seine Arbeitnehmer. Soweit gelegentlich einer der Mitarbeiter der Fa. R. Montagebau in anderen Bereichen aushelfe, handle es sich allenfalls um Hilfestellungen, da Arbeitsschritte teilweise zeitversetzt an verschiedenen Objekten stattfänden. Wenn übergreifende Tätigkeiten geleistet worden seien, habe dies der Überbrückung von Fehlzeiten gedient. Der tatsächliche Einsatz von Mitarbeitern der Fa. R. Montagebau zeige, dass es für sie wirtschaftlich sinnvoll gewesen sei, parallel zur Auftragslage den Einsatz dieser Mitarbeiter zu organisieren und weitere Vorhaltekosten zu vermeiden. Genau dies sei auch zielführend geplant gewesen, um der prekären wirtschaftlichen Situation zu begegnen.

100

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

101

A. Die Berufung des Klägers ist zulässig. Die nach § 64 ArbGG statthafte Berufung ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 517, 519 f. ZPO form- und fristgerecht eingelegt und in ausreichender Weise begründet worden.

102

B. In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die ordentliche Kündigung vom 25. September 2013 ist wirksam und hat das Arbeitsverhältnis zum 30. November 2013 aufgelöst.

103

I. Die Kündigung ist iSv. § 1 Abs. 2 KSchG durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers entgegenstehen.

104

1. Nach § 1 Abs. 5 S. 1 KSchG wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist, wenn die Arbeitnehmer, denen aufgrund einer Betriebsänderung nach § 111 BetrVG gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet sind. Dies gilt nicht, soweit sich die Sachlage nach dem Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat (§ 1 Abs. 5 S. 3 KSchG).

105

2. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 5 S. 1 KSchG sind erfüllt.

106

a) Die Kündigung vom 31. Oktober 2014 wurde aufgrund einer Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG ausgesprochen.

107

Besteht die Betriebsänderung in einem bloßen Personalabbau, kommt es für die Frage, ob eine „Einschränkung des Betriebs“ iSv. § 111 S. 3 Nr. 1 BetrVG vorliegt, auf die Schwellenwerte des § 17 Abs. 1 KSchG an (BAG 27. September 2012 - 2 AZR 516/11 - Rn. 18, juris). Danach plante die Beklagte eine Betriebsänderung. Bei der Beklagten waren zum Zeitpunkt des Abschlusses des Interessenausgleichs 63 Arbeitnehmer (vgl. Ziff. 4 des Interessenausgleichs) beschäftigt. Die Beklagte beabsichtigte, 14 Arbeitnehmern zu kündigen. Ein solcher Personalabbau erfüllt die Voraussetzungen einer Betriebsänderung iSv. § 111 S. 1 BetrVG iVm. § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KSchG, ohne dass es noch auf die beschlossenen Einzelmaßnahmen ankäme.

108

b) Der Interessenausgleich mit Namensliste ist wirksam zustande gekommen. Insbesondere wurde die Schriftform des § 112 Abs. 1 S. 1 BetrVG iVm. §§ 125, 126 BGB eingehalten.

109

c) Der Kläger ist in dem Interessenausgleich unter Ziff. 3 namentlich genannt.

110

3. Der Kläger hat die Vermutung des § 1 Abs. 5 S. 1 KSchG nicht widerlegt.

111

Liegen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 5 S. 1 KSchG vor, wird gemäß § 292 ZPO die rechtliche Folge - das Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG - ohne weiteren Vortrag des Arbeitgebers gesetzlich vermutet. Diese Vermutung bezieht sich sowohl auf den Wegfall der bisherigen Beschäftigung als auch auf das Fehlen anderer Beschäftigungsmöglichkeiten im Betrieb. Nach § 292 ZPO ist (nur) der Beweis des Gegenteils zulässig. Dieser Beweis des Gegenteils ist seiner Natur nach Hauptbeweis, also erst dann geführt, wenn die Unwahrheit der vermuteten Tatsache voll bewiesen ist, aus der sich ergibt, dass der vermutete Rechtszustand - vorliegend die Betriebsbedingtheit der Kündigung - nicht oder anders besteht (BAG 07. Mai 1998 - 2 AZR 536/97 - Rn. 14, juris). Es ist deshalb Sache des Arbeitnehmers darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen, dass in Wirklichkeit eine Beschäftigungsmöglichkeit für ihn weiterhin besteht. Eine bloße Erschütterung der Vermutung reicht nicht aus. Es ist vielmehr ein substantiierter Tatsachenvortrag erforderlich, der den gesetzlich vermuteten Umstand nicht nur in Zweifel zieht, sondern ausschließt (vgl. BAG 27. September 2012 - 2 AZR 516/11 - Rn. 26, juris). Dem Arbeitnehmer können bei der Führung des Gegenbeweises gewisse Erleichterungen nach den Regeln der abgestuften Darlegungs- und Beweislast zugutekommen. Grundsätzlich kann von ihm verlangt werden, (zumindest) greifbare Anhaltspunkte zu benennen, aus denen sich die Unrichtigkeit der nach § 1 Abs. 5 S. 1 KSchG vermuteten Tatsache ergeben soll (vgl. BAG 27. September 2012 - 2 AZR 516/11 - Rn. 28, 30).

112

Das Vorbringen des Klägers ist nicht geeignet, die Vermutung des Interessenausgleichs zu widerlegen.

113

a) Der Kläger hat nicht widerlegt, dass die Beklagte im Kündigungszeitpunkt endgültig und ernsthaft entschlossen war, künftig ca. 2000 - 2200 Bäder pro Jahr unter Aufrechterhaltung von nur 46 Dauerarbeitsplätzen zu produzieren. Er hat auch nicht substantiiert aufgezeigt, aufgrund welcher Umstände die Festlegung dieser Parameter von vornherein unvernünftig gewesen sein soll.

114

aa) Der Kläger führt an, die für die Vergangenheit angegebenen Produktionszahlen seien nicht zutreffend. Eine Reduzierung der Produktion gegenüber den Vorjahren habe es weder gegeben noch sei sie geplant worden. Auch in der Vergangenheit seien zwischen 2.000 und 2.400 Bäder produziert worden und die Arbeitskräfte ausgelastet gewesen. Dies widerlegt die von den Betriebsparteien aufgestellte Prognose jedoch nicht. Welche konkreten Produktionszahlen in der Vergangenheit vorlagen, ist vorliegend nicht entscheidend. Maßgeblich ist, dass angesichts des vorliegenden schwankenden Arbeitsvolumens die Betriebsparteien die Parameter festgelegt haben, bei denen sie von einer Auslastung durch sich rechnende Aufträge ausgegangen sind. Dies waren 2000 - 2200 Bäder und 46 Arbeitsplätze.

115

Zu dem Entscheidungsspielraum des Arbeitgebers gehört die Befugnis, die Zahl der Arbeitskräfte zu bestimmen, mit denen eine Arbeitsaufgabe erledigt werden soll. Der Arbeitgeber kann grundsätzlich sowohl das Arbeitsvolumen (Menge der zu erledigenden Arbeit) als auch das diesem zugeordnete Arbeitskraftvolumen (Arbeitnehmer-Stunden) und damit auch das Verhältnis dieser beiden Größen zueinander festlegen (BAG 07. Oktober 2004 - 2 AZR 122/04 - Rn. 16, juris). Insbesondere ist auch eine unternehmerische Entscheidung zu respektieren, den Mitarbeiterstamm äußerst knapp zu bemessen und auf eine Personalreserve zu verzichten (BAG 18. Oktober 2012 - 6 AZR 289/11 - Rn. 30, juris).

116

Der unternehmerischen Entscheidung zur Festlegung des Arbeitsvolumens liegt zwangsläufig eine Prognose zu Grunde.

117

Bei der Beklagten findet gerade keine kontinuierliche monatliche Produktion statt. Die Produktionszahl eines Monats oder Quartals hat nicht zwangsläufig eine identische Produktionszahl in den anderen Monaten oder Quartalen zur Folge. Insbesondere auch der schwankende Einsatz von Mitarbeitern der Fa. R. Montagebau - die Zahlen reichen von 0 bis 9 - spiegelt dieses extrem schwankende Arbeitsvolumen. Dies ist eine betriebliche Besonderheit bei der Beklagten als Herstellerin von Fertigbädern. Sofern die Beklagte Aufträge für Fertigbäder etwa für ein Alten- und Pflegeheim erhält, werden diese in 5 Schritten - Schalungs-/Formenbau, Vormontage, Rohfertigung, Zusammenbau, Ausbau - hergestellt. Abhängig von Auftragseingängen wird damit in einem aufwendigen Herstellungsprozess das Produkt der Beklagten hergestellt. Anlass für den Interessenausgleich war eine prekäre wirtschaftliche Situation der Beklagten, die auf den starken Preiskampf auf dem Fertigbädermarkt und die im Ausland produzierende Konkurrenz zurückgeführt wurde. Es war daher eine Prognose zu treffen, bei der es darum ging, zu vermeiden, hohe Kapazitäten nicht mit sachgerechten Preisen am Markt unterbringen zu können. Für einen Betrieb, der einer schwankenden Auftragslage unterliegt, haben die Betriebsparteien die Parameter festgelegt, bei denen sie von einer Auslastung durch sich rechnende Aufträge ausgegangen sind. Dies waren 2000 - 2200 Bäder und 46 Arbeitsplätze.

118

bb) Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Betriebsrat von der Beklagten über Produktionszahlen in der Vergangenheit falsch informiert worden ist. Die Betriebsparteien haben gemeinsam festgelegt, dass die Produktion von 3.500 auf 2.000 Bäder jährlich gesenkt werden solle. Sie sind von der Größenordnung 3.500 Bäder in der Vergangenheit ausgegangen. Der Betriebsrat hat im Rahmen des Abschlusses eines Interessenausgleichs mit Namensliste eine hohe Mitverantwortung. Es wird davon ausgegangen, dass der Betriebsrat tatsächlich Kenntnis von den betrieblichen Verhältnissen hat. Ohne besondere Anhaltspunkte für eine Falschinformation kann im vorliegenden Fall nicht davon ausgegangen werden, der Betriebsrat sei über Hintergründe für die im Rahmen des Interessenausgleichs angestellte Prognose zur künftigen Produktion getäuscht worden. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die entscheidende Festlegung der Betriebsparteien der prognostizierte Bedarf von nur noch 46 Arbeitsplätzen war. Die Auftragszahlen der Vergangenheit dienten lediglich der Erläuterung dieser Prognose.

119

cc) Der Kläger hat angeführt, in der Abteilung Rohfertigung hätten insgesamt neun Mitarbeiter der Fa. R. Montagebau die Arbeit der gekündigten sechs Arbeitnehmer übernommen. Sie würden die Tätigkeiten der gekündigten Arbeitnehmer an der gleichen Arbeitsstätte mit den vorhandenen Betriebsmitteln verrichteten. Der vom Kläger angeführte Einsatz von Mitarbeitern der Fa. R. Montagebau reicht nicht aus, um den Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit bei der Beklagten auszuschließen. Die Tätigkeit dieser Mitarbeiter lässt nicht den Rückschluss darauf zu, es habe ein über 46 Arbeitsplätze hinausgehender Dauerarbeitsbedarf weiterhin bestanden.

120

(1) Zweifelhaft ist allerdings, ob die Behauptung der Beklagten zutrifft, das Fremdpersonal sei tatsächlich im Rahmen von Werkverträgen im Betrieb tätig gewesen.

121

Für die Abgrenzung eines zulässigen Einsatzes von Fremdpersonal auf der Grundlage von Werk-, Dienst- oder Geschäftsbesorgungsverträgen zu einer unzulässigen verdeckten Arbeitnehmerüberlassung ist der Geschäftsinhalt maßgeblich. Dieser kann sich sowohl aus ausdrücklichen Vereinbarungen der Vertragsparteien als auch aus der praktischen Durchführung des Vertrages ergeben. Widersprechen sich beide, ist die praktische Handhabung maßgebend, wobei die Einbindung in die betriebliche Arbeitsorganisation und die Ausübung des arbeitsbezogenen Weisungsrechts zu würdigen sind (APS/Kiel, 4. Aufl., KSchG § 1 Rn. 525; LAG Rheinland-Pfalz 03. Februar 2011 - 11 Sa 314/10 - Rn. 32-34, juris). Kommt es während der Vertragsabwicklung zu einem arbeitsteiligen Zusammenarbeiten von Fremdfirmenarbeitnehmern und Stammpersonal zB. in Teams und werden Fremdfirmenmitarbeiter außerhalb des mit dem Auftragnehmer vereinbarten Leistungsgegenstands eingesetzt, spricht dies gegen den Einsatz von Fremdpersonal auf Werk- und Dienstvertragsbasis (Anm. Hamann jurisPR-ArbR 27/2011 zu LAG Rheinland-Pfalz 03. Februar 2011 - 11 Sa 314/10). Bei der Vertragsabwicklung ist es unstreitig zumindest zeitweise zu einer arbeitsteiligen Zusammenarbeit von Mitarbeitern der Beklagten und Mitarbeitern der Fa. R. Montagebau gekommen. Dabei wurde das Fremdpersonal tatsächlich in der Rohfertigung eingesetzt, eigentlich ein Bereich, für den diese Mitarbeiter nicht zuständig waren.

122

Auf welcher vertraglichen Basis das Fremdpersonal eingesetzt wurde, kann jedoch letztlich offen bleiben.

123

(2) Entscheidend ist, dass im Hinblick auf die schwankende Zahl des im Betrieb der Beklagten eingesetzten Fremdpersonals nicht festgestellt werden kann, dass diese Mitarbeiter die Arbeit gekündigter Stammarbeitnehmer übernommen haben und daher bloße Austauschkündigungen vorliegen.

124

Auch wenn es sich bei den Mitarbeitern der Fa. R. Montagebau tatsächlich um Leiharbeitnehmer gehandelt haben sollte, kann kein beabsichtigter Dauereinsatz angenommen werden. Werden Leiharbeitnehmer lediglich zur Abdeckung von “Auftragsspitzen“ eingesetzt, liegt keine alternative Beschäftigungsmöglichkeit iSv. § 1 Abs. 2 S. 2 KSchG vor. Der Arbeitgeber kann dann typischerweise nicht davon ausgehen, dass er für die Auftragsabwicklung dauerhaft Personal benötige. Es kann ihm deshalb regelmäßig nicht zugemutet werden, entsprechendes Stammpersonal vorzuhalten. An einem „freien“ Arbeitsplatz fehlt es in der Regel außerdem, soweit der Arbeitgeber Leiharbeitnehmer als “Personalreserve“ zur Abdeckung von Vertretungsbedarf beschäftigt. Das gilt unabhängig von der Vorhersehbarkeit der Vertretungszeiten. Beschäftigt der Arbeitgeber dagegen Leiharbeitnehmer, um mit ihnen ein nicht schwankendes, ständig vorhandenes (Sockel)-Arbeitsvolumen abzudecken, kann von einer alternativen Beschäftigungsmöglichkeit iSv. § 1 Abs. 2 S. 2 KSchG auszugehen sein, die vorrangig für sonst zur Kündigung anstehende Stammarbeitnehmer genutzt werden muss (vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 26 ff., juris).

125

Der tatsächliche Einsatz der Mitarbeiter der Fa. R. Montagebau weist erhebliche Schwankungen hinsichtlich der Zahl auf. In der Zeit von Januar bis Oktober 2013 schwankte die Zahl der Mitarbeiter zwischen 0 und 9. Dies spricht für die Behauptung der Beklagten, diese Mitarbeiter seien zur Abdeckung eines unsteten Arbeitskräftebedarfs herangezogen worden. Während eines Quartals - April bis Juni 2013 - waren Mitarbeiter dieser Fa. gar nicht im Betrieb der Beklagten tätig. Dies ist ein erheblicher Zeitraum, der das Vorliegen einer Sondersituation bei der Beklagten durch ein extrem schwankendes Arbeitsvolumen belegt.

126

Insbesondere lässt der Anstieg der Einsatzzahlen seit Ausspruch der Kündigungen im September 2013 nicht allein den Rückschluss zu, dass diese Mitarbeiter die Arbeit gekündigter Stammarbeitnehmer übernommen hätten und deshalb bloße Austauschkündigungen vorlägen. Bei einem Vergleich der Situation zu Beginn und Ende des Jahres 2013 ergibt sich ein nahezu gleich hoher Einsatz von Mitarbeitern dieser Fa. im Betrieb. Allenfalls ein eklatanter Anstieg von Leiharbeitnehmern würde einen greifbaren Anhaltspunkt für einen beabsichtigten Dauereinsatz an Stelle der gekündigten Arbeitnehmer der Beklagten bieten. Dies war hier gerade nicht der Fall. Im Jahr 2013 waren es im Januar 9 Mitarbeiter, im Februar 3 und im März 7. Dem steht ein Einsatz von 6 Mitarbeitern von September bis Dezember 2013 und von 10 Mitarbeitern im Januar und Februar 2014 gegenüber. Unter Berücksichtigung der Sondersituation durch die gerade in der Umsetzung befindliche Betriebsänderung sind diese Zahlen kein Beleg für einen beabsichtigten oder gebotenen Dauereinsatz.

127

dd) Sofern der Kläger darauf verweist, im Jahr 2014 seien sogar 13 Fremdmitarbeiter, davon 11 in der Rohfertigung, eingesetzt, schließt dieser Umstand insbesondere unter Berücksichtigung der betrieblichen Sondersituation der Beklagten eine für diese nicht vorhersehbare, von deren Prognose nachträglich abweichende Entwicklung nicht aus.

128

Es ist dem Prognosecharakter der Kündigung Rechnung zu tragen. Stellt sich eine im Kündigungszeitpunkt berechtigterweise entwickelte Vorstellung des Arbeitgebers, es fehle spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist an einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit, nachträglich als unzutreffend heraus, lässt dies die Wirksamkeit der Kündigung grundsätzlich unberührt. Eine im Kündigungszeitpunkt nicht absehbare Veränderung der betrieblichen Verhältnisse kann allenfalls einen Wiedereinstellungsanspruch begründen. Der Arbeitnehmer muss in solch einer Situation deshalb aufzeigen, aufgrund welcher Umstände eine Prognose des Arbeitgebers, die unternehmerische Entscheidung sei durchführbar, von vornherein unvernünftig gewesen sein soll. Sein Vorbringen muss eine für den Arbeitgeber nicht vorhersehbare, von seiner Prognose nachträglich abweichende Entwicklung ausschließen (vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 20).

129

Auch der Kläger ging von erhöhten Produktionszahlen im Jahr 2014 aus. Soweit sich im Rahmen einer Rückschau die Auftragslage stabilisiert hat und über die prognostizierten Herstellungswerte von bis zu 2.200 Bädern hinausgegangen ist - etwa auf 2.400 - und tatsächlich kontinuierlich mehr als 46 Arbeitskräfte im Einsatz waren, führt dies nicht zu einer anderen Wertung in Bezug auf die im Zeitpunkt der Kündigung zu treffende Prognoseentscheidung. Maßgeblich ist gerade keine Rückschau, sondern die Beurteilung einer Prognose, die in einem von Schwankungen geprägten Betätigungsfeld besondere Schwierigkeiten mit sich bringt. In dieser Situation stellt eine spätere positive Entwicklung keinen greifbaren Anhaltspunkt für die Fehlerhaftigkeit der Prognose dar.

130

Dass die von den Betriebsparteien prognostizierte Auftragsentwicklung nur bei greifbaren Anhaltspunkten in Frage zu stellen ist, entspricht der gesetzlichen Wertung. Die von der Regelung des § 1 Abs. 2 S. 4 KSchG abweichende Verteilung der Darlegungs- und Beweislast trägt dem gesetzgeberischen Anliegen Rechnung, betriebsbedingte Kündigungen in Fällen, in denen eine größere Anzahl von Arbeitnehmern betroffen ist, rechtssicherer zu gestalten. Die Vermutung der Betriebsbedingtheit der Kündigung knüpft an Regelungen an, die der Mitwirkung des Betriebsrats bedürfen und die nicht durch eine Einigungsstelle erzwungen werden können. Der Gesetzgeber durfte bei dieser Sachlage davon ausgehen, dass eine hohe Richtigkeitsgewähr für die betriebsbedingte Notwendigkeit der Kündigungen besteht und die Interessen der Belegschaft typischerweise angemessen durch die Beteiligung des Betriebsrats gewahrt sind (vgl. BAG 27. September 2012 - 2 AZR 516/11 - Rn. 27, juris).

131

4. Es liegt auch keine wesentliche Änderung der Sachlage iSv. § 1 Abs. 5 S. 3 KSchG vor.

132

a) § 1 Abs. 5 S. 3 KSchG erfasst nur solche Änderungen, die bis zum Zugang der Kündigung eingetreten sind. Bei späteren Änderungen kommt allenfalls ein Wiedereinstellungsanspruch in Betracht (BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 35, juris).

133

Eine wesentliche Änderung der Sachlage liegt nur dann vor, wenn von einem Wegfall der Geschäftsgrundlage auszugehen ist. Wesentlich ist die Änderung dann, wenn nicht ernsthaft bezweifelt werden kann, dass beide Betriebspartner oder einer von ihnen den Interessenausgleich in Kenntnis der späteren Änderung nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten (BAG 12. März 2009 - 2 AZR 418/07 - Rn. 20, juris).

134

b) Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Es ist nicht ersichtlich, dass die Betriebsparteien einen anderen Interessenausgleich geschlossen hätten, wenn sie den fortbestehenden Einsatz von Mitarbeitern der Fa. R. Montagebau berücksichtigt hätten. Bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Interessenausgleichs am 30. August 2013 waren Mitarbeiter der Fa. R. Montagebau tatsächlich im Betrieb der Beklagten im Einsatz. Deren fortbestehender Einsatz stellt sich daher nicht als eine wesentliche Änderung der Sachlage nach dem Zustandekommen des Interessenausgleichs dar.

135

II. Die Kündigung ist nicht wegen einer fehlerhaften Sozialauswahl unwirksam. Ein grober Auswahlfehler liegt nicht vor.

136

1. Aufgrund der Nennung des Klägers in der Namensliste kann die soziale Auswahl nach § 1 Abs. 5 Satz 2 KSchG nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Grob fehlerhaft ist eine soziale Auswahl nur, wenn ein evidenter, ins Auge springender schwerer Fehler vorliegt und der Interessenausgleich jede Ausgewogenheit vermissen lässt. Durch § 1 Abs. 5 S. 2 KSchG soll den Betriebspartnern ein weiter Spielraum bei der Sozialauswahl eingeräumt werden. Das Gesetz geht davon aus, dass ua. durch die Gegensätzlichkeit der von den Betriebspartnern vertretenen Interessen und durch die auf beiden Seiten vorhandene Kenntnis der betrieblichen Verhältnisse gewährleistet ist, dass dieser Spielraum angemessen und vernünftig genutzt wird. Nur wo dies nicht der Fall ist, sondern der vom Gesetzgeber gewährte Spielraum verlassen wird, so dass der Sache nach nicht mehr von einer „sozialen“ Auswahl die Rede sein kann, darf grobe Fehlerhaftigkeit angenommen werden. Dieser Prüfungsmaßstab gilt nicht nur für die sozialen Indikatoren und deren Gewichtung selbst. Vielmehr wird auch die Bildung der auswahlrelevanten Gruppen von den Gerichten für Arbeitssachen nur auf ihre groben Fehler überprüft (BAG 12. März 2009 - 2 AZR 418/07 - Rn. 32, juris). Soweit es darauf ankommt, ob einzelne Arbeitnehmer zurecht aus einer Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 S. 2 KSchG herausgenommen wurden, wird auch dies nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft (BAG 10.6.2010 - 2 AZR 420/09 - Rn. 29, juris). Die vom Arbeitgeber - zusammen mit dem Betriebsrat - getroffene Auswahl ist nur dann grob fehlerhaft iSd. § 1 Abs. 5 Satz 2 KSchG, wenn sich ihr Ergebnis als grob fehlerhaft erweist. Dagegen ist regelmäßig nicht maßgebend, ob das gewählte Auswahlverfahren beanstandungsfrei ist. Ein mangelhaftes Auswahlverfahren kann zu einem richtigen - nicht grob fehlerhaften - Auswahlergebnis führen. Dem entspricht es, dass der gekündigte Arbeitnehmer mit der Kündigungsschutzklage, jedenfalls wenn er ausreichend unterrichtet worden ist (§ 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG), die soziale Auswahl konkret rügen, dh. geltend machen muss, ein bestimmter mit ihm vergleichbarer Arbeitnehmer sei weniger sozial schutzwürdig, so dass diesem habe gekündigt werden müssen. Die Würdigung des Gerichts, die soziale Auswahl sei nicht ausreichend bzw. grob fehlerhaft, setzt deshalb die Feststellung voraus, dass der vom Arbeitnehmer konkret gerügte Auswahlfehler tatsächlich vorliegt, also ein bestimmter mit dem Gekündigten vergleichbarer Arbeitnehmer in dem nach dem Gesetz erforderlichen Maß weniger schutzbedürftig ist (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 420/09 - Rn. 19, juris).

137

2. Gemessen an diesen Grundsätzen kann eine grobe Fehlerhaftigkeit nicht festgestellt werden.

138

a) Der Mitarbeiter K. ist mit einer am 28. Februar 2014 ablaufenden Befristung in der Personalliste aufgeführt. Diese Mitarbeiter sind daher von vornherein nicht in die Sozialauswahl einzubeziehen.

139

b) Die Sozialauswahl im Hinblick auf vom Kläger benannte Mitarbeiter seiner Abteilung - Rohfertigung - ist nicht grob fehlerhaft.

140

Von den Mitarbeitern in der Abteilung des Klägers wurden die Mitarbeiter K. und Y. aufgrund der Regelung in Ziff. 5 a des Interessenausgleichs aufgrund unentbehrlicher Qualifikation aus der Sozialauswahl herausgenommen. Ihre Herausnahme war jedenfalls nicht grob fehlerhaft.

141

(1) Die Herausnahme dieser Mitarbeiter erfolgte aufgrund eines Einsatz- und Qualifikationsspiegels. Dieser sieht für die Abteilung des Klägers Fähigkeiten in folgenden Rubriken vor: “Boden: armieren, betonieren“, “Schalung: armieren, betonieren“, “Elektro“, “Mischanlage bedienen“, “ Kranfahrer“, “Staplerfahrer“, “Matten: schneiden, biegen“, “Vorarbeiter“ und “Monteur“. Weiter ist dort eine Bewertung der “Vielseitigkeit“ und “Erfahrung“ sowie die abschließende Bewertung “Unentbehrlichkeit“ vorgesehen. Die Unentbehrlichkeit wurde somit auf Basis eines ausdifferenzierten Systems ermittelt. Herr K. hat dort die Kennziffer 9, Herr Y. die Kennziffer 6 erhalten. Zwar ist in der Liste bei Herrn Y. keine Qualifikation in der Rubrik Elektro vermerkt, jedoch kommt der Mitarbeiter dennoch auf 6 Qualifikationen im Bereich Rohfertigung. Zudem würde auch eine einzelne fehlerhafte Zuordnung einer Qualifikation nicht zu einer groben Fehlerhaftigkeit der Herausnahme des Mitarbeiters führen.

142

Die Betriebsparteien mussten den Qualifikationsspiegel nicht selbst in den Interessenausgleich aufnehmen. Entscheidend ist, dass die Betriebsparteien letztlich unter seiner Anwendung die Namensliste beschlossen haben. Durch das ausdifferenzierte System besteht für die Betriebsparteien eine Grundlage für eine objektivierbare Bestimmung der “unentbehrlichen Qualifikation“.

143

(2) Der Kläger beruft sich darauf, der Inhalt des Einsatz- und Qualifikationsspiegels sei in Bezug auf seine Person falsch, sein Stapler-Führerschein sei nicht berücksichtigt worden.

144

Selbst wenn die Rubrik “Staplerfahrer“ zu seinen Gunsten in dem Qualifikationsspiegel zu berücksichtigen wäre, würde dies unter Berücksichtigung des je 1 Punktes in den Rubriken “Boden: armieren, betonieren“ und “Schalung: armieren, betonieren“ lediglich insgesamt 3 Punkte ergeben, so dass der Wert von 6 Punkten für Unentbehrlichkeit jedenfalls immer noch nicht erreicht wäre.

145

c) Die Sozialauswahl im Hinblick auf die vom Kläger benannten Mitarbeiter anderer Abteilungen ist ebenfalls nicht grob fehlerhaft.

146

(1) Der Kläger hat nicht konkret dargelegt, dass er mit diesen Mitarbeitern vergleichbar ist.

147

Der Arbeitgeber hat in die Sozialauswahl diejenigen Arbeitnehmer einzubeziehen, die miteinander vergleichbar sind. Dies sind Arbeitnehmer, die nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen aufgrund ihrer Fähigkeiten und Kenntnisse sowie nach dem Inhalt der von ihnen vertraglich geschuldeten Aufgaben austauschbar sind. Es geht darum, ob der unmittelbar kündigungsbedrohte Arbeitnehmer den fortbestehenden Arbeitsplatz desjenigen Arbeitnehmers übernehmen kann, den er für sozial weniger schützenswert hält und dessen Arbeitsverhältnis nicht gekündigt werden soll (BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 41, juris). Es sind vom Arbeitnehmer nach Offenlegung der durchgeführten Sozialauswahl Tatsachen darzulegen, aus denen sich bei objektiver Betrachtung ergibt, dass er mit anderen Arbeitnehmern vergleichbar ist. Auch insoweit ist eine „grobe Fehlerhaftigkeit“ iSv. § 1 Abs. 5 Satz 2 KSchG aufzuzeigen (vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 45, juris).

148

Bereits das Arbeitsgericht hat darauf hingewiesen, dass die pauschale Behauptung, die Arbeit anderer Arbeitnehmer übernehmen zu können, nicht ausreicht. Der Kläger hat auch in der Berufungsinstanz seine Behauptung nicht weiter konkretisiert.

149

IV. Die Beklagte hat ein ordnungsgemäßes Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. 2 KSchG durchgeführt.

150

Beabsichtigt der Arbeitgeber, nach § 17 Abs. 1 KSchG anzeigepflichtige Entlassungen vorzunehmen, hat er dem Betriebsrat rechtzeitig die zweckdienlichen Auskünfte zu erteilen und ihn schriftlich insbesondere zu unterrichten über die Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer, die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen und die vorgesehenen Kriterien für die Berechnung etwaiger Abfindungen.

151

Aus Ziff. 6 des Interessenausgleichs geht hervor, dass mit dem Interessenausgleichsverfahren zugleich die Unterrichtungspflicht aus § 17 Abs. 2 S. 1 KSchG erfüllt werden sollte.

152

1. Die Verbindung des Interessenausgleichsverfahrens mit der Erfüllung der Unterrichtungspflicht nach § 17 Abs. 2 S. 1 KSchG ist zulässig.

153

Die Verfahren nach den §§ 111 ff. BetrVG § 17 Abs. 2 KSchG können verbunden werden. Dabei ist im Regelfall bei einer ordnungsgemäßen Durchführung des Verfahrens nach §§ 111 ff. BetrVG auch den Anforderungen des § 17 Abs. 2 KSchG genügt. Die Verfahrensregelungen der §§ 111 ff. BetrVG gewährleisten eine umfangreiche Information des Betriebsrats und ernsthafte Beratungen über Alternativlösungen iSd. Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20. Juli 1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen (BAG 13. Dezember 2012 - 6 AZR 752/11 - Rn. 46, juris). Der Arbeitgeber muss allerdings klarstellen, ob er (nur) das Verfahren nach den §§ 111 ff. BetrVG oder (auch) das Verfahren nach § 17 Abs. 2 KSchG durchführen will und damit deutlich machen, ob und welche Verfahren durchgeführt und miteinander verbunden werden sollen (BAG 13. Dezember 2012 - 6 AZR 752/11 - Rn. 47, juris).

154

Die Erklärung in Ziff. 6 des Interessenausgleichs, das Konsultationsverfahren sei abgeschlossen, impliziert, dass dem zuständigen Gremium gegenüber deutlich gemacht wurde, dass ein Konsultationsverfahren iSd. § 17 Abs. 2 KSchG durchgeführt wurde.

155

2. Der Betriebsrat hat auch tatsächlich die in § 17 Abs. 2 S. 1 KSchG vorgesehenen Informationen erhalten.

156

Das Arbeitsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass sich die entsprechenden Informationen aus dem Interessenausgleich und Sozialplan selbst ergeben und dem Betriebsrat im Rahmen der Vereinbarung des Interessenausgleiches die Personallisten wie auch die erstellten Qualifikationslisten vorgelegt wurden. Die Ausführungen in Ziff. 1, 2 und 3 des Interessenausgleichs nennen Hintergrund, Ziel und Art und Weise der Durchführung der Betriebsänderung und legen sodann die Zahl der Kündigungen in bestimmten Bereichen und die Namen der zu kündigenden Mitarbeiter fest. Die Informationen nach § 17 Abs. 2 Ziff. 1 KSchG sind damit gegeben. Die Personalliste und die Einsatz- und Qualifikationsliste umfassen die gebotenen Informationen zur Zahl und Berufsgruppen der zu entlassenden und in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, die persönlichen Daten sowie die Einsatz- und Qualifikationsdaten, die unentbehrliche Positionen begründeten. Auch die Informationen iSd. § 17 Abs. 2 Ziff. 2, 3 und 5 liegen damit vor. Der am selben Tag abgeschlossene Sozialplan nennt in Ziff. 3 die zur Berechnung der Abfindung maßgeblichen Kriterien iSd. § 17 Abs. 2 Ziff. 6. Aus dem Interessenausgleich und Sozialplan vom 30. August 2013 ergibt sich, dass nach den Planungen die Kündigungen im Anschluss an die unmittelbar durchzuführende Massenentlassungsanzeige (Ziff. 6 des Interessenausgleichs) und Beteiligung des Betriebsrats (Ziff. 4 des Sozialplans) auszusprechen sein sollten. Als Referenzmonat für die Abfindungen ist in Ziff. 3 des Sozialplans der Monat September 2013 aufgeführt. Aus dem Gesamtzusammenhang von Interessenausgleich und Sozialplan folgt damit, dass die Kündigungen direkt im Anschluss an die Erledigung der gesetzlich vorgesehenen Verfahrensschritte erfolgen sollten. Dies ist eine ausreichende Unterrichtung über den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen iSd. § 17 Abs. 2 Ziff. 4 KSchG. Der Betriebsrat hatte damit Kenntnis aller Umstände, die nach dem Gesetz die Basis für eine Beratung über die Entlassungen sind.

157

3. In Kenntnis der im Rahmen des § 17 Abs. 2 S. 1 KSchG relevanten Informationen hat der der Betriebsrat in Ziff. 6 des Interessenausgleichs ausdrücklich bestätigt, dass die Beklagte ihrer Beratungspflicht nach § 17 Abs. 2 KSchG nachgekommen und das Konsultationsverfahren abgeschlossen sei. Dem Schutzzweck des § 17 Abs. 2 KSchG ist damit genügt.

158

Die Unterrichtung der Arbeitnehmervertretung soll es dieser ermöglichen, konstruktive Vorschläge zur Vermeidung oder Einschränkung der Massenentlassungen zu unterbreiten (BAG 13. Dezember 2012 - 6 AZR 752/11 -, Rn. 42, juris).

159

Besteht für den Betriebsrat eine Veranlassung, die Vollständigkeit der Angaben nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG zu prüfen, kann er erkennen, dass er eine Stellungnahme zur Vorlage bei der Agentur für Arbeit nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG abzugeben hat bzw. dass ein eventuell zustande kommender Interessenausgleich mit Namensliste eine solche ersetzen würde, ist auch dem Schutzzweck des § 17 Abs. 2 KSchG genügt (vgl. zum Schutzzweck des § 17 Abs. 2 KSchG: BAG 13. Dezember 2012 - 6 AZR 752/11 - Rn. 48, juris).

160

Dies war hier der Fall. Die Bestätigung des Betriebsrats, die Beklagte sei ihrer Beratungspflicht nach § 17 Abs. 2 KSchG nachgekommen, beinhaltet, dass der Betriebsrat die ihm zur Kenntnis gegebenen Informationen iSd. § 17 Ab. 2 KSchG auch tatsächlich als ordnungsgemäße Informationsbasis für die Beratungen anerkannt hat. Die Stellungnahme des Betriebsrats in Ziff. 6 des Interessenausgleichs lässt erkennen, dass er sich für ausreichend unterrichtet hielt und keine (weiteren) Vorschläge unterbreiten konnte oder wollte.

161

4. Ob "schriftlich" iSd. § 17 Abs. 2 KSchG bedeutet, dass die Unterrichtung der Formvorschrift des § 126 Abs. 1 BGB genügen muss, kann offenbleiben. Ein etwaiger Schriftformverstoß wurde jedenfalls durch die abschließende Stellungnahme des Betriebsrats in Ziff. 6 des Interessenausgleichs geheilt.

162

Hat der Arbeitgeber die von § 17 Abs. 2 S. 1 KSchG geforderten Angaben in einem nicht unterzeichneten Text dokumentiert und diesen dem Betriebsrat zugeleitet, genügt die abschließende Stellungnahme des Betriebsrats zu den Entlassungen, um einen etwaigen Schriftformverstoß zu heilen (BAG 20. September 2012 - 6 AZR 155/11 - Rn. 55, 60, juris).

163

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Betriebsrat hat hier mit seiner Stellungnahme in Ziff. 6 des Interessenausgleichs, die Arbeitgeberin sei ihrer Beratungspflicht nach § 17 Abs. 2 KSchG nachgekommen, das Konsultationsverfahren sei abgeschlossen und der Interessenausgleich diene zugleich als Stellungnahme des Betriebsrates gemäß § 17 Abs. 3 KSchG, deutlich gemacht, dass er sich für ausreichend unterrichtet hielt und keine weiteren Vorschläge unterbreiten wolle, um die Massenentlassung abzuwenden oder zu beschränken.

164

V. Die Kündigung ist nicht wegen fehlerhafter Anhörung des Betriebsrats unwirksam (§ 102 Abs. 1 S. 2 BetrVG).

165

Bei Vorliegen eines Interessenausgleichs iSd. § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG muss der Arbeitgeber die dem Wegfall des Arbeitsplatzes und der Sozialauswahl zugrunde liegenden Tatsachen, die dem Betriebsrat bereits aus den Verhandlungen zum Abschluss eines Interessenausgleichs bekannt sind, im Anhörungsverfahren nicht erneut mitteilen. Dies gilt zumindest dann, wenn zwischen den Verhandlungen über den Interessenausgleich und der Anhörung - wie hier - ein überschaubarer Zeitraum liegt (BAG 05. November 2009 - 2 AZR 676/08 - Rn.37, juris).

166

Der Betriebsrat war sowohl über die Person des Klägers und den Zeitpunkt der Kündigung als auch über die maßgeblichen Kündigungsgründe hinreichend informiert. Die Beklagte hat zulässigerweise auf den Interessenausgleich sowie den Sozialplan vom 30. August 2013 Bezug genommen. Die im Anhörungsschreiben nicht gesondert aufgeführte Kinderzahl ist aufgrund der Angabe in der mit dem Betriebsrat aufgestellten Personalliste im Rahmen der Interessenausgleichsverhandlungen als bekannt zu unterstellen.

167

Bei einem Erhalt des Anhörungsschreibens am 19. September 2013 und einem Zugang der Kündigung am 27. September 2013 war auch die Wochenfrist des § 102 BetrVG gewahrt.

168

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

169

Eine Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

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